TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/11 I403 2170935-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.01.2018
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Entscheidungsdatum

11.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs1a

Spruch

I403 2170935-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Gambia, vertreten durch die juristischen Personen Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2017, Zl. 1088425707/170072548 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkte I., II., III. und V. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in Spruchpunkt IV. zu lauten hat: "Gemäß § 55 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

III. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in Spruchpunkt VI. zu lauten hat: "Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wird ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein gambischer Staatsbürger, stellte am 23.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und gab bei der am folgenden Tag stattfindenden Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, Gambia aus folgendem Grund verlassen zu haben: "Ich habe Gambia verlassen um in Libyen zu arbeiten. Dort wurde ich aber oft nicht ausbezahlt, wodurch ich nicht länger in Libyen bleiben konnte. Ich kann auch nicht zurück nach Gambia, weil der Weg dorthin sehr gefährlich ist und ich dort keine Arbeit bekommen würde. Das ist mein einziger Fluchtgrund." Bei einer Rückkehr befürchte er in Gambia keine Lebensgrundlage aufbauen zu können. Seine Heimat habe er Ende 2013 verlassen und sei über den Senegal, Mali, Burkina Faso, den Niger und Libyen nach Italien gelangt, wo man ihm die Fingerabdrücke abgenommen und er in weiterer Folge einen Asylantrag gestellt habe. Er habe sich über ein Jahr lang in Italien aufgehalten und sei nach Erhalt eines negativen Bescheides vor ca. drei Wochen selbstständig nach Österreich gereist.

Nach Aufnahme eines Konsultationsverfahrens mit Italien am 08.10.2015 stimmten die italienischen Behörden mit Schreiben vom 22.10.2015 zu, den Beschwerdeführer auf Grundlage des Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (in der Folge Dublin III-VO) zu übernehmen.

Mit Eingabe vom 29.10.2015 wurde den italienischen Behörden nachweislich mitgeteilt, dass sich die Überstellungsfrist gegenständlich gem. Art. 29 Abs. 2 der Dublin III-VO auf 18 Monate verlängere.

Der Beschwerdeführer befand sich seit 27.10.2015 in einer Justizanstalt. Aus dem Akteninhalt ist ferner ersichtlich, dass gegenüber dem Beschwerdeführer mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 29.10.2015 die Untersuchungshaft verhängt wurde. Begründend wurde hiezu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer dringend des Verbrechens des schweren Raubes sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften verdächtig sei.

Am 26.11.2015 wurde der Beschwerdeführer in einem Polizeianhaltezentrum niederschriftlich einvernommen. Hierbei gab dieser an, sich gut und in der Lage zu fühlen, die Einvernahme durchzuführen. Familienangehörige in Österreich oder in einem anderen EU-Land habe er nicht. Er lebe auch nicht in einer Familiengemeinschaft oder einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. In Italien habe er sich ca ein Jahr lang aufgehalten und sei dort sowohl zu seinem gestellten Asylantrag als auch zu seinen Fluchtgründen befragt worden. Nichtsdestotrotz habe er eine negative Entscheidung erhalten. Allfällige Probleme mit privaten Personen, Behörden oder der Polizei in Italien verneinte der Beschwerdeführer. Er wolle nicht nach Italien zurückkehren, da er dort keine Unterkunft gehabt und auf Bahnhöfen übernachtet habe. Er wolle gern in Österreich bleiben, wo man sich um ihn gekümmert und ihm eine Unterkunft gegeben habe.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 07.12.2015 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. Artikel 18 Abs. 1 lit. d der Dublin III-VO Italien für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge dessen Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Dagegen wurde Beschwerde erhoben, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.03.2016, Zl. W185 2118809-1 als unbegründet abgewiesen wurde.

Bereits zuvor war der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 19.01.2016, rechtskräftig am 23.01.2016, wegen des Verbrechens des schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden.

Am 18.01.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag erklärte er, dass sich an seinen Fluchtgründen nichts geändert habe. Er wolle aber in Österreich bleiben, weil er hier ein besseres Leben habe.

