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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §183;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision 1. des Dr. H A in K, 2. des W A in S, sowie 3. bis 695. der weiteren ehemaligen atypisch stillen Gesellschafter der E AG und Mitges., alle vertreten durch die TPA Horwath Wirtschaftstreuhand und Steuerberatung GmbH in 1020 Wien, Praterstraße 62-64, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 18. September 2015, Zl. RV/2100285/2012, betreffend Feststellung von Einkünften für das Jahr 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Revisionswerbern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerber bildeten im Streitjahr gemeinsam mit der E GmbH eine Mitunternehmerschaft in Form einer atypisch stillen Gesellschaft, die mit Vertrag vom 31. Oktober 1990 zwischen der E GmbH als Geschäftsherrin und der Treuhand-GmbH als "stille Gesellschafterin" andererseits gegründet worden war. Die Treuhand-GmbH hielt den weitaus überwiegenden Teil der Beteiligung als Treuhänderin für mehrere hundert weitere Anleger.
2 Mit Sacheinlagevertrag vom 21. Dezember 1995 brachte ein Großteil der atypisch stillen Treugeber ihre Gesellschaftsbeteiligungen (Mitunternehmeranteile) zum Stichtag 31. März 1995 in die E AG (Rechtsnachfolgerin der E GmbH) ein. Die einbringenden Gesellschafter wurden mit Inhaberaktien abgefunden. Für je Nominale 50.000 S atypisch stille Beteiligung erhielt jeder Einbringende von den Altaktionären Inhaberaktien der E AG im Nominale von 100 S. Im Sacheinlagevertrag ist festgehalten, dass "diese Beteiligungen (...) am Einbringungsstichtag und am Tag der Vertragsunterfertigung einen positiven Verkehrswert, der durch das Gutachten der (Wirtschaftsprüfungskanzlei) gemäß § 12 Absatz 1 UmgrStG nachgewiesen ist", hatten. Weiters wurde in einem zwischen der Treuhand-GmbH und den jeweiligen stillen Gesellschaftern abgeschlossenen Vertrag jenen stillen Gesellschaftern, welche ihre Anteile in die E AG einbrachten, ein gesondertes Entnahmerecht von 32% ihrer Einlage (einmalige Entnahme iHv 16.000 S je 50.000 S übernommene und eingezahlte Einlage) eingeräumt.
3 Die Kapitalkonten der einbringenden stillen Gesellschafter waren mit einem Betrag von 112,574.670,97 S negativ.
4 Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass das Gutachten der Wirtschaftsprüfungskanzlei, welches zu einem positiven Verkehrswert der E AG in Höhe von rund 10 Mio. S gelange, zu korrigieren sei. Das Gutachten vom 29. September 1995 beruhe auf einem Liegenschaftsbewertungsgutachten vom 20. Juli 1994, das die in den Liegenschaften enthaltenen stillen Reserven zu Unrecht mit rund 74 Mio. S ausweise, tatsächlich seien lediglich rund 61 Mio. S in Ansatz zu bringen. Daraus ergebe sich ein negativer Verkehrswert der Mitunternehmerschaft von -2,828.938,10 S. Die Reduktion sei in einer Vorbesprechung mit Vertretern der Revisionswerber zwar akzeptiert, gleichzeitig jedoch eingewandt worden, dass bei Erstellung des Gutachtens ein weiterer Fehler unterlaufen sei. Man habe nämlich - ausgehend von der Annahme, dass sämtliche Anleger das Anbot auf Einbringung der Mitunternehmeranteile annehmen werden - eine Entnahmeverbindlichkeit von 50,227.200 S als Passivposten angesetzt. Tatsächlich hätten jedoch nicht alle stillen Gesellschafter ihre Mitunternehmeranteile eingebracht. Die Vertreter der Revisionswerber hätten weiters vorgebracht, sollte das vom Substanzwert abgeleitete Gutachten nicht anerkannt werden, den positiven Verkehrswert auch durch ein Ertragswertgutachten untermauern zu können. Dazu sei eine Seite vorgelegt worden, welche sich auf ein Aufsichtsratsprotokoll vom 17. Oktober 1995 