TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/11 I416 2167925-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.01.2018
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Entscheidungsdatum

11.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

I416 2167925-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch 1.) RA Edward W. Daigneault, Lerchenfelder Gürtel 45/11, 1160 Wien und 2.) Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, als Mitglied der ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.06.2017, Zl. 14-1030805807/14945395, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.12.2017 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunktes III. wie folgt lautet:

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsbürger, reiste spätestens am 05.09.2014 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 06.09.2014 gab er zu seinen Fluchtgründen befragt, Folgendes an: "Es gab einen Streit zwischen meinem Vater und meinem Onkel, es ging dabei um zwei Häuser, die mein Vater vom Großvater geerbt hatte. Mein Onkel wollte die Häuser haben. Aus diesem Grund wurde meine ganze Familie (Eltern und 3 Geschwister) am 15.08.2014 von meinem Onkel ermordet. Ich war zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause. Ich wurde auch von seinen Männern verfolgt, sie wollten mich auch umbringen. Aus Angst um mein Leben verließ ich meine Heimat."

Am 04.04.2017 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde. Dabei führte er an, dass er von 1992 bis 2004 die Schule besucht habe und anschließend bis 2010 als Elektriker sowie Händler tätig gewesen sei und ein Elektrogeschäft eröffnet habe. Auf Nachfrage der belangten Behörde erklärte der Beschwerdeführer, dass er vier verschiedene Staaten Nigerias kenne und sich zum Arbeiten bereits in Lagos, Warri, Abuja und Jos aufgehalten habe. 2010 habe er dann sein Elternhaus verlassen, sei mit seiner Frau und seiner Tochter in eine eigene Wohnung gezogen und habe gelegentlich im Friseursalon seiner Frau mitgeholfen. Die aktuelle Wohnadresse seiner Frau kenne er nicht. Nach seiner Flucht sei diese mit dem gemeinsamen Kind zu ihren Eltern gezogen, dort sei sie allerdings nicht mehr sicher, da der Mann, welcher auch bei ihrer Hochzeit dabei gewesen sei, seine ganze Familie auslöschen möchte. Auch habe er derzeit keinen telefonischen Kontakt zu seiner Frau, da er sie nicht mehr über das Handy erreichen könne. Auf Nachfrage der belangten Behörde, ob er im Falle einer Rückkehr nach Nigeria wieder an der Wohnadresse seiner Frau bzw. bei Verwandten wohnen würde, antwortete er, dass er dann wieder bei seiner Frau und seinem Kind leben würde. Hinsichtlich seiner Fluchtmotive brachte er im Wesentlichen vor, dass er am 15.08.2014 einen Nachtgottesdienst in einer Kirche besucht habe. Als er am Morgen danach seine Eltern besuchen habe wollen, fand er seine Eltern und seine drei Geschwister blutüberströmt am Boden liegend vor. Von seinem Vater habe er gewusst, dass es Erbschaftsstreitigkeiten mit dessen Bruder bezüglich Häuser und Ländereien, welche sein Vater geerbt habe, gegeben habe. Daraufhin habe er geweint und sei zu einem Freund in der Nähe gelaufen, wo er sich zwei Tage lang aufgehalten habe. Er sei allerdings von den Männern seines Onkels, welche wie Polizisten gekleidet und Auftragskiller gewesen seien und Gewehre getragen haben, beobachtet worden. Diesbezüglich führte der Beschwerdeführer zunächst an, dass er diese Männer selbst bemerkt habe, änderte sein Vorbringen im Laufe der Einvernahme jedoch ab und erklärte, dass ihm nur erzählt worden sei, dass er beobachtet werde. Bevor ihn diese Männer aber schnappen hätten können, sei er nach Lagos geflohen, habe dort eine Nacht bei einem Arbeitskollegen verbracht und daraufhin glücklicherweise einen Freund seines Vaters getroffenen, welcher ihm bei der Ausreise geholfen habe. Weitere Fluchtgründe habe er keine. Auf Nachfrage der belangten Behörde, wie es sein könne, dass diese Erbschaftsstreitigkeiten erst 2014 entstanden seien, wo doch der Großvater bereits 1993 verstorben sei, antwortete der Beschwerdeführer lediglich: "Das weiß ich nicht." Auf Nachfrage der belangten Behörde, warum er seine Frau und seine Tochter in der Heimat zurückgelassen habe, erklärte der Beschwerdeführer: "Ich musste flüchten. Ich habe meiner Frau gesagt, sie soll zu ihren Eltern gehen." Auf weitere Nachfrage, ob er nicht die Befürchtung gehabt habe, dass auch seine Frau und seine Tochter ermordet werden, antwortete er: "Natürlich hatte ich Angst. Sie rennt ja auch um ihr Leben. Ich habe ihr gesagt, sie soll ins Dorf der Familie ihrer Mutter gehen. Der Onkel könnte jedoch herausfinden, wo dieses ist."