Die niederschriftliche Einvernahme durch das BFA fand am 25.08.2017 statt. Der Beschwerdeführer erklärte gesund zu sein, allerdings verschiedene Medikamente zu nehmen. Er sei aber arbeitsfähig. Er habe nie die Schule besucht, aber etwa 10 Jahre in Gambia als Tischler gearbeitet. Ungefähr mit 19 habe er seine Heimat verlassen, das sei etwa 2010 gewesen. In weiterer Folge habe er sich in verschiedenen Ländern, unter anderem zwei Jahre in Libyen und zwei Jahre in Italien, aufgehalten. Zu seiner Familie in Gambia habe er über seine älteste Schwester Kontakt. Er sei einmal wegen Drogenbesitzes verhaftet worden, dann aber weggelaufen. Er befürchte im Falle einer Rückkehr verhaftet zu werden.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Niederösterreich, vom 29.08.2017, zugestellt am 04.09.2017, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 23.09.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Gambia abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Gambia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Das Vorbringen des Beschwerdeführers, Gambia aus Furcht vor einer Inhaftierung verlassen zu haben, wurde für nicht glaubhaft befunden. Eine besondere Gefährdung seiner Person im Fall einer Rückkehr nach Gambia wurde vom BFA nicht festgestellt. Ebenso wenig wurde ein schützenwertes Privat- oder Familienleben in Österreich festgestellt. Der Beschwerdeführer stelle zudem eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, so dass ein Einreiseverbot zu verhängen sei.

Gegen den Bescheid wurde fristgerecht am 12.09.2017 Beschwerde erhoben und eine Vollmacht für die Vertretung durch die juristischen Personen Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH vorgelegt. Der angefochtene Bescheid sei bereits deshalb mit Rechtswidrigkeit belastet, weil im Verfahrensgang die Einvernahme eines anderen Asylwerbers aus Marokko wiedergegeben sei. Dadurch sei nicht ersichtlich, auf welche Widersprüche sich das BFA stütze. In weiterer Folge wurde allerdings auf die im Bescheid (im Rahmen der Beweiswürdigung) dargelegten Widersprüche eingegangen und das Vorbringen aufrechterhalten, dass der Beschwerdeführer aus Gambia geflüchtet sei, um sich einer Verhaftung zu entziehen. In weiterer Folge wurde auf den schlechten Zustand der Justiz bzw. die harten Haftbedingungen in Gambia hingewiesen. Dem Beschwerdeführer sei als Angehöriger der "sozialen Gruppe jener Personen, gegen die sich ein vom Staat ausgehendes, mit hoher Wahrscheinlichkeit korrumpiertes Strafverfahren richtet" die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Nachdem der Beschwerdeführer in Gambia wegen des "extrem scharf geahndeten Delikts" des Drogenhandels gesucht werde, sei eine Abschiebung unzulässig. Außerdem sei der Beschwerdeführer aufgrund seiner Drogenabhängigkeit in Österreich in intensiver medizinischer Betreuung, weswegen eine Rückkehrentscheidung unzulässig wäre. Im Falle einer Abschiebung des Beschwerdeführers drohe eine Verletzung von Art. 3 und 8 EMRK, so dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sei. Eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zur Dauer des Einreiseverbotes fehle jedenfalls. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 19.09.2017 vorgelegt.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.09.2017, Zl. I403 2170935-1/4Z wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Gambias. Die Identität des Beschwerdeführers steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.

Er gehört der Volksgruppe der Mandinka und der muslimischen Glaubensgemeinschaft an.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und ist arbeitsfähig. Allerdings besteht beim Beschwerdeführer eine Drogenabhängigkeit, welcher aktuell mit einer medikamentösen Substitutionstherapie mit Methadon begegnet wird.

In Gambia leben die Eltern, zwei Brüder, drei Schwestern und mehrere Tanten, Onkel und Cousins des Beschwerdeführers. Er steht mit seiner älteren Schwester in Kontakt.

In Gambia hat er zehn Jahre lang als Tischler gearbeitet und in Libyen hat er Reinigungsarbeiten durchgeführt oder Teller gewaschen. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Gambia hat er eine Chance auch hinkünftig am gambischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen und weist keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 19.01.2016, Zl. XXXX, wegen §§ 142 (1) und 143 (1) 2. Fall StGB wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Gambia aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde.

Soweit der Beschwerdeführer angibt, dass er in Gambia wegen Drogenbesitzes hätte verhaftet werden sollen, ist dies nicht glaubhaft. Glaubhaft ist, dass er seinen Herkunftsstaat aufgrund von wirtschaftlichen Schwierigkeiten verlassen hat.

Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Gambia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.3. Zur Situation in Gambia:

Im angefochtenen Bescheid finden sich Feststellungen zur Lage in Gambia, auszugsweise getroffen auf Basis des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation zu Gambia vom 24.8.2016, aktualisiert am 25.07.2017. Diese werden für gegenständliche Entscheidung herangezogen. Daraus ergibt sich insbesondere, dass im Dezember 2016 Adama Barrow zum neuen Präsidenten Gambias gewählt wurde. Nach 22 Jahren der Diktatur feierten viele Gambier den Sieg des Oppositionspolitikers (DW 18.7.2017).

