TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/2 VGW-151/074/9114/2017, VGW-151/074/9116/2017

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Veröffentlicht am 02.11.2017
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Entscheidungsdatum

02.11.2017

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
60/04 Arbeitsrecht allgemein
62 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

NAG §8 Abs1 Z1
NAG §41 Abs2 Z4
NAG §41 Abs4
AuslBG §24

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag.a Mandl über die Beschwerde des Herrn Fi. U., geb. am ... 1974, Sta: Mazedonien, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, Zahl MA35-9/3159281-01, mit welchem gemäß § 41 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) idgF iVm § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) idgF der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" abgewiesen wurde und die Beschwerde des Herrn I. U., geb. am ... 1978, Sta: Mazedonien, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 09.05.2017, Zahl MA35-9/3159282-01, mit welchem gemäß § 41 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) idgF iVm § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) idgF der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" abgewiesen wurde,

zu Recht e r k a n n t:

I.     Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG wird den Beschwerden Folge gegeben und der angefochtene Bescheid je aufgehoben.

II.    Dem Erst- und dem Zweit-Beschwerdeführer wird gemäß § 41 Abs. 2 Z 4 NAG je ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ (§ 8 Abs. 1 Z 1 NAG) für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Erstbeschwerdeführer (Erst-BF) und Zweitbeschwerdeführer (Zweit-BF) stellten je am 14.2.2017 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 2 Z 4 NAG, welche Anträge je mit Bescheid der belangten Behörde vom 9.5.2017 abgewiesen wurden. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die von der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien eingeholten Gutachten negativ ausgefallen seien.

Gegen diese Entscheidung wurde Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass die Beschwerdeführer (BF) Gesellschafter-Geschäftsführer der F. GmbH (FN ...) seien, diese je zur Hälfte im Eigentum der BF stehe und von ihnen selbstständig vertreten werde. Die BF würden beabsichtigen, in Österreich langfristig erfolgreich zu sein, verfügten bereits über eine Unterkunft in Wien, in welcher sie unentgeltlich wohnen könnten.

Die beiden Gutachten der Landesgeschäftsstelle des AMS Wien würden auf Tatsachen und Beweisen zum Zeitpunkt der Antragstellung am 14.2.2017 basieren und werde dazu auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen.

Die BF würden nunmehr die verlangten Nachweise über das Vorliegen von nachhaltigem Transfer von Investitionskapital sowie von der Schaffung von Arbeitsplätzen in Österreich vorlegen. Seit Erstattung des zweiten Gutachtens der Landesgeschäftsstelle des AMS Wien sei die Gesellschaft mit zusätzlichem Kapital i.H.v. € 25.000,-- ausgestattet worden und planten die BF auch weiterhin in das Unternehmen zu investieren, um so die Kundenbasis in Österreich nachhaltig auszubauen. In einem weiteren Schritt beabsichtigten die BF qualifiziertes Personal für die Gesellschaft aufzunehmen und sei geplant, einen Kundendienstleiter, einen Account Manager, einen Kreativdirektor, einen Art Direktor, einen Grafikdesigner, einen M.er und einen Büroleiter einzustellen. Die geplanten Arbeitsplätze würden nur dann geschaffen werden können, wenn die BF sich längerfristig in Österreich aufhalten und geschäftlich tätig werden dürften. Mit den nunmehr vorgelegten Unterlagen würden die BF den gesamtwirtschaftlichen Nutzen einer Erwerbstätigkeit in Österreich nachweisen und könne durch die langjährige Expertise und internationale Vernetzung im Bereich Werbung und Marketing ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft in Österreich erwartet werden.

Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, in der Sache selbst zu entscheiden, in eventu den Bescheid aufzuheben und zur Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Der Beschwerde angeschlossen waren:

-    Wohnrechtsvereinbarung (ohne Datum)

-    Ausdruck einer Überweisung von der Sparkasse Bank Makedonija in Skopje an die Erste Group Bank AG in Wien mit einem Betrag von

€ 25.000 vom 14. Juni 2017, 13:14 Uhr, betreffend Konto bei der Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG, ...

-    Kontoauszug der Gesellschaft per 15. Juni 2017 um 12:01 Uhr i.H.v

€ 34.988,45 bei der Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG, ...

-    Stellenbeschreibung für „Direktor des Sektors für Kundendienstleister“

-    Stellenbeschreibung für „Kontomanager“

-    Stellenbeschreibung für „Kreativdirektor“

-    Stellenbeschreibung für „Art-Direktor“

-    Stellenbeschreibung für“ Grafikdesigner“

-    Stellenbeschreibung für „M.er“

-    Stellenbeschreibung für „Büroleiter“

-    Beschwerde-Pauschalgebühren-Beleg.

Am 26.9.2017 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, welche im Wesentlichen folgenden Verlauf hatte:

Der BFV verweist auf das bisherige Vorbringen und bringt ergänzend vor: Die BF sind etablierte Unternehmer im Bereich der Werbewirtschaft in Mazedonien und beantragen den angestrebten Aufenthaltstitel zur beabsichtigten Erweiterung ihres Unternehmens in Österreich. Die BF haben bereits jetzt Kontakt mit österreichischen Kunden, z.B. Erste Bank und der A1-Telekom. Die BF haben weitere Mittel auf das Konto der österreichischen Gesellschaft der F. GmbH in Höhe von € 72.000,-- überwiesen. Die beabsichtigte Mittelverwendung liegt in der Bereitstellung eines adäquaten Büros, der Aufnahme von Mitarbeitern, es sollen unmittelbar 3 Mitarbeiter nach Erteilung des Aufenthaltstitels aufgenommen werden und in weiterer Folge in einem Zeitraum von etwa einem Jahr, jene Mitarbeiter aufgenommen werden, die aus der Stellenbeschreibung Beilage ./4 ersichtlich sind. Gemeinsam mit den bereits überwiesenen Mitteln (Beilage ./2) sollen auch allfällige Sicherstellungen bei Ausschreibungen bereit gestellt werden, die üblicherweise von Werbekunden in Österreich verlangt werden. Die BF haben bereits Gesellschaften in Mazedonien, die dort etablierte Werbeunternehmen darstellen und können dort auf eine breite Kundenbasis verweisen. Die Aufenthaltstitel sind jedoch erforderlich, weil für die Akquisition neuer Kunden eine rasche Verfügbarkeit der beiden BF als Geschäftsführer der österreichischen Gesellschaft erforderlich und branchenüblich ist. Außerdem ist der Aufenthalt in Österreich notwendig, gerade in der Start- und der beabsichtigen Expansionsphase der österreichischen Gesellschaft, um die erforderlichen Schritte als Geschäftsführer im Bereich Personal- und Verwaltung setzen zu können. Die erwähnten mazedonischen Gesellschaften (F. d.o.o. und M. d.o.o.) werden jeweils von den BF als Alleingesellschafter und Geschäftsführer kontrolliert bzw. geführt. Diese Gesellschaften erwirtschafteten im letzten Jahr Umsätze von ca. € 2,6 Mio.. Zum Beweis des ergänzenden Vorbringens werde vorgelegt ein Auszug vom Zentralunternehmensregister (eine Art Firmenbuch) in Skopje, aus dem sich die Gesellschafterstellung und der Umsatz ergeben würden (Beilagen ./5 und ./6), eine Überweisungsbestätigung in Höhe von € 72.000,-- (Beilage ./7), eine Darstellung über die bisherigen Kunden (Beilage ./8) und eine Darstellung über den Businessplan der österreichischen Gesellschaft, hier wird verwiesen auf 3.2 Entwicklung und Investitionsplan und insbesondere 4. Finanzplan und zum Beweis auf die Einvernahme der BF.

Vom BFV wird Herr I. U. namhaft gemacht, in der Angelegenheit detailliert Auskunft zu geben, dieser gibt auf Befragen der Verhandlungsleiterin an:

Unternehmensgegenstand ist eine Werbe- und Marketingagentur, die darauf ausgerichtet ist, mit primär österreichischen Kunden zu agieren, und zwar grafisches und Web-Design.

Auf Frage der Verhandlungsleiterin, warum nicht weiterhin von Mazedonien aus erfolgreich gearbeitet werden soll: Derzeit arbeiten wir nicht für österreichische Kunden, die in Österreich sind, sondern für österreichische Kunden, die in Mazedonien tätig sind und das seit über 10 Jahren, aber gibt es Aussichten, dass auch mit den österreichischen Kunden in Österreich gearbeitet wird. Wir wollen als erstes expandieren, nämlich außerhalb der mazedonischen Grenzen. Derzeit ist Österreich der beste Markt in dieser Region. Die ökonomische Situation in Österreich ist sehr stabil, die Unternehmen sind international und es ist die bestentwickelte Region.

Ich habe Filmproduktion an der Universität in New York studiert und Fi. hat einen Abschluss an der Kunsthochschule in Kopenhagen.

Wir sind beide Eigentümer, ich bin aber mehr Geschäftsführer im Bereich der Administration und Fi. ist der Kreativdirektor der Agentur.

Bei der Adresse Wien, A. handelt es sich um eine temporäre Adresse, derzeit wird im 7. Bezirk gesucht, da es sich in diesem Bezirk um eine sehr kreative Szene handelt. Die Wohnmöglichkeit in Wien, O.-weg, nutzen wir, wenn wir in Wien sind und es wird dort nur gewohnt. Sitz der Gesellschaft soll dort nicht sein. Wir planen 80 – 100 m² für den Bürositz in 1070 Wien und veranschlagen eine Miete von ca. € 1.500,-- monatlich.

Ich gebe an, dass wir derzeit 30 Mitarbeiter in Mazedonien angestellt haben für beide Gesellschaften. Betreffend der Umsätze verweise ich auf die Beilagen ./5 und ./6, es handelt sich dabei um die Umsätze der letzten drei Jahre, es handelt sich um mazedonische Währung, der Wechselkurs ist 61 Dinar 1 €, es ist also alles durch 61 zu teilen. Der Umsatz für beide Gesellschaften im Jahr 2016 war über 2,6 Mio. €.

Das derzeitige Auftragsgebiet liegt in Mazedonien, Albanien, Kosovo und kleine Aktivitäten auch in Serbien und Slowenien.

Auf Vorhalt der Wohnrechtsvereinbarung, Herr O* St*: Er ist ein guter Freund von mir, er arbeitet bei der UNO. Die Vereinbarung stammt vom Beginn dieses Jahres.

Auf Vorhalt der Überweisung von € 25.000,-- mit 14.06.2017: Es ist jenes Konto, auf welches wir die € 72.000,-- überwiesen haben. Diese € 72.000,-- werden für die Ausgaben hinsichtlich der Anmietung eines Büros, für die Einstellung der Mitarbeiter, Einrichtung und Equipment für das Büro, ebenso für die Promotion von zukünftigen Kunden, um sich vorzustellen, verwendet werden. Eine Werbeagentur benötigt mehrheitlich sehr starke Computer mit Graphikprogrammen sowie Foto- und Videoequipment.

Auf Vorhalt der Beilage ./3: Es ist der Kontostand vom 15.06.2017 und der derzeitige Stand ist über € 100.000,--. Es ist ein Konto bei der Ersten Bank, es sind die € 72.000,-- dorthin überwiesen worden.