beziehe und "budgetierte Bilanzgewinne" für die Jahre 1994 bis 1997 ausweise. Diese "Bilanzgewinne" seien nicht periodenrein, weil sie Gewinnvorträge aus Vorjahren und Einmaleffekte enthielten. Als Basis für ein auf dem Ertragswert fußendes Gutachten seien "unbereinigte Bilanzgewinne" nicht zulässig. Laut Gewinn- und Verlustrechnung hätten sich tatsächlich in den genannten Jahren Verluste ergeben (1994: -4,453.906 S, 1995: - 531.404 S, 1996: -4,886.924,96 S und 1997 -8,298.197,70 S). Auch in den Jahren 1992 und 1993 sei kein operativer Gewinn erwirtschaftet worden. Dem Lagebericht 1995 sei zu entnehmen, dass die Planzahlen nicht erreicht werden konnten, weil ab Ende des 3. Quartals ein deutlicher Rückgang im Auftragseingang festzustellen gewesen sei. Dieses Faktum habe auch schon im Zeitpunkt der Aufsichtsratssitzung vom 17. Oktober 1995 bekannt sein müssen. Maßgeblich bleibe daher der auf dem korrigierten Sachwertgutachten ermittelte negative Verkehrswert von - 2,828.938,10 S. Damit sei die in § 12 Abs. 1 UmgrStG genannte Einbringungsvoraussetzung nicht erfüllt, sodass eine steuerneutrale Einbringung zum 31. März 1995 nicht zulässig und der gegenständliche Vorgang als Tausch iSd § 6 Z 14 lit. b EStG zu qualifizieren sei.
5 Der Veräußerungsgewinn - im Betrag des steuerlichen Kapitalkontos der atypisch stillen Gesellschafter (112,574.670,97 S) zuzüglich des Wertes der Aktien an der E AG (483.741,87 S) abzüglich des negativen Verkehrswertes (2,828.938,10 S) - von 110,229.474,73 S wäre grundsätzlich auf die einzelnen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens aufzuteilen. Aus Vereinfachungsgründen werde vom Prüfer eine Position "Firmenwert" (stille Reserven aus missglückter Einbringung) eingestellt und auf eine Laufzeit von 15 Jahren abgeschrieben (AfA von 7,348.631,65 S pro Jahr). Der negative Verkehrswert in Höhe von 2,828.938,10 S sei auf Ebene der Geschäftsherrin im Jahr 1995 sofort abzuschreiben.
6 In ihrer Berufung gegen den entsprechend geänderten - wie sich später herausstellte, jedoch nicht wirksam erlassenen - Feststellungsbescheid vom 25. Juli 2002 wiesen die Revisionswerber erneut u.a. darauf hin, dass die Entnahmeverbindlichkeiten zu hoch angesetzt worden seien, weil nicht alle atypisch stillen Gesellschafter ihre Mitunternehmeranteile eingebracht hätten. Durch den Ansatz der tatsächlichen Verbindlichkeit gegenüber den Anlegern in Höhe von 41,936.000 S ergebe sich (selbst wenn man die stillen Reserven für die Liegenschaft laut Betriebsprüfung ansetze) ein positiver Verkehrswert der Mitunternehmerschaft von rund 5,462.261,90 S.
7 Auf Ergänzungsersuchen des Finanzamtes erläuterten die Revisionswerber mit Schreiben vom 29. September 2006, dass es nach näher angeführten Fachgutachten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder im Rahmen der Unternehmensbewertung zulässig sei, als Worst-Case Szenario den Substanzwert anzusetzen. Da sich das Unternehmen in einer Phase der Restrukturierung und Rationalisierung befunden habe und zur Dokumentation, dass sogar aus der Untergrenze des Unternehmenswertes der positive Verkehrswert der Mitunternehmeranteile ableitbar sei, sei man von diesem vorsichtigen Unternehmenswert in Form des Substanzwertes ausgegangen. Weiters wurde - wie vom Finanzamt angefordert - ein Ertragswertgutachten vorgelegt und erwähnt, dass die atypisch stillen Gesellschafter nach Ablauf von sieben Jahren nach Beginn des Gesellschaftsverhältnisses einen Anspruch auf Mindestabschichtung unabhängig vom Stand des Verlustevidenzkontos und der getätigten Entnahmen von mindestens 90% der Einlage gehabt hätten, woraus jedenfalls ein positiver Verkehrswert der Mitunternehmeranteile resultiere.
