TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/31 98/08/0387

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Veröffentlicht am 31.05.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §12 Abs3 lita;
AlVG 1977 §12 Abs6 lita;
AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §47 Abs1;
AlVG 1977 §50;
ASVG §10 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch den Sachwalter C in W, dieser vertreten durch Dr. Josef Unterweger, Mag. Robert Bitsche und Dr. Sepp Brugger, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen die auf Grund von Beschlüssen des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheide der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien jeweils vom 23. Februar 1998, jeweils zur Zl. LGS-W Abt. 12/1218/56, betreffend jeweils Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 30. Juni 1994 bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einen Antrag auf Arbeitslosengeld. Zuvor war er nach den Angaben im Antrag vom 13. Oktober 1989 (nach der vorgelegten Arbeitsbescheinigung vom 1. September 1991) bis 10. Juni 1994 bei der Wiener geschützte Werkstätten und berufliche Rehabilitationseinrichtungen GmbH und vom 20. bis 27. Juni 1994 bei der Audia-Diamantenwerkzeug GmbH beschäftigt.

Am 19. April 1995 stellte der Beschwerdeführer neuerlich den Antrag auf Arbeitslosengeld. Mit Zahlungs- und Verrechnungsauftrag wurde ihm daraufhin ab diesem Tag für die Dauer von 16 Tagen Arbeitslosengeld und ab 5. Mai 1995 für die Dauer von 364 Tagen Notstandshilfe zuerkannt. Dieser Bezug der Notstandshilfe wurde mit Zahlungs- und Verrechnungsauftrag ab 1. Juli 1995 eingestellt. Als Begründung scheint im Auftrag (Blatt 18) auf: "DV ab 1.7.1995/tel."

Am 16. Oktober 1995 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Gewährung von Notstandshilfe. Im Formblatt fehlen Angaben über die zuletzt ausgeübten Beschäftigungsverhältnisse. Laut einem im Akt einliegenden Textausdruck (Blatt 162) findet sich der Vermerk:

"M. gibt an seit 1.7. - 13.10.1995 'schwarz' - als Taxilenker gearbeitet zu haben". Mit Zahlungs- und Verrechnungsauftrag wurde dem Beschwerdeführer die Notstandshilfe ab 16. Oktober 1995 für die Dauer von 364 Tagen zuerkannt.

Dieser Bezug wurde mit 8. Februar 1996 mit Zahlungs- und Verrechnungsauftrag eingestellt. Als Begründung ist in diesem Auftrag enthalten: "DV ab 8.2.1996/tel."

Am 14. August 1996 stellte der Beschwerdeführer neuerlich den Antrag auf Arbeitslosengeld. Im Antrag sind wiederum keine Angaben über die zuletzt ausgeübten Beschäftigungsverhältnisse enthalten. In einem im Akt einliegenden Textausdruck vom 16. August 1996 ist festgehalten:

"AL-Meldung nach DV als Taxilenker und anschließender Haft (Verwaltungsstrafverfahren). VBH: Derzeit ungültiger Taxischein, FSB nur befristet - Es wurde bei Verkehrskontrolle Alkoholisierung vermutet - Alk-Test wurde von M. aber verweigert. Hohe Schulden. Trotz der derzeitig persönlichen Situation wurde M. über die Richtlinien bezüglich ehemaliger Taxilenker aufgeklärt. Info über Taxizeitung HTV. Wird sich bis NK in Eigenakq. selbst um Stelle bemühen. Über Außenstellen und OKE inf. Wenn bis WBT Problem bzgl. FS und Taxischein gelöst, wird intensivst vermittelt und wöchentlich Termine vereinbart."

Mit Zahlungs- und Verrrechnungsauftrag wurde daraufhin dem Beschwerdeführer ab 14. August 1996 Notstandshilfe für die Dauer von 364 Tagen bewilligt.

Aus dem im Akt erliegenden (Blatt 161) Auszug aus der zentralen Datenspeicherung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger mit Stand vom 14. November 1997 war der Beschwerdeführer im Jahr 1995 vom 19. April bis 30. Juni und ab 16. Oktober als arbeitssuchend gemeldet. Pflichtversicherungen nach dem ASVG als Arbeiter sind enthalten für den 6. September, 11. September und 26. September 1995. Im Jahr 1996 war der Beschwerdeführer laut diesem Auszug bis 7. Februar und ab 16. August als arbeitssuchend gemeldet. Pflichtversicherungen scheinen für dieses Jahr nicht auf.