Auf Vorhalt der Stellenbeschreibungen laut Beschwerde: Der Büroleiter in Mazedonien hat nicht immer einen Universitätsabschluss, aber meistens studieren diese, alle anderen Stellen benötigen einen Universitätsabschluss.

Auf Frage des BFV, warum ein österreichischer Büroleiter einen Universitätsabschluss benötigt, gebe ich an: das liegt daran, dass ein Büroleiter mit Universitäts-Abschluss einen reifere Art hat, an Kunden heranzugehen und sich seriöser verhält, besonders wenn man ein Büro eröffnet, benötigt man jemanden, der besondere Fähigkeiten mit Excel und Kommunikation hat. Die anderen Universitätsstudien sollen sein: Marketing, Kommunikations-wissenschaften.

Auf Frage der Verhandlungsleiterin, von wem diese Stellenbeschreibungen erstellt wurden: sie wurden von mir erstellt, es handelt sich immer um dieselben Stellenbeschreibungen, diese werden auch in den anderen Ländern verwendet.

Bei welcher dieser Stellenbeschreibungen wäre er und sein Bruder einzuordnen: Wir werden nur die Eigentümer sein und die Geschäftsführer, unsere Positionen sind nicht in dieser Aufstellung. Die Hälfte dieser Beschreibungen bezieht sich auf eher administrative Tätigkeiten und die andere Hälfte auf kreative Tätigkeiten.

Auf Vorhalt, es sind sieben Stellenbeschreibung angeführt: Sieben Arbeitnehmer, das ist der Plan für das erste Jahr, dies wird mit 2018 beginnen, da wir Zeit brauchen, um uns zu etablieren.

Auf die Frage, wie groß ist die Versuchung, gute Mitarbeiter aus Mazedonien mitzunehmen und hier anzustellen: Nicht wirklich groß, da sie bereits für die mazedonischen Gesellschaften arbeiten und wir dort sehr viel zu tun haben. Vielleicht würden wir jemanden aus unserer mazedonischen Gesellschaft für ein Training einladen und dieser würde einen Vortrag halten, um neue Mitarbeiter über Geschäftswerte und –inhalte zu schulen.

Auf Frage, wie bei der Akquirierung der Mitarbeiter vorgegangen werden soll: Wir werden online Stellenausschreibung schalten und auch über das AMS akquirieren.

Zur im Behördenverfahren vorgelegten Unterlage (mit Spiralbindung in Akt 9114/2017, der nicht nummeriert ist): Im abgebildeten Haus, ca. 500 m², ist der Sitz beider Unternehmen und dort arbeiten alle Mitarbeiter.

Ich gebe an, dass wir den Preis … gewonnen haben und dies ist einer der wichtigsten Preise in dieser Branche weltweit. Wir haben auch mehrere Preise für die Marke … in Berlin gewonnen.

Auf Vorhalt der Stellungnahme vom 23.03.2017 im behördlichen Verfahren - es wird von weiteren drei Gesellschaften gesprochen: Es gab keine Änderungen seit März 2017. Die dritte Gesellschaft heißt Cinema F., dabei handelt es sich um eine Produktionsfirma für TV-Serien. Diese Firma spielt hier keine Rolle, diese Firma ist neu gegründet.

Auf Vorhalt, dass bis zu 20 Angestellte, speziell Designers, Webprogrammierer, Eventmanagers angestellt werden sollen laut dieser Stellungnahme: Dies natürlich nicht ab sofort, sondern in weiterer Folge. Ich gehe davon aus, dass es, um ein Unternehmen zu etablieren, ca. drei Jahre dauert. Wir denken bzw. erwarten, dass wir in 6 – 7 Jahren diese Anzahl an Mitarbeitern haben werden. Das ist eine realistische Einschätzung, optimistisch gesehen kann es auch sehr viel schneller gehen.

Auf Frage, in welche „neuen Länder“ laut Stellungnahme im behördlichen Verfahren expandiert werden soll: Das bedeutet, dass wir auch an den Märkten in Slowenien und Deutschland interessiert sind. Wenn wir dorthin expandieren, dann wird dies aus Österreich sein und nicht aus Mazedonien.

Auf Frage zur derzeitigen Auftragslage: Wir sind in Kontakt mit zukünftigen Kunden, da aber die Gesellschaft derzeit nicht operativ tätig ist, haben wir noch keine Kundenliste für Österreich. Wir werden mit Unternehmen beginnen, die wir bereits kennen wie z.B. mit Telekom Austria und Erste Bank.

Auf Vorhalt Beilage ./8: Es soll nur ein kleiner Auszug von dem sein, war wir bereits geschaffen haben bzw. ein Ausdruck unserer Tätigkeiten.

Alle Beilagen werden dem Sachverständigen zur Einsichtnahme überreicht.

Auf Frage des BFV, ob noch weitere Geldmittel der österreichischen Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden, wenn alles geregelt ist: wir planen, unsere Kunden in Österreich zu akquirieren und wir haben die Mittel, um weitere Investitionen zu tätigen, damit auch dieses Unternehmen unabhängig tätig sein kann. Wir planen, auch unsere Geschäftstätigkeit in Österreich zu erweitern. Unsere Medienagentur arbeitet mit TV- und Radiostationen, mietet TV-Seiten und stellt diese den Kunden zur Verfügung. Wir kaufen TV-Zeit und Werbeflächen in Zeitungen.