8 Mit Datum vom 16. Dezember 2011 erließ das Finanzamt jenen Feststellungsbescheid für das Jahr 1995, der mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts bestätigt wurde. Es sei richtig, dass die Verbindlichkeiten der Mitunternehmerschaft gegenüber ihren Anlegern nicht wie im Prüfungsbericht ermittelt 50,227.000 S, sondern lediglich 41,936.000 S betragen hätten. Aufgrund dieser geringeren Verbindlichkeit ergebe sich - wie in der Berufung dargestellt - ein positiver Verkehrswert von 5,462.261,90 S für die gesamte Mitunternehmerschaft. Allerdings müsse ein positiver Verkehrswert für jedes einzubringende Vermögen gegeben sein ("Stand Alone" Betrachtung). Für den Revisionsfall bedeute dies, dass jeder einzelne Mitunternehmeranteil für sich einen positiven Verkehrswert aufweisen müsse. Dies sei gegenständlich jedoch ungeachtet des positiven Verkehrswertes der gesamten Mitunternehmerschaft nicht der Fall wie nachstehende Aufteilung zeige:
"Aufteilung des Verkehrswertes
(auf Basis des Gesellschaftsvertrages)
Gesamtwert des Betriebes
10.171.061,90
5.462.261,90
VW lt. Berufung
Entnahme atyp st Geser
50.227.200,00
41.936.000,00
IFB
-7.612.337,00
-7.612.337,00
52.785.924,90
39.785.924,90
EK
Verkehrswert
direkt
zurechenbar
Anteil VW
in ATS
in %
(E AG)
6.600.000,00
4,04%
1.605.448,18
7.612.337,00
9.217.785,18
Atypisch Stille ges
156.960.000,00
95,96%
38.180.476,72
41.936.000,00
-3.755.523,28
163.560.000,00
100,00%
39.785.924,90
-34.323.663,00
5.462.261,90
davon ...
Einbringende atyp St
131.050.000
80,12%
31.877.876,36
- 41.936.000,00
-10.058.123,64
Nicht einbr. Atyp St
25.910.000
15,84%
6.302.600,36
0,00
6.302.600,36
156.960.000
95,96%
38.180.476,72
- 41.936.000,00
-3.755.523,28"
9 Obwohl der Verkehrswert der gesamten Mitunternehmerschaft nach der vorzunehmenden Korrektur positiv sei, ergebe sich für die einbringenden stillen Gesellschafter auf Grund der von ihnen getätigten Entnahmen ein negativer Verkehrswert im Einbringungszeitpunkt von - 10,058.123,64 S. Dass der Verkehrswert der einzelnen Mitunternehmeranteile bei Abschluss des Einbringungsvertrages am 21. Dezember 1995 positiv gewesen wäre, sei nicht durch eine Verkehrswertermittlung nachgewiesen worden. Die dazu vorgelegten "Planzahlen" hätten im Prüfungsverfahren nicht plausibel gemacht werden können. Die Planrechnung gehe ausschließlich von positiven Zukunftszahlen aus, ohne die negativen Vergangenheitsergebnisse zu berücksichtigen.
10 Die ausscheidenden Gesellschafter erzielten einen Veräußerungsgewinn in Höhe ihrer negativen Kapitalkonten zuzüglich des Wertes der Aktien. Gehe man von einem Verkehrswert der gesamten Mitunternehmerschaft von 5,462.261,90 S aus, resultiere daraus - wie näher dargestellt - ein Verkehrswert der hingegebenen Aktien von 216.918,01 S. Einbringungswert von -112,574.670,97 S und Wert der E-Aktien ergebe einen Veräußerungsgewinn von 112,791.588,98 S.