Der im Beschwerdeverfahren für den Beschwerdeführer einschreitende Sachwalter teilte per Fax der regionalen Geschäftsstelle des AMS am 21. Mai 1997 mit, dass er mit Beschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 9. Mai 1997 an Stelle einer anderen Person für den Beschwerdeführer als einstweiliger Sachwalter mit dem Aufgabenkreis Vertretung vor Ämtern und Behörden sowie Regelung sämtlicher finanzieller Angelegenheiten bestellt wurde.

Der Sachwalter gab mit Schreiben vom 26. August 1997 der regionalen Geschäftsstelle des AMS bekannt, dass nach dem ihm von der Geschäftsstelle übermittelten Bezugsbestätigungen der Beschwerdeführer unter anderem in der Zeit vom 1. Juli 1995 bis zum 15. Oktober 1995 und vom 8. Februar 1996 bis 13. August 1996 keine Leistungen vom AMS erhalten habe, obwohl nach dem ihm vorliegenden Versicherungsverlauf der GKK keine Anstellungen des Beschwerdeführers vermerkt seien. Er ersuchte um Bekanntgabe, ob für diese Zeiträume mangels Antragstellung durch den Beschwerdeführer und/oder wegen des Absolvierens von Ersatzarreststrafen die Leistung gestrichen worden sei.

In der Folge richtete der Sachwalter des Beschwerdeführers an die regionale Geschäftsstelle des AMS zwei Schreiben je vom 3. September 1997, denen ein an das Bezirksgericht Fünfhaus gerichtetes psychiatrisches Sachverständigengutachten betreffend den Beschwerdeführer angeschlossen war. Die Schreiben vom 3. September 1997 haben folgenden Wortlaut:

"Betrifft: Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Sehr geehrte Damen und Herren!

Als einstweiliger Sachwalter von Herrn (Beschwerdeführer) beantrage, den Bescheid, wo Herrn (Beschwerdeführer) die Leistung von Arbeitsmarktservice per 30.6.1995 eingestellt wurde, in den vorigen Stand nach § 71/1/1 AVG wiedereinzusetzen, da der Betroffene - wie aus beiliegendem Sachverständigengutachten hervorgeht - an einer psychischen Krankheit leidet, die es ihm auch damals nicht ermöglichte, die relevanten Schritte durchzuführen, um weiterhin Leistungen vom Arbeitsmarktservice zu erlangen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er befand sich in einem Krankheitsschub und konnte daher die relevanten Angelegenheiten nicht besorgen.

Diese Umstände, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 71/1/1 AVG begründen, sind dem einstweiligen Sachwalter nach einem Telefonat mit dem zuständigen Referenten am 3.9.1997 zur Kenntnis gelangt.

Daher stelle ich auch den ANTRAG,

Herrn (Beschwerdeführer) eine Leistung aus dem Arbeitsmarktservice für die Zeit vom 1.7.1995 bis 15.10.1995 zu gewähren."

Das weitere Schreiben vom selben Datum hat den selben Wortlaut ab "Betrifft" bis "zur Kenntnis gelangt" (an Stelle per "30.6.1995" heißt es per "7.2.1996" eingestellt), der daran anschließende Antrag lautet wie folgt:

"Daher stelle ich auch den ANTRAG,

Herrn (Beschwerdeführer) eine Leistung aus dem Arbeitsmarktservice für die Zeit vom 8.2.1996 bis 13.8.1996 zu gewähren."

Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellte darauf mit Bescheid vom 17. September 1997 fest, dass dem Beschwerdeführer Notstandshilfe gemäß § 38 i.V.m. § 17 Abs. 1 und gemäß § 59 i.V.m. § 46 AlVG ab dem 14. August 1996 gebührt. In der Begründung dieses Bescheides ist nach auszugsweiser Wiedergabe der im Spruch angeführten Gesetzesstellen zu lesen:

"Sie haben Ihre Notstandshilfe erst am 96-08-14 neuerlich beantragt."