Der BFV befragt Herrn Fi. U. betreffend Stellenbeschreibung (Beilage ./4), Gehälter und Finanzplan in Punkt 4. (Spiralblock) und ab wann Gewinne für die Gesellschaft erwartet werden: ca. im Jahr 2020, wir sehen das nicht als Verlust, sondern als ein Return-Investment. Wir werden die notwendigen Mittel haben, weil die mazedonische Gesellschaft eine sehr stabile ist. Unsere Gesellschaft ist bereits seit 14 Jahren aktiv.

Auf Frage der Verhandlungsleiterin, worin der zusätzliche Impuls für die österreichische Wirtschaft liegt, bringt der BFV vor: der Impuls für die österreichische Wirtschaft ergibt sich aus der beabsichtigten Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze und aus einer Tätigkeit im hochqualifizierten Bereich von Advertising, was sich nicht zuletzt an den bisherigen Kundenbeziehungen zeigt. Auf die vorgelegten Unterlagen wird verwiesen.

Der Sachverständige gibt an, den zusätzlichen Impuls für die Wirtschaft im gegebenen Fall nicht zu sehen und hält seine beiden Gutachten aufrecht. Ergänzt werde, dass in Wien laut Auskunft der Fachgruppe Marketing in der Wirtschaftskammer ca. 8.773 Unternehmen im Werbe- und Marketingsektor tätig sind. Die Schaffung der Arbeitsplätze sei gemäß § 24 AuslBG zu beurteilen.

Auf Frage des BFV gibt der Sachverständige an: In Bezug auf die Qualifikation und bisherige Tätigkeit der BF kann ich keine Aussage treffen. Die 8.773 Unternehmen sind Mitglieder der Wirtschaftskammer; es ist richtig, dass diese Zahl keine Information über Umsatz und Investitionskapital gibt.

Auf Frage der Verhandlungsleiterin gibt der BFV an, es soll das Gewerbe Werbeagentur angemeldet werden.

Der BFV gibt zum Gutachten des AMS vom 04.04.2017 an: Die Schlussfolgerung des Gutachters, Seite 2 unten, ist aus heutiger Sicht auf Grund der zwischenzeitig vorgelegten Unterlagen und der Einvernahme des Herrn I. U. nicht mehr schlüssig. Die Schlussfolgerung auf Seite 3, 3. Absatz, berücksichtigt nicht die Qualifikation und die beabsichtigte Tätigkeit der BF mit ihrem Unternehmen in Wien.

Mit Schriftsatz vom 27.9.2017 führten die BF ihren rechtlichen Standpunkt weiter aus.

Nach hg. Unterlagennachforderung wurde fristgerecht vorgelegt:

-      Kontoauszug betreffend das Konto bei der Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG, ... für den Zeitraum bis 26. September 2017,

-      Aufstellung „Gesamtumsätze – Projektion“ der F. GmbH für die Jahre 2017 bis 2021,

-      Gewinn- und Verlustrechnung der F. GmbH für die Jahre 2017 bis 2021,

-      Finanzierungsplan der F. GmbH für die Jahre 2017 bis 2021,

-      Aufstellung „Festaufwendungen und Investitionstätigkeit“ der F. GmbH für die Jahre 2017 bis 2021,

-      Aufstellung „Betriebskosten“ von F. GmbH für 2017, 2018, 2019, 2020, 2021.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Aufgrund des Aktes der belangten Behörde, der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Urkunden und dem Ergebnis der durchgeführten mündlichen Verhandlung wird nachstehender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Der Erst-BF (Fi. U.) ist am … 1974, der Zweit-BF (I. U.) ist am … 1978 geboren, beide BF sind mazedonische Staatsangehörige. Der Reisepass des Erst-BF hat eine Gültigkeit bis 16.3.2019, der Reisepass des Zweit-BF hat eine Gültigkeit bis 5.5.2020.

Die F. GmbH (FN ...) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 5.10.2016 gegründet und am 10.1.2017 in das Firmenbuch eingetragen. Geschäftsführer und Gesellschafter sind der Erst- und Zweit-BF. Die Geschäftsführer vertreten selbstständig. Sitz der Gesellschaft ist laut Firmenbuchauszug Wien. Die BF beabsichtigen ihren Firmensitz in 1070 Wien und suchen derzeit Objekte, wobei eine monatliche Miete von ca. € 1500,-- veranschlagt wird.

Die BF sind Geschäftsführer von zwei Unternehmen bzw. Gesellschaften in Mazedonien, welche dort in Marketing und Werbung tätig sind. Es handelt sich hierbei um F. DOOEL Skopje, gegründet 2.2.2004, und M. DOOEL Skopje, gegründet 20.5.2011, je mit Sitz in Skopje. Eine dritte Gesellschaft der BF in Mazedonien hat nach Aussage des einvernommenen BF im gegenständlichen Verfahren keine Bedeutung.

Mit F. DOOEL Skopje wurden laut „Zentralregister der Republik Mazedonien Register der Jahresabschlüsse“ im Jahr 2014 ca. € 6.423,--, im Jahr 2015 ca. € 68.871,-- und im Jahr 2016 ca. € 54.328,-- Gewinn (gerundet) umgerechnet erwirtschaftet.

Mit M. DOOEL Skopje wurde laut „Zentralregister der Republik Mazedonien Register der Jahresabschlüsse“ umgerechnet gerundet im Jahr 2014 ca. € 56.615,--, im Jahr 2015 ca. € 74.806,-- und im Jahr 2016 ca. € 24.885,-- Gewinn erwirtschaftet.

Der Umsatz betrug laut „Zentralregister der Republik Mazedonien Register der Jahresabschlüsse“ für beide Gesellschaften im Jahr 2016 ca. € 2,6 Mio
(€ 1,671.969,-- F. + € 1,016.756,-- M.). An Gesamtkosten ergeben sich aus dem „Register Jahresabschlüsse“ umgerechnet gerundet € 2,592.359,--. Aus dem in der Verhandlung vorgetragenen Umsatz von ca. € 2,6 Mio errechnet sich demnach ein Gewinn für beide Gesellschaften für das Jahr 2016 in Höhe von gerundet € 79.213,--.

