Diskriminierungsgrund
MehrfachdiskriminierungDiskriminierungstatbestand
Beruflicher Aufstieg (Geschlecht, Alter), Belästigung durch den/die Arbeitgeber/inText
Senat I der Gleichbehandlungskommission
Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)
Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 27. September 2017 über den am 7. Juli 2014 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft Regionalbüro … (R-GAW) für Frau A, BA (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und des Alters beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen, gemäß §§ 3 Z 5 und 17 Abs. 1 Z 5 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 107/2013; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) sowie aufgrund des Geschlechtes durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch den/die ArbeitgeberIn gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 GlBG durch X (Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/560/14-M, zu folgendem
Prüfungsergebnis:
1. Frau A, BA ist aufgrund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg gemäß § 3 Z 5 GlBG durch X diskriminiert worden.
2. Frau A, BA ist aufgrund des Alters beim beruflichen Aufstieg gemäß § 17 Abs. 1 Z 5 GlBG durch X diskriminiert worden.
3. Frau A, BA ist aufgrund des Geschlechtes durch eine geschlechtsbezogene Belästigung gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 GlBG durch X diskriminiert worden.
Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.
Prüfungsgrundlagen
Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und des Antragsgegners sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin vom 27. September 2017 und von Frau Dr.in B (informierte Vertreterin des Antragsgegners) vom 9. August 2017. Als weitere Auskunftspersonen wurden Herr C am 9. Mai 2017 sowie Frau Dr.in D, Herr Mag. E, Herr Betriebsrat DSA F, Frau G und Frau Dr.in H am 9. August 2017 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf die Bewerbung der Antragstellerin vom 29. November 2013, das E-Mail von Frau Dr.in D an die Antragstellerin vom 6. Dezember 2013, das Interventionsschreiben der R-GAW an den Antragsgegner vom 28. April 2014 sowie die Stellungnahmen des Antragsgegners an die R-GAW vom 8. April und 8. Mai 2014.
Vorbringen
Im Antrag wurde im Wesentlichen folgendes vorgebracht:
Die Antragstellerin, geboren am … 1984, sei seit 7. Februar 2013 beim Antragsgegner als Sozialarbeiterin in Y tätig.
Aufgrund der zu erwartenden Nachbesetzung seiner Leitungsposition in Y, habe Herr Mag. E mit der Bereichsleiterin …, Frau Dr.in D, am 22. November 2013 in einem Telefonat über die Nachbesetzung seiner Stelle als Einrichtungsleiter gesprochen. Herr Mag. E habe ursprünglich mit Ende März 2014 sein Dienstverhältnis beenden wollen und werde es nun mit Ende Juni 2014 beenden.
In diesem Telefonat habe sich Frau Dr.in D dahingehend geäußert, dass sie „diese Stelle in Y nur von einem Mann besetzt“ sehe.
Am 27. November 2013 sei Frau Dr.in D in Y gekommen, um grundsätzlich die Angelegenheit der Nachbesetzung mit den Teammitgliedern (der Antragstellerin, G, Herr C und Mag. E) zu besprechen. Dabei habe Frau Dr.in D ihre Äußerung vom 22. November 2013 vor allen Teammitgliedern wiederholt. Trotzdem alle Teammitglieder ihr Unverständnis bezüglich dieser Äußerung zum Ausdruck gebracht hätten, habe Frau Dr.in D an ihrer Meinung festgehalten und folgende Argumente vorgebracht, warum ihrer Ansicht nach „ausschließlich ein Mann für die zu besetzende Stelle in Y“ in Frage komme: erstens würde Y hauptsächlich von Männern aufgesucht, zweitens wären die Leitungsfunktionen …, welche Frau Dr.in D besichtigt habe, ausschließlich männlich besetzt, im Weiteren wäre damit sichergestellt, dass mit der zuweisenden Stelle (Z) eine gleichwertige Auseinandersetzung möglich wäre und nicht zuletzt habe sie angeführt, dass eine Besetzung durch eine männliche Person für die Vertretung nach außen unabdingbar wäre.
Die Antragstellerin hätten diese Äußerungen sehr getroffen, da sie diese im Allgemeinen wie auch im Zusammenhang mit ihrer in Betracht gezogenen Bewerbung für die Leitungsposition als äußerst kränkend und entwürdigend empfunden habe.
Frau Dr.in D wusste zu diesem Zeitpunkt bereits, dass sich zumindest eine der beiden Frauen aus dem Team Y bewerben würde. Dies war ihr aus dem Telefonat mit Herrn Mag. E vorn 22.11.2013 bekannt, in dem auch über die Qualifikationen der beiden Mitarbeiterinnen für die Leitungsfunktion und über den Teamwunsch gesprochen wurde. Für eine Bewerbung legte Frau Dr.in D noch am Nachmittag des 27.11.2013 eine Frist von zwei Tagen fest, wobei sie die Beibringung folgender Unterlagen forderte: Motivationsschreiben, Lebenslauf, Qualifikationsprofil und Innovationsplan. Schließlich forderte sie trotz ihres Bildes einer „männlichen Einrichtungsleitung" alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Y auf, sich bei Interesse zu bewerben.
