Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §9 Abs3 idF 1995/351;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des am 25. August 1967 geborenen L A in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Mai 1995, Zl. 113.783/2-III/11/95, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages i.A. einer Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 4. Mai 1995 wurde der am 16. März 1995 eingelangte Antrag des Beschwerdeführers auf Übergang der Entscheidungspflicht (Devolutionsantrag) gemäß § 73 Abs. 1 und 2 AVG iVm §§ 2 Abs. 1 und 9 Abs. 3 AufG zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 73 Abs. 1 und 2 AVG aus, gemäß § 2 Abs. 1 AufG habe die Bundesregierung mit Verordnung für jeweils ein Jahr die Anzahl der Bewilligungen festzulegen. § 9 Abs. 3 AufG normiere im Hinblick auf diese Regelung, dass - sobald die gemäß § 2 Abs. 1 AufG festgelegte Anzahl erreicht sei - keine weiteren Bewilligungen erteilt werden dürften. Die Entscheidung über anhängige Anträge gemäß § 3 AufG sei auf das folgende Jahr zu verschieben; andere Anträge seien abzuweisen.
Der Beschwerdeführer habe am 14. Juni 1994 den Antrag auf Aufenthaltsbewilligung und mit 16. März 1995 den Devolutionsantrag eingebracht. In seinem Antrag auf Aufenthaltsbewilligung habe er sich bei dem beabsichtigten Aufenthaltszweck auf die Regelung des § 3 AufG gestützt. Somit sei für die zur Entscheidung berufene Behörde, "das Amt der Wiener Landesregierung, MA 62", ex lege die Regelung des § 9 Abs. 3 AufG anzuwenden gewesen, weil durch den Zeitpunkt des Einlangens des Antrages des Beschwerdeführers eine Entscheidung vor der Ausschöpfung der Quote für Bewilligungen für das Jahr 1994 nicht möglich gewesen sei.
Die Entscheidungspflicht im Sinn des § 73 AVG habe durch diese lex spezialis des § 9 Abs. 3 AufG erst mit der Quotenfestlegung für das Folgejahr begonnen. Dieser Norm folgend könne keine Verletzung der Entscheidungspflicht durch das "Amt der Wiener Landesregierung" erkannt werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte - unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift - die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 9 Abs. 3 des (gemäß § 111 Abs. 3 Fremdengesetz 1997 mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft getretenen) Aufenthaltsgesetzes - im Hinblick auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides am 23. Mai 1995 - idF der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 hatte folgenden Wortlaut:
"(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe erreicht ist, dürfen für solche Personen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und danach einlangenden Anträge ist bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 aufzuschieben, die für solche Personen eine neue Zahl von Bewilligungen vorsieht. § 73 AVG und § 27 VwGG ist in diesem Fall nicht anwendbar."
§ 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, sah für das Bundesland Wien eine Anzahl von insgesamt höchstens 4.300 Bewilligungen vor.
2. Unbestritten ist, dass es sich bei dem Antrag des Beschwerdeführers vom 14. Juni 1994 um einen solchen auf erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung handelte. Eine Bewilligung konnte dem Beschwerdeführer im Jahr 1994 nur unter Beachtung der gemäß § 2 AufG erlassenen Verordnungen sowie unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Land des beabsichtigten Aufenthaltes erteilt werden, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorlag. Lediglich auf Verlängerungsanträge fanden die gemäß § 2 erlassenen Verordnungen keine Anwendung (vgl. § 4 Abs. 1 AufG).
3.1. Die Beschwerde bringt vor, der angefochtene Bescheid sei mangelhaft begründet. Er gebe den Zeitpunkt nicht an, wann die gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundesregierung, BGBl. Nr. 72/1994, für Wien festgelegte Quote von 4.300 Bewilligungen ausgeschöpft gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei auch von der Behörde nicht verständigt worden, dass und wann die vorgenannte Quote ausgeschöpft gewesen sei. Es sei zwar an die Ehegattin des Beschwerdeführers eine Benachrichtigung vom 16. September 1994 ergangen, wonach die Quote bereits erschöpft gewesen sei, diese Verständigung habe jedoch eine solche des Beschwerdeführers selbst nicht substituieren können.