Die Mitarbeiterzahl stieg in den Jahren 2014 bis 2016 bei beiden Gesellschaften um drei Mitarbeiter auf derzeit 30 bei F. DOOEL Skopje und auf derzeit vier Mitarbeiter bei M. DOOEL Skopje.

In der mündlichen Verhandlung hat der einvernommene BF angegeben, dass derzeit 30 Mitarbeiter am Standort in Skopje für beide Gesellschaften beschäftigt seien und nicht geplant sei, Personal von diesem Standort abzuziehen, um sie in der Gesellschaft in Österreich zu beschäftigen. Es ist daher von jedenfalls 30 Mitarbeitern in den Unternehmen in Skopje auszugehen.

Die BF wollen sich mit der in Österreich gegründeten Gesellschaft in Wien etablieren und von hier aus ihre österreichischen Kunden betreuen, sowie den Markt Slowenien und Deutschland bedienen. Die Unternehmen der BF in Mazedonien haben bereits seit einigen Jahren österreichische Unternehmen als Kunden, wobei diese österreichischen Unternehmen nicht in Österreich, sondern in Mazedonien tätig sind. Nunmehr wollen die Geschäftsführer der beiden Gesellschaften (die BF) diese österreichischen Kunden auch von Österreich aus bedienen, weshalb der Standort Wien ausgewählt wurde. Das derzeitige Auftragsgebiet umfasst laut Aussage des BF in der mündlichen Verhandlung hauptsächlich Mazedonien, Albanien, Kosovo und zu einem geringen Teil Serbien und Slowenien.

In einer im Verfahren vorgelegten Präsentationsmappe der F. GmbH (Beilage./8) werden als Referenzen unter anderem angeführt: die Automarken …, die Lebensmittelmarken …, die Zigarettenmarke …, aus dem Bankensektor …. Offenkundig handelt es sich hierbei um Marken, welche in Europa und weltweit bekannt sind.

Die angeführte Präsentationsmappe enthält ebenso eine Aufstellung von diversen internationalen Prämierungen und Auszeichnungen aus den Jahren 2007, 2010 und 2011.

Die BF verfügen über eine Wohnmöglichkeit in Wien, welche unentgeltlich von einem Freund zur Verfügung gestellt wird. Eine Wohnrechtsvereinbarung liegt vor.

Die BF sind laut eingeholtem Sozialversicherungsdatenauszug bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft seit 13.2.2017 sozialversichert.

Die gutachterlichen Stellungnahmen des AMS Wien vom 23.2.2017 und vom 4.4.2017 kamen zusammengefasst zum Ergebnis, dass kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen im Sinne des § 24 AuslBG vorliege. Der zur Verhandlung beigezogene Sachverständige hat dazu in der mündlichen Verhandlung ergänzt, dass es in Wien laut Daten der Wirtschaftskammer 8.773 Unternehmen am Werbung- und Marketingsektor gäbe.

Nach hg. Recherche im Internet, welche bei „Werbeagentur Wien“ über tausend Treffer ergab, ist der Aussage des Sachverständigen zu folgen, welche von den BF auch nicht bestritten wurde. Demnach gibt es in Wien derzeit 8.773 Unternehmen auf dem Werbung- und Marketingsektor, welche gleichzeitig auch Mitglieder der Wirtschaftskammer sind.

Wenn von den BF geltend gemacht wurde, dass diese Zahl keine Aussage über Umsatz und Investitionskapital treffe, so ist dem nicht entgegenzutreten. In diesem Zusammenhang ist jedoch auf die oben dargestellten Wirtschaftsdaten der Unternehmen der BF für das Jahr 2016 zu verweisen, welche zwar einen namhaften Umsatz, jedoch einen durch beträchtliche Gesamtkosten geschmälerten Gewinn für beide Gesellschaften in Höhe von € 79.213,-- ergeben. Im Fall der beiden Gesellschaften der BF in Mazedonien ist gegenständlich daher eine Aussage über Investitionsmöglichkeiten und Umsatz möglich.

Des Weiteren wurde in der Verhandlung eine am selben Tag erfolgte Überweisung auf das Konto der F. GmbH in Wien in Höhe von
€ 72.000,-- vorgelegt, welche im Lichte der sich aus dem „Register der Jahresabschlüsse“ ergebenden Daten einen beträchtlichen Kapitaltransfer für die Gesellschaften der BF darstellt. Dass nunmehr über € 100.000,-- auf diesem Konto liegen, wurde durch den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Kontoauszug vom 26.9.2017 nachgewiesen. Der Kontoauszug der Erste Bank vom 26.9.2017 beginnt mit 13.1.2017 und nennt einen alten Kontostand von
€ 17.474,49. Neben diversen Abbuchungen sind am 14.6.2017 € 25.000,-- und am 26.9.2017 € 72.000 Einzahlungen erfolgt, sodass sich ein Guthaben in Höhe von € 101.595,63 per 26.9.2017 ergibt.

Die Aufteilung dieser € 72.000,-- soll nach Aussage des einvernommenen Zweit-BF wie folgt erfolgen: Anmietung eines Büros, Einstellung von Mitarbeiter, Beschaffung von Einrichtung und Equipment für das Büro, wie z.B. sehr starke Computer, Grafikprogramme, Foto- und Videoausrüstung. Diese Aussage findet Deckung und Stütze in der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Aufstellung „Festaufwendungen und Investitionstätigkeit“ von F. GmbH für die Jahre 2017-2021.

