Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §198;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde der A Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Richard Heiserer, Rechtsanwalt in Wien I, Schottengasse 10/IV, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat XI) vom 21. Oktober 1997, Zl. GA 6-95/2035/07, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Zur in der Bilanz der Beschwerdeführerin, einer GmbH, für das Jahr 1992 gewinnmindernd geltend gemachten Rückgängigmachung eines Forderungsverzichtes des "ehemaligen Alleingesellschafters" JG in Höhe von rd. 1,479.000 S ist in der Begründung des Finanzamtes zum (endgültigen) Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheid für das Jahr 1992 vom 7. September 1994 zu lesen, diese stelle einschließlich der von der Beschwerdeführerin getragenen Kapitalertragsteuer eine verdeckte Gewinnausschüttung dar und sei daher in Höhe von 1,972.000 S hinzuzurechnen. Die Beschwerdeführerin habe ihrem ehemaligen Alleingesellschafter dadurch, dass sie Forderungen zur Befriedigung übernommen habe, auf die der Gesellschafter bereits verzichtet gehabt habe, einen Vorteil eingeräumt (das Finanzamt verwies dazu auch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1991, 90/13/0252/0253).
In der Berufung vom 17. Oktober 1994 wird dazu geltend gemacht, am 31. Dezember 1990 habe eine Forderung des Geschäftsführers JG, der damals auch noch alleiniger Gesellschafter der Beschwerdeführerin gewesen sei, von insgesamt 3,940.030,75 S, darin enthalten Lieferforderungen von 2,745.690 S inklusive 18 % USt. sowie überlassene Darlehen von 1,194.340,75 S, gegenüber der Beschwerdeführerin bestanden. Zu diesem Zeitpunkt habe JG die Abtretung seines Gesellschaftsanteiles an seinen Bruder MG geplant. Im Zuge der Gespräche über die geplante Abtretung sei der gegenständliche Forderungsverzicht über einen Betrag von 2,940.030,75 S (Lieferforderung 1,745.690 S, Darlehen 1,194.340,75 S) unter der Bedingung, dass die Beschwerdeführerin an JG die darüber hinausgehende Lieferforderung von 1,000.000 S binnen Jahresfrist bar auszahlen müsse, vereinbart worden. Bei Nichteinhaltung dieser Vereinbarung von Seiten der Beschwerdeführerin sollte der Forderungsverzicht ungültig sein und widerrufen werden. Dieser Fall sei auch eingetreten und mangels Zahlung der vereinbarten 1,000.000 S innerhalb der Frist bis 31. Dezember 1991 habe JG seinen Forderungsverzicht widerrufen. Die Beschwerdeführerin sei damit gezwungen gewesen, einen sonstigen Aufwand von 1,479.398 S gewinnmindernd zu verbuchen. Mit den erstinstanzlichen Bescheiden habe das Finanzamt zum erklärten Verlust von 1,743.644 S nunmehr 1,972.000 S hinzugerechnet, solcherart Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 233.356 S ermittelt und den Erhöhungsbetrag von 1,972.000 S (inklusive 493.000 S KEST) als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet. Dieser Argumentation sei entgegenzuhalten, dass es sich um einen bedingten Forderungsverzicht gehandelt habe, der ausdrücklich an die Bedingung geknüpft gewesen sei, dass 1,000.000 S bis längstens 31. Dezember 1991 von der Beschwerdeführerin an JG bezahlt würden. Es könne daher von einer Zuwendung, die einer fremden Person nicht gewährt worden sei, keine Rede sein, zumal ein Rechtsanspruch des ehemaligen Gesellschafters JG an die Beschwerdeführerin bestanden habe.