11 Dieser Veräußerungsgewinn sei - abzüglich des auf die einbringenden Mitunternehmer entfallenden negativen Verkehrswertes von 10,058.123,64 S - in der Bilanz der E AG zu aktivieren ("Firmenwert" bzw. "stille Reserven aus missglückter Einbringung" in Höhe von 102,733.465,34 S) und auf 15 Jahre abzuschreiben.
12 In der dagegen erhobenen Berufung brachten die Revisionswerber u.a. vor, dass die Planzahlen aus der seinerzeitigen Sicht zu betrachten seien. Die Prognoserechnung sei nicht deswegen falsch, weil die prognostizierten Ergebnisse tatsächlich nicht eingetreten seien. Die Unternehmensführung habe an diese Zahlen geglaubt. Dazu seien die Mitglieder des Vorstandes bzw. des Aufsichtsrates als Zeugen zu vernehmen. Auch hätten die stillen Gesellschafter einen aufschiebend befristeten Anspruch auf ein Mindestabschichtungsguthaben gehabt, das ein potentieller Investor - sofern er davon ausgehen könne, dass der Geschäftsherr auch nach Ablauf der Mindestbeteiligungsdauer noch einen positiven Verkehrswert besitzt - in Ansatz bringen würde. Leugne man einen positiven Verkehrswert, sei eine Aktivierung nur in Höhe der stillen Reserven vorzunehmen, hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrages sei eine Sofortabschreibung geboten. Die gegenständliche Berufung richte sich daher auch gegen die laufende Gewinnermittlung des Jahres 1995.
13 Nach weiterem Schriftverkehr und Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies das Bundesfinanzgericht die (nunmehrige) Beschwerde als unbegründet ab. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nicht zulässig. Voraussetzung für eine Einbringung iSd Art. III UmgrStG sei das Vorliegen eines positiven Verkehrswertes der übertragenen Vermögenswerte. Im Zweifelsfall habe der Einbringende diesen durch ein Gutachten nachzuweisen. Die Revisionswerber hätten diesen Nachweis nicht erbracht. Die im Einzelnen vorgenommene Beweiswürdigung stelle keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.
14 Im vorgelegten Ertragswertgutachten werde der Wertfindungsprozess (hinsichtlich der angenommenen künftig zu erzielenden Bilanzgewinne) nicht nachvollziehbar dargestellt. Es sei darin zwar von "Planrechnungen" die Rede, tatsächlich gebe es derartige Plan- und Prognoserechnungen augenscheinlich nicht, baue das Gutachten selbst doch lediglich auf Planbilanzen auf. Auch enthalte das Gutachten den expliziten Hinweis, dass ihm keine Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen zu Grunde lägen. Das ausgewiesene Jahresergebnis sei von 1992 auf 1994 gesunken. Aus welchen Gründen das Unternehmen ausgerechnet ab dem Jahr 1995 in die Gewinnzone hätte rutschen sollen, bleibe im Dunkeln. Konkrete Umstände oder Maßnahmen für diese Annahme seien nicht genannt worden. Tatsächlich seien in den Folgejahren Verluste erwirtschaftet worden. Ob bzw. welche weitergehenden Maßnahmen in den Folgejahren etwa zur weiteren Stärkung der Unternehmenssubstanz, der Rationalisierung oder Produktivitätssteigerung getroffen worden seien, werde im Gutachten nicht dargelegt. Es werde darin nur allgemein von einer Fortsetzung der Restrukturierung und Rationalisierung im Jahr 1994 gesprochen. Eine Unternehmensplanung erfordere eine angemessene Dokumentation und müsse auf fundierten Grundlagen beruhen. Wenn lediglich auf Planbilanzen in einem Aufsichtsratsprotokoll verwiesen werde, stelle dies keine nachvollziehbare Planungsunterlage dar. Es sei daher nicht möglich, die in den Planbilanzen enthaltenen Bilanzgewinne rechnerisch nachzuvollziehen. Auch erschließe sich aus dem Gutachten nicht, dass eine Vergangenheitsanalyse erfolgt sei. Selbst wenn man zu Gunsten der Revisionswerber davon ausgehe, dass der Jahresgewinn 1995 schlüssig und plausibel sei, seien die Gründe für die angenommenen weiteren Gewinnsteigerungen in den Jahren 1996 und 1997 nicht erschließbar. Gehe man davon aus, dass der geplante Jahreserfolg 1995 in den Folgejahren etwa gleich bleibe, ergebe sich - wie näher dargestellt - ein negativer Gesamtunternehmenswert.