In einem weiteren Bescheid mit selben Datum stellte die regionale Geschäftsstelle des AMS fest, dass dem Beschwerdeführer ab 16. Oktober 1995 Notstandshilfe gebührt. In der Begründung ist dazu ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Notstandshilfe erst am 16. Oktober 1995 neuerlich beantragt.

Der Beschwerdeführer, vertreten durch den Sachwalter, erhob Berufung. Darin führte er aus, die Begründung sei falsch. Der Beschwerdeführer habe die Frist aus einem triftigen Grund versäumt, weil er an einer psychischen Krankheit gelitten habe, welche ihn außer Stande gesetzt habe, seine Angelegenheiten gehörig zu regeln. Es sei daher den Anträgen des Sachwalters stattzugeben und dem Beschwerdeführer die Leistung auszubezahlen.

Die belangte Behörde nahm mit dem Sachwalter am 18. November 1997 eine Niederschrift zur Berufung auf. Darin ist wörtlich angegeben:

"Die Berufung richtet sich gegen die beiden Bescheide vom 17.9.1997 (BL 153a und 154a). Mir wird dazu der Sachverhalt sowie die betreffenden Texteintragungen zur Kenntnis gebracht, insbesondere die Tatsache, dass sich Herr (Beschwerdeführer) am 1.7.1995 bzw. 8.2.1996 mit dem Hinweis auf eine Arbeitsaufnahme beim Arbeitsmarktservice abgemeldet hat. Ich lege dazu ärztliche Befunde vor, aus denen hervorgeht, dass Herr (Beschwerdeführer) jedenfalls seit 1988 nicht mehr in der Lage war, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Seit dieser Zeit ist er laufend beim psychosozialen Dienst in Betreuung. Ein Sachwalter wurde erst im Frühjahr 1997 bestellt (S.Bl 148 ff). Ich werde versuchen herauszufinden, ob und welche Tätigkeiten Herr (Beschwerdeführer) ab 1.7.1995 bzw. 9.2.1996 ausgeübt hat und darüber bis 10.12.1997 berichten."

Mit den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, mit Ausnahme der jeweils relevanten Daten gleich lautenden Bescheiden gab die belangte Behörde den Berufungen keine Folge und bestätigte die bekämpften Bescheide. In der Begründung ist dazu nach Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesstellen und kurzer Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens zu lesen, am 13. Juli 1995 (8. Februar 1996) habe der Beschwerdeführer dem Arbeitsmarktservice ein Dienstverhältnis ab dem 1. Juli 1995 (ab dem 8. Februar 1996) gemeldet und sei die Notstandshilfe ab diesem Tag eingestellt worden. Bei der neuerlichen Antragstellung im Oktober 1995 (im August 1996) habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er vom 1. Juli 1995 bis 13. Oktober 1995 als Taxilenker schwarz gearbeitet habe (dass er als Taxilenker gearbeitet habe und anschließend ein Verwaltungsstrafverfahren gehabt habe). Nach der Aktenlage habe zum damaligen Zeitpunkt keine Veranlassung bestanden, an den Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln, ein Sachwalter sei erst im Mai 1997 bestellt worden. Der Antrag auf Notstandshilfe sei am 16. Oktober 1995 (am 14. August 1996) gestellt worden. Eine frühere Vorsprache beim Arbeitsmarktservice sei laut Aktenlage nicht ersichtlich und sei auch nicht behauptet worden. Nach den gesetzlichen Bestimmungen seien für die Geltendmachung des Anspruches keine Ausnahmeregelungen vorgesehen. Die Bestimmungen des § 17 und des § 46 AlVG seien zwingendes Recht. Eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung könne daher frühestens ab der persönlichen Geltendmachung und gleichzeitiger Meldung zur Arbeitssuche anfallen. Im Falle des Beschwerdeführers sei die Wiedermeldung beim Arbeitsmarktservice am 16. Oktober 1995 (am 14. August 1996) erfolgt, ab diesem Tag gebühre die Notstandshilfe.

Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung ab und trat sie über nachträglichen Antrag dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Gewährung von Notstandshilfe in den Zeiträumen 1. Juli bis 15. Oktober 1995 sowie 8. Februar bis 13. August 1996 verletzt. Er bringt - zusammengefasst - vor, er habe auch in den genannten Zeiträumen die Voraussetzungen für die Gewährung von Notstandshilfe erfüllt. Auf Grund seiner Krankheit habe er in Wirklichkeit gar nicht existente Dienstverhältnisse gemeldet und deshalb keine Notstandshilfe erhalten. Unabhängig vom Zeitpunkt der Sachwalterbestellung hätte die belangte Behörde in Kenntnis aller Umstände Notstandshilfe auch für die genannten Zeiträume ausbezahlen müssen. Er habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er seit 1988 psychisch krank sei und bereits zu diesem Zeitpunkt einen Sachwalter benötigt hätte. Die verspätete Bestellung eines Sachwalters könne jedoch nicht dazu führen, dass er um seine Ansprüche "umfalle".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der für den Beschwerdeführer einschreitende Sachwalter wurde vorerst (Beschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 9. Mai 1997, GZ. 1P67/97) zum einstweiligen Sachwalter zur Vertretung vor Ämtern und Behörden und Regelung sämtlicher finanzieller Angelegenheiten des Beschwerdeführers bestellt und schließlich mit Beschluss vom 22. September 1997 gemäß § 273 ABGB zum Sachwalter zur Besorgung der Vertretung vor Ämtern und Behörden, Vertretung gegenüber privaten Vertragspartnern und Regelung sämtlicher finanzieller Angelegenheiten gemäß § 273 Abs. 3 Z. 2 ABGB bestellt. Der Sachwalter war daher zur Vertretung des Beschwerdeführers im vorliegenden Verwaltungsverfahren berechtigt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. März 1993, 92/08/0183).

Die - oben wörtlich wiedergegebenen - Anträge und das Vorbringen des Sachwalters sind darauf gerichtet, einen bescheidmäßigen Abspruch über die Ansprüche des Beschwerdeführers auf Gewährung der Notstandshilfe auch in den strittigen Zeiträumen zu erreichen. Nach dem - unstrittigen - Sachverhalt wurde dem Beschwerdeführer mit Zahlungs- und Verrechnungsauftrag ab 5. Mai 1995 Notstandshilfe für die Dauer von 364 Tagen, das ist bis zum 4. Mai 1996, zuerkannt. Dieser Leistungsbezug wurde mit Zahlungs- und Verrechnungsauftrag mit 1. Juli 1995 eingestellt. Über neuerlichen Antrag des Beschwerdeführers vom 16. Oktober 1995 wurde ihm wiederum ab diesem Tag Notstandshilfe für die Dauer von 364 Tagen, sohin bis zum 15. Oktober 1996, zuerkannt. Dieser Leistungsbezug wurde per 8. Februar 1996 mit Zahlungs- und Verrechnungsauftrag eingestellt. Der Sachwalter strebte nach dem Gesagten einen bescheidmäßigen Abspruch über die dem Beschwerdeführer in den Zeiträumen vom 1. Juli 1995 bis 15. Oktober 1995 und vom 8. Februar 1996 bis 13. August 1996) zuerkannte Leistung an. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat gemäß § 47 Abs. 1 AlVG die Anerkennung der Ansprüche des Beschwerdeführers in Form einer bloßen Mitteilung ausgesprochen. Falls in einem solchen Fall später die Leistung für einen Zeitraum abgelehnt wird, hat der Beschwerdeführer aber nach § 47 Abs. 1 zweiter Satz AlVG den Anspruch auf Erlassung eines schriftlichen Bescheides (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1985, 83/08/0213, 84/08/0045).

Der Wortlaut der - mit den angefochtenen Bescheiden übernommenen - Sprüche der erstinstanzlichen Bescheide muss i.V.m. der Begründung des angefochtenen Bescheides dahingehend verstanden werden, dass damit auch festgestellt wurde, es gebühre dem Beschwerdeführer in den beantragten Zeiträumen keine Notstandshilfe. Die belangte Behörde ging nämlich davon aus, dass dem Beschwerdeführer in diesen Zeiträumen zufolge Meldung eines Dienstverhältnisses keine Leistung gebühre. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass die belangte Behörde auch den im Sinne des § 47 Abs. 1 zweiter Satz AlVG im - hier gegebenen - Streitfall gebotenen, jedoch erst auf Grund der Antragstellung des Sachwalters nachgeholten, bescheidmäßigen Abspruch über die Einstellung für die Zeiträume vom 1. Juli bis 15. Oktober 1995 und vom 8. Februar bis 13. August 1996 vorgenommen hat.