Zunächst kündigte der amtierende Präsident Jammeh an, die Niederlage zu akzeptieren - zur Verblüffung der Opposition und internationaler Beobachter. Eine Woche später änderte er seine Meinung. Wahlsieger Barrow floh in den Senegal, wo er als Präsident vereidigt wurde. Die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS schickte Truppen, um Jammeh zum Aufgeben zu bewegen. Ende Jänner gab er schließlich dem Druck nach und ging ins Exil nach Äquatorialguinea. Zuvor aber plünderte er die ohnehin schon leere Staatskasse (DW 18.7.2017). Jammeh wurde angeklagt, dem Staat mehr als 50 Millionen US-Dollar gestohlen zu haben, bevor er Anfang dieses Jahres ins Exil flüchtete. Präsident Adama Barrow hat eine Kommission eingerichtet, um das Vermögen des ehemaligen Staatsmannes Yahya Jammeh zu überprüfen (BBC News 14.7.2017).

Am 18.2.2017 wurde Barrow unter hohen Sicherheitsvorkehrungen in Banjul erneut vereidigt. Die erste Vereidigung war im Jänner im Senegal erfolgt (BAMF 20.2.2017). Gambia feierte das Ende der Herrschaft des autoritären Langzeitpräsidenten Jammeh und der Aufbruch des Landes in eine bessere Zukunft. Doch die Stimmung ist abgekühlt, aus Euphorie ist Ernüchterung geworden. Barrow versprach den Gambiern Freiheit, Demokratie, Fortschritt und Wohlstand. Doch viel hat sich bisher noch nicht getan - das von ihm versprochene "neue Gambia" liegt noch in weiter Ferne. Allerdings werden erstmals seit seinem Amtsantritt demokratische Grundsätze geachtet, wie Presse- und Meinungsfreiheit (DW 18.7.2017). In den ersten 100 Tagen von Barrows Präsidentschaft wurden bereits viele politische Häftlinge freigelassen, v.a. Personen, die aufgrund kritischer Meinungsäußerungen inhaftiert worden waren (AI 27.4.2017).

Laut Gambias Justizminister haben Ermittlungsbeamte Dutzende zusätzliche Besitztümer, Bankkonten und Unternehmen des ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh untersucht. Diese Enthüllungen kamen eine Woche nachdem Präsident Adama Barrow angekündigte, eine Kommission zu bilden, um Jammehs Vermögenswerte zu untersuchen. Im Mai beschlagnahmte die Regierung etwa 50 Millionen Dollar an Vermögenswerten und ließ 131 Besitztümer und mehr als 80 Bankkonten einfrieren. Barrow sagte, dass die Kommission auch die Vorwürfe des Amtsmissbrauchs, die Misswirtschaft der öffentlichen Gelder und die Verletzung der Verfassung untersuchen wird (TWP 14.7.2017).

Die ersten sechs Monate haben kaum Veränderungen gebracht. Barrows größte Herausforderung ist es, aus Gambia einem Rechtsstaat zu machen und eine starke Wirtschaftsführung zu etablieren, um Regierungs- und Wirtschaftsinstitutionen im Land wiederherzustellen. Die Gambier sind geteilter Meinung. Manche meinen, die Regierung würde dringend notwendige Reformen nicht schnell genug auf den Weg bringen. Andere sagen, es brauche Zeit und Ressourcen, um 22 Jahre Missmanagement und Veruntreuung durch seinen Amtsvorgänger Jammeh und dessen Regierung aufzuarbeiten (DW 18.7.2017).

Während nun die Regierung versucht, den abgewirtschafteten Staat in Schwung zu bringen, warten viele Gambier auf die Umsetzung seiner Wahlversprechen. Sie wollen bessere Lebensbedingungen und Arbeitsplätze. Die Bevölkerung ist im Schnitt 19 Jahre alt und lebt von nur einem Euro am Tag (DW 18.7.2017).

Am 6.4.2017 fand in Gambia die Wahl des neuen Parlaments statt. Bei einer Wahlbeteiligung von 42 % hat die Vereinigte Demokratische Partei (UDP) des seit Dezember 2016 gewählten Oppositionspolitikers Präsidenten Barrow 31 von 53 Sitzen im Parlament gewonnen. Zur Wahl standen 238 Kandidaten aus neun Parteien (BAMF 10.4.2017).

