TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/24 I413 2183598-1

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Veröffentlicht am 24.01.2018
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Entscheidungsdatum

24.01.2018

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I413 2183598-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. ALGERIEN, vertreten durch: RA Edward W. DAIGNEAULT gegen den Bescheid des BFA, RD NÖ Außenstelle St. Pölten vom 14.12.2017, Zl. 821360102-14786802, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VII. stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Algerien, stellte am 30.09.2012 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz unter der Identität XXXX, StA. Algerien, der am 18.10.2012 zurückgewiesen und am 27.10.2012 rechtskräftig wurde.

2. Am 11.07.2014 stellte er unter der Identität XXXX, StA: Marokko den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit wirtschaftlichen Problemen in seinem Herkunftsstaat begründete.

3. Am 30.10.2017 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und gab in dieser Einvernahme seine Staatsangehörigkeit mit Algerien an, welche er durch Vorlage eines abgelaufenen Reisepasses belegte.

4. Mit angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2017, dem Beschwerdeführer zugestellt am 21.12.2017, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Algerien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt V.). Mit Spruchpunkt VI. wurde festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde unter Spruchpunkt VII. gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und in Spruchpunkt VIII. gemäß § 53 Abs 3 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig bei der Behörde eingebrachte Beschwerde vom 15.01.2018 (per Telefax um 11:58 Uhr bei der belangten Behörde am selben Tag eingelangt).

6. Mit Schriftsatz vom 17.01.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 19.01.2018, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug nehmendem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Algeriens. Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund der vorgelegten Dokumente fest.

1.2. Der Beschwerdeführer stellte am 11.07.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit wirtschaftlichen Problemen in seinem Herkunftsstaat begründete.

1.3. Der Beschwerdeführer ist mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX seit 22.05.2017 verheiratet und hat mit dieser einen Sohn XXXX. Seine Frau erwartet in Kürze sein drittes Kind. Zudem hat er einen weiteren Sohn, XXXX, der in Algerien lebt.

2. Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die in Punkt II. 1. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

§ 18 Abs 5 BFA-VG verpflichtet das Bundesverwaltungsgericht dazu, über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs 1 BFA-VG bzw gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden (vgl etwa VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023, 0024; 30.6.2017, Fr 2017/18/0026; 20.9.2017, Ra 2017/19/0284, 0285; 19.10.2017, Ra 2017/18/0278). Nach dieser Bestimmung hat somit das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, innerhalb dieser Frist die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Das Bundesamt stützt im vorliegenden Fall die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG. Der Beschwerdeführer stammt aus Algerien, einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung – HStV, BGBl II Nr 177/2009 idF BGBl II Nr 47/2016 (vgl § 1 Z 10 HStV).

Der Beschwerdeführer hat eine Ehefrau, die österreichische Staatsbürgerin ist, und ein Kind in Österreich. Ein weiteres Kind ist in Erwartung. Damit greift die gegenständliche Entscheidung über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in das Grundrecht auf Familienleben (Art 8 EMRK) ein. Fraglich ist, ob hierdurch eine Verletzung dieses Grundrechts zu befürchten ist. Dies ist im vorliegenden Fall gegeben. Zwar erfolgte die Heirat mit seiner Ehefrau erst am 22.05.2017, sohin zu einem Zeitpunkt, an dem dem Beschwerdeführer sein unsicherer Aufenthaltsstatus in Österreich, der nur auf seinem Asylantrag beruht, bewusst war. Zudem bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer gegenüber seiner Ehefrau gewalttätig wurde und dass nicht auszuschließen ist, dass die gegenständliche Ehe nur deswegen geschlossen wurde, um sich ein dauerhaftes Bleiberecht in Österreich zu sichern. Überdies ist der Beschwerdeführer mehrfach straffällig geworden, weshalb dem Interesse des Beschwerdeführers den Ausgang des Verfahrens in Österreich abzuwarten, öffentliche Interessen an einem sofortigen Durchsetzung der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbots im Interesse eines geordneten Vollzuges des Fremdenwesens gegenüberstehen. Das Interesse des Beschwerdeführers an einer Aufschiebung der Durchsetzung der Rückkehrentscheidung bis zum rechtskräftigen Ausgang des gegenständlichen Verfahrens erweist sich jedoch im Rahmen der Abwägung aller Interessen als überwiegend, hat doch der Beschwerdeführer ein Kind in Österreich und erwartet er ein weiteres. Durch die sofortige Durchsetzung der bekämpften Entscheidung besteht die von der belangten Behörde nicht beachtete grundsätzliche Möglichkeit der Gefährdung des Kindswohls, was ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht auf ein Familienleben darstellen könnte. Weil diese Gefahr nicht auszuschließen ist, war im vorliegenden Fall der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs 5 BFA-VG zuzuerkennen.

Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass im gegenständlichen Fall einer der sonstigen Tatbestände des § 18 Abs 1 BFA-VG heranzuziehen wäre.

Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides ist daher ersatzlos zu beheben und festzustellen, dass der Beschwerde somit gemäß § 13 Abs 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zukommt.

Gegenständlich war gemäß § 13 Abs 5 VwGVG ein Teilerkenntnis (vgl auch § 59 Abs 1 letzter Satz AVG) zu erlassen, da der Abspruch über die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung unverzüglich zu erfolgen hat (vgl zur Erledigungsform VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0284). Der Spruch des Bescheides der belangten Behörde war auch insoweit trennbar, als sich die gegenständliche Entscheidung nur auf den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Bescheidspruch bezieht. Ein Vorgehen gemäß § 59 Abs 1 letzter Satz AVG iVm § 17 VwGVG war zulässig, da die Entscheidung über Spruchpunkt VII. spruchreif war und die Trennung – auf Grund der Folgen einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für den Betroffenen – auch zweckmäßig erscheint.

Über die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides wird gesondert entschieden werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das vorliegende Teilerkenntnis stützt sich auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere auf die in II.3. A. zitierten Erkenntnisse und weicht von diesen nicht ab. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war bei der Entscheidung über diesen Einzelfall nicht zu lösen und liegt auch nicht vor. Die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Wurde eine im Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel (vgl VwGH 24.02.2015, Ro 2014/05/0097; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall, ersatzlose
Behebung, Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I413.2183598.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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