TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/31 2000/04/0086

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Veröffentlicht am 31.05.2000
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §28 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des Dipl.-HTL-Ing. G in S, vertreten durch Mag. M, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten - nunmehr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit - vom 9. März 2000, Zl. 321.465/1-III/A/9/99, betreffend Nachsicht vom Befähigungsnachweis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das Gewerbe eines technischen Büros auf dem Fachgebiet der Kulturtechnik und Wasserwirtschaft gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 verweigert.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, für die Beurteilung, ob ein Nachsichtswerber die volle Befähigung zur Ausübung des Gewerbes eines technischen Büros auf dem Fachgebiet der Kulturtechnik und Wassertechnik besitze, seien die Bestimmungen des § 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Befähigungsnachweis für das Gewerbe der technischen Büros, BGBl. Nr. 725/1990, maßgebend. Der gemäß Z. 1 lit. a dieser Bestimmung für die Erbringung des Befähigungsnachweises geforderte erfolgreiche Besuch der Studienrichtung für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft - eine höhere berufsbildende Schule sei für dieses Fachgebiet nicht eingerichtet - habe nach der Studienordnung BGBl. Nr. 501/1996 eine Studiendauer von mindestens 10 Semestern und umfasse zwei Studienabschnitte. Der erste Studienabschnitt beinhalte:

Darstellende Geometrie und technisches Zeichnen, Chemie, Physik, Mechanik, Statistik, Elektrotechnik, Mathematik, Botanik, Geologie und Bodenkunde, Baustatik und Festigkeitslehre. Der zweite Studienabschnitt beinhalte: Hochbau, Bauwirtschaft und Baubetrieb, Bodenphysik, Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaften, Abfallwirtschaft, Hydrogeologie, Maschinenkunde, Gewässerkunde und Hydrometrie, wasserwirtschaftliche Planungsmethoden, Verkehrsplanung und Straßenwesen, Ingenieurgeologie, Wasserwirtschaft und Wasserbau, Erd- und Grundbau, Verkehrswesen, konstruktiver Ingenieurbau, agrarische Operationen, Raumplanung und Raumordnung, Vermessung, Fernerkundung und Geoinformation und Hydraulik. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer in Würdigung der von ihm vorgelegten Unterlagen und seines Vorbringens im Jahr 1983 die Reifeprüfung an der Höheren Lehranstalt für Bautechnik-Hochbau der Höheren Technischen Bundeslehranstalt Wiener Neustadt und im Jahr 1991 die Dienstprüfung für den gehobenen technischen Dienst beim Amt der Burgenländischen Landesregierung erfolgreich abgelegt habe, in den Jahren 1984 bis 1987 in einem Architekturbüro mit der Planung von Hochbauten beschäftigt gewesen sei, vom Juli 1987 bis Dezember 1996 beim Amt der Burgenländischen Landesregierung als Bauleiter im Siedlungswasserbau tätig gewesen sei und sich danach bei zwei das gegenständliche Gewerbe ausübenden Kapitalgesellschaften als Projektmanager und handelsrechtlicher Geschäftsführer betätigt habe, könne angenommen werden, dass er in einem bestimmten Umfang die nach § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 725/1990 für die selbständige Ausübung des von ihm angestrebten Gewerbes zu verlangenden Kenntnisse besitze. Es dürfe aber nicht übersehen werden, dass der Beschwerdeführer eine dem Fachgebiet der Kulturtechnik und Wasserwirtschaft entsprechende Studienrichtung an einer inländischen Universität nicht besucht und die von ihm absolvierte fachtheoretische Ausbildung nicht den gesamten Unterrichtsstoff einer solchen Studienrichtung hinsichtlich Inhalt und Umfang umfasst habe. Bei der sich solcherart darstellenden Sachlage könne daher nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer alle zu verlangenden Kenntnisse, insbesondere die fachtheoretischen Kenntnisse, in vollem Umfang besitze. Da auch die bisherige Fachpraxis des Beschwerdeführers schon im Hinblick auf die den Befähigungsnachweis für das gegenständliche Gewerbe festlegenden Vorschriften den ihm fehlenden erfolgreichen Besuch der Studienrichtung Kulturtechnik und Wasserwirtschaft an einer inländischen Universität nicht zu ersetzen vermöge, sei sohin vom Beschwerdeführer ein Ausbildungsstand, der der Erbringung des Befähigungsnachweises für das in Rede stehende Gewerbe gleichzuhalten sei, nicht erreicht worden. Dem Beschwerdeführer fehle somit die Nachsichtsvoraussetzung der vollen Befähigung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides enthält auch Ausführungen, dass das Fehlen von Ausnahmegründen der Erteilung der vom Beschwerdeführer beantragten Nachsicht nach § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 entgegenstehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis, sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs. 4 oder § 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn

1. nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, dass er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlussgründe gemäß § 13 vorliegen, oder

2. eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlussgründe gemäß § 13 vorliegen und

a) dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist,

oder

b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen.

