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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ASVG §67 Abs10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der I in W, vertreten durch Dr. Johann Grandl, Rechtsanwalt in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 18/1/2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 9. März 1994, Zl. IVb-69-3/1993, betreffend Beitragshaftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Vorarlberger Gebietskrankenkasse, Jahngasse 4, 6850 Dornbirn), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 4. November 1992 stellte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse fest, dass die Beschwerdeführerin (als Geschäftsführerin) gemäß § 67 Abs. 10 ASVG verpflichtet sei, die bei der M. Schalungsmontagen GmbH (in der Folge: Beitragsschuldnerin) aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 1,564.949,11 zu bezahlen.
Nach der Begründung sei die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 28. November 1986 bis 13. März 1989 Geschäftsführerin der Beitragsschuldnerin gewesen. Diese habe in den Jahren 1987 bis 1988 Dienstnehmer an verschiedene Baufirmen in Vorarlberg überlassen, ohne diese zur Sozialversicherung anzumelden und ohne hiefür Beiträge abzuführen. Über die Beitragsschuldnerin sei mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 8. März 1990 der Konkurs eröffnet worden. Die Einbringung der mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 29. September 1992 nachverrechneten Beiträge sei daher unmöglich. Die Beschwerdeführerin habe die Uneinbringlichkeit der Beiträge dadurch verschuldet, dass sie die ordnungsgemäße Anmeldung der Dienstnehmer bzw. die Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge nicht vorgenommen habe. Deshalb sei ihre Haftung auszusprechen gewesen.
Im dagegen erhobenen Einspruch brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, die Beitragsschuldnerin habe sich zur Erfüllung der von ihr entgegengenommenen Aufträge selbständiger Subunternehmer bedient, die auf Werkvertragsbasis für die Beitragsschuldnerin tätig geworden seien. Der Beitragsnachverrechnungsbescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 29. September 1992 sei der Beschwerdeführerin nie zugekommen; sie bestreite ausdrücklich die Grundlagen und die Richtigkeit dieses Bescheides. Die Beschwerdeführerin habe auf Grund der Ausformung der mit den Subunternehmern bestehenden Vertragsverhältnisse durchaus der Meinung sein können, dass keine Sozialversicherungspflicht gegeben sei, weshalb es an ihrem Verschulden fehle. Im Übrigen seien die Beiträge verjährt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch insofern Folge gegeben, als der Haftungsbetrag auf S 1,386.390,99 reduziert wurde. Nach der Begründung stehe folgender Sachverhalt als erwiesen fest:
Die Beschwerdeführerin sei vom 28. Juli 1987 bis 18. März 1989 alleinige Geschäftsführerin der Beitragsschuldnerin gewesen. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 19. Mai 1987 sei über deren Vermögen das Ausgleichsverfahren eröffnet worden, welches am 14. Juni 1989 im Firmenbuch wieder gelöscht worden sei. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 8. März 1990 sei über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet und mit Beschluss vom 22. März 1993 mangels Kostendeckung aufgehoben worden. Während der Zeit ihrer Geschäftsführertätigkeit sei die Beschwerdeführerin mit Personalangelegenheiten befasst gewesen. Mit Beitragsnachverrechnung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 3. Oktober 1990 seien die aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge gegenüber der Beitragsschuldnerin nachverrechnet worden. Ein entsprechender Bescheid über die aushaftenden Beiträge vom 29. September 1992 sei dem Masseverwalter am 5. Oktober 1992 zugestellt worden. Die Nachverrechnung betreffe den Beitragszeitraum vom 23. März 1987 bis 3. Juni 1988. Mit (den Bescheid vom 29. September 1992 bestätigenden) rechtskräftigem Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 1. Februar 1993 sei festgestellt worden, dass die Beitragsschuldnerin in den Jahren 1987 und 1988 Dienstnehmer an verschiedene Baufirmen in Vorarlberg überlassen habe, ohne die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Da die Beitragsschuldnerin Überlasserin der verliehenen Arbeitnehmer sei, müsse sie als deren Dienstgeberin angesehen werden.
