TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/16 W179 2182392-1

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Veröffentlicht am 16.01.2018
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Entscheidungsdatum

16.01.2018

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W179 2182392-1/ 3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. iur. Eduard Hartwig PAULUS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb am XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH sowie die Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, beide mit der Zustelladresse "ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, in 1170 Wien, Wattgasse 48/3. Stock", gegen Spruchpunkt IX. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung,

A) beschlossen:

Der Antrag des Beschwerdeführers, der vorliegenden Beschwerde die aufschiebende Wirkung wegen Gefahr im Verzug nach § 18 Abs 5 BFA-VG binnen sieben Tagen wieder zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) zu Recht erkannt:

Der vorliegenden Beschwerde wird amtswegig die aufschiebende Wirkung wieder zuerkannt.

C) Revision

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Spruchpunkt IX. des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde der vorliegenden Beschwerde (gegen die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bzw Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten, Nichterteilung eines Aufenthaltstitels, Erlassung einer Rückkehrentscheidung, festgestellte Zulässigkeit der Abschiebung, Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise, sowie den Verlust des Aufenthaltsrechtes und ein mit XXXX Jahren befristetes Einreiseverbot) gemäß § 18 Abs 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Denn der Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich bedeute eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, weil er von einem Landesgericht am XXXX rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von XXXX , nach XXXX ; sowie in Folge am XXXX vom selben Landesgericht rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von XXXX , wiederum nach XXXX , diesmal iVm § 15 StGB, verurteilt worden sei.

Zudem sei beim Beschwerdeführer im Zuge einer nach der zweiten Verurteilung von einer Polizeiinspektion durchgeführten Kontrolle am XXXX ein erhöhter XXXX festgestellt worden, der erneut auf einen Suchtmittelkonsum hinweise.

2. Gegen jenen Bescheid bringt die vom Beschwerdeführer bevollmächtigte Rechtsvertreterin "Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH" ein Rechtsmittel ein, mit welchem unter anderem beantragt wird, der Beschwerde wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs 5 BFA-VG binnen sieben Tagen zuzuerkennen, was hier (ausschließlich) verfahrensgegenständlich ist.

3. Die belangte Behörde legt dem Bundesverwaltungsgericht ihren Verwaltungsakt am XXXX vor, erstattet keine Gegenschrift, verzichtet auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1. Der angefochtene Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am XXXX persönlich übernommen; die dagegen erhobene Beschwerde dem Zustelldienst am XXXX übergeben.

2. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

3. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , als junger Erwachsener – wegen 1. des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach XXXX SMG, sowie 2. die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach XXXX – unter zusätzlicher Anwendung des § 19 Abs 1 JGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von XXXX verurteilt, wobei die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit XXXX bedingt nachgesehen wurde. Dieses Urteil wurde am XXXX rechtskräftig.

4. Der Beschwerdeführer wurde wiederum mit Urteil des XXXX zu einer Freiheitsstrafe XXXX verurteilt. Dieses Urteil wurde am XXXX rechtskräftig.

5. Im Zuge einer am XXXX (sohin nach der zweiten Verurteilung) von einer Polizeiinspektion durchgeführten Kontrolle des Beschwerdeführers wurde bei diesem ein erhöhter XXXX festgestellt.

6. Im Abschlussbericht der zuständigen Landespolizeidirektion an eine Staatsanwaltschaft vom XXXX hält jene unter dem Punkt "Sonstiges:" fest, der Beschwerdeführer habe eigenen Angaben zufolge

XXXX ; auf seinem Handy befänden sich Fotos, die ihn lt. eigenen Angaben XXXX zeigen würden, eine Lichtmappe sei angefertigt worden.

7. Im Zuge seiner Beschuldigtenvernehmung vor derselben Landespolizeidirektion am selben Tage gibt der Beschwerdeführer unter anderem an, er habe für XXXX . Es gebe auf seinem Handy auch Fotos, wie er XXXX gewesen sei, XXXX .

8. Die nachstehenden zwei Fotos sind ua diesem Landespolizeidirektionsbericht als Lichtbeilage angeschlossen:

Bild kann nicht dargestellt werden

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2. Beweiswürdigung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Bestimmung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts Einsicht genommen in den vorgelegten Behördenakt und die darin enthaltenen Unterlagen, insbesondere in den angefochtenen Bescheid und die dagegen erhobene Beschwerde.

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf diesen im Behördenakt befindlichen Unterlagen.

