TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/29 VGW-151/081/11756/2017

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Veröffentlicht am 29.11.2017
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Entscheidungsdatum

29.11.2017

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
19/05 Menschenrechte

Norm

NAG §2 Abs1 Z9
NAG §8 Abs1 Z8
NAG §11
NAG §21 Abs3
NAG §47 Abs1
NAG §47 Abs2
EMRK Art. 8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Szep über die Beschwerde der Frau J. A., geb.: 1973, StA: Nigeria, Wien, W.-gasse, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 12.07.2017, Zahl MA35-9/3030500-02, mit welchem der Antrag vom 17.11.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Familienangehöriger" gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 iVm § 47 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG abgewiesen wurde,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, wurde der Antrag vom 17. November 2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin Familiengemeinschaft mit ihrem minderjährigen Sohn begehre. Ihr Antrag auf Erteilung einer Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts wäre auf Grund des Vorliegens einer Aufenthaltsehe mit Herrn R. H zurückgewiesen und die dagegen eingebrachte Beschwerde abgewiesen worden. Auch stehe fest, dass ihr Sohn, welcher auf Grund seiner Geburt während der aufrechten Ehe der Rechtsmittelwerberin mit Herrn H die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten habe, nicht von ihrem Ehegatten abstamme. Als Mutter eines minderjährigen österreichischen Staatsbürgers wäre sie kein Familienangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG. Auch wäre nicht davon auszugehen, dass es für ihre österreichische Ankerperson bedeuten würde, „de facto“ Österreich und das Gebiet der Europäischen Union verlassen zu müssen, wenn ihr kein Aufenthaltstitel erteilt wird.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde führte die Rechtsmittelwerberin im Wesentlichen Nachstehendes aus:

„Der Bescheid wird seinem gesamten Umfange nach angefochten.

Als Beschwerdegründe werden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Der gegenständliche Bescheid greift in mein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben ein. Bei den Feststellungen der erkennenden Behörde, lässt diese teilweise eine schlüssige Begründung vermissen, teilweise widerspricht sie rechtsstaatlichen und europarechtlichen Grundsätzen.

Ich bin Mutter meines am … 2014 geborenen Sohnes T. A.. Mein Sohn ist österreichischer Staatsbürger und lebt mit mir gemeinsam in Österreich.

Zum einen versagt mir die erkennende Behörde die Ausstellung eines Aufenthaltstitels, zum anderen behauptet diese, dass sich in meinem Fall keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe ergeben. ln der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Zambrano, C - 34/09. stellt dieser fest, dass der Kerntatbestand der Unionsbürgerrechte jedenfalls beeinträchtigt ist, wenn ein minderjähriger Unionsbürger aus dem Gebiet der europäischen Union ausreisen müsste, um seinen drittstaatsangehörigen Eltern, weil diesen kein Aufenthaltsrecht gewährt wurde, zu folgen.

Dass mein dreijähriger Sohn dazu gezwungen wäre die Union zu verlassen, wenn ich ausreisen müsste ist offensichtlich. Die Auffassung des EuGH hat der VwGH auch in seiner Rechtsprechung übernommen (vgl. VwGH vom 21.12.2011. Zl. 2009/22/0054).

Die erkennende Behörde setzt sich über die tatsächliche Aktenlage hinweg und trifft ihre Entscheidung auf Grundlage einer Spekulation über Zukünftiges. Wenn die Behörde angibt, dass mein Sohn „jedoch lediglich derzeit noch österreichischer Staatsbürger“ ist, dann überschreitet sie ihre Befugnisse und missachtet den aktuellen tatsächlichen Sachverhalt.

Ich stelle deshalb, aus all den oben genannten Gründen den

ANTRAG

Das Landesverwaltungsgericht möge dieser Beschwerde Folge geben und den angefochtenen Bescheid im antragsstattgebenden Sinne abändern.

Abschließend beantrage ich für meine Einvernahme die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.“

Nach Durchführung des Beweisverfahrens ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der als erwiesen angenommen wird:

Mit Eingabe vom 17. November 2016 beantragte die nunmehrige Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ und legte dar, dass sie die Familienzusammenführung mit ihrem minderjährigen Sohn, T. A., begehre.