Gambias neue Regierung bemüht sich, ihre Souveränität in einigen gegenüber dem ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh noch loyalen Regionen geltend zu machen.

Zusammenstöße zwischen Pro-Jammeh Protestierenden und der vom Senegal geführten Koalition westafrikanischer Kräfte, welche einen friedlichen Übergang der Macht gewährleisten sollen, führten Anfang Juni zu mehrere Verletzten und einem Toten. Einiger Einwohner erhoben Anschuldigungen wegen Missbrauchs durch senegalesische Truppen (AJ 17.7.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (27.4.2017): Gambia: Progress in first 100 days of Barrow government requires major reform to break with brutal past,

https://www.amnesty.org/en/latest/news/2017/04/gambia-progress-in-first-100-days-of-barrow-government-requires-major-reform-to-break-with-brutal-past/, Zugriff 25.7.2017]

-

AJ - Al Jazeera (17.7.2017): Ex-leader’s supporters resist transition of power in Gambia,

http://www.aljazeera.com/video/news/2017/07/ex-leaders-supporters-resist-transition-power-gambia-170717145017420.html, Zugriff 24.7.2017

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BAMF Informationszentrum Asyl und Migration (10.4.2017): Briefing Notes

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BAMF Informationszentrum Asyl und Migration (20.2.2017): Briefing Notes

-

BBC News (14.7.2017): Gambia investigate ex-president accused of stealing $50m, http://www.bbc.com/news/live/world-africa-40384376, Zugriff 17.7.2017

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DW - Deutsche Welle (18.7.2017): Gambia: Das Ende der Euphorie, http://www.dw.com/de/gambia-das-ende-der-euphorie/a-39742114?maca=de-newsletter_de_International_do-2351-html-newsletter, Zugriff 24.7.2017

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TWP -The Washington Post (14.7.2017): Gambia sets up commission to investigate ex-leader’s assets, https://www.washingtonpost.com/world/africa/gambia-sets-up-commission-to-investigate-ex-leaders-assets/2017/07/14/6720c9e4-685a-11e7-94ab-5b1f0ff459df_story.html?utm_term=.df56b06b8de3, Zugriff 24.7.2017

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TWP -The Washington Post (21.7.2017): Gambia investigators find dozens more Jammeh-linked assets, https://www.washingtonpost.com/world/africa/gambia-investigators-find-dozens-more-jammeh-linked-assets/2017/07/21/97e5a90e-6e05-11e7-abbc-a53480672286_story.html?utm_term=.cb053e00100d, Zugriff 24.7.2017

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor. Die Gerichte sind jedoch nicht unabhängig, ineffizient und korrupt. Die richterliche Unabhängigkeit wird durch die Befugnis des Präsidenten, Richter zu entlassen, verhindert. Richter, die in heiklen Fällen nicht im Sinne der Regierung entscheiden, riskieren ihre Entlassung. Auch bei den Höchstrichtern gibt es wenig Beständigkeit (USDOS 13.4.2016). Rechtsstaatlichkeit ist nach Ansicht internationaler Beobachter lediglich formal gesichert. In der Praxis geht die Staatsgewalt direkt vom Präsidenten aus, dieser ist Dreh- und Angelpunkt des gesamten Staatsapparates. Die theoretische Unabhängigkeit der Justiz wird in "heiklen" Fällen allzu leicht ignoriert. Richter und Staatsanwälte werden nach Belieben eingesetzt und versetzt. Der Großteil der Richter wurde vom Präsidenten selbst handverlesen und wird auf Vertragsbasis angestellt. Eine Verlängerung des Vertragsverhältnisses unterliegt dessen Gutdünken (ÖB 9.2015).

Häufige Verzögerungen und fehlende, oder nicht verfügbare Zeugen, Richter oder Anwälte verhindern oft, dass es zu einem Gerichtsverfahren kommt. Viele Fälle wurden wegen Unterbrechungen verzögert, um der Polizei oder dem Geheimdienst mehr Zeit zu lassen, ihre Untersuchungen fortzusetzen. Um den Rückstau abzuschwächen, stellte die Regierung Richter und Magistrate aus anderen Staaten des Commonwealth mit ähnlichen Rechtssystemen ein. Ausländische Richter, die oft heikle Verfahren leiten, sind ganz besonders dem Druck der Exekutive ausgesetzt (USDOS 13.4.2016; vgl. ÖB 9.2015). Das Vertrauen in die Justiz ist dementsprechend gering (ÖB 9.2015).