Die Teammitglieder von Y hätten am 28. November 2013 dem Betriebsratsvorsitzenden, Herrn DSA F, die von Frau Dr.in D im Zusammenhang mit der Besetzung der Leitungsfunktion getätigten Äußerungen per Mail zur Kenntnis gebracht. Daraufhin habe es ein Gespräch zwischen Herrn DSA F und Frau Dr.in D gegeben.
Die Antragstellerin habe sich in der Folge per Mail vom 29. November 2013 an Frau Dr.in D für die Leitungsposition in Y beworben. In dieser Mail habe sie auch in Kurzform auf ihre Motivation für ihre Bewerbung Bezug genommen und im Anhang ihren Lebenslauf übermittelt. Frau Dr.in D habe per Mail vom 6. Dezember 2013 geantwortet und darin u.a. mitgeteilt, dass sie mit ihrer Gesprächsführung einfach wissen habe wollen, ob es Frau G und der Antragstellerin mit der Bewerbung „ernst“ wäre. Weiters habe sie einige Fragestellungen bekannt gegeben, auf die sich die Antragstellerin für das Bewerbungsgespräch vorbereiten sollte.
Am 18. Dezember 2013 habe das Bewerbungsgespräch stattgefunden, bei dem Frau Dr.in D und Frau H anwesend gewesen seien, wobei das Gespräch von Frau H geführt worden sei.
In der Folge, am 10. Jänner 2014, habe ein Gespräch stattgefunden, an dem die Antragstellerin, Frau G, Herr DSA F und Frau Dr.in D beteiligt gewesen seien. In diesem Gespräch habe sich Frau Dr.in D für ihre Äußerung entschuldigt, habe aber angeführt, sie hätte eben „ein Bild von einer männlichen Leitung“. In diesem Gespräch habe Frau Dr.in D erneut argumentiert, warum ihrer Meinung nach „ein Mann für die Stelle als Einrichtungsleitung eher geeignet ist“: Sie habe unter anderem gemeint, dass Übergriffe häufiger von männlichen Gästen auf weibliche Mitarbeiterinnen passieren würden. Sie habe angegeben, noch zu überlegen, worin für sie der Unterschied in der Funktion hauptamtlicher MitarbeiterInnen und Leitung liege, zumal beide gleichermaßen in der direkten KlientInnenarbeit Kontakt zu männlichen Gästen von Y hätten. Des Weiteren habe Frau Dr.in D angeführt, dass andere …stellen nur männliche Mitarbeiter hätten, sie dies aber für Y nicht so umsetzen wollen würde. Weiters habe sie gesagt, dass es ihr explizit um eine männliche Nachbesetzung der Leitungsfunktion von Y, nicht um Leitungsbesetzungen in anderen X-Einrichtungen in ihrem Bereich gehen würde. Schließlich habe sie bemerkt, dass ihre Bemühungen daran erkennbar wären, dass sie die Antragstellerin zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen hätte.
Frau G habe in diesem Gespräch angeführt, dass es ihr wichtig wäre, von Frau Dr.in D zu hören, dass das Geschlecht bei der Nachbesetzung der Stelle in Y keine Rolle spielen würde. Frau Dr.in D habe geantwortet: „Ihr müsst verstehen, dass ich ein männliches Bild der Leitung in Y habe und daran arbeite.“
Schließlich habe Frau Dr.in D den Teammitgliedern angeboten, diese Gesprächsinhalte nicht nach außen zu kommunizieren, zumal dies eine Sache „unter uns“ sei.
Im Anschluss daran habe ein Gespräch zwischen der Bereichsleiterin und der Antragstellerin über die Nachbesetzung der Leitungsfunktion in Y stattgefunden. In diesem Gespräch sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass ihre Bewerbung abgelehnt werde. Begründet worden sei die Entscheidung wie folgt: Die Antragstellerin hätte keine Leitungserfahrung und keine Leitungsausbildung, weiters sei sie noch nicht sehr lange beim Antragsgegner beschäftigt, zudem würde die Umstrukturierung des gesamten Bereiches sehr viel Zeit der Bereichsleiterin in Anspruch nehmen und da könne sie die Antragstellerin nicht gut genug begleiten. Schließlich habe sie angeführt, dass die Antragstellerin doch noch sehr jung wäre. (In diesem Zusammenhang sei zudem noch erwähnt, dass im Rahmen eines Gesprächs am 18. März 2014 zwischen Frau G und der Bereichsleiterin betreffend eine Bildungskarenz sie diese als „Mädel“ bezeichnet habe.)