Ob seit seiner Ausreise jemand an seine Frau herangetreten sei, konnte der Beschwerdeführer nicht angeben und meinte erst befragt durch die belangte Behörde, dass seine Frau so etwas nicht erwähnt habe. Weiters führte der Beschwerdeführer an, dass er 2015 gar keinen und 2016 2-3 Mal telefonischen Kontakt zu seiner Frau gehabt habe. Auf diesbezügliche Nachfrage der belangten Behörde, warum der Beschwerdeführer, zumal er aktuell erst seit zwei Monaten keinen Kontakt mehr zu seiner Frau habe und bereits einmal ein Jahr lang keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt habe, davon ausgehe, dass etwas passiert sei, antwortete dieser: "Ich denke nur, dass vielleicht etwas passiert ist. Wissen tue ich es nicht." Der Onkel habe die gesamte Familie auslöschen wollen, weil nach dem Tod des Vaters der Rest der Familie alles übernommen hätte. Befragt, warum der Onkel bei seiner Hochzeit anwesend gewesen sei und dass sie demnach ein gutes Verhältnis gehabt hätten, führte der Beschwerdeführer an, dass der Onkel nicht anwesend gewesen sei. Auf Vorhalt der belangten Behörde, dass er zu Beginn der Einvernahme angegeben habe, dass dieser anwesend gewesen sei, meinte der Beschwerdeführer: "Ja. Ich mag ihn aber nicht." In Lagos habe er nicht bleiben können, da sein Onkel ein sehr gefährlicher Mann sei und sicher gewusst hätte, wo er sich aufhalte, denn er sei der einzige Überlebende der Familie seines Vaters. Auch habe er nicht in eine andere Stadt oder in einen anderen Landesteil Nigerias ziehen können, da dort alle vernetzt seien. Er habe anfänglich nicht daran gedacht zur Polizei zu gehen, weil er um sein Leben gelaufen sei. Außerdem hätte die Polizei sowieso nichts machen können, da es sich um eine Familienangelegenheit handeln würde. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben. Auch sei er gesund. In Österreich lebe er von der Grundversorgung, verkaufe die Straßenzeitung XXXX, übernehme Reinigungsarbeiten in der Flüchtlingsunterkunft und habe zwei Wochen auf dem Berg gearbeitet. Zudem habe er einen Deutschkurs besucht und habe sogar einen Privatlehrer. Verwandte, Familienangehörige, Freunde oder Bekannte würden keine in Österreich leben. Schließlich legte der Beschwerdeführer zwei Unterstützungsschreiben vor.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.06.2017, Zl. 14-1030805807/14945395, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr.100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria "gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57" nicht erteilt. "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen. Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Letztlich wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Mit Verfahrensanordnungen gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 20.06.2017 wurde dem Beschwerdeführer die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, in 1170 Wien als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

Mit Schriftsatz vom 12.08.2017 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde und monierte inhaltliche Rechtswidrigkeit. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass es nicht ungewöhnlich und unglaubwürdig sei, dass sich eine Erbschaftsstreitigkeit erst 20 Jahre später in einer Gewaltshandlung entladen würde. Zudem sei eine mangelnde Kommunizierbarkeit extrem traumatischer Erfahrungen durchaus üblich. Außerdem sei die Annahme der belangten Behörde unrichtig, dass er in Nigeria nicht in eine ausweglose Lage geraten würde, zumal es dort mittlerweile eine Hungersnot und Tote gebe. Diesbezüglich wurde auf einen Bericht von Spiegel Online vom 25.01.2017, einen Bericht von Zeit Online vom 15.04.2017 sowie von Vanguard vom 12.02.2017 verwiesen. Auch wird auf den Passus in den Länderinformationen des angefochtenen Bescheides, wonach mehr als 80% der arbeitsfähigen Bevölkerung Nigerias arbeitslos seien und auf verschiedene Hilfsorganisationen, verwiesen, wonach sich jedoch eine Hilfeleistung bei Rückkehr nicht verifizieren lasse. Schlussendlich seien die Länderberichte nicht aktuell und es gehe aus ihnen auch nicht hervor, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr tatsächlich unterstützt werden würde bzw. durch Arbeit überleben könnte. Folglich hätte die belangte Behörde im gegenständlichen Fall bei rechtsrichtiger Würdigung der örtlichen Verhältnisse in Nigeria zumindest subsidiären Schutz zuerkennen müssen. Aus diesen Gründen werde beantragt, dass das Bundesverwaltungsgericht internationalen Schutz zuerkennen und dazu eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen möge.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 21.08.2017 vorgelegt.