15 Die Revisionswerber hätten zum Zwecke der Erläuterung und Darstellung der Planungsannahmen die Vernehmung der namentlich angeführten früheren Aufsichtsratsmitglieder und Vorstandsmitglieder sowie Geschäftsführer der E AG (E GmbH) beantragt. Diese hätten darüber Auskunft geben sollen, auf Grund welcher Annahmen davon ausgegangen worden sei, dass ab 1995 ein Turnaround von tatsächlich erzielten Verlusten zu den prognostizierten Gewinnen hätte gelingen sollen. Diesem Antrag sei das Bundesfinanzgericht nicht nachgekommen, weil das Gesetz den Nachweis des positiven Verkehrswertes nur durch Gutachten eines Sachverständigen und nicht durch andere Beweismittel wie Zeugeneinvernahmen vorsehe. Es sei nicht Sache der Behörde, Versäumnisse des Sachverständigen nachzuholen. Auch seien persönliche Annahmen einem Zeugenbeweis nicht zugänglich. Dass konkrete Maßnahmen hätten bezeugt werden sollen, sei im gesamten Verfahren nicht behauptet worden. Zur Aufnahme von Erkundungsbeweisen sei die Behörde nicht verpflichtet. In diese Richtung ziele aber der vorliegende Beweisantrag, wenn im gesamten Verfahren keine einzige Maßnahme genannt worden sei, auf Grund derer das Unternehmen in die Gewinnzone hätte gelangen sollen. Den Revisionswerbern, die sich als Mitunternehmer betrachteten, sei offenbar selbst nicht bekannt, welche ergebnisverbessernden Maßnahmen hätten gesetzt werden sollen. Es lägen daher keine hinreichend konkreten Tatsachenbehauptungen vor, welche durch die beantragten Beweismittel hätten nachgewiesen werden können. Unklar bleibe überdies, wie Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sowie Geschäftsführer der E AG zwanzig Jahre zurückliegende "Planungsannahmen" ohne die zu Grunde liegenden Planungsrechnungen, die sie zudem nicht selbst angestellt haben, mündlich erläutern sollten. Der Beweisantrag sei daher als unerheblich bzw. unzulässig abzulehnen.
16 Auch zum Hinweis der Revisionswerber auf einen aufschiebend befristeten Anspruch der stillen Gesellschafter auf ein Mindestabschichtungsguthaben nach Ablauf von sieben Jahren Beteiligungsdauer sei eine konkrete Berechnung unterlassen worden. Eine positive Abfindung erscheine aus dem Blickwinkel des Jahres 1995 nur dann als wahrscheinlich, wenn das Unternehmen auch noch nach Ablauf von sieben vollen Kalenderjahren ab Gründung der Mitunternehmerschaft einen positiven Verkehrswert aufgewiesen hätte. Auch zum Nachweis dieses Umstandes hätte es eines schlüssigen Ertragswertgutachtens bedurft. Auf Grund der wirtschaftlichen Entwicklung der E AG sei es 1995 wenig wahrscheinlich gewesen, dass das Unternehmen 1998 (bzw. 1999 hinsichtlich der erst 1991 beigetretenen Gesellschafter) noch einen positiven Wert aufweisen würde. Bei linearer Rechnung der wirtschaftlichen Entwicklung gingen pro Jahr mehr als 35 Mio. S "Unternehmenssubstanz" verloren. Folge man der Ansicht der Revisionswerber, dass die stillen Gesellschafter auf Grund ihrer mangelnden Nachschusspflicht vom negativen Verkehrswert de facto ausgeschlossen seien, ergebe sich für die Anteile der einbringenden stillen Gesellschafter im besten Fall ein Wert von Null. Der Wert des befristeten Anspruchs auf ein Mindestabschichtungsguthaben sei von den Revisionswerbern nicht ermittelt worden. Aus den angeführten Gründen bestünden berechtigte Zweifel daran, dass dem aufschiebend befristeten Anspruch im Streitjahr ein positiver Wert zugekommen sei. Mangels geeigneter Nachweisführung sei die Anwendungsvoraussetzung für eine Einbringung iSd Art. III UmgrStG nicht erfüllt.