Nach Belehrung hinsichtlich der Möglichkeit der Einbringung eines Zusatzantrags nach § 21 Abs. 3 NAG brachte die Rechtsmittelwerberin einen solchen Antrag mit Eingabe vom 24. November 2016 ein und brachte dabei im Wesentlichen Nachstehendes vor:

„Wie ich auf dem Antragsformular bei der Antragstellung am I6.11.2016 bekanntgab, habe ich einen österreichischen Sohn der auf meine ständige Anwesenheit und Unterstützung in Österreich angewiesen ist und ihm nicht zugemutet werden kann gemeinsam mit mir nach Nigeria zwecks Antragstellung zu reisen. Ich stelle erneut den Antrag gemäß § 21 Abs. 3 NAG auf Zulassung der Inlandsantragstellung.

Weiters übermittle ich die bei der Antragstellung angeforderten Unterlagen und gebe bekannt, dass ich mit meinem Gatten in Unfrieden lebe, die Forführung der Ehe ungewiss ist.

Weiters ist meinem österreichischem grundrechtlich die Rücksicht geboten. Nach Art. 24 EuGRC haben Kinder Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen erforderlich ist. Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher Stellen oder privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein. Darüber hinaus hat jedes Kind Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen. Ich habe deshalb eine Grundrecht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 7 EuGRC und im Recht auf rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schutz der Familie nach Art 33 EuGRC.

Aufgrund meiner Beziehung und der im erweiterten Sinne Unterhaltsgewährung zum österreichischen Kind, besitze ich ohnehin ein auf das Primärrecht der EU gestütztes Aufenthaltsrecht in Österreich-siehe Urteil Zambrano C-34/09, vom 08.03.2011 und Urteil Dereci C-256/11 vom 15.11.2011. Wegen der Unionsbürgerschaft meiner Tochter aus Art. 20 AEUV kommt mir damit aus dem Primärrecht ein Aufenthaltsrecht zu.“

Bei der am … 1975 geborenen Beschwerdeführerin handelt es sich um eine nigerianische Staatsbürgerin.

Die Rechtsmittelwerberin ist seit dem 30. Jänner 2008 mit dem österreichischen Staatsangehörigen R. H verheiratet. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung einer Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts gemäß § 54 NAG wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. August 2015, Zahl MA35-9/3030500-01, auf Grund des Vorliegens einer Aufenthaltsehe, zurückgewiesen. Die dagegen rechtzeitig eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 31. März 2016, Zl. VGW-151/016/11360/2015, als unbegründet abgewiesen. Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. Juli 2016, Zl. Ra 2016/22/0058, zurückgewiesen, wobei begründend ausgeführt wurde, dass das Verwaltungsgericht Wien zutreffend davon ausgegangen sei, dass der Tatbestand der Aufenthaltsehe erfüllt ist.

Der Sohn der Beschwerdeführerin, T. A., erwarb auf Grund des Umstandes, dass dieser während der aufrechten Ehe mit Herrn R. H geboren wurde, die österreichische Staatsbürgerschaft. Es steht jedoch auf Grund der übereinstimmenden Angaben der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten im Verwaltungsverfahren bzw. im vorangegangen verwaltungsgerichtlichen Verfahren fest, dass der am … 2014 geborene minderjährige T. A. nicht von Herrn R. H abstammt. Nach den im Zuge ihrer Einvernahme in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien am 31. März 2016 im Beschwerdeverfahren zur Zahl VGW-151/016/11360/2015 getätigten Angaben handelt es sich bei dem biologischen Vater des minderjährigen T. A. um einen nigerianischen Staatsangehörigen.

Die Beschwerdeführerin ist seit dem 9. Oktober 2009 in Österreich behördlich gemeldet. Seit dem 17. März 2016 weist sie an der Anschrift Wien, W.-gasse, gemeinsam mit ihrem Sohn einen Hauptwohnsitz auf.