Am 20.12.2017 erfolgte in Anwesenheit des Beschwerdeführers eine mündliche Beschwerdeverhandlung am Bundesverwaltungsgericht, in deren Verlauf der Beschwerdeführer eine Bestätigung über den Verkauf der Straßenzeitung XXXX vom 14.12.2017, eine Stellungnahme des Flüchtlingsheimes XXXXvom 14.12.2017, 2 Unterstützungsschreiben und eine Vertretungsvollmacht der Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, als Mitglied der ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48, 1170 Wien, vorlegte.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen männlichen, nigerianischen Staatsbürger, und somit um einen Drittstaatsangehörigen gemäß des § 2 Abs. 1 Z 20b Asylgesetz.

Weitere Feststellungen zu seiner Identität können allerdings nicht getroffen werden.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, in Nigeria traditionell verheiratet, hat eine Tochter, gehört der Volksgruppe der Edo an und bekennt sich zum christlichen Glauben.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig und ist daher auch erwerbsfähig.

Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer weist eine zwölfjährige Schulausbildung in Nigeria auf und war danach als Elektriker sowie Händler tätig und eröffnete ein Elektrofachgeschäft. Nachdem er diese Tätigkeit aufgegeben hatte, half er gelegentlich im Friseursalon seiner Frau mit.

In Nigeria leben noch seine Ehefrau und seine Tochter.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen. Er hat zwar hinsichtlich seiner Integration zwei Empfehlungsschreiben vorgelegt und verkauft die Straßenzeitung XXXX, hat ansonsten jedoch keine weiteren integrativen Umstände vorgebracht. Der Beschwerdeführer hat an keinen beruflichen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen und ist derzeit zudem kein Mitglied eines Vereines oder sonstigen integrationsbegründenden Institution. Der Beschwerdeführer hat keinen Deutschkurs besucht und wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht qualifiziert Deutsch spricht. Es konnten folglich keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer konnte keinen Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend machen. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Nigeria eine Verfolgung aus den Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Nigeria einer persönlichen Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war.

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wurde im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die aktuelle Fassung des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation herangezogen und wurden die aktuellen Länderfeststellungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erläutert und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt, eine Stellungnahme seitens des Beschwerdeführers bzw. seiner anwesenden Rechtsvertretung wurde nicht erstattet. Es kann zusammengefasst festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird, er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet und haben sich auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür ergeben.

Es wird weiters festgestellt, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann, zumal er arbeitsfähig ist, in Nigeria die Schule besucht hat und dort seinen Lebensunterhalt für sich und seine Familie bestritten hat. Zudem kann er in Nigeria auch auf ein familiäres Netzwerk zurückgreifen. Selbst wenn er derzeit keinen Kontakt zu seiner Frau und Tochter hat, sollte es ihm möglich sein über deren Verwandte den Aufenthaltsort herauszufinden. Aber auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bieten sollte, kann er seinen Lebensunterhalt wie o.a. aus eigener Kraft bestreiten. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl können nicht festgestellt werden.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Nigeria unzulässig wäre

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" (Stand: 07.08.2017) zu Nigeria und in die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2017. Außerdem wurden Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Herkunft, seiner Staatsangehörigkeit, seinem aktuellen Gesundheitszustand sowie zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde, in der Beschwerde sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 20.12.2017.

Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Da der Beschwerdeführer entweder nicht imstande oder nicht willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht allerdings seine Identität nicht fest.