Der Berufungsschrift war ein Forderungsverzicht des JG vom 31. Dezember 1990 über einen Betrag von 2,940.030,75 S gegenüber der Beschwerdeführerin, eine "Gesprächsnotiz" ebenfalls vom 31. Dezember 1990, wonach der Forderungsverzicht vom 31. Dezember 1990 unter der Bedingung abgeschlossen worden sei, dass die Beschwerdeführerin eine Teilforderung von 1,000.000 S bis längstens 31. Dezember 1991 zur Gänze abstatte (bei Nichteinhaltung dieser Bedingung sei JG zum Widerruf des Forderungsverzichtes berechtigt und die gesamte ursprüngliche Forderung zur Zahlung fällig) und der Widerruf des Forderungsverzichtes vom 5. Jänner 1992 wegen Nichteinhaltens der Bedingung der Zahlung des Betrages von 1,000.000 S bis 31. Dezember 1991 angeschlossen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird dazu der Standpunkt vertreten, der von der Beschwerdeführerin und ihrem "geschäftsführenden Alleingesellschafter" im Hinblick auf die Übernahme der Gesellschaftsanteile durch den Bruder abgeschlossene Forderungsverzicht enthalte Vereinbarungen, die zwischen Familienfremden unter den gegebenen Umständen nicht getroffen worden wären. Dies vor allem hinsichtlich der Tatsache, dass der Alleingesellschafter auf 2,940.030,75 S unter der Bedingung der Zahlung der Restschuld in Höhe von 1,000.000 S ohne offensichtliche wirtschaftliche Notwendigkeit verzichtet habe. Aber selbst wenn "dieser Forderungsverzicht als fremdüblich zu beurteilen wäre, trifft dies auf die dem Widerruf des Forderungsverzichtes vorangehende Nichteinhaltung der Bedingung keinesfalls zu". Es sei nämlich bei einem, wenn auch durch die Zahlung von 1,000.000 S bedingten Verzicht auf Forderungen in Höhe von 2,940.030,75 S geradezu ausgeschlossen und jeglicher Lebenserfahrung widersprechend, "die Bedingung der Zahlung von 1,000.000 S innerhalb eines Jahres nicht zu erfüllen und diesen Betrag im Hinblick auf den Forderungsverzicht in nahezu der dreifachen Höhe, nicht zurückzuzahlen". Da die getroffenen Vereinbarungen des Alleingesellschafters mit der Gesellschaft einem Fremdvergleich nicht standhielten, sei von "gesellschaftsrechtlich veranlassten Vermögensübertragungen" auszugehen. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass es sich um einen bedingten Forderungsverzicht gehandelt und ein Rechtsanspruch des ehemaligen Gesellschafters JG an die Beschwerdeführerin bestanden habe, sei insoferne zuzustimmen, als durch die Nichteinhaltung der Bedingung der Rechtsanspruch des JG erhalten geblieben sei. Die Beschwerdeführerin übersehe aber, dass die von ihr mit ihrem Alleingesellschafter getroffenen Vereinbarungen einem Fremdvergleich nicht standhielten. Außerdem sei der Forderungsverzicht im Rahmen der Abtretung des Gesellschaftsanteiles von JG an seinen Bruder MG erfolgt "und somit auch in dieser Hinsicht eine Vereinbarung zwischen Angehörigen darstellt, die zwischen Fremden so nicht geschlossen worden wäre". Aus diesem Grund sei das "gewährte Darlehen" als Einkommensverwendung im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG anzusehen und als verdeckte Ausschüttung zu qualifizieren.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter verdeckter Gewinnausschüttung sind alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft zu Unrecht vermindern und ihre Wurzel in der Anteilinhaberschaft haben, zu verstehen (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1995, 94/13/0228, und vom 26. Mai 1998, 94/14/0042).
Voraussetzung für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung (bzw. verdeckte Ausschüttung in der Terminologie des § 8 Abs. 2 KStG 1988) ist damit u.a. eine Einkommensminderung der Körperschaft. Dazu ist im Beschwerdefall auf Folgendes hinzuweisen:
Auch im angefochtenen Bescheid wird das ebenfalls in der Beschwerde enthaltene Vorbringen nicht bestritten, dass es sich beim vom damaligen Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin abgegebenen Forderungsverzicht um ein bedingtes Rechtsgeschäft handelte (Abhängigkeit des Forderungsverzichtes von der Bezahlung eines Teilbetrages bis 31. Dezember 1991). Nun verpflichtet aber ein bedingter Schuldnachlass - jedenfalls - den nach dem Niederstwertprinzip bilanzierenden protokollierten Kaufmann (§ 5 Abs 1 EStG 1988), die Verbindlichkeit in der Bilanz weiterhin auszuweisen, solange nicht einwandfrei feststeht, dass die Schuld erloschen ist (vgl. dazu Doralt, EStG-Kommentar, § 6 Tz 269/1, Hofstätter/Reichel, EStG 1988, Tz 8 zu § 36, sowie die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1970, 1527/69, vom 31. März 1976, 517/76, und vom 24. Mai 1993, 92/15/0041).