Die Rechtsmittelwerberin ist seit 3. August 2009 in Österreich bei verschiedenen Arbeitgebern erwerbstätig. Seit dem 4. Juli 2016 ist sie bei Herrn S. B. beschäftigt.

Die Beschwerdeführerin hat Sprachkenntnisse auf Niveau A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erlangt, welche sie durch ein Sprachdiplom des ÖIF vom 5. Juli 2014 bescheinigte.

Zu diesen Feststellungen gelangte das Gericht auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:

Die getätigten Feststellungen gründen sich auf den insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde durch die Beschwerdeführerin beantragt. Da sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt jedoch vollumfänglich der Aktenlage entnehmen lässt, in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und die Erteilung bzw. Versagung von Aufenthaltstiteln kein „civil right“ im Sinne des Art. 6 EMRK darstellt und Art. 47 der Grundrechtecharta der Europäischen Union ebenso als nicht einschlägig erscheint, konnte die Entscheidung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergehen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG ist Familienangehöriger im Sinne dieses Bundesgesetzes wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner; Ehegatten und eingetragene Partner müssen das 21. Lebensjahr zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vollendet haben; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels.

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 8 NAG berechtigt der Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zur befristeten Niederlassung mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ (Z 7) zu erhalten.

Gemäß § 47 Abs. 1 NAG sind Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 dieser Norm Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

Gemäß § 47 Abs. 2 NAG ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

Gemäß § 11 Abs. 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1.  gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2.  gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3.  gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4.  eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5.  eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6.  er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

Gemäß § 11 Abs. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.  der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.  der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.  der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.  der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.  durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6.  der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat und

7.  in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

§ 11 Abs. 3 NAG normiert, dass ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden kann, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

Gemäß § 292 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beträgt der Wert der vollen freien Station EUR 284,32.

Gemäß § 293 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beträgt der Richtsatz

a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,  

aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der

eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben 1 334,17  €,

bb) wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen  889,84 €,

b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder

Pension nach § 259       889,84 €,

c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:  

aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres    327,29 €,

falls beide Elternteile verstorben sind    491,43 €,

bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres    581,60 €,

falls beide Elternteile verstorben sind    889,84 €.

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 137,30 € für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

Gemäß § 29 Abs. 1 NAG hat der Fremde am Verfahren mitzuwirken.

Gemäß § 21 Abs. 1 NAG sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.

Gemäß § 21 Abs. 2 Z 1 NAG sind abweichend von Abs. 1 zur Antragstellung im Inland Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts berechtigt.

Gemäß § 21 Abs. 3 NAG kann die Behörde abweichend von Abs. 1 auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist:

1.  im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls oder

2.  zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).

Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren.

Die Behörde stützte die Abweisung des Antrags der Beschwerdeführerin auf Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels im Wesentlichen darauf, dass die Rechtsmittelwerberin kein Familienangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG sei.

Einleitend ist der belangten Behörde darin zu folgen, dass Familienangehöriger nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG lediglich Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind (Kernfamilie) sowie weiters der eingetragene Partner ist. Somit ging die Behörde grundsätzlich zu Recht von der Unanwendbarkeit des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG im vorliegenden Falle aus, zumal die Mutter eines minderjährigen Kindes nicht von dieser Legaldefinition erfasst ist.

Allerdings sprach der Verwaltungsgerichtshof im gegebenen Zusammenhang auch aus, dass zur Erzielung eines konventionsgemäßen Ergebnisses der Begriff „Familienangehöriger“ in § 46 Abs. 4 NAG 2005 von der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 9 leg. cit. „abzukoppeln“ ist. Besteht ein aus Art. 8 EMRK ableitbarer Anspruch auf Familiennachzug, so ist als „Familienangehöriger“ in § 46 Abs. 4 NAG demnach aus verfassungsrechtlichen Gründen auch jener - nicht im Bundesgebiet aufhältige - Angehörige erfasst, dem ein derartiger Anspruch zukommt (vgl. VwGH, 13. November 2012, Zl. 2011/22/0074). Besteht ein aus Art. 8 EMRK ableitbarer Anspruch auf Familiennachzug, so ist als "Familienangehöriger" in § 46 Abs. 4 NAG 2005 aus verfassungsrechtlichen Gründen auch jener Angehörige erfasst, dem ein derartiger Anspruch zukommt, auch wenn er sich nicht im Bundesgebiet aufhält. Dass ein im Rahmen von "Begriffsbestimmungen" festgelegtes Verständnis eines Terminus nicht in jedem Fall dazu zwingt, diesen innerhalb eines Gesetzes stets im Sinn der Legaldefinition auszulegen, belegt das NAG selbst. So wird in § 2 Abs. 1 Z 10 NAG 2005 als "Zusammenführender" ein - bestimmte Voraussetzungen erfüllender - Drittstaatsangehöriger definiert, während in § 47 NAG 2005 als "Zusammenführende" Österreicher, EWR-Bürger oder Schweizer Bürger erfasst werden (vgl. VwGH, 26. Juni 2013, Zl. 2011/22/0278).