In der Aufstellung „Festaufwendungen und Investitionstätigkeit“ von F. GmbH werden für die Jahre 2017-2021 der Kauf von Anlagegütern unter Anführung von Einzelpreisen und Mengen sowie Investitionen Dienstleistungen dargestellt. Demnach hebt sich der für das Jahr 2017 für den Kauf von Anlagegütern (Computer, Arbeitstische, Konferenztisch, Stühle (Arbeiten), Konferenzstühle, Büroschränke, Drucker/Scanner, Laptop, Telefone, Video-/Telefonkonferenzgeräte, Fernsehgerät) angeführte Betrag und der für „Investieren Dienstleistungen“ (Innenarchitektur von Büros, Einrichten eines Computernetzwerks, Servers und Internet, Webseite (Design und Domain), Werbematerialien (persönliche Karten, Branding vom Büro usw.) genannte Betrag deutlich von den Folgejahren ab. Der veranschlagte Betrag nimmt mit den Jahren ab, was aus Sicht des Gerichtes betriebswirtschaftlich nachvollziehbar ist.

Die BF beabsichtigen sieben Mitarbeiter in Vollzeit nach einer gewissen Anlaufzeit am Standort Wien zu beschäftigen. Den der Beschwerde angefügten Stellenbeschreibungen sind die jeweiligen Anforderungen zu entnehmen. Es handelt sich dabei durchwegs um Stellen mit akademischer Anforderung, wobei vor allem Universitätsabsolventen aus den Studienrichtungen Marketing und Kommunikationswissenschaften gefragt sind. Die beiden BF sind bei keiner dieser Stellenbeschreibungen mitumfasst. Sie wollen sich auf die Leitung und den Aufbau konzentrieren. Die Stellenbeschreibungen gelten nach der Aussage des einvernommenen BF in den gesamten Unternehmen und sind von dort übernommen.

Dass selbst für die Büroleitung ein Universitätsabschluss gefordert werde, wurde damit begründet, dass mit einer Universitätslaufbahn ein seriöses und professionelles Auftreten einhergehe, dies sei besonders in der Aufbauphase von Bedeutung und seien besondere Fähigkeiten wie Excel und Kommunikation gefragt. In den Unternehmen in Mazedonien seien die Büroleiter ebenso Universitätsabsolventen oder würden studieren. Nach Ansicht des Gerichtes ist der Einsatz von Mitarbeitern mit bestimmter Qualifikation für bestimmte Aufgaben im Unternehmen eine unternehmerische Entscheidung und wird der Arbeitsmarkt mit samt seinen kollektivvertraglichen Bestimmungen diese unternehmerische Anforderung letztlich jedenfalls mitbestimmen.

Die Aufstellung zu Betriebskosten für die Jahre 2017-2021 gliedert sich in „pro Jahr“- und „Monatlich“-Angaben, wobei für das Jahr 2017 die Kosten für November und Dezember in Höhe von € 34.079,-- angeführt werden. Die Gesamtbetriebskosten werden in diesen Aufstellungen jeweils in Gesamtlohnkosten (Kontomanager, Grafikdesigner (Teilzeit – 20 Stunden), Büroleiter (Teilzeit – 20 Stunden) usw.), fixe Betriebskosten (Miete und Nebenkosten (100-150 m² Bürofläche), Betriebskosten, Büromaterial usw.) und Nichtbetriebskosten (Bankgebühren, Zinsen für Investitionen, sonstige Aufwendungen) gegliedert und als Prozentsatz der jährlichen Steigerung der Betriebskosten 10 % angegeben. Werden für das Jahr 2018 Gesamtbetriebskosten in der Höhe von jährlich € 157.044,-- angegeben, so stehen diesen für das Jahr 2021 jährliche Betriebskosten in Höhe von
€ 366.665,-- gegenüber, welche Erhöhung sich vor allem in einer (prognostizierten) Aufstockung des Personals ausdrückt.

Dass in der Verhandlung der einvernommene Zweit-BF noch ausgesagt hat, dass sieben Arbeitnehmer beschäftigt werden sollen, in der danach vorgelegten Aufstellung der Betriebskosten jedoch lediglich drei Arbeitnehmer veranschlagt sind und die Arbeitnehmerzahl pro Jahr um einen Arbeitnehmer steigt, sodass erst im Jahr 2021 von sieben Arbeitnehmern auszugehen ist, ist in Zusammenhang mit einer weiteren Aussage zu sehen, wonach die Anzahl der Mitarbeiter bei einer optimistischen Annahme auch schneller steigen kann. Demnach beruht die vorgelegte Unterlage auf einer vorsichtig optimistischen Prognose.

In der Aufstellung „Gesamtumsätze – Projektion“ sind Umsatzprognosen für den Zeitraum 2018 bis 2021 dargestellt, welche erkennbar von einer Zunahme von Kunden und von steigenden Gesamteinnahmen im Jahr 2018 in Höhe von
€ 211.301,-- auf € 468.943,-- im Jahr 2021 ausgehen. Der Zusammenhang zwischen Kundenaquisition und Umsatz ist aus Sicht des Gerichtes offenkundig und bedarf keiner weiteren Würdigung.

In der vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung wird von einem „Nettogewinn (Verlust) nach Steuern“ für das Jahr 2017 von € -34.579,--, für das Jahr 2018 von € 35.368,--, für das Jahr 2019 von € 47.896,--, für das Jahr 2020 von

€ 48.418,-- und für das Jahr 2021 von € 72.621,-- ausgegangen.