Im Weiteren habe die Bereichsleiterin erwähnt, dass ihre Entscheidung auf Herrn I gefallen sei. Dies solle die Antragstellerin aber noch nicht im Team bekannt geben, da sich Herr I noch nicht für die Stelle entschieden und dafür noch eine Woche Zeit habe. Der Antragstellerin sei auch gesagt worden, dass Herr I aus seiner Bildungskarenz zurück komme und Frau Dr.in D ihm die Chance auf eine interne Veränderung geben möchte, da er seinen Master demnächst abschließen werde und dadurch dem Antragsgegner nicht verloren gehe. Herr I würde dann auch gleich den Nachwuchsführungskräfte-Lehrgang machen (wobei ihm dies dann aus zeitlichen Gründen doch nicht möglich gewesen sei). Des Weiteren sei erwähnt worden, dass die Bereichsleiterin sich schwer getan hätte, die Bewerbung der Antragstellerin abzulehnen, da die Bereichsleiterin auch ein großes Potential in der Antragstellerin gesehen hätte. Abschließend sei von Frau Drin D betont worden, dass sie das Potenzial der Antragstellerin und von Frau G durch diesen Nachwuchsführungskräfte-Lehrgang fördern möchte, um intern künftige Führungskräfte parat zu haben.
Zum Schluss sei der Antragstellerin der Besuch eines Nachwuchsführungskräfte-Lehrgangs mit dreijähriger Bindung an das Unternehmen angeboten worden.
Am selben Tag habe die Bereichsleiterin auch Herrn Mag. E die Entscheidung mitgeteilt, die Stelle nicht mit der Antragstellerin zu besetzen. In diesem Telefonat habe sie ihm geschildert, dass sie mit Herrn I, welcher zum damaligen Zeitpunkt in Bildungskarenz gewesen sei, bereits ein Informationsgespräch geführt und ihm bis 17. Jänner 2014 die Möglichkeit eingeräumt hätte, sich zu entscheiden, ob er die Leitung in Y übernehmen möchte. Herr Mag. E habe angeführt, dass Herr I über keine Leitungserfahrung verfügen würde. Dies habe Frau Dr.in D nicht in Abrede gestellt, sondern dazu gemeint, dass sie die Antragstellerin und Herrn I zur Leitungsausbildung anmelden wollen würde. Ebenfalls sei nicht in Abrede gestellt worden, dass Herr I im Vergleich zur Antragstellerin zwar länger beim Antragsgegner, aber bislang nicht im Wohnungslosenbereich, beschäftigt gewesen sei.
Am 22. Jänner 2014 habe Herr Mag. E Frau Dr.in D mitgeteilt, dass seiner Ansicht nach der Nachbestellungsprozess der Einrichtungsleitung von Y diskriminierend verlaufen wäre.
Am selben Tag habe ein Gespräch der Bereichsleiterin mit den Teammitgliedern von Y stattgefunden, in welchem sie diese darüber in Kenntnis gesetzt habe, dass die Stelle der Einrichtungsleitung von Y mit Herrn I besetzt werden würde. Sie habe bemerkt, dass für sie das Thema Nachbesetzung somit abgeschlossen und sie daher nicht bereit wäre, mit den Teammitgliedern darüber (die Nachbesetzung ausschließlich durch einen Mann) nochmals zu diskutieren.
Die Antragstellerin habe in einer Mail vom 24. Jänner 2014 an Frau Dr.in D dankend abgelehnt, den Nachwuchsführungskräfte-Lehrgang zu besuchen, wobei sie dies nicht weiter begründet habe. Als Gründe können hier jedoch die dreijährige Bindung bzw. Rückzahlungsvereinbarung bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Antragsgegner angesichts der reellen Aufstiegschancen innerhalb des Antragsgegners genannt werden.
Die Antragstellerin habe sich an die Regionalanwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt für … gewandt und es sei ein Schreiben vom 4. April 2014 an den Antragsgegner ergangen. In der Stellungnahme des Antragsgegners vom 8. April 2014 werde bestritten, dass sich die Bereichsleiterin dahingehend geäußert habe, dass für die Stelle nur ein männlicher Bewerber in Frage käme. Allerdings werde eingeräumt, dass die Bereichsleiterin Erwägungen dahingehend getroffen habe, einen männlichen Bewerber für die Stelle auszuwählen, da es in Y immer wieder zu sexuellen Übergriffen der männlichen Klienten auf weibliche Mitarbeiterinnen gebe. Diesbezüglich sei die arbeitsrechtliche Schutzpflicht des Arbeitgebers ins Treffen geführt worden. Bestritten werde weiters, dass die Antragstellerin aufgrund ihres Alters nicht in Frage käme und diesbezüglich angeführt, dass hier natürlich das Dienstalter gemeint gewesen sei, weil die Antragstellerin erst seit Juli 2013 im Antragsgegner beschäftigt sei und sie aus diesem Grund nicht auf jahrelange Erfahrung und Kenntnis der firmeninternen Strukturen zurückgreifen könne. Im Weiteren sei mitgeteilt worden, dass Interesse an einer vergleichsweisen Lösung bestehe.
Die Regionalanwältin habe mit Schreiben vom 28. April 2014 repliziert und die Zahlung eines Vergleichsbetrages in der Höhe von 1.500,- Euro netto vorgeschlagen. Seitens des Antragsgegners sei mit Schreiben vom 8. Mai 2014 als weit überhöht angesehen und ein Betrag in der Höhe von 251,25 Euro vorgeschlagen worden.
Da dieser Betrag nach Rücksprache mit der Antragstellerin nicht als angemessene Entschädigung erscheine, werde auf Wunsch der Antragstellerin ein Antrag an die GBK gestellt.