In Anwendung dieser Judikatur ist daher trotz des klaren und eindeutigen Wortlautes des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG in „Abkoppelung“ von der durch die Behörde im Sinne des Legalitätsprinzips zu vollziehenden Norm und deren „Auslegung“ außerhalb ihres Sinnes und somit außerhalb der eindeutigen Anordnung der Legaldefinition – nur so kann diese Judikatur verstanden werden – trotz des eindeutig fehlenden Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels zu prüfen, ob die Erteilung zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens nicht dennoch aus den Rücksichten des Art. 8 EMRK als geboten erscheint. Eine derartige Prüfung entsprechend dieser, nach Ansicht des erkennenden Mitgliedes des Verwaltungsgerichtes Wien mit den grundsätzlichen Anforderungen des Legalitätsprinzips konkurrierenden Judikatur, ergibt unter Anwendung auch der weiteren einschlägigen Normen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes nachstehendes Bild:

Wie sich bereits aus der Aktenlage ergibt, hält sich die Beschwerdeführerin im Bundesgebiet auf, wobei sie in Österreich seit dem 9. Oktober 2009 durchgehend hauptgemeldet ist und nunmehr seit 4. Juli 2016 einer unrechtmäßigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine solche Konstellation wie im oben angeführten Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof liegt im vorliegenden Fall, in dem sich die Beschwerdeführerin im Bundesgebiet aufhält, somit nicht vor. Ihr ist nach den Bestimmungen des NAG - anders als in jenem Fall, der dem erwähnten Erkenntnis des VwGH vom 17. November 2011 zugrunde lag - zur Durchsetzung ihrer aus Art. 8 EMRK resultierenden Ansprüche gesetzlich die Möglichkeit eingeräumt, gerade darauf gestützt die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, nunmehr geregelt im 7. Hauptstück des Asylgesetzes 2005, zu beantragen (vgl. §§ 54 ff. AsylG). Daher ist es aber auch mit Blick auf Art. 8 EMRK im gegenständlichen Fall nicht geboten, vom in § 2 Abs. 1 Z 9 NAG festgelegten Begriff des Familienangehörigen abzuweichen (vgl.  dazu insbesondere VwGH vom 5. Mai 2011, Zl. 2011/22/0111; VwGH vom 20. August 2013, Zl. 2013/22/0176).

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die oben angeführte Judikatur des Höchstgerichts immer auf den Einzelfall abstellt, zumal grundsätzlich bei Fehlen einer besonderen Erteilungsvoraussetzung eine Abwägung nach Art. 8 EMRK nicht vorzunehmen ist (vgl. VwGH vom 17. April 2013, Zl. 2010/22/0204, mwN). Es ist somit stets zu prüfen, ob eine „Abkoppelung“ des Begriffs „Familienangehöriger“ von der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG zur Erzielung eines der EMRK gemäßen Ergebnisses notwendig ist. Dass dies auf Grund des Aufenthalts der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet im vorliegenden Fall nicht erforderlich ist, wurde soeben dargelegt.