Im Finanzierungsplan der F. GmbH werden Finanzierungsquellen für die Jahre 2017 bis 2021 dargestellt. Danach sind für das Jahr 2017 als Gesamtinvestition € 17.500,-- (Aktionärsvermögen, Eigenkapital) und als Finanzierungsquellen insgesamt € 114.500,-- genannt. Nach der dargestellten Prognose steigen die Finanzierungsquellen insgesamt bis ins Jahr 2021 auf € 468.943,--.

Es handelt sich bei den vorgelegten Unterlagen um Prognosen, welche von den BF aufgrund ihrer Erfahrung und unternehmerischen Einschätzung erstellt wurden und welche ggf. im nachfolgenden Verlängerungsverfahren an Geltung gewinnen können.

Einsicht wurde genommen in das Zentrale Fremdenregister des Bundesministers für Inneres, das Zentrale Melderegister, das Firmenbuch und in die Daten der Sozialversicherung.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 8 Absatz 1 Z 1 NAG berechtigt der Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung oder ein Gutachten gemäß §§ 20d Absatz 1 Z 1 bis 4 oder 24 AuslBG erstellt wurde.

Gemäß § 41 Abs. 2 Z 4 NAG kann Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 24 AuslBG vorliegt.

Gemäß § 41 Absatz 4 NAG ist der Antrag ohne weiteres abzuweisen, wenn das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in einem Verfahren über den Antrag zur Zulassung im Fall des § 24 AuslBG negativ ist.

Gemäß § 24 AuslBG hat die nach der beabsichtigten Niederlassung der selbstständigen Schlüsselkraft zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice binnen drei Wochen das im Rahmen des fremdenrechtlichen Zulassungsverfahrens gemäß § 41 NAG erforderliche Gutachten über den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit, insbesondere hinsichtlich des damit verbundenen Transfers von Investitionskapital und/oder der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zu erstellen. Vor der Erstellung dieses Gutachtens ist das Landesdirektorium anzuhören.

Die Behörde stützt die Abweisung der Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung der beantragten Aufenthaltstitel auf den Umstand, dass die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien ein negatives Gutachten erstellt habe.

Zu den grundsätzlichen Erfordernissen eines Gutachtens judiziert der Verwaltungsgerichtshof in stRspr, dass ein solches einen Befund und das eigentliche Gutachten ieS enthalten muss. Der Befund ist die vom Sachverständigen – wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden – vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten ieS. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteils (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber wieder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung in ihrer Entscheidung zu Grunde legt, wird ihre Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (vgl. VwGH 17.2.2004, 2002/06/0151). Das Verwaltungsgericht hat weiters im Rahmen der Begründung seiner Entscheidung ein Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen, und ist daher gehalten, sich im Rahmen der Begründung des Bescheides mit dem Gutachten auseinanderzusetzen und es entsprechend zu würdigen, zumal an die Begründung einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes auch insofern dieselben Anforderungen zum Tragen kommen wie bezüglich verwaltungsbehördlicher Entscheidungen nach dem AVG (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, VwGH 18.2.2015, Ra 2014/03/0045 ua).

Das im verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten des Arbeitsmarktservices Wien vom 23.2.2017, ergänzt durch die gutachterliche Stellungnahme vom 4.4.2017, kommt zum Schluss, dass die BF nicht als selbständige Schlüsselkraft im Sinne des § 24 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes anzusehen sind. Nach umfassender Verfahrensergänzung im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren – so wurden etwa eine mündliche Verhandlung zur Sache durchgeführt und Unterlagen vorgelegt – hielt der Amtssachverständige des Arbeitsmarktservices Wien seine gutachterlichen Stellungnahmen aufrecht.

Zum Verfahren betreffend die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 41 Absatz 1 Z 4 NAG judiziert der Verwaltungsgerichtshof, dass zwar § 41 Abs. 3 Satz zwei NAG (nunmehr § 41 Abs. 4 letzter Satz NAG) im Zusammenhang mit der Erteilung von Niederlassungsbewilligung ausspricht, dass der Antrag ohne weiteres abzuweisen ist, wenn das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in einem Verfahren über den Antrag zur Zulassung als selbständige Schlüsselkraft (§ 24 AuslBG) negativ ist. Dies bedeutet aber – bei verfassungskonformer Interpretation – nicht, dass das Gutachten durch den Antragsteller nicht entkräftet oder widerlegt werden kann bzw. dass die Behörde an ein unschlüssiges Gutachten gebunden wäre. Vielmehr gilt auch in Bezug auf die Würdigung dieses Beweismittels, dass die im § 45 AVG verankerten allgemeinen Verfahrensgrundsätze der materiellen Wahrheit, der freien Beweiswürdigung und des Parteiengehörs uneingeschränkt Anwendung finden (vgl. VwGH 23.9.2010, 2008/21/0618 ua).

Der Verwaltungsgerichtshof sprach zum gegebenen Zusammenhang aus, dass sich aus § 24 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergibt, dass für die Beurteilung, ob eine - beabsichtigte - selbständige Tätigkeit zur Stellung als "Schlüsselkraft" führt, der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich ist. Bei der Beurteilung, ob ein derartiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliegt, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und/oder ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen dient. Der Gesetzgeber stellt also darauf ab, dass ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist. Dieser Impuls muss jedenfalls durch die selbständige Tätigkeit des Fremden bewirkt werden. Dies bedeutet, dass die unternehmerischen Entscheidungen, die den zusätzlichen positiven Impuls für die Wirtschaft erwarten lassen, vom Fremden selbst getroffen werden müssen (vgl. VwGH, 18. Mai 2006, Zl. 2005/18/0525, VwGH, 14. Dezember 2006, Zl. 2003/18/0258; VwGH, 16. Jänner 2007, Zl. 2005/18/0190 sowie zuletzt etwa VwGH, 6. August 2009, Zl. 2008/22/0382). In diesem Zusammenhang judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung weiters, dass die Zahlung der Stammeinlage grundsätzlich keinen Transfer von Investitionskapital iSd § 24 AuslBG darstellt (vgl. etwa VwGH, 5. Mai 2011, 2008/22/0309, VwGH, 22. Juli 2011, Zl. 2009/22/0354).