17 Die Gegenleistung in Form von Aktien spreche ebenfalls nicht für das Vorliegen eines positiven Verkehrswertes der gegenständlichen Mitunternehmeranteile, weil die Treuhand-GmbH für die Abwicklung der Einbringung eine Vergütung von 6% vom Nominale der atypisch stillen Gesellschaftseinlagen erhalten habe. Dieses Honorar habe Eingang in die Gewinn- und Verlustrechnung der E AG gefunden und sei auf Grund des stillen Gesellschaftsvertrages von der Mitunternehmerschaft zu tragen gewesen. Die stillen Gesellschafter hätten somit in wirtschaftlicher Betrachtung de facto einen Betrag von 6,299.835,60 S aufwenden müssen, um ihre Anteile an die Geschäftsherrin zu übertragen, und hätten hierfür Aktien im Wert von 216.918,01 S erhalten. Dieser Umstand bekräftige das Vorliegen eines negativen Verkehrswertes.
18 Dass das Finanzamt den "Firmenwert" (der fast ausschließlich aus stillen Reserven der Betriebsliegenschaft bestanden habe) über einen Zeitraum von 15 Jahren abschreibe, gereiche den Revisionswerbern nicht zum Nachteil.
19 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch das Finanzamt erwogen hat:
20 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
21 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
22 Die Revisionswerber führen zur Zulässigkeit der Revision u. a. aus, das Bundesfinanzgericht habe aus dem Blickwinkel der einbringenden Gesellschafter den positiven Verkehrswert der eingebrachten Mitunternehmeranteile verneint. Aus dem Blickwinkel des Erwerbers der Mitunternehmeranteile gehe das Bundesfinanzgericht hingegen davon aus, dass dieser einen Firmenwert bzw. stille Reserven von 102,733.465,34 S zu aktivieren habe, wodurch sich auf Basis der Steuerbilanz des Erwerbers ein Verkehrswert der Mitunternehmerschaft von 41,871.309,86 S ergebe. Widersprüchliche Feststellungen, die eine abschließende rechtliche Beurteilung unmöglich machten, stellten eine erhebliche Rechtsfrage dar.
23 Die Revision ist schon im Hinblick auf den aufgezeigten Begründungsmangel zulässig und auch begründet.
24 Ausfertigungen von Erkenntnissen und Beschlüssen der Verwaltungsgerichte sind so zu begründen, dass der Denkprozess, der in der Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. etwa VwGH 21.12.2016, Ra 2015/13/0024, sowie idS auch VfGH 24.11.2016, E 1063/2016).
25 Das Bundesfinanzgericht führt im Erwägungsteil des angefochtenen Erkenntnisses aus, die Revisionswerber stützten das Vorliegen eines positiven Verkehrswertes der eingebrachten Mitunternehmeranteile auf ein Substanzwertgutachten vom 29. September 1995, das den Verkehrswert mit 10,171.061,90 S ermittle. Dieser Wert resultiere aus den stillen Reserven einer Betriebsliegenschaft in Höhe von 74,441.416,80 S. Die stillen Reserven seien jedoch aus im Finanzamtsbescheid dargestellten Gründen auf 61,441.416,80 S zu korrigieren. Den vom Prüfer vorgenommenen Korrekturen werde seitens der Revisionswerber nichts entgegengehalten. Nach weiterer Korrektur der Entnahmeverbindlichkeiten ergebe sich für die eingebrachten Mitunternehmeranteile ein negativer Verkehrswert von rund 10 Mio. S. Im Zusammenhang mit der laufenden Gewinnermittlung führt das Bundesfinanzgericht demgegenüber aus:
"Die Prüfer legen in ihrem Bericht (unter Tz 17.3) dar, dass die von ihnen angesetzte Position ‚Firmenwert' de facto die stillen Reserven aus der missglückten Einbringung umfasst und diese ‚aus Vereinfachungsgründen' auf eine ‚Laufzeit' von 15 Jahren abgeschrieben wird. Im angefochtenen Bescheid (S. 9) ermittelt das Finanzamt die stillen Reserven - in leichter rechnerischer Abänderung zum Prüfungsbericht - mit ATS 102,733.465,34."