Darüber hinaus steht im gegenständlichen Fall auf Grund der im Verwaltungsverfahren und dem vorangegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren erzielten Ermittlungsergebnisse fest, dass es sich bei der Ehe der Beschwerdeführerin mit Herrn R. H um eine Aufenthaltsehe handelt und der während dieser Ehe geborene T. A. nicht der Sohn des Herrn R. H ist. Diesbezüglich legte die Rechtsmittelwerberin in der im Beschwerdeverfahren zur Zahl VGW-151/016/11360/2015 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien am 31. März 2016 dar, dass es sich bei dem biologischen Vater des minderjährigen T. A. um einen nigerianischen Staatsangehörigen handle.

Zur Frage, ob der zusammenführende Sohn der Beschwerdeführerin nunmehr überhaupt österreichischer Staatsangehöriger ist, ist eingangs festzuhalten, dass gemäß § 7 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – StbG in Österreich geborene Kinder die Staatsbürgerschaft mit dem Zeitpunkt der Geburt insbesondere erwerben, wenn in diesem Zeitpunkt entweder die Mutter gemäß § 143 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches – ABGB Staatsbürgerin oder der Vater gemäß § 144 Abs. 1 Z 1 ABGB Staatsbürger ist. Gemäß § 144 Abs. 1 Z. 1 ABGB, JGS Nr. 946/1811 idF. BGBl. I Nr. 15/2013, ist dabei Vater des Kindes der Mann, der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet ist oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist. Somit ist derjenige Mann, welcher Ehegatte der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes ist, als der Vater dieses Kindes anzusehen. Auf Grund dieser Ehelichkeitsvermutung erwirbt das Kind kraft Abstammung ex lege die österreichische Staatsbürgerschaft, wenn es sich bei dem Ehegatten seiner Mutter um einen österreichischen Staatsangehörigen handelt (vgl. § 7 Abs. 1 StbG iVm. § 144 Abs. 1 ABGB).

Wiewohl dem minderjährigen T. A. auf Grund der gemäß § 144 Abs. 1 Z. 1 ABGB vermuteten ehelichen Abstammung ein Staatsbürgerschaftsnachweis ausgestellt wurde, ist erwiesen, dass er nicht von einem österreichischen Staatsbürger abstammt, sondern beide Elternteile nigerianische Staatsangehörige sind. Das Verwaltungsgericht Wien verkennt nicht, dass die Rechtsvermutung der Ehelichkeit des Kindes nach § 144 Abs. 1 Z. 1 ABGB – welche den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft kraft Abstammung mit sich bringt - lediglich durch eine gerichtliche Entscheidung, mit der festgestellt wird, dass das Kind nicht vom Ehemann der Mutter abstammt, widerlegt werden kann (vgl. § 140 ABGB, §§ 151 iVm. 148 ABGB). Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bleibt das nach § 144 ABGB begründete Abstammungsverhältnis solange bestehen, als es nicht auf dem gesetzlich vorgesehenen Weg beseitigt wird (vgl. § 140 ABGB), und ist eine selbständige Beurteilung der - durch Anerkenntnis oder gerichtliche Feststellung begründeten - Abstammung oder Nichtabstammung im Rahmen einer Vorfragenprüfung ausgeschlossen (vgl. OGH vom 28. Mai 2013, Zl. 8Ob49/13h; 10Ob71/15m). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat – unter Hinweis auf Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozessrechts, Wien 1984, Rz. 2368 ff. - ausgesprochen, dass lediglich das Urteil, mit dem einer Klage auf Bestreitung der ehelichen Geburt stattgegeben wird, die Rechtsvermutung der Ehelichkeit mit allseitiger Wirkung ex tunc beseitigt. In dem vor dem VwGH gegenständlichen Fall, in welchem durch Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer nicht der Ehe seiner Mutter mit einem österreichischen Staatsbürger entstammt, hielt das Höchstgericht fest, dass der Beschwerdeführer lediglich von seiner Geburt bis zur Rechtskraft des Urteils als Person, der die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 7 Abs. 1 StbG zukommt, galt (vgl. VwGH vom 25. Juni 1997, Zl. 96/01/1170; VwGH vom 19. September 2012, Zl. 2009/01/000).