Im gegebenen Zusammenhang ist festzuhalten, dass die BF im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachweisen konnten, einen Betrag in der Höhe von € 101.595,63 von Mazedonien nach Österreich überwiesen zu haben. Ein Betrag in der Höhe von € 17.500,-- diente der Einzahlung der Stammeinlage und kann daher unter Beachtung der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als Investitionen im Sinne des § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetzes gewertet werden. Fest steht, dass die BF einen Betrag von € 72.000,-- in die F. GmbH investieren. Diese Mittel wurden tatsächlich von Mazedonien nach Österreich transferiert. Die BF haben im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dargelegt, wie diese Mittel eingesetzt, sowie dass Arbeitnehmer beschäftigt werden sollen. Somit ist festzuhalten, dass den in den gutachterlichen Stellungnahmen des Arbeitsmarktservice Wien beschriebenen Bedingungen zur Qualifikation der BF als selbstständige Schlüsselkraft genüge getan wurde.

Zum gegebenen Zusammenhang ist des Weiteren festzuhalten, dass das angestrebte Gewerbe in Österreich und insbesondere in Wien evidenter Maßen durch einen besonderen Wettbewerb und eine Unternehmerdichte qualifiziert ist. Wie auch in den eingeholten gutachterlichen Stellungnahmen des Arbeitsmarktservice Wien zum Ausdruck gebracht und vom Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung mit über achttausend beziffert, sind in diesem Bereich bereits ausreichend viele Mitbewerber etabliert, womit nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien ein zusätzlicher Impuls im Sinne des § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetzes durch die bloße Überweisung eines Betrages in der angeführten Höhe und die Inaussichtstellung weitere Investitionen und Expansionsabsichten für sich genommen nicht zu erwarten ist. Auch die Beschäftigung von drei Arbeitnehmern, wobei nach den vorgelegten Unterlagen von Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen auszugehen ist, stellt für sich genommen keinen zusätzlichen Impuls für die österreichische Wirtschaft dar. Dem gegenüber steht das seit 14 Jahren in Mazedonien bestehende Unternehmen, welches 30 Arbeitnehmer beschäftigt und unter der Leitung der beiden BF namhafte Unternehmen bedient sowie mit internationalen Auszeichnungen prämiert wurde. Durch diesen Umstand legten die BF dar, dass sie über Kontakte verfügen und in der Lage sind, weitere Kunden zu akquirieren, was wiederum mit einem zusätzlichen Bedarf an Arbeitskräften einhergehen würde. Im Fall der Erteilung der begehrten Aufenthaltstitel würden die BF als Geschäftsführer selbst tätig werden und entsprechende Ideen beisteuern, wobei eine Aufgabenteilung grob dahin besteht, dass ein BF den administrativen und der andere BF den kreativen Bereich leitet. Letzteres wurde durch die dargelegte Ausbildung der BF, der langjährigen einschlägigen Berufserfahrung, der bereits bestehenden Kundenbeziehungen und den Auszeichnungen glaubhaft gemacht.

Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass ein zusätzlicher Impuls für die österreichische Wirtschaft durch die Erteilung der begehrten Aufenthaltstitel an die BF zu erwarten ist, weil die BF im strategischen Bereich der F. GmbH tätig werden würden und durch bereits getätigte sowie glaubhaft in Aussicht gestellte künftige Investitionen ein zu erwartender zusätzlicher Bedarf an Arbeitskräften im angestrebten Geschäftsfeld einen positiven Impuls für die heimische Wirtschaft darstellen könnte.

Ebenso scheinen die allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung der begehrten Aufenthaltstitel erfüllt. Der Anspruch auf eine ortsübliche Unterkunft wurde nachgewiesen, die BF sind sozialversichert und stehen dem Aufenthalt der BF keine öffentlichen Interessen entgegen.

Da die Voraussetzungen für die beantragten Aufenthaltstitel gegenständlich erfüllt waren, war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Befristung der erteilten Aufenthaltstitel gründet auf § 20 Abs. 1 NAG.

Abschließend ist anzuführen, dass eine allfällige Verlängerung des begehrten Aufenthaltstitels nur dann infrage kommt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für dessen Erteilung weiterhin vorliegen. Die Behörde wird daher im Falle der Einbringung eines Verlängerungsantrages durch die BF genau zu überprüfen haben, ob diese einen festen Wohnsitz im Bundesgebiet tatsächlich begründet haben und ihre Geschäftsführertätigkeit auch tatsächlich ausüben, was durch die bloße Begründung eines Hauptwohnsitzes und Eintragung als Geschäftsführer des Unternehmens im Firmenbuch alleine nicht erwiesen werden kann. Vielmehr wird zu überprüfen sein, ob die BF das beschriebene Geschäftsfeld tatsächlich aktiv als Geschäftsführer betreuen und ob hieraus Umsätze tatsächlich erzielt werden. Auch wird zu überprüfen sein, ob die in Aussicht gestellten weiteren Investitionen durch die BF in das Unternehmen erfolgten und wie sich die Arbeitnehmerdichte entwickelt hat.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Sachverständigenbeweis, Beweismittel, freie Beweiswürdigung, Parteiengehör, selbständige Schlüsselkraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.151.074.9114.2017

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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