Rechtlich wurde dieser Sachverhalt in der Begründung des angefochtenen Bescheides folgendermaßen beurteilt:
Die Beschwerdeführerin sei ab 28. Juli 1987 bis 18. März 1989 Geschäftsführerin der Beitragsschuldnerin gewesen. Die aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge würden den Zeitraum 23. März 1987 bis 3. Juni 1988, also auch Sozialversicherungsbeiträge, die bereits vor Übernahme der Geschäftsführerfunktion aufgelaufen seien, betreffen. Der Geschäftsführer müsse sich jedoch bei Übernahme seiner Funktion darüber informieren, ob und in welchem Umfang die von ihm nunmehr vertretene Gesellschaft ihren sozialversicherungsrechtlichen Verbindlichkeiten nachgekommen sei. Der im Jahre 1987 über das Vermögen der Beitragsschuldnerin eröffnete Ausgleich ändere ebenfalls nichts an den Verpflichtungen der Beschwerdeführerin, da der Ausgleichsschuldner auch während eines solchen Verfahrens seine volle zivil- und prozessrechtliche Handlungsfähigkeit behalte. Auch die Uneinbringlichkeit der Sozialversicherungsbeiträge bei der Beitragsschuldnerin bedürfe keiner weiteren Nachprüfung, da das im Jahre 1990 eröffnete Konkursverfahren mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 22. März 1993 mangels Kostendeckung aufgehoben worden sei. Strittig sei hingegen die Frage, ob die Beschwerdeführerin die ihr als Geschäftsführerin der Beitragsschuldnerin obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt habe. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringe, die bei der Beitragsschuldnerin aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge seien zu Unrecht zur Zahlung vorgeschrieben worden, weil es sich diesbezüglich nicht um Dienstnehmer, sondern um Subunternehmer gehandelt habe, so sei ihr entgegen zu halten, dass mit rechtskräftigem Bescheid des Landeshauptmannes vom 1. Februar 1993 die den aushaftenden Sozialversicherungsbeiträgen zu Grunde liegende Beitragsnachverrechnung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bestätigt worden sei. Im Übrigen seien im Haftungsverfahren Einwendungen gegen die Richtigkeit der Beitragsvorschreibungen unbeachtlich. Demnach gingen auch die Einwendungen der Beschwerdeführerin, sie habe mangels Geschäftsführerfunktion zur damaligen Zeit die Beitragsnachverrechnung nicht bekämpfen können, ins Leere. Die Beschwerdeführerin mache ferner geltend, dass ihre Rechtsansicht, es handle sich bei den im angeführten Sozialrechtsverfahren als sozialversicherungspflichtige Dienstnehmer festgestellten Personen um Subunternehmer und nicht um Dienstnehmer, vertretbar sei, weshalb sie an der nicht ordnungsgemäßen Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge kein Verschulden treffe. Darauf sei zu erwidern, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu in derartiger Weise gestalteten Rechtsverhältnissen in jenen Fällen, in denen ein Vertragsverhältnis nur zwischen Arbeitnehmer und Verleiher bestehe und dieses so gestaltet sei, dass der zur persönlichen Leistung verpflichtete Arbeitnehmer seiner Zurverfügungstellung an den Entlehner ausdrücklich zustimme, die Einordnung in den Betrieb dieses Dritten, die Gebundenheit an die von ihm zugestandene Arbeitszeit und an seine Weisungen sowie die Unterworfenheit unter seine Kontrolle nur als Konkretisierung der gegenüber dem Verleiher weiter bestehenden persönlichen Abhängigkeit anzusehen sei (z.B. Erkenntnis vom 23. Mai 1985, Zlen. 84/08/0070, 85/08/0011). Unter Bedachtnahme auf diese Rechtsprechung habe die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der Beitragsschuldnerin nicht ohne weitere Erkundigung davon ausgehen können, dass die von ihr gewählte Rechtskonstruktion jedenfalls kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis darstelle. Bei Vorliegen eines Grenzfalles sei der Meldepflichtige ganz besonders verhalten, sich unter genauer Darlegung der einzelnen Momente der konkreten Beschäftigung über die Vertretbarkeit seiner Beurteilung dieser Beschäftigung bei der Behörde und/oder einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person oder Stelle Gewissheit zu verschaffen. Eine Sorgfaltspflichtverletzung liege nur dann nicht vor, wenn der Meldepflichtige trotz ausführlicher Darlegung der einzelnen Momente der konkreten Beschäftigung von der Behörde oder einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung berufenen Person bzw. Stelle die dezidierte Auskunft erhalten habe, es bestehe keine Versicherungspflicht für diese Beschäftigung. Der die Beschwerdeführerin beratende Betriebsberater Hans S. habe in seiner Einvernahme angegeben, dass über die Frage der Pflichtversicherung bei einem Rechtsanwalt ein Rechtsgutachten eingeholt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe jedoch über Aufforderung das entsprechende Rechtsgutachten nicht beibringen können, weshalb davon auszugehen sei, dass entsprechende Nachforschungen nicht betrieben worden seien.