Die Rechtsansicht der belangten Behörde, mit Erschöpfung der Quote sei die Entscheidungsfrist der Behörde gehemmt und beginne mit Festlegung und Veröffentlichung der Folgequote wieder zu laufen, sei gesetzlich nicht gedeckt.
Selbst unter Zugrundelegung dieser Auffassung käme es jedoch - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - zu einer meritorischen Befassung mit dem Antrag und stelle sich die Zurückweisungsentscheidung als unrichtig heraus: von der Einbringung des Antrages am 14. Juni 1994 bis zur Zustellung der mit 16. September 1994 verfassten Verständigung von der Quotenerschöpfung an die Ehegattin des Beschwerdeführers am 3. Oktober 1994 seien drei Monate und 19 Tage verstrichen. Von der spätestens mit 12. Jänner 1995 anzunehmenden Verfügbarkeit der Quote für 1995, mit der die Frist gemäß § 73 AVG wieder weiter gelaufen sei, bis zur Einbringung des Devolutionsantrages am 16. März 1995 seien zwei Monate und 16 Tage vergangen, also in Summe mehr als sechs Monate.
3.2. Der Beschwerde ist zuzugeben, dass der angefochtene Bescheid keine Feststellungen darüber enthält, wann die in Rede stehende Quote von 4.300 Bewilligungen ausgeschöpft war. Dessen ungeachtet ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden.
Vorauszuschicken ist, dass - entgegen der Beschwerde - die Zeiten der geschlossenen Quote auf die Frist des § 73 AVG nicht anzurechnen sind (vgl. den hg. Beschluss vom 13. Juni 1997, Zl. 96/19/2208). Die Behörde erster Instanz traf daher in diesem Zeitraum bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung keine Entscheidungspflicht (vgl. § 9 Abs. 3 AufG).
Ausgehend vom Beschwerdevorbringen, dass die Quote gemäß § 1 Abs. 2 der genannten Verordnung laut Schreiben des Landeshauptmannes von Wien vom 16. September 1994 erschöpft war (dies ist die für den Beschwerdeführer günstigste Variante - vgl. das Schreiben des Landeshauptmannes von Wien vom 30. März 1995 an die belangte Behörde, demzufolge die Quote bereits "gegen Ende Juli 1994" ausgeschöpft gewesen sei - Blatt 44 des Verwaltungsaktes), sind demnach von der Einbringung des Antrages am 14. Juni 1994 bis zum Tag der Quotenerschöpfung (der mangels Anführung eines früheren Datums in der genannten Verständigung mit 16. September 1994 und - entgegen der Beschwerde - nicht mit 3. Oktober 1994, dem Datum des Zukommens dieser Verständigung, anzunehmen ist) drei Monate und zwei Tage vergangen. Mit Inkrafttreten der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995, BGBl. Nr. 1023/1994, am 1. Jänner 1995 begann die Frist des § 73 AVG wieder weiter zu laufen, sodass bis zur Einbringung des Devolutionsantrages am 16. März 1995 weitere zwei Monate und 16 Tage verstrichen. Unter Hinzurechnung des Zeitraumes von der Einbringung des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bis zur Quotenerschöpfung war daher im Zeitpunkt der Stellung des Devolutionsantrages die Sechs-Monate-Frist des § 73 AVG noch nicht abgelaufen.
Die von der belangten Behörde im Ergebnis vertretene Rechtsansicht, dass der Devolutionsantrag zurückzuweisen gewesen sei, weil die Behörde erster Instanz noch keine sechs Monate zur Entscheidung über den vorliegenden Antrag zur Verfügung gehabt hatte, kann demnach nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Bei diesem Ergebnis kann es dahinstehen, ob die Behörde erster Instanz verpflichtet war, den Beschwerdeführer von der Quotenerschöpfung zu verständigen bzw. ob ihr diesbezüglich ein allfälliger Verfahrensfehler anzulasten wäre.
4. Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 31. Mai 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1995181068.X00Im RIS seit
02.05.2001