Die Feststellungen zu seiner Schulbildung, seiner beruflichen Tätigkeit und seinen familiären Anknüpfungspunkten ergeben sich aus seinen diesbezüglich ebenfalls glaubhaften Angaben.

Es wurde keine gesundheitliche Beeinträchtigung vorgebracht, welche nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnte.

Dass der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, ergibt sich aus seinen Angaben, ebenso, dass der Beschwerdeführer keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgeht.

Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer vorgebrachten privaten Kontakte, entsprechen, selbst wenn sie objektiv vorhanden und für Ihn subjektiv von Bedeutung sind, nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben und Familienleben im Sinne der EMRK, sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die erforderliche Intensität.

Der zeitliche Faktor ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers selbst, hinsichtlich der Intensität hat er weder ein Zusammenleben noch sonstige außergewöhnliche Aspekte (wie etwa Heirat oder Vaterschaft) behauptet, um eine Entscheidungsrelevanz daraus abzuleiten. Dies insbesondere, da er bezüglich "XXXX" von einer guten Freundin spricht, die er zwar liebt, er aber nicht wisse ob sie seine Gefühle erwidern würde.

Aus den vom Beschwerdeführer weiters vorgelegten Unterlagen ergeben sich durchaus Integrationsbemühungen, die jedoch insgesamt nicht den Anforderungen an ein schützenswertes Privatleben im Sinne der EMRK entsprechen. Berücksichtigt wurden dabei auch die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen, nämlich zwei Empfehlungsschreiben und ein Artikel über Teilnahme an einer Flächenrückgewinnung bei der XXXX vom Oktober 2016. Der Beschwerdeführer brachte insgesamt keine konkreten Angaben vor, die die Annahme einer entscheidungsmaßgeblichen Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 19.08.2017.

2.3. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

Im Hinblick darauf, dass im Asylverfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, stützt sich das erkennende Gericht vor allem auf die unmittelbaren Angaben des Beschwerdeführers.

Im Administrativverfahren gab der Beschwerdeführer an, dass er Nigeria verlassen habe, da seine Familie wegen eines Erbschaftsstreits von seinem Onkel getötet worden sei und er als einziger Überlebender nun von diesem verfolgt werden würde.

Auch in der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vom 12.08.2017 wird vom Beschwerdeführer kein konkretes Vorbringen, welches über sein Vorbringen im Administrativverfahren hinausgeht erstattet. Er moniert allgemein dass die Länderberichte nicht aktuell seien, und er in Nigeria in eine ausweglose Situation geraten würde da es mittlerweile eine Hungersnot geben würde, ohne asylrelevante Tatsachen vorzubringen, wirft der Behörde vor ihrer Ermittlungstätigkeit nicht nachgekommen zu sein, ohne substantiiert darauf einzugehen, warum das Fluchtvorbringen entgegen der Ansicht der belangten Behörde subjektiv einen asylrechtlichen Tatbestand erfüllen würde.

Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers gestaltete sich insgesamt oberflächlich und vage. Dazu wird grundsätzlich festgehalten, dass sich das Bundesverwaltungsgericht der Beweiswürdigung der belangten Behörde vollinhaltlich anschließt. Die belangte Behörde zeigte im angefochtenen Bescheid auch eindeutig und fundiert auf, aus welchen Gründen sie dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit versagte und weshalb sie letztlich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aufgrund der gehäuften Wiedersprüche und der aufgetretenen Unplausibilitäten ihrer Schilderungen, zum Schluss gekommen ist, dass der Asylantrag nur zum Zwecke der Aufenthaltserlangung gestellt wurde und das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht den Tatsachen entspricht. Diese Beweiswürdigung ist aus den folgenden Erwägungen begründet:

Der Beschwerdeführer erklärte in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde, dass sein Großvater bereits 1993 verstorben sei. Auf Nachfrage der belangten Behörde, dass sein Vater folglich bereits damals die Ländereien hätte erben müssen, meinte der Beschwerdeführer lediglich: "Das geht nicht sofort. Da können auch sechs bis sieben Jahre dazwischen liegen." Auf diesbezügliches Nachfrage der belangten Behörde, warum, wenn die Erbschaft folglich spätestens im Jahr 2000 erfolgt sein müsste, es erst 2014 zu den Streitigkeiten gekommen sei, antwortete er nur: "Das weiß ich nicht." Diese vagen und nicht nachvollziehbaren Angaben lassen sein Vorbringen jedoch weder plausibel noch stringent erscheinen.

