TE Vwgh Erkenntnis 2017/12/20 Ra 2017/12/0012

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Veröffentlicht am 20.12.2017
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

ABGB §1155;
GehG 1956 §12c Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrat Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel und Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision des Univ. Prof. Dr. X Y in Z, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Dezember 2016, Zl. W213 2008326- 4/2E, betreffend Entfall der Bezüge (vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde: Amt der Medizinischen Universität Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber stand bis 31. Jänner 2016 als Universitätslehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

2 Mit Bescheid des Amtes der Medizinischen Universität Wien vom 18. Oktober 2016 wurde auf Grund seines Antrages vom 14. Juli 2016 festgestellt, dass für den Zeitraum vom 1. März 2014 bis 31. Jänner 2016 gemäß § 12c Abs. 1 Z 2 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), kein Anspruch auf Bezüge bestehe.

3 Die Dienstbehörde stellte folgenden entscheidungserheblichen Sachverhalt fest:

"Der Antragsteller stand seit 01.03.1999 in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war der Medizinischen Universität Wien zur Dienstleistung zugewiesen.

Mit Bescheid des Amtes der Medizinischen Universität Wien vom 16.02.2009, Zahl 670/16306/79/MM, wurde dem Antragsteller gemäß § 75 BDG 1979 ein Karenzurlaub für den Zeitraum vom 01.03.2009 bis 28.02.2011 zwecks Leitung der Universitätsklinik für Kieferorthopädie an der Medizinischen Universität X gewährt.

Infolge seines Ansuchens vom 03.12.2010 wurde dem Antragsteller mit Bescheid des Amtes der Medizinischen Universität Wien vom 21.12.2010, Zahl 670/16306/86/MM, eine Freistellung gemäß § 160 BDG 1979 für den Zeitraum von 01.03.2011 bis 28.02.2014 zwecks Fortsetzung der Leitung der Universitätsklinik für Kieferorthopädie an der Medizinischen Universität X gewährt.

Mit Bescheid des Amtes der Medizinischen Universität Wien vom 12.02.2014, Zl. 670/16306/103/3 MM, wurde der Antrag des Antragstellers auf Gewährung einer weiteren Freistellung ohne Bezüge für die Zeit von 01.03.2014 bis 28.02.2017, zwecks Fortsetzung der Leitung der Universitätsklinik für Kieferorthopädie an der Medizinischen Universität X, seitens des Amtes der Medizinischen Universität Wien als zuständige Dienstbehörde gemäß § 125 Universitätsgesetz 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120, idgF, gemäß § 160 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. 333/1979, idgF, abgewiesen.

Mit E-Mail der Personalabteilung vom 27.02.2014 wurde der Antragsteller darüber informiert, dass seine derzeitige Freistellung mit Ablauf des 28.02.2014 endet und er somit ab 01.03.2014 (da der 01.03.2014 auf einen Samstag fiel, war der nächste Arbeitstag der 03.03.2014) seinen Dienst an der Medizinischen Universität Wien anzutreten habe. In diesem Zusammenhang wurde er überdies auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, schriftlich seinen Austritt aus dem Bundesdienst zu erklären, sofern er seinen Dienst an der Medizinischen Universität Wien nicht wieder antreten möchte.

In weiterer Folge erklärte der Antragsteller mit Schreiben vom 28.02.2014 seinen Austritt aus dem Bundesdienst. Das Schreiben erreichte die Behörde nicht handschriftlich unterfertigt und per E-Mail am 28.02.2014.

Mit Schreiben des Amtes der Medizinischen Universität Wien vom 04.03.2014 wurde dem Antragsteller bestätigt, dass das Bundesdienstverhältnis mit Ablauf des 28.02.2014 geendet hat und ihm im Wesentlichen mitgeteilt, dass damit gemäß § 20 Abs. 3 BDG 1979 alle sich aus dem Dienstverhältnis ergebenden Anwartschaften, Rechte und Befugnisse erloschen sind.

Am 11.03.2014, brachte der Antragsteller, vertreten durch Herrn RA ..., die an das Bundesverwaltungsgericht adressierte Beschwerde gegen den Bescheid vom 12.02.2014 ein und beantragte den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass seinem Antrag auf Freistellung nach § 160 BDG 1979 unter Entfall der Bezüge vom 01.03.2014 bis 28.02.2017 Folge gegeben werde.

