TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/16 W171 1433696-2

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Veröffentlicht am 16.01.2018
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Entscheidungsdatum

16.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W171 1433696-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.07.2015, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.03.2017 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 55 und 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 9 iVm § 50 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste ins Bundesgebiet ein und stellte am 07.03.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zum Nachweis seiner Identität legte er seinen russischen Inlandspass im Original vor.

I.2. Mit Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß §§ 8 Abs. 1 Z 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), wobei gleichzeitig dessen Ausweisung in sein Heimatland gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ausgesprochen (Spruchpunkt III.) wurde.

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

1.4. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX Zl. XXXX , die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des Bescheides des Bundesasylamtes gemäß § 3 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen (Spruchpunkt II.). Das Bundesverwaltungsgericht stellte zusammengefasst fest, dass die Identität des Beschwerdeführers aufgrund des vorgelegten Identitätsdokumentes feststehe. Er leide an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung, welche ein Hindernis für eine Rückführung in die Russische Föderation darstellen würde. Zu Spruchpunkt II. hielt das Bundesverwaltungsgericht in der rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen fest, dass zu den in Österreich lebenden Verwandten, einer Schwester und einem Onkel, kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis erkennbar sei. Demgegenüber lebten mehrere Familienangehörige, insbesondere seine Eltern, ein Bruder und zwei Schwestern im Herkunftsstaat. Er sei in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig und lebe von der Grundversorgung. Er verstehe und spreche die deutsche Sprache kaum. Die Beziehungen des Beschwerdeführers zu Österreich seien zum Entscheidungszeitpunkt somit insgesamt relativ schwach ausgeprägt. Vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Standes des Ermittlungsverfahrens könne keinesfalls festgestellt werden, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und sei daher das Verfahren gem. § 75 Abs. 20 AsylG zur (weiteren) Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückzuverweisen.

1.4. Im weiteren Verfahren wurde der Beschwerdeführer am 24.06.2015 durch das BFA einvernommen. Dabei gab er an, eine Schwester und einen Onkel in Österreich zu haben, die anerkannte Flüchtlinge seien. Er sehe die Schwester etwa einmal im Monat und den Onkel alle zwei Monate. Er habe keinen Beruf erlernt. In Österreich habe er bisher einen Deutschkurs A1 besucht, aber keine Prüfung abgelegt. Er lebe von der Grundversorgung. Zweimal pro Woche gehe er zum Fußballtraining und sei Mitglied in einem Verein. Er sei seit März 2015 nach islamischem Recht verheiratet, lebe mit seiner Gattin aber nicht in einem gemeinsamen Haushalt.

Am 30.06.2015 legte der Beschwerdeführer eine Kopie eines Ehevertrags nach islamischem Recht, datiert mit 29.03.2015, vor.

1.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.07.2015 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 9 FPG erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt II.).

In der rechtlichen Beurteilung wird zusammengefasst ausgeführt, dass ein unter § 57 AsylG fallender Sachverhalt aus dem Akteninhalt nicht erkennbar sei. Zu der nach islamischem Recht angetrauten Ehefrau bestehe kein Abhängigkeitsverhältnis. Die Ehe habe nicht bereits im Herkunftsland bestanden, ein nennenswertes Familienleben liege nicht vor. Der Beschwerdeführer gehe keiner legalen, regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach. Die Schutzwürdigkeit seines Privatlebens in Österreich sei aufgrund des Umstandes, dass er seinen Aufenthalt nur auf einen im Ergebnis nicht berechtigten Asylantrag gestützt habe, nur im geringen Ausmaß gegeben. Aufgrund dieser Gesamtabwägung ergebe sich, dass die Rückkehrentscheidung gerechtfertigt sei.