In der auf Ersuchen des Senates I der GBK vom Antragsgegner übermittelten Stellungnahme vom 23. Juli 2014 bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:
Die R-GAW wirft X vor, durch Handlungen der Bereichsleitung Frau Drin D gegen das Gleichbehandlungsgesetz verstoßen zu haben. . Der dazu von der R-GAW angeführte Sachverhalt müsse richtiggestellt beziehungsweise ergänzt werden. Es sei grundsätzlich richtig, dass die Stelle der Einrichtungsleitung von Y aufgrund des Ausscheidens von Herrn Mag. E nach zu besetzen gewesen sei.
Frau Dr.in D habe aber zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, Frauen im Bewerbungsverfahren in irgendeiner Form zu diskriminieren, geschweige denn deren Würde zu verletzen. Vielmehr habe sie der betroffenen Mitarbeiterin gegenüber nach Bekanntwerden, dass sich diese durch die Äußerungen ihrer Vorgesetzten verletzt gefühlt habe, sofort entschuldigt. Eine geschlechtsbezogene Belästigung durch den Arbeitgeber iSd § 7 GIBG könne jedoch darin keinesfalls erblickt werden, da weder Personen durch geschlechtsbezogene Verhaltensweisen belästigt worden seien, noch eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt geschaffen oder bezweckt worden sei. Der Tatbestand des § 7 GIBG sei daher nicht erfüllt.
Richtig sei auch, dass letztendlich die Entscheidung gefallen sei, die Stelle mit Herrn I zu besetzen. Gründe dafür seien unter anderem seine lange Betriebszugehörigkeit (er sei seit 2005 beim Antragsgegner beschäftigt), seine Fachhochschulausbildung und die Teamleitungserfahrung, welche er sich bei der Führung es Nachdienstteams in unseren Flüchtlingshäusern aneignen habe können, gewesen. Nicht richtig sei daher die Behauptung, dass Herr I über keine Teamleitungserfahrung verfüge. Außerdem könne Herr I auf jahrelange Erfahrung und Kenntnis der firmeninternen Strukturen zurückgreifen. Herr I sei daher – völlig unabhängig von seinem Geschlecht – besser qualifiziert für die Stelle als die Antragstellerin. Das weibliche Geschlecht der Antragstellerin sei daher nicht ursächlich für die Ablehnung ihrer Bewerbung. Ausdrücklich bestritten werde außerdem, dass die Antragstellerin aufgrund ihres Alters für die Stelle nicht in Frage käme. Gemeint sei hier natürlich das Dienstalter gewesen, weil sie erst seit Juli 2013 beim Antragsgegner beschäftigt sei und sie aus diesem Grund nicht auf jahrelange Firmenerfahrung zurück greifen könne, was bei der zu besetzenden Stelle aber jedenfalls von Vorteil sei.
Eingeräumt werde, dass Frau Dr.in D Erwägungen dahingehend erhoben habe, einen männlichen Bewerber für die Stelle auszuwählen, da es in Y immer wieder milieubedingt zu sexuellen Übergriffen der männlichen Klienten auf weibliche Mitarbeiterinnen komme. Dabei habe aber rein das Argument der den Grundsätzen des Arbeitsrechts immanenten Schutzpflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen ArbeitnehmerInnen eine Rolle gespielt. Das sei auch der Grund, warum in vielen anderen Bundesländern Y nur mit männlichen Mitarbeitern besetzt werde. Jegliche Diskriminierungsabsicht weise Frau Dr.in D in diesem Zusammenhang ausdrücklich zurück.
Aus rechtlicher Sicht ergebe sich aus dem vorliegenden Sachverhalt insbesondere, dass der (unter anderem) von der R-GAW herangezogene Tatbestand des § 7 Abs. 2 GIBG nicht erfüllt sei. Gemäß § 7 Abs. 2 GIBG liege geschlechtsbezogene Belästigung vor, wenn ein geschlechtsbezogenes Verhalten gesetzt werde, das die Würde einer Person beeinträchtige oder dies bezwecke und für die betroffene Person unerwünscht sei. Dabei müsse die Belästigungshandlung schwer genug sein, dass durch sie die Würde der betroffenen Person verletzt und ein von Einschüchterung, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen werde (Windisch-Graetz in Neumayr/Reissner (Hrsg.), Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht2 (2011) § 7 GIBG Rz 2 mwN; OGH 9 ObA 86/08z; OGH 8 ObA 59/08x). Diese Umstände würden im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Die Belästigungshandlung müsse dabei nach hL und Judikatur außerdem schwerwiegend sein und insgesamt eine störende oder feindselige Arbeitsumgebung bewirken oder zumindest bezwecken (Windisch-Graetz in Neumayr/Reissner (Hrsg.), Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht2 (2011) § 7 GIBG Rz 3). Die Belästigung bedeute dabei eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechte der Betroffenen im beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Leben (OGH 8 ObA 59/08x). Außerdem würden die Gesetzesmaterialen darauf verweisen, dass die geschlechtsbezogene Belästigung iSd § 7 GIBG eine mögliche Erscheinungsform des „Mobbing“ sei (RV 307 BIgNR 22. GP 12). Bei „Mobbing“ handle es sich nach einer gängigen Definition um eine konfliktbelastete Kommunikation am Dienstplatz unter Kollegen und Kolleginnen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, bei der die angegriffene Person unterlegen sei und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Dienstverhältnis direkt oder indirekt angegriffen werde und dies als Diskriminierung empfinde. Für Mobbing sei das systematische, ausgrenzende und prozesshafte Geschehen über einen längeren Zeitraum typisch etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, Isolation, Zurückhaltung von Informationen, Rufschädigung etc. (OGH 9 ObA 86/08z mwN). Auch der Tatbestand des „Mobbing“ werde durch das Verhalten von Frau Dr.in D nicht erfüllt.