Mit - ebenfalls an das Bundesverwaltungsgericht adressierter -

Beschwerde vom 24.03.2014 begehrte der Antragsteller, vertreten durch Herrn RA ..., fernerhin in Abänderung des angefochtenen Bescheides auszusprechen, dass in Folge Unwirksamkeit seiner per E-Mail abgegebenen Austrittserklärung vom 28.02.2014 - in eventu:

wegen wirksamen Widerrufs dieser Erklärung - sein Dienstverhältnis durch die Austrittserklärung nicht beendet wurde, sondern über den 28.02.2014 hinaus weiterhin andauert. Die Beschwerde wurde vorsichtshalber und davon ausgehend erhoben, dass das Schreiben des Amtes der Medizinischen Universität Wien vom 04.03.2014 als Bescheid zu werten war.

Die Beschwerden vom 11.03.2014 sowie vom 24.03.2014 einschließlich des Verwaltungsaktes wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens des Amtes der Medizinischen Universität Wien zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben vom 20.03.2014 trat der Antragsteller, vertreten durch Herrn RA ..., zudem an das Amt der Medizinischen Universität Wien mit dem Begehren heran, die Behörde möge bescheidmäßig darüber absprechen, ob sein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis über den 28.02.2014 hinaus aufrecht geblieben ist und weiterhin aufrecht ist.

Auch mit Schreiben vom 11.04.2014 hat der Antragsteller mitgeteilt, dass er - bezugnehmend auf die beiden eingebrachten Beschwerden - auf dem Standpunkt stehe, sein Dienstverhältnis dauere weiter fort.

Das Amt der Medizinischen Universität Wien hat mit Bescheid vom 29.09.2014, Zl. 670/16306/MM-MS, festgestellt, dass die Erklärung des Antragstellers vom 28.02.2014, aus dem Bundesdienst auszutreten, gemäß § 21 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333/1979, iVm. § 13 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, rechtswirksam ist und das Bundesdienstverhältnis gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 iVm § 20 Abs. 2 BDG 1979 mit Ablauf des 28.02.2014 aufgelöst worden ist.

Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller, vertreten durch Herrn RA ..., Beschwerde erhoben. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Erkenntnis vom 28.12.2015, GZ: W122 2008326-2/5E erkannt, dass das Dienstverhältnis des Antragstellers über den 28.02.2014 hinaus aufrecht ist.

Mit Schreiben des Amtes der Medizinischen Universität Wien vom 12.01.2016 und 22.01.2016 wurde der Antragsteller über diesen Umstand in Kenntnis gesetzt und gleichzeitig aufgefordert, seinen Dienst an der Universitätsklinik für Zahn,- Mund,- und Kieferheilkunde wieder anzutreten oder schriftlich seinen Austritt aus dem Bundesdienst zu erklären.

Mit Schreiben vom 26.01.2016, eingelangt am selben Tag, hat der Antragsteller schriftlich und handschriftlich unterfertigt, seinen Austritt aus dem Bundesdienst erklärt.

Mit Schreiben des Amtes der Medizinischen Universität Wien vom 28.01.2016 wurde der Antragsteller darüber informiert, dass sein Bundesdienstverhältnis aufgrund seiner Austrittserklärung vom 26.01.2016, mit Ablauf des 31.01.2016 endet und gemäß § 20 Abs. 3 BDG 1979 durch die Auflösung des Dienstverhältnisses alle sich daraus ergebenden Anwartschaften, Rechte und Befugnisse erlöschen."

4 Die Dienstbehörde ging auf Grund des festgestellten Sachverhaltes davon aus, dass der Revisionswerber im Zeitraum zwischen 1. März 2014 und 31. Jänner 2016 gemäß § 12c Abs. 1 Z 2 GehG eigenmächtig und ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei. Insbesondere sei der Revisionswerber auch nicht dienstbereit gewesen, weil er im genannten Zeitraum als Leiter der Universitätsklinik für Kieferorthopädie der Medizinischen Universität X tätig gewesen sei.

