TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/31 99/04/0215

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Veröffentlicht am 31.05.2000
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des T in M, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 20. Oktober 1999, Zl. 5/01-1260/10-1999, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 20. Oktober 1999 wurde dem Beschwerdeführer eine näher bezeichnete Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen. Der Landeshauptmann stellte dazu fest, mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 2. Oktober 1998 seien Anträge auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens sei vom Beschwerdeführer vorgebracht worden, er habe mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft eine Zahlungsvereinbarung getroffen. Mit Schreiben vom 30. August 1999 sei von dieser Sozialversicherungsanstalt mitgeteilt worden, dass der Beschwerdeführer die abgeschlossene Vereinbarung nicht eingehalten habe und es sei um Fortsetzung des Entziehungsverfahrens ersucht worden. Vom Exekutionsgericht sei eine Liste übermittelt worden, der entnommen werden könne, dass gegen den Beschwerdeführer seit 1. Jänner 1999

17 Exekutionsverfahren, zum Teil wegen geringer Beträge, durchgeführt worden seien. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, die Voraussetzungen für die Entziehung seiner Gewerbeberechtigung lägen deshalb nicht vor, weil er sämtliche Außenstände beglichen und zudem eine wirksame Zahlungsvereinbarung mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (die auch "hauptbetreibende" Partei bei den zahlreichen Exekutionsverfahren sei) getroffen habe. Dem sei zu entgegnen, dass die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft im Berufungsverfahren mitgeteilt habe, dass vom Beschwerdeführer die getroffene Vereinbarung nicht eingehalten worden sei. Dies bedeute für die Berufungsbehörde, dass der Beschwerdeführer derzeit nicht in der Lage sei, selbst bestehende Verbindlichkeiten zu begleichen, weshalb er mit Sicherheit den in der Zukunft mit seiner Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten auch nicht nachkommen werde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die weitere Gewerbeausübung durch eine natürliche Person jedenfalls nur dann im Gläubigerinteresse gelegen, wenn bereits auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden könne, dass die mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen zukünftigen Zahlungspflichten nachgekommen werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt er vor, das im angefochtenen Bescheid erwähnte Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 30. August 1999, mit dem der belangten Behörde mitgeteilt worden sei, er habe die abgeschlossene Vereinbarung nicht eingehalten, sei ihm nicht übermittelt worden. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass lediglich ein Betrag von S 13.459,-- von einem Gesamtaußenstand von S 81.015,03 nicht rechtzeitig bezahlt worden sei. Die belangte Behörde habe nicht festgestellt, ob dieser Betrag bezahlt worden sei oder nicht. Tatsächlich sei auch dieser Betrag in der Zwischenzeit vor Fällung des angefochtenen Bescheides bezahlt worden. Die belangte Behörde habe rechtswidrigerweise auch nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit außerordentlichen Bemühungen nahezu alle Verpflichtungen erfüllt habe, die im Exekutionsweg gegen ihn betrieben worden seien. Es sei auch nicht festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer im Beobachtungszeitraum schwer erkrankt gewesen sei, obwohl dies aus dem Akt ersichtlich gewesen sei. Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass die Nichteinhaltung der Vereinbarung mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft ein Indiz für die Nichtbezahlung zukünftiger Verbindlichkeiten darstelle, sei rechtswidrig und geradezu kontraproduktiv, da der Beschwerdeführer ausschließlich aus seinem Gewerbe sein Einkommen erziele. Die Äußerung der Kammer für Arbeiter und Angestellte sei unbeachtlich, da der Beschwerdeführer lediglich seine Frau als geringfügig Beschäftigte angestellt habe.

Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2 GewO 1994) ausgeschlossen.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegen.

Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund seiner nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, dass der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, dass das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Denn es geht bei der Beurteilung, ob das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist, ausschließlich darum, dass die Zahlungspflichten - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - gegenüber allen Gläubigern gleichermaßen bei Fälligkeit erfüllt werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1999, Zl. 99/04/0165).

Im vorliegenden Fall wird vom Beschwerdeführer das Vorliegen eines Entziehungsgrundes im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 nicht bestritten, er bekämpft aber die Annahme der belangten Behörde, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 für das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht gegeben.

Wie sich aus der oben dargestellten Rechtslage ergibt, erfordert die Beurteilung, ob die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Gesetzesstelle gegeben sind, konkrete Feststellungen darüber, ob und gegebenenfalls welche offenen Forderungen gegenüber dem Gewerbetreibenden bestehen, die auch fällig sind, hinsichtlich derer also keine aufrechte Zahlungsvereinbarung besteht.

Derartige Feststellungen sind dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Die belangte Behörde beschränkt sich vielmehr auf die Wiedergabe einer Mitteilung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 30. August 1999, in der lediglich mitgeteilt wird, dass der Beschwerdeführer "die abgeschlossene Vereinbarung" nicht eingehalten habe, hingegen fehlt es an der Feststellung, dass im allein maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine offene Forderung dieser Sozialversicherungsanstalt gegenüber dem Beschwerdeführer bestanden hat. Nach dem durch die dem Verwaltungsgerichtshof vorliegende Aktenlage gedeckten Vorbringen des Beschwerdeführers wurde ihm dieses Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft nicht zur Stellungnahme übermittelt. Dem darin gelegenen Verstoß gegen die Bestimmung des § 45 Abs. 3 AVG kann Relevanz im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht abgesprochen werden, weil der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde mit ausreichender Deutlichkeit zu erkennen gibt, er hätte, wäre ihm dieses Schreiben zur Kenntnis gebracht worden, geltend machen können, dass er - wenn auch verspätet, aber doch noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides - den gesamten gegenüber der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bestehenden Zahlungsrückstand abgedeckt habe.

Dem weiteren, von der belangten Behörde herangezogenen Argument gegen das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994, es sei vom Exekutionsgericht eine Liste übermittelt worden, der entnommen werden könne, dass gegen den Beschwerdeführer seit 1. Jänner 1997 17 Exekutionsverfahren durchgeführt worden seien, kommt im gegebenen Zusammenhang deshalb kein Gewicht zu, weil die bloße "Durchführung" von Exekutionsverfahren nichts darüber aussagt, ob nicht in der Zwischenzeit die in diesen Exekutionsverfahren betriebenen Forderungen - sei es im Rahmen des Exekutionsverfahrens, sei es durch freiwillige Zahlungen des Verpflichteten - berichtigt worden sind.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Da vom Beschwerdeführer Kosten nicht verzeichnet wurden, hatte eine Kostenentscheidung zu unterbleiben.

Wien, am 31. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999040215.X00

Im RIS seit

21.12.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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