TE Vwgh Beschluss 2017/12/21 Ra 2017/21/0235

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Veröffentlicht am 21.12.2017
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §19;
BFA-VG 2014 §34 Abs3 Z4;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §46 Abs2a;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/21/0236 Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2017/21/0241 B 21. Dezember 2017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision von 1. V P, und

2. O P, beide in S und vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5. Oktober 2017, W226 2163565-1/2E, W226 2126254-2/2E, betreffend Ladung in einer fremdenrechtlichen Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Ladungsbescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 5. bzw. 8. Mai 2017 wurden die Revisionswerber, ukrainische Staatsangehörige, gemäß § 19 AVG und § 46 Abs. 2a FPG aufgefordert, am 1. Juni 2017 zu einem näher angeführten Zeitpunkt zur genannten Behörde, Regionaldirektion Salzburg, zu kommen, um bei den notwendigen Handlungen zur Erlangung von Ersatzreisedokumenten als Partei persönlich mitzuwirken. Für den Fall der Nichtbefolgung der Ladungen "ohne wichtigen Grund (Krankheit, Behinderung, andere wichtige Gründe)" wurde den Revisionswerbern angedroht, dass die Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 4 BFA-VG angeordnet werde.

2 Die gegen diese Bescheide erhobene gemeinsame Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 5. Oktober 2017 als unbegründet ab.

3 Die dagegen eingebrachte (außerordentliche) Revision erweist sich als unzulässig:

4 Gemäß § 34 Abs. 3 Z 4 BFA-VG (in der hier maßgeblichen Fassung vor dem FrÄG 2017) kann das BFA einen Festnahmeauftrag gegen einen Fremden erlassen, somit gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung die Festnahme eines Fremden anordnen, wenn dieser ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2a FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung eines Ersatzreisedokumentes bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat. Die in den gegenständlichen Ladungen als Zwangsmittel angedrohte Erlassung eines Festnahmeauftrags setzte somit nach der genannten Bestimmung vor allem voraus, dass ihnen die Revisionswerber "ohne ausreichende Entschuldigung" keine Folge geleistet haben. Das war nach dem Inhalt der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten allerdings nicht der Fall.

5 Diesen Akten lässt sich nämlich entnehmen, dass die Revisionswerber das BFA am 22. Mai 2017 mit Schriftsatz ihres rechtsanwaltlichen Vertreters ersuchten, die für 1. Juni 2017 "anberaumte Einvernahme" auf einen anderen Termin zu verschieben, und zwar weil ihr Rechtsvertreter aufgrund eines "Auslandsseminars" den Termin 1. Juni 2017 nicht wahrnehmen könne und "eine Substitution aufgrund der Komplexität untunlich" wäre. Der Aktenlage zufolge setzte das BFA hierauf keine weiteren Schritte mehr. Demnach akzeptierte das BFA offenbar den vorgetragenen Grund für die Nichtbefolgung der gegenständlichen Ladungen, was im Einklang mit dem Vorbringen des BFA in der zur Beschwerde erstatteten Stellungnahme vom 29. Juni 2017 steht, wonach der Termin 1. Juni 2017 im Hinblick auf die Vertagungsbitte des Rechtsvertreters habe "verlegt" werden müssen. Daraus ist zwingend zu schließen, dass das BFA vom Vorliegen einer "ausreichenden Entschuldigung" für das Nichterscheinen der Revisionswerber zum Ladungstermin 1. Juni 2017 ausgeht. Von daher kommt in Bezug auf die gegenständlichen Ladungen die für den Fall ihrer Nichtbefolgung angedrohte Erlassung von Festnahmeaufträgen gemäß § 34 Abs. 3 Z 4 BFA-VG nicht mehr in Betracht.

6 Zu den Prozessvoraussetzungen für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gehört nach dessen ständiger Rechtsprechung das Rechtsschutzinteresse des Revisionswerbers. Es besteht bei Revisionen nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG im objektiven Interesse des Revisionswerbers an einer Beseitigung der angefochtenen, ihn beschwerenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtes. Dieses Interesse ist daher immer dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Revisionswerber keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen also nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen. Fehlte es schon im Zeitpunkt der Revisionserhebung am erforderlichen Rechtsschutzinteresse, ist die Revision zurückzuweisen (siehe dazu etwa VwGH 30.6.2016, Ro 2016/21/0008, Rn. 8, mwN; vgl. auch VwGH 8.9.2015, Ra 2015/18/0088, und u. a. auch darauf Bezug nehmend VwGH 27.7.2017, Ra 2017/07/0014, Rn. 19 bis 23, mwH).

7 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Rechtsverletzungsmöglichkeit durch einen Ladungsbescheid dann nicht mehr vor, wenn - wie im vorliegenden Fall (siehe oben Rn. 4 und 5) - die dort angedrohten Sanktionen nicht mehr verhängt werden können (vgl. VwGH 19.3.2013, 2012/21/0257, und daran anschließend zuletzt VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0354, Rn. 10). Das war bereits bei Einbringung der vorliegenden Revision der Fall, sodass sie wegen des "Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung" gemäß § 34 Abs. 1 fünfter Fall VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war.

Wien, am 21. Dezember 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017210235.L00

Im RIS seit

24.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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