Das Datum der Übernahme des angefochtenen Bescheides erschließt sich aus der aktenkundigen Bestätigung der zustellenden Polizeiinspektion, jenes der "Postaufgabe" auf Grund einer hg getätigten "Sendungsverfolgung".

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben, weil der letzte Tag der vierwöchigen Rechtsmittelfrist auf den XXXX und somit auf einen gesetzlichen Feiertag ( XXXX ) fiel und das Ende der besagten Frist ausweislich § 32 Abs 2 AVG iVm § 17 VwGVG der nächste Werktag, der XXXX , an dem die Beschwerde fristgerecht zur Post gegeben wurde, war.

3.1. Rechtsnormen:

§ 18 des BFA-Verfahrensgesetzes, BGBl I Nr 87/2012 idF BGBl I Nr 145/2017, lautet wortwörtlich:

"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1.-der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2.-schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3.-der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4.-der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5.-das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6.-gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7.-der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1.-die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2.-der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3.-Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar."

3.1. Zu Spruchpunkt A) Beschluss:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass § 18 Abs 5 erster Satz BFA-VG regelt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen hat. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung – wie er etwa in § 13 Abs 3 und 4 und § 22 Abs 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs 2 VwGG vorgesehen ist – ist in § 18 Abs 5 BFA-VG nicht vorgesehen. ( ) Auch im Rahmen des § 18 BFA-VG kann sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde [wie bei einer Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß § 13 Abs 2 VwGVG] an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 1 BFA-VG wenden. Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren ist ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs 5 BFA-VG gesetzlich nicht vorgesehen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs 5 BFA-VG ist somit unzulässig (VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0284, mwH auf VwGH 13.9.2016, Fr 2016/01/0014 ua).

Der besagte Antrag war daher mangels Antragslegitimation spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen. Nachfolgend werden die Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG amtswegig geprüft:

3.3. Zu Spruchpunkt B) Erkenntnis:

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung (vgl VwGH 13.9.2016, Fr 2016/01/0014).

Auf dem Boden der hiergerichtlich getroffenen Feststellungen ( XXXX) verhält sich der Beschwerdeführer in Österreich weder gesellschafts- noch gesetzeskonform, weswegen der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden kann, wenn diese davon ausgeht, eine sofortige Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Staatsgebiet liege im öffentlichen Interesse, stelle der Asylwerber doch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung dar.

Dem gegenüber steht das private Interesse des Beschwerdeführers, ihn vor einer Verletzung im Sinne des Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder nach den Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention zu schützen.

Fänden sich im Akt keinerlei Anhaltspunkte für eine mögliche diesbezügliche Gefährdung, wäre die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls aufrechtzuerhalten. Allerdings liegen die aktenkundigen Fotos aus dem Mobiltelefon des Beschwerdeführers, wie dargestellt, vor, und ist nochmals auf den engen Zeitrahmen für das Bundesverwaltungsgericht im Ausmaß von sieben Tagen und damit ohne Möglichkeit auf weitergehende Ermittlungen hinzuweisen.

Ohne Ermittlungsverfahren und insbesondere ohne Beschwerdeverhandlung (das Bundesverwaltungsgericht hat im Gegensatz zur belangten Behörde den Beschwerdeführer noch nicht gesehen) kann das erkennende Gericht in faktischer Hinsicht nicht beurteilen, ob und welcher der abgelichteten Männer der Beschwerdeführer gegebenenfalls sein soll, in welchem Kontext jene tatsächlich entstanden sind, und ob, abhängig vom Ergebnis der Verhandlung, in rechtlicher Hinsicht hier überhaupt ein asylrelevantes Vorbringen vorliegt.

Da dies bei der gegebenen Aktenlage zum jetzigen Zeitpunkt schwerlich beurteilt werden kann, darf eine reale Gefahr nicht im Vorhinein antizipierend ausgeschlossen werden. Der Beschwerde ist somit nach § 18 Abs 5 BFA-VG amtswegig die aufschiebende Wirkung wieder zuzuerkennen.

Ergänzend ist zu erwähnen, zugleich mit dieser Entscheidung wird das Bundesverwaltungsgericht jedoch das zeitnahe Anberaumen einer mündlichen Beschwerdeverhandlung veranlassen, um Klarheit zu schaffen und die Beschwerde zu entscheiden.

4. Zu Spruchpunkt C) Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt:

So war die Rechtsfrage zu beantworten, inwieweit anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde

Hier weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl die oa angeführte Judikatur), noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich.

Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Amtswegigkeit, aufschiebende Wirkung, Gefahr im Verzug,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W179.2182392.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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