26 Stille Reserven in Höhe von 102,733.465,34 S stünden, wie von den Revisionswerbern zutreffend aufgezeigt wird, der Annahme eines negativen Verkehrswertes der Mitunternehmeranteile entgegen.
27 Weiters rügen die Revisionswerber, dass das Bundesfinanzgericht die als Zeugen beantragten Organe nicht vernommen habe. Es sei nicht nachvollziehbar, wie das Bundesfinanzgericht die Behauptung aufstellen könne, dass die beantragten Zeugen die Planrechnungen nicht selbst erstellt hätten und deshalb zu diesen auch keine Aussagen tätigen könnten. Auf welcher Information diese Behauptung des Bundesfinanzgerichtes beruhe, sei nicht ersichtlich. Das Bundesfinanzgericht nehme eine Beweiswürdigung vorweg. Der freien Beweiswürdigung unterlägen jedoch nur aufgenommene Beweise.
28 Gemäß § 269 Abs. 1 BAO haben die Verwaltungsgerichte im Beschwerdeverfahren - abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind. Zu solchen Obliegenheiten und Befugnissen zählen insbesondere Beweisaufnahmen (vgl. VwGH 19.10.2016, Ra 2016/15/0058). Nach § 270 BAO ist auf neue Tatsachen, Beweise und Anträge im Beschwerdeverfahren Bedacht zu nehmen. Gemäß § 183 Abs. 3 BAO ist von der Aufnahme von den Parteien beantragter Beweise abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, oder wenn sich aus den Umständen erhellt, dass die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind.
29 Das Bundesfinanzgericht hat die Beweisaufnahme vor allem mangels ausreichend konkreter Tatsachenbehauptung abgelehnt. Zu Recht halten die Revisionswerber dem entgegen, dass die Vernehmung der Zeugen zur Erläuterung und Darstellung der Planungsannahmen für die im Jahr 1995 durchgeführte Planung für die Jahre 1995 bis 1997 beantragt wurde.
30 Die vom Verwaltungsgericht angezweifelte Eignung der Zeugen, zum Beweisthema Angaben machen zu können, nimmt das Ergebnis noch nicht aufgenommener Beweise vorweg. Eine derartige vorweggenommene Beweiswürdigung ist auch dann unzulässig, wenn wie im Revisionsfall die Beweislast hinsichtlich des Vorliegens eines positiven Verkehrswertes auf den einbringenden Revisionswerbern lastet, weil erst nach Aufnahme der beantragten Beweise die Feststellung getroffen werden kann, ob den Revisionswerbern der Nachweis des positiven Verkehrswertes der eingebrachten Mitunternehmeranteile gelungen ist.
31 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich schon deswegen als mit Verfahrensmängeln belastet.
32 Für das fortzusetzende Verfahren ist auf Folgendes hinzuweisen:
33 Für den Fall, dass nach Behebung der aufgezeigten Verfahrensmängel feststeht, dass das UmgrStG nicht zur Anwendung gelangen kann ("missglückte" Einbringung), richtet sich die Beurteilung des Einbringungsvorgangs nach dem allgemeinen Steuerrecht.