Das Justizsystem erkennt auch das Gewohnheitsrecht und die Scharia [Anm.: islamisches Recht] an (USDOS 13.4.2015). Gewohnheitsrecht findet meistens in Heirats- und Scheidungsangelegenheiten nicht-muslimischer Staatsangehöriger Anwendung, sowie in Erbschafts-, Pacht- und sozialen Angelegenheiten. Allen Bürgern werden dort ohne jedwede Diskriminierung dieselben Rechte zuerkannt. Die Bezirkschefs sitzen den Bezirksgerichten in Fällen von Gewohnheitsrecht vor. Islamisches Recht findet in familienrechtlichen Angelegenheiten der muslimischen Bevölkerung Anwendung (ÖB 9.2015).

Quellen:

-

ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht - Gambia

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2015): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/322484/461961_de.html, Zugriff 17.8.2016

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung und weitere Gesetze verbieten Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Es gibt aber Berichte, dass Sicherheitskräfte Personen in Gewahrsam folterten, schlugen und misshandelten (USDOS 13.4.2016; vgl. HRW 27.1.2016). Der UN-Sonderberichterstatter über Folter schrieb in einem im März 2015 veröffentlichten Bericht, dass Folter allgemein verbreitet sei und vor allem vom NIA [Anm.: National Intelligence Agency] routinemäßig unmittelbar nach der Inhaftierung angewendet werde. In dem Bericht wurden auch die Haftbedingungen und das Fehlen wirksamer Beschwerdeverfahren für die Untersuchung von Folter- und Misshandlungsvorwürfen kritisiert (AI 24.2.2016; vgl. HRW 27.1.2016).

Bis dato hat Gambia noch nicht das optionale Protokoll der Anti-Folter Konvention ratifiziert. Das Land wurde vom ECOWAS-Gerichtshof [Anm.: ECOWAS ist die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten] in drei Fällen wegen Menschenrechtsverstößen - nämlich für die Verhaftung und Folter von Journalisten - verurteilt. Allerdings blieben diese Verurteilungen folgenlos und nur symbolischer Natur (ÖB 9.2015).

Quellen:

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty Report - Gambia 2016,

https://www.amnesty.de/jahresbericht/2016/gambia?destination=node%2F2919%3Fcountry%3D134%26topic%3D%26node_type%3Dai_annual_report%26from_month%3D0%26from_year%3D%26to_month%3D0%26to_year%3D%26submit_x%3D103%26submit_y%3D14%26result_limit%3D50%26form_id%3Dai_core_search_form#folterundanderemisshandlungen, Zugriff 19.8.2016

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HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Gambia, http://www.ecoi.net/local_link/318342/457342_de.html, Zugriff 19.8.2016

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ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht - Gambia

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/322484/461961_de.html, Zugriff 17.8.2016

Korruption

Korruption und Strafflosigkeit sind laut Beobachter weitverbreitete Phänomene bei den Sicherheitskräften (ÖB 9.2015). Während das Gesetzt strafrechtliche Folgen für die Korruption von Beamten vorsieht, wird das Gesetz nicht wirksam umgesetzt (USDOS 13.4.2016). Im Allgemeinen sind die Regierungstätigkeiten undurchsichtig. Behördliche Korruption ist weiterhin ein ernstes Problem und die Zahl der Berichte über die Beteiligung von Staatsbeamten im Drogenhandel ist groß. Im Februar 2015 sagte Präsident Jammeh der Nationalversammlung, dass eine Anti-Korruptionskommission, die offiziell im Rahmen eines Gesetzes 2012 eingerichtet wurde, bald voll einsetzbar sein würde (FH 27.1.2016). Ebenso sprach er sich bei mehreren Gelegenheiten im Laufe des Jahres gegen Korruption aus (USDOS 13.4.2016). Es gab wegen Korruption Strafverfolgungen von mehreren Zivilbeamten, darunter hochrangige Beamte (USDOS 13.4.2016).

Auf dem Corruption Perceptions Index 2015 von Transparency International lag Gambia auf Platz 123 von 167 untersuchten Ländern und Territorien (TI 2015).

Quellen:

-

FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/327612/468230_de.html, Zugriff 17.8.2016

-

ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht - Gambia

-

TI - Transparency International (2015): Corruption Perceptions Index - Results, http://www.transparency.org/cpi2015#results, Zugriff 17.8.2016

-

USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/322484/461961_de.html, Zugriff 17.8.2016

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Eine Reihe von inländischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen ist trotz der behördlichen Einschränkungen tätig. Diese untersuchen Menschenrechtsfälle und veröffentlichen ihre Ergebnisse. Regierungsbeamte sind selten kooperativ oder empfänglich für ihre Ansichten (USDOS 13.4.2016).