Zudem führte der Beschwerdeführer an, dass er, nachdem er seine Familie ermordet vorgefunden habe, von den Männern seines Onkels, welche als Polizisten verkleidet gewesen seien, beobachtet worden sei. Diesbezüglich führte der Beschwerdeführer zunächst an, dass er diese Männer selbst bemerkt habe, änderte sein Vorbringen im Laufe der Einvernahme jedoch ab und erklärte, dass ihm nur erzählt worden sei, dass er beobachtet werde und er die Männer gar nicht selbst gesehen habe. Der Beschwerdeführer blieb folglich in seinem Fluchtvorbringen wenig konsistent und verstrickte sich in zahlreiche Widersprüche, weshalb auch deshalb davon auszugehen ist, dass es sich bei seinem Fluchtvorbringen um ein reines Gedankenkonstrukt zur Erlangung von Asyl handelt.

Außerdem erscheint es nicht nachvollziehbar, wenn der Beschwerdeführer zunächst anführt, dass ihn die Männer seines Onkels in der Nähe seines Elternwohnhauses gesucht hätten, weil sie seine reguläre Adresse gar nicht gekannt hätten und ihn, wäre ihnen seine Wohnsitzadresse bekannt gewesen, auch dort gesucht hätten; im Verlauf der Einvernahme allerdings erklärt, dass er nicht in Lagos hätte bleiben können, da sein Onkel ein sehr einflussreich und gefährlicher Mann sei und sicher gewusst hätte, wo er sich aufhalte. Wäre es für den Onkel folglich möglich gewesen seinen Aufenthalt in einer Millionenstadt wie Lagos zu eruieren, dann hätte er seine reguläre Wohnsitzadresse ohne Probleme in Erfahrung bringen können. Unplausible Angaben wie diese mindern die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers. Ebenso widersprüchlich und nicht nachvollziehbar waren seine Aussagen zur Tätigkeit seines Onkels, da er einerseits ausführte, dieser würde mit der Polizei zusammenarbeiten und andererseits angab, dass er sich nicht an die Polizei gewandt habe, da diese gesagt hätte, dass es sich um eine Familienangelegenheit handeln würde. Auch seine Angaben bezüglich seiner Fluchtroute und dass er Nigeria auf legalem Wege mit seinem Reisepass und einem Visum auf dem Luftweg verlassen habe, lassen seine Angaben hinsichtlich der Möglichkeiten seines Onkels ihn auszuforschen, weder schlüssig noch plausibel erscheinen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht blieb der Beschwerdeführer bei seinem bisherigen Vorbringen, seinen Ausführungen konnte jedoch auch hier weder die erforderliche Stringenz entnommen werden, noch konnte er die Asylrelevanz seines Vorbringens nachvollziehbar und glaubhaft darlegen, darüberhinaus ergaben sich weitere Widersprüche in seinen Angaben.

So führte er entgegen seinen vorherigen Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung aus, dass er vom Streit zwischen seinem Vater und seinem Onkel erfahren habe, nachdem sein Großvater gestorben sei und dass dieser in zwei Jahren einmal bei ihnen gewesen sei. Demgegenüber hat er in der Einvernahme vor der belangten Behörde noch angegeben, dass er von dem Streit erst im März oder April 2014 erfahren habe, somit in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Ermordung seiner Eltern. Auch hinsichtlich des Freundes seines Vaters führte er erst aus, dass dieser in einem Büro arbeiten würde, wo Visa ausgestellt würden, um im Rahmen der mündlichen Verhandlung anzugeben dass dieser Geschäftsmann und Elektrounternehmer sei. Auch befragt zu seinem Onkel konnte der Beschwerdeführer keine detaillierten Angaben machen, vielmehr führte er aus, dass er eigentlich nicht viel über ihn wisse, ebenso konnte der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar darlegen weshalb sein Onkel auf seiner Hochzeit gewesen sei und führte dazu wörtlich aus: "Ich weiß nicht warum er bei meiner Hochzeit, vielleicht wegen Familie, dass wenn es größere Ereignisse gibt, dass sie zusammenkommen."