Voraussetzung für die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist das Vorliegen der vollen Befähigung. In diesem Sinne umfasst die Nachsicht nicht die Befähigung (die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen), sondern allein den - normativ - geforderten Nachweis dieser Befähigung. Hiebei bilden die den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften den Maßstab dafür, ob die Nachsichtsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 vorliegen. Die Nachsicht nach § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 darf sohin von vornherein nur erteilt werden, wenn die vom Nachsichtswerber absolvierte Ausbildung mindestens in gleicher Weise wie die in den den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften geforderte Ausbildung das Ausbildungsziel verwirklichen lässt (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/04/0124, und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, wenn der Beschwerdeführer vorbringt, die von der belangten Behörde - mit der wiedergegebenen Rechtsprechung im Einklang stehende - Rechtsmeinung der belangten Behörde nehme dem "§ 28 Abs. 1 GewO 1994" (gemeint wohl dessen Z. 1) den Anwendungsbereich bzw. sei nicht ersichtlich, in welchen Fällen überhaupt eine Nachsicht in Frage komme. Es liegt doch zweifellos im öffentlichen Interesse, einen gewissen Standard fachlicher Leistungen zu sichern, wobei gegen standardisierte, also einheitliche und überschaubare Ausbildungsgänge und Prüfungsanforderungen auch vom Standpunkt der Art. 6 und 18 StGG keine Bedenken bestehen. Neben diesen schon aus Gründen der gebotenen Standardisierung der Anforderungen an gewerbliche Leistungen präzisen (und daher zwangsläufig relativ starren) Anordnungen über die konkreten Befähigungsnachweise sollte es auch (aber auch nur) Personen mit einer davon abweichenden Ausbildung bei Erreichung eines mindestens gleichen Ausbildungszieles im Wege der Nachsicht ermöglicht werden, entsprechende Gewerbeberechtigungen zu erlangen. Der Gesetzgeber berücksichtigte hiebei das Erfordernis der notwendigen Elastizität beim Nachweis der gebotenen (und in den Befähigungsnachweis-Verordnungen sowie Meisterprüfungsordnungen gleichsam standardisierten) Befähigungen durch entsprechende Nachsichtsregelungen (nur) aus dem Grund, weil es von vornherein undenkbar schien, der faktischen Vielfalt unterschiedlicher Ausbildungsgänge in den Verordnungen abschließend Rechnung zu tragen (vgl. dazu VfSlg. Nr. 13.094); es sollte aber nicht eine Nachsicht von der (vollen) Befähigung ermöglicht werden (insofern vom Zweck der Regelung her gesehen anders als § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994).

Wenn der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem vordargestellten Vorbringen geltend macht, er verfüge über ausreichende Kenntnisse bzw. erforderliche bzw. notwendige fachtheoretische Kenntnisse, so vermag er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides unter dem Gesichtspunkt der Anwendung des § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 nicht aufzuzeigen. Dass die vom Beschwerdeführer absolvierte Ausbildung mindestens in gleicher Weise wie die in den den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften geforderte Ausbildung das Ausbildungsziel verwirklichen lasse, wird in der Beschwerde (in konkretisierter Form) gar nicht behauptet.

Gleiches hat auch für die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, der maßgebende Sachverhalt sei nicht (ausreichend) ermittelt worden, zu gelten. Auch diesbezüglich fehlt es - zur Dartuung der Wesentlichkeit eines allfälligen Verfahrensmangels - auch schon an der Behauptung, der Beschwerdeführer verfüge über die volle Befähigung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 im Sinne der oben dargestellten Rechtslage.

Die Verneinung des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 (hinreichende Befähigung) durch die belangte Behörde - wegen des Nichtvorliegens von Ausnahmegründen - wird vom Beschwerdeführer nicht bekämpft.

Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 31. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000040086.X00

Im RIS seit

27.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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