Auch sei das von der R-GAW als Argument für ein die Würde verletzendes Verhalten geforderte Mindestmaß an Intensität – nämlich der Umstand, dass seitens der Teammitglieder völliges Unverständnis im Hinblick auf die Äußerungen zum Ausdruck gebracht worden war – nicht stichhaltig, da bei der Beurteilung, ob die Würde verletzt wird, ein objektiver Maßstab heranzuziehen sei. Der Umstand, dass Teammitglieder einer Leitungsentscheidung Unverständnis entgegen bringen, könne für sich alleine noch kein objektiver Maßstab für die Verletzung der Würde iSd GIBG sein. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin allein aufgrund der Tatsache, dass sie für die zu besetzende Stelle nicht ausgewählt worden sei, unabhängig von einer Diskriminierung enttäuscht gewesen sei. Die Enttäuschung darüber, dass man einen Posten nicht bekomme, sei nachvollziehbar, aber ein normaler Umstand in der Arbeitswelt, mit dem man umzugehen habe. Diese Enttäuschung könne aber jedenfalls nicht zu irgendwelchen Schadenersatzansprüchen berechtigen.
Da im gegenständlichen Fall nach der Definition des OGH weder „Mobbing“ noch die erforderliche Schwere bzw. Erheblichkeit der angeblichen Belästigungshandlung gemäß § 7 GIBG erfüllt seien, stehe der Antragstellerin jedenfalls kein immaterieller Schadenersatz zu.
Zu Guter Letzt werde darauf hingewiesen, dass beim Antragsgegner der Frauenanteil bei den Arbeitnehmern mit über 70 % überwiege, dies auch in Führungspositionen. Selbst in der Managementebene, in der statistisch gesehen in der Regel überwiegend Männer tätig seien, würden beim Antragsgegner annähernd gleich viele Frauen wie Männer beschäftigt werden. Darüber hinaus biete X zahlreiche Teilzeitbeschäftigungen und nehme besonders Bedacht darauf, Frauen den Wiedereinstieg nach der Kinderbetreuungszeit zu ermöglichen.
Es werde betont, dass seitens des Antragsgegners nach wie vor Vergleichsbereitschaft bestehe und mit der R-GAW für 16. Juli 2014 weitere Vergleichsgespräche vereinbart worden seien. Eine vergleichsweise Bereinigung der Angelegenheit sei aber in diesem Gespräch auf Wunsch der Antragstellerin (und auch Frau G) pauschal abgelehnt worden.
Rechtliche Überlegungen
Gemäß § 3 Z 5 GlBG darf aufgrund des Geschlechtes im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen.
Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Dem/Der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 3 oder 4 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 vorliegt.
Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der Antragstellerin, ihre Bewerbung als Einrichtungsleiterin der Y sei aufgrund ihres weiblichen Geschlechtes abgelehnt worden, da ihre Vorgesetzte ein „männliches Bild einer Leitung“ habe, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Antragstellerin seit 7. Februar 2013 beim Antragsgegner als Sozialarbeiterin in Y beschäftigt war.
Aufgrund des Ausscheidens von Herrn Mag. E war die Einrichtungsleitung von Y nachzubesetzen.
Am 27. November 2013 fand eine Teamsitzung mit der Bereichsleiterin Dr.in D statt, in der die Nachbesetzung besprochen wurde. Im Zuge dieser Besprechung äußerte Frau Dr.in D, dass sie das Bild einer männlichen Leitung habe. Diese Feststellung hatte sie zuvor bereits in einem Telefonat am 22. November 2013 gegenüber Herrn Mag. E gemacht.
Die Teammitglieder sprachen sich gegen die Äußerung aus, woraufhin Frau Dr.in D ihre Gründe für diese Aussage angab. In weiterer Folge räumte sie den Teammitgliedern (der Antragstellerin, Frau G und Herrn C) eine Bewerbungsfrist von zwei Tagen ein.
Am 29. November 2013 bewarb sich die Antragstellerin für die Einrichtungsleitung.
Mit E-Mail vom 6. Dezember 2013 übermittelte Frau Dr.in D der Antragstellerin Fragestellungen, die sie für das Bewerbungsgespräch vorbereiten solle.
Am 18. Dezember 2013 fand das Bewerbungsgespräch der Antragstellerin statt, welches von Frau Dr.in H gemeinsam mit Frau Dr.in D geführt wurde.