Diese Beurteilung bedeutet für den Beschwerdefall, dass die nach § 5 Abs. 1 EStG 1988 ihren Gewinn ermittelnde beschwerdeführende GmbH im Zuge der Abgabe des bedingten Forderungsverzichtes im Jahr 1990 im Sinne des § 6 Z. 3 EStG 1988 keine Teilwertabschreibung der Verbindlichkeit hätte vornehmen dürfen und damit auch das "Wiederaufleben" der Verbindlichkeiten wegen Nichteintritt der Bedingung und anschließendem Widerruf des Forderungsverzichts zu keiner Gewinnminderung führen konnte. Wegen einer somit richtigerweise ohnedies nicht gegebenen Gewinnminderung der Beschwerdeführerin im Jahr 1992 blieb damit auch für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung in der Form eines rückgängig gemachten Forderungsverzichtes kein Raum (zum im erstinstanzlichen Bescheid zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1991, 90/13/0252, 0253, ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass dem damals entschiedenen Beschwerdefall ein unbestritten unbedingt abgegebener Forderungsverzicht zu Grunde lag). Ob der "Forderungsverzicht" im Jahr 1990 seinerzeit vom Finanzamt entgegen der steuerlichen Behandlung durch die Beschwerdeführerin (die im Forderungsverzicht einen "Sanierungsgewinn" sah) als steuerneutrale Gesellschaftereinlage beurteilt wurde, ist nicht von Bedeutung, zumal selbst Unrichtigkeiten in der Bilanz ungeachtet der Rechtskraft darauf beruhender Steuerbescheide zu berichtigen sind (vgl. z.B. Hofstätter/Reichel, a.a.O., Tz. 3 ff zu § 4 Abs. 2). Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift - ohnedies offenbar auch im Abrücken von ihrer Position der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung - u.a. die Ansicht vertritt, weil der Steuerbescheid für das Jahr 1990 unbekämpft geblieben sei (die Beschwerde verweist hier auf die mangelnden steuerlichen Auswirkungen), müsse im Jahr 1992 der Widerruf des Forderungsverzichts eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr bedeuten, kann ihr daher nicht gefolgt werden.
Im Ergebnis hat damit die belangte Behörde bei ihrer Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides in der Frage der verdeckten Gewinnausschüttung die Rechtslage verkannt, wobei dies auch zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen hatte, weil wegen der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung über die Rückgängigmachung des gewinnmindernden Ansatzes des widerrufenen Forderungsverzichtes von 1,479.398 S hinaus auch eine Zurechnung der darauf entfallenden Kapitalertragsteuer von S 493.000 S erfolgte. Ob die belangte Behörde auch aus anderen Gründen keine verdeckte Gewinnausschüttung hätte annehmen dürfen, kann dahingestellt bleiben. Festzuhalten ist lediglich, dass sich die Begründung des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen in kaum nachvollziehbaren, sachverhaltsmäßig nicht untermauerten Ausführungen erschöpft (völlig unverständlich ist in diesem Zusammenhang etwa auch, dass der angefochtene Bescheid abschließend von einem "gewährten Darlehen" als verdeckte Ausschüttung spricht).
Der angefochtene Bescheid war somit nach § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den mit 15.000 S zu hoch verzeichneten Schriftsatzaufwand (diesbezüglich war nach Art I Z 1 der zit. VO nur ein Betrag von 12.500 S zuzuerkennen).
Wien, am 31. Mai 2000
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997130240.X00Im RIS seit
11.07.2001