Hinsichtlich der eingewandten Verjährung sei festzustellen, dass die Beiträge die Jahre 1987 und 1988 betreffen würden. Mit Beitragsnachverrechnung vom 3. Oktober 1990 - sohin innerhalb der auf den gegenständlichen Sachverhalt auf Grund der Meldeverstöße anzuwendenden fünfjährigen Verjährungsfrist - habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine die Verjährung des Feststellungsrechtes gemäß § 68 Abs. 1 ASVG unterbrechende Maßnahme getroffen. Mit Bescheid vom 29. September 1992, welcher dem Masseverwalter im über das Vermögen der Beitragsschuldnerin eröffneten Konkursverfahren am 5. Oktober 1992 zugestellt worden sei, sei die Verpflichtung zur Zahlung der aushaftenden Beiträge festgestellt worden. Maßnahmen zur Verjährungsunterbrechung wirkten, auch wenn sie nur gegen den Zahlungspflichtigen gesetzt worden seien, in gleicher Weise gegen den Beitragsmithaftenden. Der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 29. September 1992 sei vom Masseverwalter bekämpft worden. Von festgestellten Beitragsschulden im Sinn des § 68 Abs. 2 ASVG könne demnach erst mit Erlassung des Bescheides des Landeshauptmannes vom 1. Februar 1993 gesprochen werden, sodass erst ab diesem Zeitpunkt gegenüber der Beschwerdeführerin die zweijährige Verjährungsfrist des § 68 Abs. 2 ASVG zu laufen begonnen habe. Da der Haftungsbescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bereits am 4. November 1992 ergangen sei, gehe die Einwendung betreffend die Verjährung des Rechtes auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden ins Leere.
Die von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zur Haftung vorgeschriebenen Beiträge seien lediglich um jenen Betrag, hinsichtlich dessen die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse gemäß § 13a IESG befriedigt worden sei, zu kürzen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften unter anderem die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Zu den im § 67 Abs. 10 ASVG genannten "zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen" gehören auch die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. September 1989, Zl. 88/08/0283).
Die Beschwerdeführerin war in der Zeit vom 28. Juli 1987 bis 18. März 1989 Geschäftsführerin der Beitragsschuldnerin. Die aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge betreffen den Zeitraum vom 23. März 1987 bis 3. Juni 1988.
In der Beschwerde wird unter anderem vorgebracht, die Beitragsnachverrechnung sei gegenüber der Beschwerdeführerin nicht rechtswirksam geworden. Die Beschwerdeführerin sei lediglich bis zum 13. März 1989 Geschäftsführerin der Beitragsschuldnerin gewesen. Weder der Beitragsbescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 29. September 1992 noch der bestätigende Bescheid des Landeshauptmannes vom 1. Februar 1993 seien ihr zugegangen. Die Beitragsschuld sei nicht nachvollziehbar und bei weitem überhöht.
Zu diesem im Wesentlichen bereits im Verwaltungsverfahren erhobenen Vorbringen hat die belangte Behörde die Auffassung vertreten, dass die dem Haftungsverfahren zu Grunde liegende Beitragsnachverrechnung mit rechtskräftigem Bescheid des Landeshauptmannes vom 1. Februar 1993 bestätigt worden sei. Im Verfahren zur haftungsweisen Heranziehung des Geschäftsführers für ausständige Sozialversicherungsbeiträge seien Einwendungen gegen die Richtigkeit der Beitragsvorschreibungen unbeachtlich. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin, sie habe mangels Geschäftsführerfunktion zum damaligen Zeitpunkt die Beitragsnachverrechnung bzw. den Bescheid betreffend die Beitragsnachverrechnung nicht bekämpfen können, gingen daher im Haftungsverfahren ins Leere.
Dem wäre dann beizupflichten, wenn die Beschwerdeführerin noch nach der Rechtskraft des Beitragsbescheides Geschäftsführerin der Beitragsschuldnerin gewesen wäre, weil sie dann als solche verpflichtet gewesen wäre, deren "Judikatschuld" zu erfüllen. Eine schuldhafte Nichterfüllung der rechtskräftig geschuldeten Beiträge zöge demgemäß eine entsprechende Haftung der Beschwerdeführerin nach sich.
Die Beschwerdeführerin war aber zum Zeitpunkt der Erlassung des betreffenden Bescheides nicht mehr Geschäftsführerin: Im Beschwerdefall ist vielmehr davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin am Beitragsverfahren nicht einmal als Vertreterin der Beitragsschuldnerin beteiligt gewesen ist. Der Beitragsnachverrechnungsbescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse stammt nämlich vom 29. September 1992, die Beschwerdeführerin hat ihre Geschäftsführertätigkeit jedoch bereits mit März 1989 beendet.