Auf Grund dieser gesetzlichen Regelungen und der Rechtsprechung der Höchstgerichte liegt es somit im Ermessen des Kindes bzw. des Mannes, der Ehegatte der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes war, die Feststellung der Nichtabstammung beim Gericht zu beantragen und somit – in einer Fallkonstellation wie der gegenständlichen, in welcher sowohl die Mutter als auch der biologische Vater Drittstaatsangehöriger ist, - in gewisser Weise selbst über die Staatsangehörigkeit des Kindes zu entscheiden (vgl. § 151 Abs. 2 ABGB). Das Verwaltungsgericht Wien verkennt nicht, dass auch im Falle eines Vaterschaftsanerkenntnisses die Möglichkeit besteht, dass sich ein österreichischer Staatsangehöriger trotz besseren Wissens als biologischer Vater deklariert. Es erscheint jedoch nach Ansicht des gefertigten Mitglieds des erkennenden Gerichts als rechtsstaatlich bedenklich, dass der während des Vorliegens einer zwischen seiner Mutter und einem österreichischen Staatsbürger geschlossenen Aufenthaltsehe gezeugte Sohn der Beschwerdeführerin bis zur Erlassung eines gerichtlichen Urteils als österreichischer Staatsbürger gilt, wobei überdies auf Grund der diesbezüglichen Darlegungen der Mutter des Rechtsmittelwerbers erwiesen ist, dass sein biologischer Vater nigerianischer Staatsangehöriger ist. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage aufzuwerfen, ob die Rechtsvermutung der Ehelichkeit nach dem Telos der Bestimmung des § 144 Abs. 1 Z. 1 ABGB nicht nur im Falle einer schützenswerten Ehe im Sinne des Art. 8 EMRK greift, sondern sich auch auf festgestellte Aufenthaltsehen bezieht. So folgert der Oberste Gerichtshof aus den §§ 40, 41, 138 Abs. 1 (nunmehr § 144 Abs. 1) und 163 Abs. 1 (nunmehr § 148) ABGB, dass das familienrechtliche Verhältnis der Verwandtschaft zwischen Vater und Kind an die durch den Zeugungsakt biologisch bedingte Abstammung anknüpft, leibliche Vaterschaft im Sinn der Blutsverwandtschaft der Rechtsvermutung des § 138 Abs. 1 (nunmehr § 144 Abs. 1) ABGB denknotwendig zugrunde liegt (vgl. OGH vom 20. Mai 1981, Zl. 6Ob4/81). Das Eingehen einer Aufenthaltsehe zielt jedoch darauf ab, dem Fremden einen Aufenthaltstitel durch das Begründen eines Angehörigenverhältnisses zu verschaffen, sodass gerade nicht davon auszugehen ist, dass einer solchen Scheinehe ein Kind entstammt. Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Verwaltungsgerichts Wien bleibt für den Bestand der Rechtsvermutung der Ehelichkeit eines Kindes nach Feststellung des Vorliegens einer Aufenthaltsehe dessen Eltern kein Raum und gilt ein während einer Aufenthaltsehe gezeugtes Kind lediglich von seiner Geburt bis zur Rechtskraft des Bescheides, mit welchem das Vorliegen einer Aufenthaltsehe festgestellt wurde, als österreichischer Staatsbürger gemäß § 7 Abs. 1 StbG. Jede andere Auslegung der Bestimmung des § 144 Abs. 1 Z. 1 StbG würde letztlich mit sich bringen, dass auch eine Aufenthaltsehe als schützenswerte Ehe im Sinne des Art. 8 EMRK anzusehen ist und somit die Vollziehung fremdenrechtlicher Bestimmungen torpedieren.

Da im gegenständlichen Fall – wie bereits dargelegt – eine „Abkoppelung“ des Begriffs „Familienangehöriger“ von der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG schon alleine auf Grund des Aufenthalts der Rechtsmittelwerberin im Bundesgebiet ausgeschlossen ist, können weitergehende Überlegungen zur Frage, ob der zusammenführende Sohn der Beschwerdeführerin überhaupt noch als österreichischer Staatsbürger anzusehen ist, dahingestellt bleiben. Vielmehr obliegt es dem Amt der Wiener Landesregierung diese Rechtsfrage als zuständige Staatsbürgerschaftsbehörde in einem entsprechenden Feststellungsverfahren abzuklären.