1.6. Gegen den oben genannten Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung fristgerecht am 16.07.2015 Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass er seit zweieinhalb Jahren in Österreich lebe und gut in die österreichische Gesellschaft integriert sei. Er sei seit März 2015 traditionell verheiratet, eine standesamtliche Heirat sei geplant. Seine Frau sei anerkannter Flüchtling und erwarte ein Kind, Geburtstermin sei im Dezember 2015. Er verbringe seine Freizeit im Fußballverein, wo ihm auch eine mündliche Einstellungszusage als Hilfskraft erteilt worden sei. Eine Fortführung des Familienlebens sei in einem anderen Land nicht möglich. Seine Lebensgefährtin sei in Österreich asylberechtigt und dürfe daher keinesfalls in die russische Föderation einreisen. Aufgrund seines derzeitigen Aufenthaltsstatus sei dem Beschwerdeführer eine Arbeitsaufnahme bisher nicht möglich gewesen. Es liege ein schützenswertes Familienleben vor, welches eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig mache.

1.7. Mit Eingabe vom 23.06.2016 legte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen vor:

* Heiratsurkunde vom 31.03.2016

* Geburtsurkunde der Tochter des Beschwerdeführers, XXXX , geb. XXXX

* Vaterschaftsanerkenntnis vom 12.01.2016

1.8. Am 14.03.2017 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.

Der Beschwerdeführer legte dabei eine Antrittsmeldung zum Deutschkurs A1 vor. Er war im Rahmen der Verhandlung in der Lage, sich in Deutsch verständlich zu machen, einen Zeitungsartikel zu lesen und den Sinn zu erfassen.

Auf den Vorhalt, dass gegen ihn ein Einreise- und Aufenthaltsverbot der Slowakei vorliege, gab er an, dies nicht erklären zu können. Er habe in der Slowakei keinen Aufenthalt gehabt und habe dort auch keine Papiere hergezeigt. Er könne nur sagen, dass der LKW-Fahrer, in dessen LKW er transportiert worden sei, seinen Pass gehabt habe. Ob er durch die Slowakei oder Ungarn oder sonst wie gefahren sei, wisse er nicht. Er habe jedenfalls keinen diesbezüglichen Grenzkontrollstempel in seinem Pass.

Er habe in Österreich noch nie offiziell gearbeitet. Im Rahmen von Nachbarschaftshilfe baue er für Bekannte Möbel zusammen. Er habe auch bei den Caritas ehrenamtlich gearbeitet. Als letztens so viele Syrer in Wien angekommen seien, habe er ehrenamtlich am Hauptbahnhof mitgeholfen. Er habe dort Kleidung und Semmeln verteilt. Er erhalte keine Bewilligung zum Arbeiten in Österreich.

Er habe dreimal die Woche Fußballtraining und ein Match. In seiner Mannschaft gebe es sechs Österreicher und der Rest setze sich aus den Nationalitäten Tschetschenien, Bosnien, Türkei und Arabern zusammen.

Die in der Verhandlung vorgelegten Empfehlungsschreiben stammten überwiegend von Freunden aus dem Bekanntenkreis seiner Schwägerin in XXXX bzw. in XXXX . Das AMS habe ihm gesagt, dass er in XXXX unter Umständen leichter Arbeit bekommen könnte, deswegen habe er auch versucht, dort einen Wohnung zu finden, was ihm aber nicht gelungen sei.

Er habe in Wien eine Schwester, die er etwa zweimal pro Monat treffe. Weiters habe er einen Cousin und einen Onkel in Wien, die er etwa einmal im Monat sehe. Seit 02.02.2017 lebe er mit Tochter und Ehefrau im Familienverband.

Er erhalte Euro 365,-- von den Caritas. An Familienbeihilfe für die Tochter bekämen sie Euro 170,-- und seine Frau beziehe Sozialhilfe in Höhe von gesamt Euro 1.063,--.

In weiterer Folge wurde die Ehefrau des Beschwerdeführers einvernommen.

Diese gab an, mit dem Beschwerdeführer seit 29.03.2015 traditionell und seit 31.03.2016 standesamtlich verheiratet zu sein. Die gemeinsame Tochter sei am 06.01.2016 zur Welt gekommen, sie sei gesund. Sie selbst sei seit 2004 in Österreich und habe durch Erstreckung Asyl erhalten. Sie habe in Österreich die Volks- und Hauptschule besucht. Sie habe keine Lehrstelle gefunden und dann einen Abendschule besucht und unterbrochen, weil ihre Tochter auf die Welt gekommen sei

Eine Schwester und ein Bruder lebten in XXXX , ihre Eltern und zwei weitere Schwestern lebten derzeit noch in XXXX beabsichtigten aber auch nach XXXX zu ziehen.