Die belangte Behörde ging dabei davon aus, dass den jeweils mit Zahlungs- und Verrechnungsauftrag vorgenommenen Einstellungen der Leistungen des Beschwerdeführers per 1. Juli 1995 und 8. Februar 1996 wirksame Abmeldungen des Beschwerdeführers zu Grunde lagen. Nach der - oben dargestellten - Aktenlage ist jeweils festgehalten, dass der Beschwerdeführer telefonisch ein Dienstverhältnis mitgeteilt und dazu bei der neuerlichen Antragstellung ergänzend ausgeführt habe, in der Vergangenheit, also in den hier strittigen Zeiträumen, "schwarz" als Taxilenker gearbeitet zu haben bzw. "AL-Meldung nach DV als Taxilenker mit anschließender Haft". Dem gegenüber lag der belangten Behörde der Auszug aus der zentralen Datenspeicherung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vor, wonach für das Jahr 1996 kein Dienstverhältnis gemeldet war und für das Jahr 1995 nur an drei einzelnen Tagen eine Pflichtversicherung nach dem ASVG bestand.

Die Auffassung der belangten Behörde, damit lägen rechtswirksame Abmeldungen des Beschwerdeführers vom Leistungsbezug vor, ist unbeschadet der im Verfahren geltend gemachten mangelnden Handlungsfähigkeit des Beschwerdeführers zu diesen Akten nicht zu teilen: Die telefonischen Mitteilungen des Beschwerdeführers sind als Anzeigen im Sinne des § 50 AlVG anzusehen. Nach dieser Gesetzesstelle (in der in den gegenständlichen Zeiträumen anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 314/1994) ist der Arbeitslosengeldbezieher (gemäß § 59 AlVG auch der Notstandshilfebezieher) verpflichtet, den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis, jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß eines Anspruches maßgebende Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen. Auf Grund einer solchen Anzeige hat die regionale Geschäftsstelle des AMS sodann zu prüfen, ob die Leistung einzustellen oder zu ändern ist. Die im Akt festgehaltene und festgestellte Mitteilung des Beschwerdeführers am 1. Juli 1995 bzw. am 8. Februar 1996 lässt eine abschließende Beurteilung, ob ein Einstellungsgrund im Sinne des § 24 Abs. 1 AlVG vorliegt, nicht erkennen. Die Mitteilung "DV ab 1.7.1995/tel.", bzw. "DV ab 8.2.1996/tel.", kann in dieser Form nicht mit der Meldung einer die Arbeitslosigkeit gemäß § 12 AlVG ausschließenden Beschäftigung gleichgesetzt werden. Vielmehr hat in einem solchen Fall die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice entsprechend der ihr obliegenden amtswegigen Ermittlungspflicht nach den §§ 37, 39 Abs. 2 AVG zu klären, ob tatsächlich ab den genannten Zeitpunkten die Tatbestandsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit wegen Eintrittes des Beschwerdeführers in ein, die Arbeitslosigkeit ausschließendes Arbeitsverhältnis weggefallen ist. Es wäre nach § 12 Abs. 1, Abs. 3 lit. a und Abs. 6 lit. a AlVG i. V.m. § 10 Abs. 1 ASVG einerseits der tatsächliche Antritt der Arbeit und andererseits ein Entgeltanspruch bzw. ein tatsächliches Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze erforderlich gewesen, um als Einstellungsgrund im Sinne des § 24 Abs. 1 AlVG herangezogen werden zu können. Diese Umstände sind weder der festgestellten Meldung des Beschwerdeführers noch den anderen Verfahrensergebnissen zu entnehmen. Die belangte Behörde durfte daher die Mitteilungen des Beschwerdeführers ohne die erforderliche Aufklärung der genannten rechtserheblichen Umstände nicht als "Abmeldung" deuten (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, 96/08/0399).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998080387.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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