Am 10. Jänner 2014 fand ein Gespräch zwischen Frau Dr.in D, der Antragstellerin, Frau G und dem Betriebsrat DSA F statt, in dem sich Frau Dr.in D für ihre Aussage entschuldigte und erneut Argumente für ihre Sichtweise anführte. Im Anschluss an dieses Gespräch teilte Frau Dr.in D der Antragstellerin mit, dass sie sich für einen anderen Bewerber entschieden habe.
Der Antragsgegner bestritt, dass die Bewerbung der Antragstellerin aufgrund deren Geschlechtes abgelehnt worden sei, vielmehr sei die lange Betriebszugehörigkeit, die Fachhochschulausbildung und die Teamleitungserfahrung des männlichen Mitbewerbers ausschlaggebend gewesen, dass die Entscheidung letztlich auf Mitbewerber gefallen sei.
Diesem Argument kann aufgrund der glaubwürdigen Ausführungen der Antragstellerin in der mündlichen Befragung nicht gefolgt werden. Die Antragstellerin führte im Wesentlichen aus, dass das eine sehr unangenehme Situation gewesen sei und sie (gemeint die Antragstellerin und Frau G) sich verletzt gefühlt hätten als Mitarbeiterinnen und de facto keine Möglichkeit gehabt hätten sich ernstzunehmend zu bewerben. Frau Dr.in D habe sie eingeladen, dass sie sich alle dennoch bewerben. Das habe die Antragstellerin damals ernstgenommen. Sie habe sich gedacht, sie möchte das machen. Wobei sie schon gewusst habe, die Bereichsleiterin habe das ja argumentiert, dass das schwierig werden würde. Die Antragstellerin sei Sozialberaterin im Bereich …, und da habe Frau Dr.in D ganz klar gesagt, da habe sie ein männliches Bild von der Leitung. Sie hätten am Allerliebsten formale Kriterien an Ausbildung und Erfahrung gehabt.
Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auch auf die Aussage von Frau Dr.in D im E-Mail vom 6. Dezember, dass sie mit ihrer Gesprächsführung in der Teamsitzung nur sicherstellen habe wollen, dass die Bewerbung ernsthaft sei.
Der Eindruck, dass das Bewerbungsverfahren aufgrund der von Frau Dr.in D getätigten Aussage, sie habe ein männliches Bild einer Leitung vor Augen, für weibliche Bewerberinnen aussichtlos war, konnte nach Auffassung des Senates auch nicht durch das Hinzuziehen der Personalentwicklerin Dr.in H kompensiert werden, zumal Frau Dr.in D als Bereichsleiterin die Endverantwortung in Personalfragen zukommt. So führte die Antragstellerin zum Bewerbungsgespräch am 18. Dezember aus: „Ich habe nicht die Möglichkeit gehabt mit Frau Dr.in D ein Gespräch zu führen um diesen Sachverhalt zu klären.“ Das Gespräch sei erst spät gewesen, am 10. Jänner. Beim Bewerbungsgespräch sei Frau Dr.in D eher zurückhaltend gewesen. Das Gespräch sei von Dr.in H geführt worden. Es sei ein formelles Gespräch gewesen, aber wohlwollend. „Es war schräg, weil es nie eine Aussprache gegeben hat. Es ist einfach im Raum gestanden.“
Auch kann aus der Unternehmensstruktur – ca. 80 Prozent der EinrichtungsleiterInnen sind weiblich – kein Rückschluss auf diskriminierungsfreie Personalentscheidungen im gegenständlichen Bereich „…“ gemacht werden.
Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es dem Antragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass ausschließlich sachliche Motive für die Nichtberücksichtigung der Bewerbung der Antragstellerin ausschlaggebend waren.
Denn das Vorliegen anderer, mitausschlaggebender Motive kann eine/n ArbeitgeberIn vom Vorwurf einer diskriminierenden Behandlung nicht entlasten, da den Realitäten der Arbeitswelt folgend davon auszugehen ist, dass unter Umständen auch mehrere Motive („Motivbündel“) – darunter auch sachliche – eine Rolle spielen können.2
Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes beim beruflichen Aufstieg gemäß § 3 Z 5 GlBG vor.
Gemäß § 17 Abs. 1 Z 5 GlBG darf aufgrund des Alters im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen.
Die Antragstellerin brachte vor, dass im Zusammenhang mit der Ablehnung ihrer Bewerbung auch ihr junges Lebensalter und ihr Dienstalter thematisiert worden seien.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Antragstellerin am … 1984 geboren wurde. Die Antragstellerin ist seit Februar 2013 beim Antragsgegner beschäftigt gewesen, Herr I, BA MA ist seit 2005 im Unternehmen.
Im Zuge des Gesprächs am 10. Jänner 2014, in dem die Bereichsleiterin die Bewerbung der Antragstellerin ablehnte, gab die Bereichsleiterin u.a. an, dass die Antragstellerin noch nicht sehr lange im Unternehmen und noch sehr jung sei.