34 Beim entgeltlichen Erwerb hat der Erwerber die auf den jeweiligen Mitunternehmeranteil entfallende Quote der einzelnen Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens gemäß § 6 Z 8 lit. b EStG 1988 mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Soweit die Aufwendungen des Erwerbers für den Erwerb der atypisch stillen Beteiligung höher sind als das in der Steuerbilanz der Mitunternehmerschaft bis dahin für den stillen Gesellschafter ausgewiesene Kapitalkonto, bilden diese Aufwendungen zusätzliche Anschaffungskosten der übertragenen Anteile an den einzelnen Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens (vgl. Margreiter/Wakounig/Glega, Steuerliche Sonderbilanzen2, 110).
35 Soweit allerdings die den Betrag des Kapitalkontos übersteigenden Aufwendungen des Erwerbers die Quote der in den einzelnen Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven übersteigen, ist der Differenzbetrag in der Steuerbilanz aktivseitig als Ausgleichsposten einzustellen. Zum steuerlichen Schicksal dieses Ausgleichspostens werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Nach Quantschnigg/Schuch (Einkommensteuer-Handbuch, § 24 Tz. 95.8, unter Hinweis auf zu früheren Einkommensteuergesetzen ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) ist dieser Betrag sofort abzuschreiben. Nach BFH ist der Ausgleichsposten nach Maßgabe des Entstehens zukünftiger Gewinne beim Erwerber der Beteiligung als Aufwand aufzulösen (vgl. BFH 14.6.1994, VIII R 37/93 (hiezu Sauter, Beck'sches Handbuch der Personengesellschaften4, § 8 Rz 215); ebenso die aktuellen EStR 2000 Rz 5994).
36 Der Firmenwert wird definiert als Unterschiedsbetrag, um den die für die Übernahme eines Unternehmens(anteils) bewirkte Gegenleistung den Wert der (anderen) erworbenen Wirtschaftsgüter übersteigt (vgl. VwGH 25.4.2013, 2010/15/0118; VwGH 29.1.1974, 1945/73, Slg. 4638/F; Doralt/Ruppe, Grundriss des Steuerrechts I11, Rz 350; vgl auch Hoffmann, BB 1995, 1397). Steuerlich sind die Anschaffungskosten eines Firmenwertes bei Gewerbebetrieben gemäß § 8 Abs. 3 EStG 1988 gleichmäßig verteilt auf fünfzehn Jahre abzusetzen. Eine Teilwertabschreibung ist möglich (vgl. Sauter, Beck'sches Handbuch der Personengesellschaften4, a.a.O., FN 327). Keine Betriebsausgaben lägen hingegen dann vor, wenn die Überzahlung nicht betrieblich veranlasst war.
37 Rechtswidrig war es im Revisionsfall auch, den Wert der von den Altaktionären zugewendeten Aktien als Gegenleistung der E AG für den Erwerb der Mitunternehmeranteile zu beurteilen. 38 Ob der dem angefochtenen Erkenntnis zu Grunde liegende
Differenzbetrag (Überhang der negativen Kapitalkonten in Höhe von 10,058.123,64 S) im Revisionsfall als sofort absetzbare Betriebsausgabe behandelt wurde oder dies nicht der Fall war (Ansicht der Revisionswerber), lässt sich auf Grund widersprüchlicher Begründungsansätze dem angefochtenen Erkenntnis nicht entnehmen. Das Bundesfinanzgericht entgegnet den diesbezüglichen Beschwerdeeinwänden der Revisionswerber, dass der Differenzbetrag, um den die negativen Kapitalkonten die stillen Reserven übersteigen, ohnehin als unmittelbar abzugsfähige Betriebsausgabe behandelt worden sei. Dazu wird auf den Finanzamtsbescheid verwiesen, in dem in der Zeile Sofortabschreibung (in Abänderung zu dem ins Leere gegangenen Feststellungsbescheid) der Betrag von "0,-" aufscheint. Insoweit erweist sich das angefochtene Erkenntnis auch in diesem Punkt als widersprüchlich begründet.
39 Das angefochtene Erkenntnis war nach dem Gesagten gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
40 Der Ausspruch über den Aufwandersatz ergibt sich aus den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. Dezember 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2015150080.L00Im RIS seit
24.01.2018Zuletzt aktualisiert am
14.03.2018