Somit hatten auch weitere Ausführungen etwa betreffend das Vorliegen der weiteren Erteilungsvoraussetzungen bzw. das Nichtvorliegen von Erteilungshindernissen zu unterbleiben. Auch eine Abwägung im Sinne des Art. 8 EMRK war aus den erwähnten Gründen nicht mehr vorzunehmen.

Vor diesem Hintergrund ist weiters festzuhalten, dass der minderjährige Sohn der Beschwerdeführerin auf Grund der Verweigerung des begehrten Aufenthaltstitels auch nicht de facto gezwungen wäre, das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen.

In diesem Zusammenhang ist eingangs festzuhalten, dass der EuGH im Urteil vom 15. November 2011, Rechtssache C-256/11, Dereci u.a., unter Hinweis auf das Urteil vom 8. März 2011, Rechtssache C-34/09, Zambrano, ausgesprochen hat, dass Art. 20 AEUV nationalen Maßnahmen entgegensteht, die bewirken, dass den Unionsbürgern der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen dieser Status verleiht, verwehrt wird. Das Kriterium der Verwehrung des Kernbestands der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, bezieht sich auf Sachverhalte, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Unionsbürger de facto gezwungen sieht, nicht nur das Gebiet des Mitgliedstaats, dem er angehört, zu verlassen, sondern das Gebiet der Union als Ganzes. Es betrifft Sachverhalte, in denen - obwohl das das Aufenthaltsrecht von Drittstaatsangehörigen betreffende abgeleitete Recht nicht anwendbar ist – einem Drittstaatsangehörigen, der Familienangehöriger eines Staatsbürgers eines Mitgliedstaats ist, ein Aufenthaltsrecht ausnahmsweise nicht verweigert werden darf, da sonst die Unionsbürgerschaft der letztgenannten Person ihrer praktischen Wirksamkeit beraubt würde. Konkretisierend hat der EuGH dargelegt, die bloße Tatsache, dass es für einen Staatsbürger eines Mitgliedstaats aus wirtschaftlichen Gründen oder zur Aufrechterhaltung der Familiengemeinschaft im Gebiet der Union wünschenswert erscheinen könnte, dass sich Familienangehörige, die nicht die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats besitzen, mit ihm zusammen im Gebiet der Union aufhalten können, rechtfertige für sich genommen nicht die Annahme, dass der Unionsbürger gezwungen wäre, das Gebiet der Union zu verlassen, wenn kein Aufenthaltsrecht gewährt würde (vgl. VwGH, 23. Februar 2012, Zl.2009/22/0158). Diese Prüfung ist nicht mit der Beurteilung nach Art. 8 EMRK gleichzusetzen (VwGH, 20. März 2012, 2008/18/0483).

Im vorliegenden Fall kann kein Indiz dafür gefunden werden, dass die Nichterteilung des beantragten Aufenthaltstitels Fortkommen oder Unterhalt des minderjährigen T. A. in irgendeiner Weise beeinträchtigen würde, zumal die Beschwerdeführerin – wie oben dargelegt – die Möglichkeit hat, einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach dem Asylgesetz 2005 zu beantragen, wobei in einem solchen Verfahren eine Abwägung nach Art. 8 EMRK zu erfolgen haben wird. Des Weiteren hat der minderjährige T. A. die Möglichkeit seinen Anspruch auf Kindesunterhalt gegenüber seinem Vater geltend zu machen. Es kann somit nicht gefunden werden, dass alleine aus der Nichterteilung des begehrten Aufenthaltstitels eine zwingende Ausreise des Sohnes der Rechtsmittelwerberin aus dem Gebiet der Europäischen Union resultieren würde.

Der angefochtene Bescheid erging daher zu Recht und war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

                                                                 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Familienangehöriger, Legaldefinition, Aufenthaltsehe, Rechtsvermutung der Ehelichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.151.081.11756.2017

Zuletzt aktualisiert am

22.01.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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