In der Verhandlung wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

* Schreiben eines Fußballvereins, wonach der Beschwerdeführer seit der Saison 2014/2015 Mitglied sei

* Kopie des Spielerpasses des Beschwerdeführers

* 14 Unterstützungsschreiben, davon stammen 8 von Personen mit Wohnanschrift in XXXX

* Kopie des positiven Asylbescheides der Ehefrau des Beschwerdeführers

1.9. Mit Eingabe vom 08.06.2017 wurde ein Schreiben vom 07.06.2017 vorgelegt, wonach der Beschwerdeführer eine Anstellung als Lagerarbeiter erhalte, sobald er über eine Arbeitsgenehmigung verfüge.

1.10. Am 22.12.2017 legte der Beschwerdeführer ein ÖSD-Zertifikat A2 vom 06.11.2017 sowie eine Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, bekennt sich zum muslimischen Glauben und gehört der tschetschenischen Volksgruppe an.

Vor seiner Ausreise lebte der Beschwerdeführer mit seiner Schwester in Inguschetien. Er verfügt über keine Berufsausbildung.

Am 07.03.2013 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Asylantrag. Seitdem hält er sich auf Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 und kann sich auf Deutsch verständlich machen. Er war in Österreich bisher nicht berufstätig und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Er ist Mitglied in einem Fußballverein und spielt gelegentlich Fußball, wodurch er über soziale Kontakte verfügt.

Zu der in Österreich lebenden Schwester und dem Onkel liegt kein persönliches oder finanzielles Abhängigkeitsverhältnis vor. Er ist gesund.

Der Beschwerdeführer ist seit 31.03.2016 mit einer Staatsangehörigen der Russischen Föderation, XXXX , verheiratet, die in Österreich asylberechtigt ist. Seit Februar 2017 besteht ein gemeinsamer Haushalt. Die gemeinsame Tochter XXXX wurde am XXXX geboren

Der Beschwerdeführer ist unbescholten.

Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration des Beschwerdeführers in Österreich vorliegt.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellungen zu den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers beruhen auf den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten, insbesondere dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.03.2015 und den Ausführungen in der Beschwerde gegen den nunmehr angefochtenen Bescheid sowie der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.03.2017.

Aufgrund des vorgelegten russischen Inlandspasses steht seine Identität fest. Die Staatsangehörigkeit sowie die Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben sowie aufgrund der Sprach- und Länderkenntnisse des Beschwerdeführers.

Die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem vorgelegten Zertifikat sowie dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, in der es dem Beschwerdeführer möglich war, sich in deutscher Sprache gut zu verständigen.

Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation des Beschwerdeführers sowie dessen Integration in Österreich ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen des Verfahrens und den vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation, insbesondere der dortigen familiären Anknüpfungspunkte beruhen auf seinen glaubhaften Angaben. Es kann nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle eine Rückkehr keine Unterstützung durch seine Familie erfahren würde.

Der Beschwerdeführer hat zu keinem Zeitpunkt Umstände dargelegt, die auf eine Krankheit oder Arbeitsunfähigkeit schließen ließen.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus dem aktuell eingeholten Strafregisterauszug.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich auf keine ausreichend ausgeprägten und verfestigten individuellen integrativen Anknüpfungspunkte hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens verweisen kann, gründet sich auf den Umstand, dass Gegenteiliges im Verfahren nicht hervorgekommen ist. Insgesamt hat sich kein Substrat für die Annahme einer hinreichenden Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht ergeben; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes (Z 1), so hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wird.

3.2. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 55 AsylG 2005 lautet:

"§ 55 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus' zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung' zu erteilen."

§ 57 AsylG 2005 lautet:

"§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt."

§ 58 AsylG 2005 lautet:

"§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird."

Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

"§ 46 (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

§ 50 (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

§ 52 (1) [...]

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

[...]

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

§ 55 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt."

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

der Grad der Integration,

die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

3.3 Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 30.03.2015 das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Daher hatte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 AsylG 2005 zu erlassen.

§ 75 Abs. 20 AsylG sieht ausdrücklich vor, dass das Bundesverwaltungsgericht in jedem Verfahren zu entscheiden "hat", ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, was wiederum eine entsprechende Überprüfung zwingend voraussetzt. Dies geht auch aus § 75 Abs. 20 zweiter Satz hervor, wonach bei der Zurückverweisung des Verfahrens die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des "Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit" für das Bundesamt nicht bindend sind. Es stand dem Bundesamt sohin offen, den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes zu folgen oder nicht.

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Bei Verfahren, die nach § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurden, ist diese Prüfung im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmen (vgl. Böckmann-Winkler in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, AsylG 2005 § 75 Anm. 4). Dabei sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht bindend (§ 75 Abs. 20 AsylG 2005).

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat er das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

3.4. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

3.4.1. Im Falle des Beschwerdeführers ist ein Eingriff in sein Familienleben unter Berücksichtigung dieser Judikatur zu bejahen, weil er nunmehr mit einer russischen Staatsangehörigen verheiratet ist und mit dieser eine Tochter hat, wobei diese Beziehungen jedenfalls unter den Begriff des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu subsumieren sind.

Hinsichtlich der Beurteilung einer Ehe- bzw. Lebensgemeinschaft sind insbesondere auch die Staatsangehörigkeit der einzelnen Betroffenen, die familiäre Situation des Beschwerdeführers und die Dauer seiner Ehe und andere Faktoren, welche die Effektivität eines Familienlebens bei einem Paar belegen, die Frage, ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und wenn ja, welches Alter sie haben und das Maß an Schwierigkeiten, denen der Ehegatte in dem Land unter Umständen begegnet, in das der Beschwerdeführer auszuweisen ist, zu berücksichtigen (VfGH 22.06.2009, U1031/09; VfGH 01.07.2009 U954/09). Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt ist dabei etwa, ob ein allfälliges Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, als sich die betroffenen Personen bewusst gewesen sind, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes bzw. der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher gewesen ist. (vgl. EGMR 11.04.2006, Useinov vs. the Netherlands, Appl. 61292/00). Erfolgt die Eheschließung nach der rechtskräftigen Abweisung des Asylantrages, musste dem Fremden von Anfang an sein unsicherer Aufenthaltsstatus bewusst sein (VwGH 21.01.2010, 2009/18/0429; VwGH 30.04.2010, 2008/18/0487). Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247; 22.01.2013, 2011/18/0012).

Unter diesen Gesichtspunkten ist die Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner Ehefrau und Tochter jedoch zu relativieren. Im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2015 wurde zuvor noch festgestellt, dass der Beschwerdeführer in keiner Lebensgemeinschaft lebe. Die traditionelle Eheschließung fand am 29.03.2015 statt. Dass der Beschwerdeführer schon vor Erlassung dieser Entscheidung in einer Lebensgemeinschaft gewesen sei, wurde dem Bundesverwaltungsgericht bis zum damaligen Entscheidungszeitpunkt nicht mitgeteilt, obwohl betreffend die persönliche Sphäre der Partei zugehörigen Umstände wie etwa ihre familiären Verhältnisse eine erhöhte Mitwirkungspflicht besteht (VwGH 14.02.2002, 99/18/0199; VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Aus dem Zentralen Melderegister ist ersichtlich, dass ein gemeinsamer Haushalt erst im Februar 2017, also erst rund zehn Monate nach der standesamtlichen Trauung am 31.03.2016 und ein Jahr nach der Geburt der gemeinsamen Tochter am 12.01.2016, begründet wurde. Zu diesen Zeitpunkten war es dem Beschwerdeführer schon bewusst, dass sein Aufenthalt in Österreich jedenfalls ungewiss ist und bloß für die Dauer des Asylverfahrens vorübergehend legalisiert wird bzw. musste dem Beschwerdeführer sein unsicherer Aufenthalt bei gehöriger Sorgfalt bewusst sein, zumal der Bescheid des BFA, wodurch eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, bereits am 01.07.2015 erlassen wurde. In Kenntnis, dass seinem Asylantrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung als Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten kein Erfolg beschieden und seitens des BFA eine Rückkehrentscheidung erlassen worden war, hätte der Beschwerdeführer nicht mehr auf einen Verbleib in Österreich vertrauen dürfen. Das Paar musste sich von Anbeginn an der Unsicherheit des Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers bewusst sein und konnte daher nie auf die Erteilung eines dauernden Aufenthaltsrechtes für den Beschwerdeführer vertrauen. Es war vorhersehbar, dass es im Falle einer negativen Entscheidung zu einer Aufenthaltsbeendigung kommt. Die Tragweite des von ihnen begründeten Familienlebens entsprechend der oben angeführten Judikatur wird dadurch wesentlich gemindert.