5 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht. Darin machte er insbesondere geltend, dass ihn die Dienstbehörde trotz seines Festhaltens am aufrechten Dienstverhältnis niemals aufgefordert habe, seinen Dienst anzutreten, sondern vielmehr ihren Willen zum Ausdruck gebracht habe, seine dienstliche Tätigkeit nicht zuzulassen.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gemäß § 12c Abs. 1 Z 2 GehG iVm § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet ab. Es sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7 In den Entscheidungsgründen seines Erkenntnisses gab das Bundesverwaltungsgericht unter "Verfahrensgang und Sachverhalt" u. a. die im angefochtenen dienstbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen wieder. Unter "Feststellungen" heißt es sodann, die Sachverhaltsfeststellungen ergäben sich aus dem oben dargestellten Verfahrensgang.

8 In rechtlicher Hinsicht erwog das Bundesverwaltungsgericht:

"Ein Fernbleiben vom Dienst ist dann eigenmächtig, wenn keine ausdrückliche oder stillschweigende Gestattung vorliegt; ungerechtfertigt ist eine Abwesenheit vom Dienst allgemein zunächst dann, wenn dafür kein ‚ausreichender Entschuldigungsgrund' vorliegt. Eine ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst kommt nur dann in Betracht, wenn die Dienstpflicht zur Anwesenheit im Dienst (Amte) besteht. Von der Erfüllung dieser Dienstpflicht ist der Bedienstete jedoch bei allen Arten des Urlaubes, insbesondere des Erholungsurlaubes, bei der Außerdienststellung, der Dienstfreistellung, dem Kuraufenthalt, beim Präsenz- und Zivildienst, bei der Suspendierung und der Untersuchungs- oder Strafhaft befreit. Sonstige Abwesenheiten bedürfen der Rechtfertigung (VwGH, 02.05.2001, GZ. 95/12/0047, mwN).

Angesichts der hg. Entscheidungen vom 28.12.2015, GZ. W 122 2008326-2/5E bzw. vom 29.04.2016, GZ. W 122 2008326- 3/2E, ist davon auszugehen, dass das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zur belangten Behörde nicht durch seine per E-Mail mitgeteilte Austrittserklärung vom 28.02.2014 beendet wurde. Vielmehr dauerte es bis zu seiner mit Schreiben vom 26.01.2016 eingebrachten Austrittserklärung an. Das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers endete demnach mit Ablauf des 31.01.2016.

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer während des gesamten Zeitraumes seinen Dienst bei der medizinischen Universität Wien nicht angetreten hat, sondern als Leiter der Universitätsklinik für Kieferorthopädie der Medizinischen Universität X tätig war. Es ist daher zu prüfen, ob - vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs - die Abwesenheit des Beschwerdeführers gerechtfertigt war.

Im gesamten Sachverhalt findet sich keine Rechtfertigung für die Abwesenheit des Beschwerdeführers. Nicht einmal er selbst behauptet durch Krankheit verhindert gewesen zu sein. Ebenso wenig behauptete er allenfalls Urlaub konsumiert zu haben.

Zwar hatte er für den Zeitraum vom 01.03.2014 bis 28.02.2017 die Gewährung einer Dienstfreistellung gemäß § 160 BDG beantragt, doch wurde dieser Antrag von der belangten Behörde mit Bescheid vom 12.02.2014 abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 28.04.2016, GZ. W122 2008326-1/4E, abgewiesen. Eine Rechtfertigung seiner Abwesenheit vom Dienst im verfahrensgegenständlichen Zeitraum kann daraus nicht abgeleitet werden. Zum einen wurde der Antrag des Beschwerdeführers von der belangten Behörde abgewiesen, zum anderen kann aus der mit § 13 Abs. 1 VwGVG verbundenen aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen werden:

Wie die belangte Behörde unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu Recht anmerkt, wurde dem Beschwerdeführer mit dem abweisenden Bescheid weder ein Recht verliehen noch eine Pflicht auferlegt, sondern eine behördliche Genehmigung verweigert. Eine solche Genehmigung kann aber nicht durch die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde erreicht werden, da niemand ein Recht erlangen kann, welches er vor Abweisung seines Antrags nicht hatte.

Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, dass er von der belangten Behörde nicht zum Dienstantritt aufgefordert wurde, ist davon auszugehen, dass ein gleichsam konkludenter Verzicht der belangten Behörde auf seine Dienstausübung nicht vorliegt. Vielmehr hat die belangte Behörde durch die Abweisung seines Antrags auf Dienstfreistellung gemäß § 160 BDG jedenfalls unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie auf der Dienstleistung des Beschwerdeführers besteht. Durch die Einbringung einer Beschwerde gegen diesen abweisenden Bescheid hat der Beschwerdeführer selbst zu erkennen gegeben, dass er nicht von einem Verzicht der belangten Behörde auf seine Dienstleistung ausgegangen ist, da er mit dieser Beschwerde den abweisenden Bescheid beseitigen und eine Dienstfreistellung gemäß § 160 BDG herbeiführen wollte.