Es ist daher nach Ansicht des Senates nicht auszuschließen, dass sowohl das junge Lebensalter als auch das Dienstalter der Antragstellerin zur Entscheidungsgrundlage gemacht wurde.
Der Antragsgegner argumentierte, dass sich die Aussage zum Alter der Antragstellerin ausschließlich auf deren Dienstalter bezogen habe. Dies erscheint vor dem Hintergrund, dass Frau Dr.in D in einem anderen Zusammenhang eine Mitarbeiterin als „Mädel“ – was nach Auffassung des Senates sehr wohl klar ihre Wahrnehmung der Mitarbeiterinnen als an Lebensjahren junge Frauen abbildet – nicht glaubwürdig.
Zum Dienstalter ist festzuhalten, dass die Antragstellerin im Gegensatz zum Mitbewerber zwar erst kürzer im Unternehmen beschäftigt war, aus den vorgelegten Bewerbungsunterlagen jedoch hervorgeht, dass sie bereits eine mehrjährige einschlägige Vorerfahrung aufweisen konnte.
Zur Eignung der Antragstellerin sagte Herr C aus, dass am 23. Dezember ein Gespräch mit Frau Dr.in D stattgefunden habe, bei dem er die Bewerbung der Antragstellerin unterstützt und darauf hingewiesen habe, dass er sie für sehr geeignet halte. Er habe in diesem Gespräch unterstrichen, dass sie sich in kurzer Zeit sehr gut eingearbeitet habe. Ihr Vorgesetzter, Herr Mag. E, sprach sich in seiner mündlichen Befragung ebenfalls für die Eignung der Antragstellerin für die Leitungsfunktion aus.
Es konnte seitens des Antragsgegners nicht der Zweifel ausgeräumt werden, dass das junge Alter der Antragstellerin jedenfalls mit ein Grund für die Nichtberücksichtigung ihrer Bewerbung war, wohingegen ihre mehrjährige facheinschlägige Berufserfahrung – mag sie auch auf Tätigkeiten in anderen Unternehmen beruhen – nicht im gehörigen Maß Eingang in den Bewerbungsprozess gefunden hat.
Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Alters beim beruflichen Aufstieg gemäß § 17 Abs. 1 Z 5 GlBG vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes auch vor, wenn eine Person durch geschlechtsbezogene Verhaltensweisen vom/von der ArbeitgeberIn selbst in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird.
Nach dem im GlBG durch die Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis zu Grunde zu legenden arbeitsvertraglichen ArbeitgeberInnen-Begriff ist als ArbeitgeberIn jede Person anzusehen, die im Rahmen des Arbeitsvertrags über die Arbeitskraft einer anderen Person verfügt. Ist der/die ArbeitgeberIn eine juristische Person, ist dieser das Verhalten ihrer vertretungsbefugten Organe (Vorstandsmitglieder, GeschäftsführerIn, etc.) unmittelbar zuzurechnen.3
Gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 GlBG liegt geschlechtsbezogene Belästigung vor, wenn ein geschlechtsbezogenes Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.
Die geschlechtsbezogene Belästigung bezieht sich sowohl auf das biologische Geschlecht an sich, d.h. auf die Unterscheidung zwischen Mann und Frau, als auch auf daran anknüpfende Rollenzuweisungen. Unter geschlechtsbezogenes Verhalten sind jene Verhaltensweisen zu subsumieren, die die Betroffenen aufgrund ihres Geschlechtes belästigen, die aber nicht mit sexuellem Verhalten zu tun haben. Kern der Belästigung im Sinne des § 7 ist das Abzielen auf das bloße Geschlecht.4
Ob die Würde einer Person beeinträchtigt wird, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass dieses Verhalten für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Haftung des/der unmittelbaren Belästigers/Belästigerin grundsätzlich verschuldensunabhängig ist. Subjektive Elemente auf Seite des Belästigers/der Belästigerin bleiben daher außer Betracht. Es ist demnach unerheblich, ob er/sie die Absicht hatte, zu belästigen.5
Je nach Massivität des Verhaltens können wiederholte Verhaltensweisen oder auch ein einmaliger Zwischenfall den Tatbestand der Belästigung erfüllen, wenn er entsprechend schwerwiegend ist.
Das Verhalten muss weiters eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken. Die „Arbeitsumwelt“ wird häufig erst durch mehrere Belästigungshandlungen im beschriebenen Sinn beeinflusst und verändert. Wie aber bereits erwähnt, kann auch schon eine einzelne Belästigungshandlung derart schwerwiegend und in ihren Auswirkungen nachhaltig sein, dass damit für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen wird.6
Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Bei Berufung auf §§ 6 oder 7 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
Zu überprüfen war das Vorbringen der Antragstellerin, ihre Vorgesetzte habe anlässlich der Nachbesetzung der Leitungsfunktion von Y die Aussage getätigt, dass sie das Bild einer männlichen Leitung vor Augen habe und in einem nachfolgenden klärenden Gespräch ihre Sicht wiederholt.