Zu bedenken ist auch, dass es kein Problem sein sollte, die Beziehung durch zeitweise Besuche des Beschwerdeführers durch seine Ehefrau und Tochter in der Russischen Föderation aufrecht zu erhalten, zumal die Ehefrau selbst russische Staatsangehörige ist. Der Status der Asylberechtigten wurde der Ehefrau durch Erstreckung in einem Familienverfahren zugesprochen, eigene Fluchtgründe lagen nicht vor. Im Verfahren wurden keine Gründe vorgebracht, weshalb Besuche der Ehefrau in der Russischen Föderation nicht möglich sein sollten. Auch könnte der Kontakt telefonisch bzw. über E-Mail aufrechterhalten werden. Eine Ausreise aus dem Bundesgebiet würde daher den Beschwerdeführer nicht zwingen, seine privaten Bindungen zur Frau und Tochter zur Gänze aufzugeben. Auch der EGMR erachtete im Fall Useinov eine Übersiedelung des Fremden in seinen Heimatstaat nicht als übermäßige Härte für die Familienangehörigen, solange der Kontakt des Fremden zu seinen Familienangehörigen auch von seinem Heimatland aus aufrechterhalten werden kann (vgl. EGMR 11.04.2006, Useinov vs. the Netherlands, Appl. 61292/00).

Dem privaten Interesse an der Aufrechterhaltung des geschilderten Familienlebens stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber, die weiter unten unter Bezugnahme auf höchstgerichtliche Judikatur noch erläutert werden. Aus den soeben dargestellten Erwägungen unter Einbeziehung der einschlägigen Judikatur ist verfahrensgegenständlich – auch unter Berücksichtigung der anderen in die Interessensabwägung gemäß Art. 8 EMRK einfließenden Aspekte des Privatlebens - der Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers zulässig und von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen im Vergleich zu seinen privaten Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen.

Als weitere familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet gab der Beschwerdeführer eine Schwester und einen Onkel an. Mit diesen Verwandten besteht kein gemeinsamer Haushalt. Der Beschwerdeführer trifft seine Schwester und den Onkel ein bis zwei Mal pro Monat. Anhaltspunkte für eine ausgeprägte Nahebeziehung bzw. Abhängigkeit sind jedoch nicht hervorgekommen. Mangels Vorliegens zusätzlicher Merkmale einer Abhängigkeit zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Schwester bzw. dem Onkel, die über eine übliche Bindung hinausgehen würden, besteht zwischen ihnen kein schützenswertes Familienleben im oben dargestellten Sinne.

3.5. Die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung fällt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu Lasten des Beschwerdeführers aus und stellt die Rückkehrentscheidung jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar:

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

Sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als auch der Verwaltungsgerichtshof stellen in ihrer Rechtsprechung darauf ab, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen bewusst waren, der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes sei derart, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher ist (VwGH 30.04.2009, 2009/21/086, VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721 und die dort zitierte EGMR-Judikatur).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch könne in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren, – je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse – variieren (vgl. z.B. EGMR 05.09.2000, 44328/98, Solomon v. Niederlande; 09.10.2003, 48321/99, Slivenko v. Lettland; 22.04.2004, 42703/98, Radovanovic v. Österreich;

31.01.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande;

31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie ua v. Norwegen).

Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354; 27.03.2007, 2005/21/0378), und im Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon ausgeht, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [ ] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte", ist die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers, der sich seit März 2013 – sohin seit knapp fünf Jahren – in Österreich aufhält, anzunehmen, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet zu kurz ist, als dass ein Eingriff in das genannte Recht anzunehmen wäre.

Im gegenständlichen Fall liegt die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich zwar über drei Jahren, dennoch sind im konkreten Fall keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine tatsächliche, fortgeschrittene außergewöhnliche Integration des Beschwerdeführers hervorgekommen: Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Asylantragstellung im März 2013 im Bundesgebiet auf und verfügte nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts des Asylverfahrens. Er ist illegal nach Österreich eingereist und stellte in weiterer Folge einen Antrag auf internationalen Schutz, der sich letztlich als unberechtigt erwiesen hat.

Der Beschwerdeführer verfügt weiterhin über starke Bindungen zum Herkunftsstaat. Er hat dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht, spricht Tschetschenisch als auch Russisch und wurde dort sozialisiert. Durch den Schulbesuch und seine Berufstätigkeit ist er auch mit dem dortigen Arbeitsmarkt vertraut. Hinzu kommt, dass sich die Eltern des Beschwerdeführers, ein Bruder und zwei Schwestern im Herkunftsstaat aufhalten. Es ist daher davon auszugehen, dass er sich auch nach mehrjähriger Abwesenheit vom Herkunftsstaat wieder in die dortige Gesellschaft wieder eingliedern können wird und er nach wie vor einen starken Bezug zu seinem Heimatstaat hat. Nach alledem kann nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zurechtfinden würde. Es ist daher nicht erkennbar, inwiefern sich der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr bei der Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unüberwindbaren Hürden gegenübersehen könnte.

Im Gegensatz dazu ist der Beschwerdeführer in Österreich schwächer integriert:

Er befindet sich zum Entscheidungszeitpunkt seit insgesamt knapp fünf Jahren im Bundesgebiet. Er bezieht bis dato Leistungen aus der Grundversorgung und war in Österreich noch nie berufstätig. Während seines Aufenthalts in Österreich besuchte er Deutschkurse und eignete sich grundlegende Deutschkenntnisse an. Andere Ausbildungsmaßnahmen hat der Beschwerdeführer nicht ergriffen. Seine sozialen Kontakte beschränken sich auf Verwandte, Vereinskollegen und seine Partnerin. Auch wenn sich der Beschwerdeführer - wie den vorgelegten Empfehlungsschreiben zu entnehmen ist - um die soziale Integration bemüht zeigt, sind vor dem Hintergrund seiner im Vergleich zur oben angeführten Judikatur relativ kurzen Aufenthaltsdauer die integrativen Bemühungen des Beschwerdeführers zu relativieren. Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (Hinweis E 26.1.2009, 2008/18/0720).

Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass im Falle des Beschwerdeführers zwar gewisse Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet erkannt werden können. Von einer nachhaltigen und außergewöhnlichen Integration, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung im Sinne oben zitierter Judikatur ausnahmsweise überwiegen würde, kann jedoch nicht gesprochen werden. Das Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens ist noch zusätzlich dadurch geschwächt, dass er sich bei allen Integrationsschritten seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit der Integrationsschritte bewusst sein musste, weshalb die Schutzwürdigkeit des zwischenzeitlich begründeten Privatlebens im Zuge der vorzunehmenden Interessensabwägung als gemindert angesehen werden muss. Der Beschwerdeführer durfte sich hier bisher nur aufgrund eines Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war (vgl. zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.12.2003, 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.")

Somit kann auch nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 22.01.2013, Zl. 2011/18/0036; VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100; VwGH 22.03.2011, Zl. 2007/18/0628; VwGH 26.11.2009, Zl. 2007/18/0305), zu geben ist.