Das Unterbleiben einer Aufforderung zum Dienstantritt, stellt jedenfalls keinen ausreichenden Rechtfertigungsgrund für die Abwesenheit des Beschwerdeführers dar. Diese Auffassung wird auch durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 29.04.2004, GZ. 2000/09/0051 gestützt. Darin wurde es nicht als ausreichender Rechtfertigungsgrund für die Abwesenheit eines Beamten vom Dienst qualifiziert, wenn Vorgesetzte auf dessen Information über eine von ihm gewünschte Veranstaltungsteilnahme nicht reagieren.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum 01.03.2014 bis 31.01.2016 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend war und die belangte Behörde daher zu Recht festgestellt hat, dass für diesen Zeitraum kein Anspruch auf Bezüge besteht."

9 Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche noch es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle; schließlich sei die bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den vorliegenden Fragen auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Revisionswerber macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Erkenntnisses sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, es aus diesen Gründen aufzuheben.

11 Die vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Dienstbehörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher die Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung der Revision als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

     12 § 12c Abs. 1 Z 2 GehG in der Fassung dieses Paragrafen

nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 140/2011 lautet:

     "Entfall der Bezüge

     § 12c. (1) Die Bezüge entfallen

     ...

2.        wenn der Beamte eigenmächtig länger als drei Tage dem

Dienst fernbleibt, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen, für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst;

..."

13 In der abgesonderten Zulassungsbegründung umschreibt der Revisionswerber als Zulassungsgrund die Rechtsfrage, ob ein eigenmächtiges Fernbleiben vom Dienst im Verständnis des § 12c Abs. 1 Z 2 GehG auch dann vorliegt, wenn der Dienstgeber gegenüber dem Beamten seine (unzutreffende) Rechtsauffassung zum Ausdruck bringt, das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis sei erloschen.

14 Mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber die Zulässigkeit und die inhaltliche Berechtigung seiner Revision auf:

15 Anders als die Revisionsbeantwortung meint, ist die hier ins Treffen geführte Zulassungsfrage nicht durch VwGH 29.1.2014, 2013/12/0158, VwGH 2.5.2001, 95/12/0047, oder VwGH 29.4.2004, 2000/09/0051, klargestellt, weil sich keine der genannten Entscheidungen mit der Frage beschäftigt, ob aus einer Erklärung des Dienstgebers auf dessen mangelnde Bereitschaft, die Dienstleistung des Beamten überhaupt anzunehmen, geschlossen werden kann und welche Auswirkungen dies auf die Frage des Entfalls der Bezüge hat. Die Revision ist daher zulässig.

Sie ist auch berechtigt:

16 Die - unzweckmäßige - Technik des angefochtenen Erkenntnisses in Ansehung der Sachverhaltsfeststellungen auf den davor referierten Verfahrensgang zu verweisen, legt hier wohl die Annahme nahe, das Bundesverwaltungsgericht habe die Feststellungen des dienstbehördlichen Bescheides - wie sie oben wiedergegeben wurden - übernehmen wollen. Dies gilt auch für die Feststellung betreffend den Inhalt des Schreibens des Amtes der Medizinischen Universität Wien vom 4. März 2014, wonach die Dienstbehörde dem Revisionswerber ihre Rechtsauffassung mitgeteilt habe, dass infolge seiner Austrittserklärung vom 28. Februar 2014 "alle sich aus dem Dienstverhältnis ergebenden Anwartschaften, Rechte und Befugnisse erloschen" seien. Diese - unrichtige - Rechtsauffassung bekräftigte die Dienstbehörde in ihrem Feststellungsbescheid vom 29. September 2014.

17 Wollte man demgegenüber annehmen, das Bundesverwaltungsgericht habe die Tatsachenfeststellungen nicht aus dem bei ihm angefochtenen Bescheid der Dienstbehörde vom 18. Oktober 2016 übernommen, hätte es dieses - in Verkennung der im Folgenden aufgezeigten Rechtslage - unterlassen, sich mit dem Zutreffen der diesbezüglichen (vom Revisionswerber unbestritten gebliebenen) Annahmen auseinanderzusetzen.