Das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten – z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen die Angaben des Beschwerdeführers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden. Generell ist zur Glaubwürdigkeit eines Vorbringens auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d. h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Beschwerdeführer den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen. Diesen Anforderungen werden die Angaben des Beschwerdeführers nicht gerecht.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer auch während der mündlichen Verhandlung in einer wortkargen Darlegung einiger weniger Eckpunkte einer Schilderung verharrte, die Antworten auf die gestellten Fragen waren grundsätzlich kurz und total vage - eine detaillierte oder umfassende Schilderung der Ereignisse war ihr im Zuge der gesamten Einvernahme nicht möglich.

Der erkennende Richter kommt daher - wie auch die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt bzw. dass sein Vorbringen hinsichtlich der angeblichen Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht. Dies auch insbesondere, da der Beschwerdeführer, wie oben angeführt, hinsichtlich der Geschehnisse nur vage Angaben machte und erst auf Nachfrage konkreter Erlebnisse schilderte und sich dabei wiederholt widersprach.

Darüberhinaus ist auszuführen, dass selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung des Vorbringens, es sich um eine Verfolgung durch Privatpersonen handeln würde, dieser hätte er durch Inanspruchnahme von Schutz seitens der staatlichen Behörden begegnen können, zumal er selbst anführte, dass er mit den Behörden keine Probleme gehabt habe und er sich zu keinem Zeitpunkt an die nigerianische Polizei gewendet habe, da er der Meinung gewesen sei, dass diese sowieso nichts machen würde. Zudem würde es dem Beschwerdeführer offenstehen, sich in einen anderen Landesteil zu begeben. Besteht aber für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Flucht- bzw. Schutzalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.3.1999, Zl. 98/01/0352; VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401; VwGH 22.5.2003, Zl. 2001/20/0268, mit Verweisen auf Vorjudikatur).

Des Weiteren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer, der über eine zwölfjährige Schulbildung und über Arbeitserfahrung als Elektriker sowie Händler verfügt und sogar ein Elektrogeschäft eröffnet hat, bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in Bezug auf existentielle Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würde, selbst wenn es an staatlichen Sozialleistungen und familiärer Unterstützung mangeln würde.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation: Nigeria,

3. Quartal 2016: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), 8. November 2016, herangezogen.

Im Länderbericht ergibt die geschilderte allgemeine Sicherheitslage keine konkrete gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr, die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land, sodass sich Bürger in jedem Teil des Landes niederlassen können. Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Darüberhinaus sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Bürger dürfen sich in jedem Teil des Landes niederlassen. Prinzipiell sollte es einer Person, die von nichtstaatlichen Akteuren verfolgt wird oder die sich vor diesen fürchtet, in einem großen Land wie Nigeria möglich sein, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen. Es besteht daher auch für den Beschwerdeführer die Möglichkeit durch Umzug in einen anderen Teil des Landes allenfalls möglichen Repressionen auszuweichen, wobei aus dem Akt keine derartigen Repressionen ersichtlich sind.

Zur wirtschaftlichen Lage ist allgemein auszuführen, dass Nigeria seit 2014 als die größte Volkswirtschaft Afrikas gilt, im Jahr 2014 wurde sogar das Bruttoinlandsprodukt von Südafrika übertroffen (GIZ 7.2017c), neben der Öl- und Gasförderung sind der (informelle) Handel und die Landwirtschaft von Bedeutung, die dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bietet (AA 21.11.2016). Neben Millionen von Kleinbauern gibt es Großfarmen. In den letzten Jahren wuchs dieser Sektor mit 10 Prozent überdurchschnittlich, denn die Förderung der Landwirtschaft mittels finanzieller und technischer Anreize (Produktivitätssteigerung mittels Düngermittel und Ausbau des Transportnetzwerkes) stand im Mittelpunkt von Wirtschaftsreformen der Regierung (GIZ 7.2017c). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde – durch Einwirken der Regierung - kräftig ausgeweitet. Die unterentwickelte Landwirtschaft ist nicht in der Lage, den inländischen Nahrungsmittelbedarf zu decken. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 4.2017c). Eine Lebensmittelknappheit war in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent, in vereinzelten Gebieten im äußersten Norden Nigerias (Grenzraum zur Republik Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen aber auch aufgrund der Flüchtlingsbewegungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere nordöstlichen Bundesstaaten nicht mehr aus (ÖBA 9.2016)

Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen. Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit (BS 2016). Die überwiegende Mehrheit der Nigerianer ist im informellen Arbeitsmarkt tätig und bekommt somit keine Pension (TE 25.10.2014). Jedoch wurde das Pension Reform Act novelliert, um die Kosten und Nutzen für die Mitarbeiter von öffentlichen und privaten Sektor zu harmonisieren (BS 2016). Bis März 2016 waren es etwa 7,01 Millionen Arbeitnehmer die beim Contributory Pension Scheme registriert sind und dazu beitragen. Dies repräsentiert etwa 7,45 Prozent der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung und 3,95 Prozent der gesamten Bevölkerung. 26 von 36 Bundesstaaten haben das Contributory Pension Scheme übernommen (TD 2.5.2016).

Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene, die State Economic Empowerment Strategy (SEEDS), als auch auf lokaler Ebene, die Community Economic Empowerment and Development Strategy (CEEDS). Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 7.2017c). Geldtransfers und Investitionen der im Ausland lebenden Nigerianer tragen wesentlich zur Unterstützung der Wirtschaft bei (AA 3.12.2015).

Heimkehrer können gegen Gebühr eine Wohnung in jeder Region Nigerias mieten. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für Heimkehrer. Reintegrationshilfe kann durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, NAPTIP, COSUDOW, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe (IOM 8.2014). Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten.

Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist je nach Region um 35-80 Euro zu erhalten. Saison- und regionalmäßig werden auch gebratene Maiskolben zusätzlich angeboten. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "Minifarming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare über Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Schnecken und "grass-cutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖBA 9.2016).

Da ein Meldewesen nicht vorhanden (AA 21.11.2016; vgl. ÖBA 9.2016) ist und auch ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem nicht existiert, ist es damit in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind. Das Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen" (ÖBA 9.2016).

Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Neben der Polizei werden im Inneren auch Militär, Staatsschutz sowie paramilitärische Einheiten (sogenannte Rapid Response Squads) eingesetzt (AA 21.11.2016). Die Innere Sicherheit liegt also auch im Zuständigkeitsbereich des Department of State Service (DSS), das dem Präsidenten via nationalen Sicherheitsberater unterstellt ist. Die Polizei, das DSS und das Militär sind zivilen Autoritäten unterstellt, sie operieren jedoch regelmäßig außerhalb ziviler Kontrolle (USDOS 3.3.2017). Die National Drug Law Enforcement Agency (NDLEA) ist für alle Straftaten in Zusammenhang mit Drogen zuständig. Der NDLEA, in deren Zuständigkeit Dekret 33 fällt, wird Professionalität konstatiert (ÖBA 9.2016). Die Polizei ist durch niedrige Besoldung sowie schlechte Ausrüstung, Ausbildung und Unterbringung gekennzeichnet. Die staatlichen Ordnungskräfte sind personell, technisch und finanziell nicht in der Lage, die Gewaltkriminalität zu kontrollieren bzw. einzudämmen. Zudem sind nach allgemeiner Auffassung die Sicherheitskräfte teilweise selbst für die Kriminalität verantwortlich (AA 21.11.2016). Da die Polizei oft nicht in der Lage ist, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verlässt sich die Regierung in vielen Fällen auf die Unterstützung durch die Armee (USDOS 3.3.2017). Jedoch sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten (UKHO 8.2016b). Zum Rechtsschutz ist auszuführen, dass das Institut der Pflichtverteidigung erst vor kurzem in einigen Bundesstaaten eingeführt wurde. Lediglich in den Landeshauptstädten existieren NGOs, die sich zum Teil mit staatlicher Förderung der rechtlichen Beratung von Beschuldigten bzw. Angeklagten annehmen (AA 21.11.2016). Rechtsberatungen und Rechtsbeistand bieten u.a. die folgenden Organisationen: Legal Aid Council; die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC); Legal Defence and Assistance Project (LEDAP) (IOM 8.2013). Gerade in den ländlichen Gebieten gibt es jedoch zahlreiche Verfahren, bei denen Beschuldigte und Angeklagte ohne rechtlichen Beistand mangels Kenntnis ihrer Rechte schutzlos bleiben (AA 21.11.2016).

Es besteht auch wie im Länderbericht ausgeführt, keine Gefahr dahingehend, dass der ob eines abgelehnten Asylantrages rückgeführte Asylwerber bei seiner Rückkehr nach Nigeria mit staatlichen Repressionen zu rechnen habe.

Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt außerdem darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

(Quellen):

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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