Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.
Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Schwarzenbacher und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. S*****, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in Schruns, gegen die beklagte Partei V***** eGen, *****, vertreten durch Mag. Christian Steurer, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 17. August 2017, GZ 1 R 188/17f-33, womit das Urteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom 16. Mai 2017, GZ 11 C 8/16s-28, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.017,90 EUR (darin enthalten 169,65 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Kläger (als dort Beklagter) verpflichtete sich mit gerichtlichem Vergleich vom 11. März 2014 gegenüber der beklagten (dort klagenden) Bank zur Zahlung von 75.000 EUR sA binnen 14 Tagen. Gegenstand der Klage war (nur) ein näher bezeichnetes Girokonto. Daneben unterhielt der Kläger bei der Beklagten auch mehrere andere (Kredit-)Konten.
Parallel zu diesem Vergleich schlossen die Parteien außergerichtlich eine vom Klagevertreter entworfene Sanierungsvereinbarung, die insbesondere vorsah, dass die Beklagte vom Vergleich Gebrauch machen könne, wenn der Kläger mit der Bezahlung seiner nachstehend dargestellten Rückzahlungsverpflichtungen um mehr als eine Monatsrate in Verzug gerate; in diesem Fall trete Terminsverlust ein und die Beklagte sei berechtigt, umgehend den gesamten Betrag laut Titel zu exekutieren. Fünf näher bezeichnete, bisher endfällige Fremdwährungskreditkonten würden auf Tilgung mit einer Laufzeit von 25 Jahren umgestellt; die monatliche Rückzahlungsrate betrage umgerechnet 4.670 EUR. Die für diese Kredite abgeschlossenen Tilgungsträger würden aufgelöst und die Realisate für die teilweise Abdeckung der Überziehung des Girokontos verwendet; die danach verbleibende Aushaftung sei bis 30. April 2014 abzudecken.
Nach Auflösung der Tilgungsträger wurden dem Girokonto die Verwertungserlöse gutgeschrieben; dadurch reduzierte sich dessen Aushaftung auf 16.080 EUR. Aufgrund nachfolgender Gutschriften verringerte sich der Negativsaldo des Girokontos auf 15.716,87 EUR.
Das Bezirksgericht Feldkirch bewilligte der Beklagten mit Beschluss vom 2. Mai 2016 aufgrund des Vergleichs antragsgemäß zur Hereinbringung einer Teilforderung von 30.000 EUR sA die Exekution durch Zwangsversteigerung einer dem Kläger gehörenden Liegenschaft.
Der Kläger erhob daraufhin eine Oppositionsklage, mit der er geltend machte, die titulierte Forderung sei zur Gänze getilgt.
Die Beklagte wendete ein, die Judikatschuld sei noch zur Gänze offen, weil der Kläger nicht alle Verbindlichkeiten laut Sanierungsvereinbarung erfüllt habe. Er sei mit seinen laufenden Ratenzahlungen seit März 2015 in Verzug.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Parteien hätten vereinbart, dass vom Exekutionstitel bei Verstoß gegen die Sanierungsvereinbarung Gebrauch gemacht werden dürfe. Der Beklagte habe weder das Girokonto bis zum 30. April 2014 abgedeckt noch die monatlichen Raten für die Fremdwährungsdarlehen beglichen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und sprach aus, dass der betriebene Anspruch bis auf einen Betrag von 15.719,87 EUR sA erloschen sei; das auf die Feststellung des Erlöschens des gesamten betriebenen Anspruchs gerichtete Mehrbegehren wies es ab. In der Sanierungsvereinbarung sei zwar nicht explizit geregelt, ob die Zahlungseingänge aus den Tilgungsträgern auf die Judikatschuld anzurechnen seien. Zweifelsfrei sei aber die Absicht der Parteien darauf gerichtet gewesen, auf dem Girokonto eingehende Zahlungen zuletzt auf die Judikatschuld anzurechnen. Andernfalls hätte die Beklagte nämlich schon kurz nach Abschluss der Sanierungsvereinbarung (nach Teilabdeckung der Aushaftung durch die Veräußerung der Tilgungsträger) vom Titel keinen Gebrauch mehr machen dürfen. Da dem Titel nur der Anspruch der Beklagten aus dem Girokonto zugrunde liege, sei entscheidend, mit welchem Betrag dieser Kredit aushafte. Nach den (vom Berufungsgericht ergänzend getroffenen) Feststellungen sei die Kreditschuld des Klägers aus dem Girokonto, die dem Exekutionstitel und der Exekutionsbewilligung zugrunde liege, bis auf einen Restbetrag von 15.719,87 [richtig: 15.716,87] EUR getilgt.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nachträglich zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob der betreibende Gläubiger einer Oppositionsklage entgegenhalten könne, dass er aufgrund einer mit dem Verpflichteten außergerichtlich geschlossenen Vereinbarung vom Vergleich so lange Gebrauch machen dürfe, bis auch Ansprüche, die nicht Gegenstand des Titels seien, beglichen seien.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten, mit der sie geltend macht, der Sanierungsvereinbarung sei zweifelsfrei zu entnehmen, dass die gesamten Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der Beklagten von dieser Vereinbarung und dem gerichtlichen Vergleich umfasst seien, ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.
1. Im Exekutionsverfahren ist der Umfang der Verpflichtung des Titelschuldners nur aufgrund des Exekutionstitels festzustellen; es kommt nicht darauf an, was der Verpflichtete nach dem Gesetz zu leisten hat, sondern nur, wozu er im Titel verpflichtet wurde (RIS-Justiz
RS0000217 [T2, T5]). Bei dieser Beurteilung ist also vom Wortlaut des Titels auszugehen und aus diesem selbst zu schließen, was die Parteien oder das Gericht dabei in Wirklichkeit gemeint haben. Besteht der Titel – wie etwa im Fall eines gerichtlichen Vergleichs – nur aus Parteienerklärungen, kommt es auf den objektiven Sinn an, der sich aus der Verpflichtungserklärung im Zusammenhang mit dem sonstigen Inhalt des Titels ergibt, nicht aber darauf, was die Partei im Einzelfall gewollt hat (RIS-Justiz
RS0000207 [T1, T13]).
Unklarheiten des Titels gehen zu Lasten des betreibenden Gläubigers (RIS-Justiz RS0000207 [T8, T11]). Wie ein singulärer Exekutionstitel aufzufassen ist, begründet keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0000207 [T14]).
2. Bildet ein Anerkenntnisurteil den Exekutionstitel, ist anhand des Akts zu beurteilen, welcher Klageanspruch anerkannt wurde (RIS-Justiz RS0000207 [T10]). Nichts anderes gilt für einen gerichtlichen Vergleich, der – wie hier – keinen Hinweis darauf enthält, dass sich der Kläger auch zur Abdeckung weiterer, in der Klage nicht genannter Kreditkonten verpflichtet. Ausgehend davon ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass im vorliegenden Oppositionsverfahren ausschließlich zu prüfen ist, inwieweit die Forderung der Beklagten aus dem – dem Titelverfahren allein zugrunde liegenden – Girokonto getilgt wurde, nicht zu beanstanden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Textnummer
E120443European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00211.17A.1220.000Im RIS seit
26.01.2018Zuletzt aktualisiert am
17.07.2018