18 Zwar trifft es zu, dass die Dienstabwesenheit des Revisionswerbers nicht wirksam durch die Bewilligung einer Freistellung nach § 160 BDG 1979 gerechtfertigt war.

19 Allerdings musste der Revisionswerber schon vor dem Hintergrund der (die Aufforderungen in ihrem Schreiben vom 27. Februar 2014 überholenden) Erklärung der Dienstbehörde vom 4. März 2014, dass sie das Dienstverhältnis des Revisionswerbers als aufgelöst betrachtet, für den Zeitraum zwischen ihrem Zugang und dem Bekanntwerden des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28. Dezember 2015 davon ausgehen, dass der Dienstgeber eine von ihm, sei es verbal oder real angebotene Dienstleistung, keinesfalls annehmen würde. Ausgehend von der im Schreiben vom 4. März 2014 bzw. im Bescheid vom 29. September 2014 zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht der Dienstbehörde, wonach das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Revisionswerbers erloschen sei, wäre die Annahme einer von diesem verbal oder real angebotenen Dienstleistung durch die Dienstbehörde nämlich rechtlich nicht gedeckt. Aus dieser dem Revisionswerber bekannt gegebenen Rechtsauffassung der Dienstbehörde ist folglich auf deren Willen zu schließen, verbal oder real angebotene Dienstleistungen bis auf weiteres nicht anzunehmen (vgl. in diesem Zusammenhang weiters auch Reischauer in Rummel II/13, Rz 1 zu § 1419 ABGB, wo ausgeführt wird, dass es bei richtigem Verständnis im Falle einer ernsthaften ausdrücklichen oder schlüssigen Annahmeverweigerung nicht einmal eines Verbalanbotes für den Eintritt von Gläubigerverzug bedürfe). Ein solches Anbot würde vor diesem Hintergrund nämlich bloß einen sinnentleerten Formalakt darstellen. Liegt aber - wie hier - eine schlüssige und ernsthafte Annahmeverweigerung durch den Dienstgeber vor, so kann auch nicht von einem "eigenmächtigen" Fernbleiben des Beamten vom Dienst im Verständnis des § 12c Abs. 1 Z 2 GehG gesprochen werden.

20 Nur ein solches könnte aber eine auf die zitierte Gesetzesbestimmung gestützte Feststellung inhaltlich rechtfertigen. Demgegenüber ist für die Dauer einer erklärten Annahmeverweigerung durch den Dienstgeber das Vorliegen einer (sonstigen) "Leistungsbereitschaft" des Beamten im Verständnis der Unterlassung der Ausübung einer anderen Erwerbstätigkeit für die fortgesetzte Gebührlichkeit der Bezüge nicht vorausgesetzt. Insbesondere enthält das GehG keine dem § 1155 ABGB entsprechende Voraussetzung einer "Leistungsbereitschaft" für die Fortzahlung des Entgelts. Aber auch nach § 1155 ABGB ist der Dienstnehmer nicht unter allen Umständen verpflichtet, sich zwecks Erhalt seines Fortzahlungsanspruches zur jederzeitigen Aufnahme der Arbeit bereitzuhalten (vgl. hiezu näher Krejci in Rummel I3, Rz 5 zu § 1155 ABGB).

21 Für den Bereich des § 12c Abs. 1 Z 2 GehG gilt jedenfalls, dass der Beamte erst nach Beendigung der (schlüssigen) Annahmeverweigerung durch den Dienstgeber zum Wiederantritt des Dienstes verhalten ist, widrigenfalls er für danach gelegene Gehaltsperioden als eigenmächtig vom Dienst abwesend anzusehen ist.

22 Hinzuweisen ist weiters darauf, dass eine dem § 6 Abs. 6 GehG entsprechende Anrechnungsregel für den hier vorliegenden Sachverhalt nicht besteht.

23 In Verkennung der aufgezeigten Rechtslage hat es das Bundesverwaltungsgericht verabsäumt, Feststellungen betreffend den Zeitpunkt des Zuganges der Erklärung der Dienstbehörde vom 4. März 2014 bzw. der Kenntnisnahme des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28. Dezember 2015 durch den Revisionswerber zu treffen. Hiedurch belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb letzteres gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

24 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am 20. Dezember 2017

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017120012.L00

Im RIS seit

24.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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