Das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin war für den erkennenden Senat glaubhaft. Auch bei der ergänzenden Befragung durch den Senat machte die Antragstellerin einen glaubwürdigen Eindruck. Sie wiederholte das behauptete Vorbringen, sich durch die Aussage ihrer Vorgesetzten belästigt gefühlt zu haben, ohne Widerspruch zu den Angaben im Antrag. Die Schilderung ihrer Betroffenheit, dass die wiederholte Äußerung ihrer Vorgesetzten sie als Mitarbeiterin verletzt habe, erschien dem erkennenden Senat authentisch.
Die Äußerung von Frau Dr.in D wurde weder in der schriftlichen Stellungnahme des Antragsgegners noch in der mündlichen Befragung von Frau Dr.in D bestritten.
Wie bereits ausgeführt, kommt Bereichsleitungen die Endverantwortung in Personalfragen zu. Daraus folgt nach Ansicht des Senates, dass ein etwaiges belästigendes Verhalten durch die Bereichsleiterin Dr.in D direkt dem Arbeitgeber zuzurechnen ist.
Es ist für den Senat zweifelsfrei, dass die Aussage, sie habe ein männliches Bild einer Leitung, (mehrfach) gefallen ist. Zu überprüfen war im gegenständlichen Fall, ob es sich bei dieser Äußerung um eine Belästigung iSd § 7 GlBG handelt.
Nach Auffassung des Senates ist die Aussage, dass man im Zusammenhang mit einer Stellenbesetzung ein männliches Bild einer Leitung vor Augen habe, gerade vor dem Hintergrund, mit welchen Argumenten Frau Dr.in D ihre Ansicht untermauert hat (Auseinandersetzung „auf Augenhöhe“ mit der männlichen Leitung des …, Repräsentation nach außen, etc.) klar eine geschlechtsbezogene stereotype Äußerung.
Dem Argument des Antragsgegners hinsichtlich ArbeitnehmerInnenschutz konnte insofern nicht gefolgt werden, als den glaubwürdigen Aussagen mehrerer Auskunftspersonen folgend die Einrichtungsleitung von Y aufgrund ihrer zusätzlichen Leitungsaufgaben sogar weniger Kontakt mit den KlientInnen habe. Der damalige Einrichtungsleiter Mag. E schilderte zudem, dass er im Notfall zwar kontaktiert werden hätte können, jedoch bis zu seinem Eintreffen 15 bis 20 Minuten später die Lage durch die anwesenden MitarbeiterInnen bereits geklärt sein habe müssen. Herr C führte aus, dass er von 1995 bis 2015 beim Antragsgegner im Wohnungslosenbereich tätig gewesen sei und in diesem Zeitraum einige Leiter erlebt habe. Es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass es Aufgaben gebe, die nur von Männern ausgeübt werden können.
Hinsichtlich des geforderten Mindestmaßes an Intensität ist der Senat der Ansicht, dass die Schwelle durch die mehrmalige Erwähnung und die offensichtliche Uneinsichtigkeit – sowohl Herr Mag. E, als auch Herr F und Herr C sprachen Frau Dr.in D auf die Unangebrachtheit der Aussage an, es erfolgte schließlich im Gespräch am 10. Jänner 2014 eine Entschuldigung gegenüber der Antragstellerin, jedoch relativierte Frau Dr.in D ihre Aussagen sofort wieder, indem sie argumentierte, weshalb sie die Aussage getätigt habe – geeignet war, eine Verletzung der Würde zu erfüllen.
Das E-Mail von Frau Dr.in D vom 6. Dezember 2013 verfestigt für den Senat das Bild einer geschlechterstereotypen Denkweise („starke Leitung“; außerdem die bereits erwähnte Anrede von Frau G als „Mädel“) gegenüber der weiblichen Mitarbeiterin, obwohl diese nach Angaben von Herrn Mag. E gemeinsam mit ihrer Kollegin die Hauptarbeit in Y geleistet habe, und nach dessen Ausscheiden die Aufgaben interimistisch auf die MitarbeiterInnen aufgeteilt wurden.
Des Weiteren bestätigten mehrere befragte Auskunftspersonen die Beeinträchtigung des Arbeitsklimas durch die Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem Bewerbungsverfahren. Zuvor, so die einhellige Meinung der MitarbeiterInnen, sei von Seiten der Bereichsleiterin stets ein wertschätzendes und kollegiales Verhältnis vorgelegen, weshalb die Äußerungen für umso größere Irritation gesorgt hätten. Die Antragstellerin führte zu ihrem Ausscheiden aus dem Unternehmen aus: „Ich wollte dort nicht mehr arbeiten. Das war für mich nicht mehr möglich, dass ich dort arbeite. Das Betriebsklima – es war nicht möglich mit ihr normal zu reden.“
Es liegt somit eine geschlechtsbezogene Belästigung gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 GlBG vor.
Vorschlag
Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.
Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird der Antragsgegner, X, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:
Leistung eines angemessenen Schadenersatzes.
Wien, 27. September 2017
Dr.in Eva Matt
Vorsitzende des Senates I der GBK
1 Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.
2 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 17 Rz 8.
3 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 7.
4 Vgl. ebenda § 7 Rz 3.
5 Vgl. ebenda § 6 Rz 12.
6 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 28.
Zuletzt aktualisiert am
04.04.2018