Es gibt praktisch keine funktionierende bzw. organisierte zivilgesellschaftliche Gruppe, welche sich mit Menschenrechtsthemen auseinandersetzt. Die wenigen vorhandenen NGOs beschränken sich auf nicht-sensible Bereiche und führen keine Monitoring-Aktivitäten durch (ÖB 9.2016; vgl. HRW 27.1.2016). Dies hängt auch damit zusammen, dass NGOs zwar vom Gesetz her erlaubt sind, deren Tätigkeit jedoch streng beobachtet wird und sich im Rahmen der allgemeinen Entwicklungsanstrengungen des Landes zu bewegen hat. Große NGOs wie Human Rights Watch oder Amnesty International sind in Gambia nicht präsent. Dies betrifft auch das IKRK [Internationale Komitee vom Roten Kreuz] (ÖB 9.2015).

Die meisten Menschenrechtsorganisationen berichten nicht öffentlich über Menschenrechtsverletzungen im Land aus Angst vor Repressalien. Die Regierung schikaniert, verhaftet und nimmt Menschenrechtsaktivisten fest (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-

ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht – Gambia

-

HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Gambia, http://www.ecoi.net/local_link/318342/457342_de.html, Zugriff 22.8.2016

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/322484/461961_de.html, Zugriff 17.8.2016

Grundversorgung/Wirtschaft

Gambia ist eines der ärmsten Länder in Afrika und steht 2015 im Human Development Index der Vereinten Nationen an 175. Stelle von 188 (IFAD 3.2016). Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze (IFAD 3.2016; vgl. CIA 29.7.2016).

Gambia ist eine kleine und nur wenig entwickelte Volkswirtschaft mit einer sehr schmalen wirtschaftlichen Basis und geringem Diversifizierungsgrad. Die Außenwirtschaft ist stark von Re-Exporten, Tourismus und Überweisungen der Auslandsgambier abhängig. Nach dem Wachstumseinbruch in Folge der 2011er Dürre konnte sich die Wirtschaft 2012 und 2013 erholen. Für 2015 sollte die Wirtschaft ein Wachstum von 5 Prozent einfahren. Die wichtigsten Wachstumsmotoren sollten dabei die bisherigen zwei Säulen Landwirtschaft und Tourismus bleiben. Gambia besitzt keine nennenswerten Bodenschätze, die sich wirtschaftlich erschließen ließen (ÖB 9.2015).

Rund drei Viertel der Bevölkerung hängen für ihren Lebensunterhalt vom Landwirtschaftssektor ab (CIA 29.7.2016; vgl. IFAD 3.2016), etwa ein Fünftel des Bruttoinlandsproduktes wird in diesem Sektor erwirtschaftet (CIA 29.7.2016).

Der Großteil der Bevölkerung ist entweder im Agrarsektor tätig (wo sie nicht von offiziellen Statistiken erfasst wird) oder im informellen Wirtschaftssektor (ÖB 9.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Der formelle Wirtschaftssektor ist nur schwach ausgeprägt und beschränkt sich meist auf den öffentlichen Sektor und im Land tätige ausländische Unternehmen. Laut der gambischen Integrated Household Survey 2010 (IHS) gehen 73 Prozent der Bevölkerung einer Beschäftigung (Kleinhandel, Kleinhandwerk, Gelegenheitsjobs, Straßenverkauf, usw.) nach, wovon 96 Prozent im informellen Sektor tätig sind (ÖB 9.2015).

Der gesetzliche Mindestlohn (im formellen Sektor) für ungelernte Arbeiter beträgt GMD 50 pro Tag bei einer staatlich festlegten Armutsgrenze von GMD 38 pro Tag (ÖB 9.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Dies gilt nur für 20 Prozent der im formellen Sektor beschäftigten Arbeitskräfte (USDOS 13.4.2016). Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind weiterhin hoch (CIA 29.7.2016). Es ist jedoch in Gambia, wie auch in anderen Ländern der Region, durchaus üblich in der Großfamilie oder im Familienverband zu leben bzw. von diesem Unterstützung zu erhalten (ÖB 9.2015; vgl. USDOS 13.4.2016)

Quellen:

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CIA - Central Intelligence Agency (29.7.2016): The World Factbook

-

Gambia, The - Government,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ga.html, Zugriff 19.8.2016

-

IFAD - International Fund for Agricultural Development (3.2016):