Zur Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme trotz langjährigem Aufenthalt in Österreich und Integration in Österreich ist insbesondere auf folgende höchstgerichtliche Rechtsprechung hinzuweisen: VwGH 17.11.2005, 2005/21/0370 (7-jähriger Aufenthalt mit "nicht stark ausgeprägter Integration" – Ausweisung zulässig), VwGH 25.9.2007, 2007/18/0348 (5-jähriger Aufenthalt – Ausweisung zulässig), VwGH 3.7.2007, 2007/18/0361(5-jähriger Aufenthalt – Ausweisung zulässig), VwGH 26.9.2007, 2006/21/0288 (7-jähriger Aufenthalt – Ausweisung zulässig), VwGH 8.11.2006, 2006/18/0316 (8-jähriger Aufenthalt – Ausweisung zulässig), VwGH 25.9.2007, 2007/18/0416 (4-jähriger Aufenthalt – "kein individuelles Bleiberecht" – Ausweisung zulässig), VwGH 28.2.2008, 2008/18/0087 (eineinhalbjähriger Aufenthalt – Ausweisung zulässig), VwGH 18.5.2007, 2007/18/0136 (11-jähriger unrechtmäßiger Aufenthalt (von insgesamt 15 Jahren) – Ausweisung zulässig), VwGH 8.11.2006, 2006/18/0316 (4-jähriger unrechtmäßiger Aufenthalt nach 4-jährigem Asylverfahren – Ausweisung zulässig), VfGH 29.9.2007, B 1150/07, EuGRZ 2007, 728 (11-jähriger Aufenthalt, zwei Scheinehen, zwei Asylanträge – Ausweisung zulässig).

Im Besonderen ist hier noch auf die folgenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, in denen trotz langjährigem Aufenthalt seitens des Höchstgerichts die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeenden Maßnahme bejaht wurde: VwGH 18.03.2010, 2010/22/0023 (sechsjähriger Aufenthalt; enge Beziehung zu Geschwistern in Österreich; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Einstellungszusage; großer Freundes- und Bekanntenkreis), VwGH 25.02.2010, 2008/18/0411 (siebeneinhalbjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; ein Jahr lang Ehe mit österreichischer Staatsbürgerin; Unbescholtenheit; enge Freundschaften zu Arbeitskollegen und ehemaligen Wohnungskollegen;

andere in Österreich lebende Familienangehörige), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070 (rund achtjähriger Aufenthalt; 3 Jahre Berufstätigkeit;

gute Deutschkenntnisse; engen Kontakt zu Freundes- und Bekanntenkreis sowie Bruder in Österreich; Unbescholtenheit; kaum Kontakt zu seinen im Libanon verbliebenen Angehörigen), VwGH 23.03.2010, 2010/18/0038 (siebenjähriger Aufenthalt; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; beruflich integriert als Zeitungsausträger, Sportverein), VwGH 25.03.2010, 2009/21/0216 ua. (Familie; siebenjähriger Aufenthalt; selbständige Berufstätigkeit bzw. Schulbesuch; Aufbau eines Freundes- und Bekanntenkreises;

Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; keine staatliche Unterstützung), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0031 (achtjähriger Aufenthalt; familiäre Bindung zu Onkel, der BF unterstützt;

Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Grundversorgung), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029 (knapp achtjähriger Aufenthalt;

beabsichtigte Eheschließung mit öst. Staatsbürgerin; Sohn in Ö geboren; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; nahezu durchgehende Beschäftigung; sozial vielfältig vernetzt und integriert), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026 (siebenjähriger Aufenthalt; Mangel an familiären Bindungen; Unbescholtenheit;

Deutschkenntnisse; fehlende Bindungen zum Heimatstaat;

arbeitsrechtlicher Vorvertrag), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0187 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; Sohn besitzt österreichische Staatsbürgerschaft; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; keine berufliche Integration), VwGH 13.04.2010, 2010/18/0078 (siebenjähriger Aufenthalt; jahrelange Erwerbstätigkeit;

unbescholten; Freundes- und Bekanntenkreis; gute Deutschkenntnisse;

Vereinsmitglied).

Den schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem ge

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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