Ohne in eine - aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles nicht erforderliche - nähere Erörterung der Reichweite der Bindungswirkung eines Beitragsbescheides eintreten zu müssen, wird bei einer solchen Fallkonstellation dem Haftpflichtigen das Recht einzuräumen sein, im Haftungsverfahren (erstmals) zielführende Einwendungen gegen das Bestehen der Beitragsschuld zu erheben. Die vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 22. Dezember 1998, Zl. 94/08/0079 vertretene - nicht tragende -
Auffassung, das Bestehen einer Beitragsschuld sei im Haftungsverfahren eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG, solange darüber nicht rechtskräftig abgesprochen worden sei, wird insoweit nicht aufrecht erhalten.
Die Beschwerdeführerin hat in diesem Zusammenhang im Einspruch gegen den Haftungsbescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse im Wesentlichen vorgebracht, die Beitragsschuldnerin habe sich zur Erfüllung der von ihr entgegen genommenen Aufträge jeweils selbstständiger Subunternehmer bedient, die auf Werkvertragsbasis für die Beitragsschuldnerin tätig gewesen seien. Diese Subunternehmer seien weder in persönlicher noch in wirtschaftlicher Abhängigkeit zur Beitragsschuldnerin gestanden, weshalb für diese Personen keinerlei Sozialversicherungspflicht bestanden habe.
Auf Grund ihrer verfehlten Rechtsansicht, dass Einwendungen gegen die Richtigkeit der Beitragsvorschreibung unbeachtlich seien, hat sich die belangte Behörde mit diesem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht auseinander gesetzt. Sie belastete deshalb den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebührenersatz war wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) nicht zuzuerkennen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.
Aus Gründen der Verfahrensökonomie sieht sich der Verwaltungsgerichtshof noch zu folgenden Ausführungen veranlasst:
Was das Vorbringen anlangt, die Beitragsschuld sei nicht nachvollziehbar und überhöht, so ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführerin nach Ausweis der Verwaltungsakten mit Schreiben der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 17. Juni 1992 eine Beitragsnachverrechnung übermittelt worden ist. Darin sind die rückständigen Beiträge für jeden Versicherten näher aufgeschlüsselt.
Zur Frage einer allfälligen Verjährung der Beiträge ist Folgendes anzumerken:
Nach § 68 Abs. 1 ASVG idF der am 1. Jänner 1992 in Kraft getretenen 50. ASVG- Novelle, BGBl. Nr. 676/1991, verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen bei Beitragsschuldnern und Beitragsmithaftenden binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird.
Im Beschwerdefall ist hinsichtlich der den Zeitraum März 1987 bis Juni 1988 betreffenden Beiträge § 68 Abs. 1 ASVG in der Fassung der 50. ASVG-Novelle anzuwenden. Von der Beitragsschuldnerin wurden nämlich keinerlei Meldungen erstattet, weshalb zunächst die fünfjährige Verjährungsfrist nach § 68 Abs. 1 ASVG in der Fassung vor der 50. Novelle zum Tragen kommt. Da die ältesten offenen Beiträge März 1987 betreffen, war im Zeitpunkt des Inkrafttretens der 50. ASVG-Novelle am 1. Jänner 1992 diesbezüglich noch keine Verjährung eingetreten und deshalb nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes § 68 Abs. 1 ASVG auch in dieser Fassung anzuwenden (vgl. die Erkenntnisse vom 15. Dezember 1992, Zl. 92/08/0236, vom 22. März 1994, Zl. 93/08/0149, und vom 16. Februar 1999, Zl. 96/08/0334).
Ferner liegt auch eine Unterbrechung der Verjährung vor: Zu den verjährungsunterbrechenden Maßnahmen zählt unter anderem die Vornahme einer Beitragsprüfung (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 12. Mai 1992, Zl. 89/08/0103). Nach der in den Akten erliegenden Beitragsnachverrechnung vom 3. Oktober 1990 geht diese auf eine Beitragsprüfung am 28. Juli 1988 zurück. Diese Unterbrechung währte bis zur bescheidmäßigen Feststellung der Beitragsschulden durch den Bescheid des Landeshauptmannes vom 1. Februar 1993. Da somit bis 31. Dezember 1991 gegenüber dem Beitragsschuldner keine Verjährung eingetreten ist, fehlt es daran auf der Grundlage der 34. ASVG-Novelle auch an einer solchen gegenüber dem Haftpflichtigen. Nach der 50. ASVG-Novelle fehlt es schon deshalb an der Voraussetzung, da der Haftungsbescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bereits am 4. November 1992 ergangen ist.
Wien, am 31. Mai 2000
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1994080095.X00Im RIS seit
11.07.2001