Investing in rural people in The Gambia;

https://www.ifad.org/documents/10180/e12761e1-8d18-4ab2-82df-5ddf5cacb305, Zugriff 19.8.2016

-

ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht - Gambia

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US DOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/322484/461961_de.html, Zugriff 12.8.2016

Medizinische Versorgung

Trotz einiger Fortschritte auf diesem Gebiet ist in Gambia keine flächendeckende medizinische Grundversorgung verfügbar (ÖB 9.2015). Die medizinische Versorgung ist generell eingeschränkt und vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. Auch im privaten Sektor ist nur eine begrenzte Diagnostik und Behandlung möglich. Die Versorgung ist besonders bei Notfällen, z. B. nach Autounfällen, aber auch im Falle eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalles sehr eingeschränkt (AA 12.8.2016). Die Finanzierung der medizinischen Versorgung wird zu rund 70 Prozent von den internationalen Gebern gesichert. Laut rezenten Daten der WHO schneidet Gambia im Gesundheitsbereich jedoch teilweise deutlich besser als der westafrikanische Durschnitt ab. Schlechtere Werte werden allerdings bei Tuberkulose- und Malaria-Infektionen verzeichnet. Große Herausforderungen im Gesundheitsbereich bleiben eine hohe Mütter- und Kindersterblichkeitsrate, der Kampf v.a. gegen Malaria, Atemwegsinfektionen, Tuberkulose und HIV/Aids. Ebenfalls problematisch gestaltet sich die hohe Hepatitis B Infektionsrate, welche laut Schätzungen der WHO bei 90 Prozent der Bevölkerung liegen soll. Erfolgreiche Programme zur Aidsbekämpfung sorgten dafür, dass die Aids-Rate in Gambia rückläufig ist und somit niedriger als im weltweiten Durchschnitt von neun Prozent liegt. Auch das Malaria-Kontroll-Programm Gambias gilt als vorbildlich für ganz Westafrika (ÖB 9.2015).

Sämtliche Bevölkerungsgruppen haben Zugang zu allen staatlichen Spitälern, Kliniken oder Krankenstationen. Jeder Patient hat eine Konsultationsgebühr von USD 0,6 bzw. USD 5 für größere Eingriffe zu entrichten. Schwangere Frauen und Kinder unter 5 Jahren sind von der Gebühr befreit. Patienten mit Krankheiten mit Relevanz für die öffentliche Gesundheit, wie z.B. Tuberkulose oder HIV/Aids sind ebenfalls von allen Gebühren befreit, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit. Behandlung und Medikamente sind, soweit vorhanden, generell kostenlos (ÖB 9.2015).

Die staatliche Gesundheitsversorgung ist dreigliedrig. Die erste Ebene bilden die rund 546 Gesundheitspunkte, gefolgt von 38 Gesundheitszentren sowie 7 Spitälern. Das medizinische Personal besteht im Großen und Ganzen aus 167 Ärzten, 13 Apothekern und 819 Krankenschwestern. Hinzu kommen noch ca. 67 Ärzte, 5 Apotheker und 218 Krankenschwestern aus dem privaten bzw. NGO-Bereich. Die höchste Dichte an medizinischen Dienstleistungen ist im urbanen Bereich im Westen des Landes zu finden. Seit 1995 ist das wichtigste Krankenhaus des Landes, das Royal Victoria (nunmehr Royal Victoria Teaching Hospital) an die Universität Banjul angeschlossen und bildet medizinisches Personal aus, was die Gesundheitsversorgung auf eine stabilere Basis setzte (ÖB 9.2015). Auf 1.000 Einwohner kommen in Gambia 0,11 Ärzte (2008) und 1,1 Krankenhausbetten (2011) (CIA 29.7.2016).

Traditionelle Medizin nimmt in der medizinischen Versorgung eine wichtige Stellung ein. Zur traditionellen Medizin gehören Knochenrichter, Kräutermedizinmänner, spirituelle Heilerinnen und Heiler, Geburtsbegleiterinnen und solche, welche die verschiedenen Methoden kombinieren. Problematisch in der traditionellen Medizin sind die fehlende standardisierte Ausbildung der Heilerinnen und Heiler und die mangelhafte Koordination mit der Schulmedizin (SFH 18.8.2014).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.8.2016): Reise & Sicherheit - Gambia - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GambiaSicherheit_node.html, Zugriff 12.8.2016

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CIA - Central Intelligence Agency (29.7.2016): The World Factbook

-

Gambia, The - Government,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ga.html, Zugriff 12.8.2016

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ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht - Gambia

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SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (18.8.2014): Gambia:

Behandlung von Diabetes,

http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1408718325_gambia-behandlung-von-diabetes.pdf, Zugriff 12.8.2016

Behandlung nach Rückkehr

Abgeschobene Personen werden von der Einwanderungsbehörde in Empfang genommen, kurz vernommen bzw. deren Daten aufgenommen und danach den Familien übergeben. Staatliche oder NGO-Betreuung sind der Botschaft keine bekannt. Das Ministerium für Jugend und Sport kündigte jedoch in dessen Nationaler Jugendstrategie die Erarbeitung von Programmen für Rückkehrer an. Nach Einschätzung der Botschaft ist davon auszugehen, dass ein rückkehrender Asylwerber vorerst mit der ihm zukommenden österreichischen Rückkehrhilfe über die Runden kommen muss. Mit einer Unterstützung für Rückkehrer von Seiten öffentlicher Stellen ist vorerst a priori nicht zu rechnen (ÖB 9.2015).

Die Stellung eines Asylantrags ist nicht als Verfolgungsgrund bekannt. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass, sollte im Zuge der Vernehmung bei der Rückkehr festgestellt werden, dass die angegebenen Asylgründe den Tatbestand der Rufschädigung der Regierung oder des Präsidenten erfüllen, der Rückkehrer in Haft genommen wird. Solange sich oppositionelle Tätigkeit im Rahmen hält, bleiben die jeweiligen Personen in der Regel unbehelligt. Dies ändert sich jedoch, sobald "schädigendes Verhalten" erkannt wird, wie z.B. Rufschädigung (sh. oben), Verbreitung von Falschinformationen, usw In solchen Fällen kann es durchaus vorkommen, dass die jeweiligen Personen bei einer Wiedereinreise in Gewahrsam genommen und durch die zuständigen Sicherheitsbehörden vernommen werden (ÖB 9.2015).

Zur Wohnsituation liegen der Botschaft keine spezifischen Informationen vor. Es ist jedoch in Gambia, wie auch in anderen Ländern der Region, durchaus üblich, in der Großfamilie oder im Familienverband zu leben bzw. von diesem Unterstützung zu erhalten. So sind Familien im Regelfall weit mit Verwandten in der Hauptstadt sowie in den Ursprungsdörfern auf dem Land verzweigt. Außer im Falle von Vollwaisen kann erfahrungsgemäß fast immer auf eine Unterstützung durch die Familie gezählt werden (ÖB 9.2015).

Quelle:

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ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht – Gambia

In der Beschwerde wurde auf den Bericht des US Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2016 zu Gambia verwiesen. Darin wird ausgeführt, dass Folter in Gambia gesetzlich verboten sei, dass es aber Berichte von Misshandlungen durch die Polizei gibt. Der Geheimdienst habe 2014 regelmäßig Folter angewandt. Die Haftbedingungen sind unmenschlich und teilweise lebensbedrohlich. Willkürliche Verhaftungen finden statt. Der Gerichtsbarkeit fehlt es an Unabhängigkeit.

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität, zum Alter und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels, konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden.

Die Feststellungen betreffend die Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Aussagen vor dem BFA.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA (" Ja, ich bin gesund. Ich nehme ein Medikament namens Subotex, ein Medikament namens Rivotril und eines gegen Schlafstörungen. Ich könnte auch arbeiten gehen.") sowie aus der seitens des Bundesverwaltungsgerichts bei der JA XXXX angeforderten Krankengeschichte des Beschwerdeführers und der telefonischen Auskunft der JA XXXX.

Die Feststellung zu seinen Familienangehörigen in Gambia beruht auf den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem BFA.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem BFA.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 09.01.2018 und dem im Akt einliegenden Strafurteil.

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

1. Der Beschwerdeführer hatte, auf das Wesentlichste zusammengefasst, vorgebracht, dass er zum einen aus wirtschaftlichen Gründen und zum anderen aufgrund einer ihm drohenden Haftstrafe wegen Drogenbesitz geflohen sei.

2. Das Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich einer ihm drohenden Haftstrafe wegen Drogenbesitzes, nämlich, dass er von der Polizei mit 2 kg Marihuana erwischt sowie mit Handschellen festgenommen worden sei und daraufhin zu einem Freund geflüchtet sei, welcher seine Handschellen aufbrechen habe können, wurde vom BFA im angefochtenen Bescheid aufgrund zahlreicher grundlegender Ungereimtheiten für nicht glaubhaft befunden.

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Dem BFA ist zuzustimmen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers diesen Anforderungen nic

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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