TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/31 94/08/0059

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Veröffentlicht am 31.05.2000
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
14/02 Gerichtsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ASGG §65 Abs1 Z1;
ASGG §74 Abs1;
ASVG §354;
ASVG §355;
AVG §38;
BSVG §182;
BSVG §23;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der T in L, vertreten durch Dr. Johann Kahrer und Dr. Christian Haslinger, Rechtsanwälte in 4910 Ried im Innkreis, Bahnhofstraße 59, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. Dezember 1993, Zl. SV (SanR)-1189/1-1993-Tr/Ma, betreffend Feststellung von Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung der Bauern (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Ghegastraße 1, 1031 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt ab 1. November 1989 eine Erwerbsunfähigkeitspension zuerkannt. In einem zwischen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt anhängigen sozialversicherungsrechtlichen Leistungsstreit über die Höhe ihrer Pension sind dabei für die Zeit Februar 1983 bis Dezember 1988 die jeweiligen Einheitswerte strittig. Mit Beschluss vom 27. April 1993 wurde das Verfahren wegen Präjudizialität dieser strittigen Fragen gemäß § 74 Abs. 1 ASGG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die maßgebenden Beitragsgrundlagen im Verfahren in Verwaltungssachen unterbrochen und die Einleitung des Verfahrens über diese Fragen beim zuständigen Versicherungsträger angeregt.

Mit Bescheid vom 13. Juli 1993 stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt daraufhin unter Berufung auf § 12 B-PVG sowie §§ 23, 39 und 40 BSVG fest, dass auf Grund der folgenden Einheitswerte zur Pensionsversicherung der Beschwerdeführerin folgende Beitragsgrundlagen zu Grunde zu legen seien:

"vom:

Einheitswert:                   monatl.     Beitragsgrundlage

     1.1.1977 bis 31.12.1977    S 56.000,--      S 3.429,--

     1.1.1978 bis 31.12.1978    S 56.000,--      S 3.547,--

     1.1.1979 bis 31.12.1979    S 56.000,--      S 3.777,--

     1.1.1980 bis 30. 6.1980    S 56.000,--      S 3.989,--

     1.7.1980 bis 31.12.1980    S 52.000,--      S 3.704,--

     1.1.1981 bis 31.12.1981    S 52.000,--      S 3.893,--

     1.1.1982 bis 31.12.1982    S 52.000,--      S 4.095,--

     1.1.1983 bis 31. 1.1983    S 59.000,--      S 4.248,--

     1.2.1983 bis 31.12.1983    S 61.000,--      S 4.392,--

     1.1.1984 bis 31.12.1984    S 61.000,--      S 4.568,--

     1.1.1985 bis 31.12.1985    S 61.000,--      S 4.718,--

     1.1.1986 bis 31. 7.1986    S 61.000,--      S 4.912,--

     1.8.1986 bis 31.12.1986    S 60.000,--      S 4.831,--

     1.1.1987 bis 31.12.1987    S 60.000,--      S 5.029,--

     1.1.1988 bis 31.12.1988    S 60.000,--      S 5.185,--"

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Einspruch. Dabei brachte sie im Wesentlichen vor, im Zeitraum Februar 1983 bis Juni 1985 Pensionsbeiträge auf der Grundlage eines Einheitswertes von S 63.000,-- und im Zeitraum Juli 1985 bis Dezember 1988 auf der Grundlage von S 64.000,-- an die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt geleistet zu haben. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätten diese Einheitswerte auch der nunmehrigen Feststellung zu Grunde gelegt werden müssen, weil die Beschwerdeführerin ihre Pensionsbeiträge ausgehend von diesen erhöhten Einheitswertgrundlagen bezahlt habe. Die der Sozialversicherungsanstalt bei der Berechnung unterlaufenen Irrtümer dürften der Beschwerdeführerin nicht zum Nachteil gereichen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch keine Folge gegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt.

Nach der Begründung - soweit für das vorliegende Beschwerdeverfahren von Bedeutung - seien der Beschwerdeführerin die Einheitswerte von S 63.000,-- (ab 1. Februar 1983) bzw. S 64.000,-- (ab 1. Juli 1985) mit Schreiben der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 25. September 1985 bekannt gegeben worden; dies unter Hinweis darauf, dass diese Mitteilung keinen Bescheid im Sinne des AVG darstelle. Bei dieser Einheitswertfeststellung sei allerdings von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt nicht beachtet worden, dass mit Bescheid des Finanzamtes R. vom 19. Juni 1985 der am 19. Dezember 1984 erlassene Wertfortschreibungsbescheid ersatzlos aufgehoben worden sei. Bei der Einheitswertberechnung sei daher rechtswidrig ab 1. Juli 1985 bzw. ab 1. Februar 1983 das Grundausmaß und der Hektarsatz des Wertfortschreibungsbescheides zum 1. Jänner 1984 zur Berechnung herangezogen worden, obwohl das Ausmaß und der Hektarsatz des Hauptfeststellungsbescheides zum 1. Jänner 1979/80 Gültigkeit gehabt hätten. Dieser Bearbeitungsfehler sei erst am 25. Oktober 1989 festgestellt worden. Bei einer Neuberechnung seien die Einheitswerte auf S 59.000,-- bzw. S 60.000,-- herabgesetzt worden. Der Beschwerdeführerin sei dies mit Schreiben vom 15. November 1989 mitgeteilt worden. Auch dieses Schreiben habe den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass es sich dabei um keinen Bescheid im Sinne des AVG handle. Daraufhin habe der Ehegatte der Beschwerdeführerin am 28. November 1989 anlässlich einer Vorsprache bekannt gegeben, dass die aktenkundige Grundabtretung im Jahre 1980 lediglich ein Ausmaß von 0,0655 ha umfasst habe. Weiters sei erstmals bekannt gegeben worden, dass am 29. Juli 1986 eine Übergabe an den Sohn der Beschwerdeführerin im Ausmaß von 0,0960 ha stattgefunden habe. Auf Grund dieser nunmehr objektiv richtigen Unterlagen seien die Beitragsgrundlagen gemäß § 23 Abs. 5 BSVG berichtigt und ein endgültiger Einheitswert ab 1. Februar 1983 in Höhe von S 61.000,-- und ab 1. August 1986 in Höhe von S 60.000,-- festgestellt worden. Bei der Berechnung der Einheitswerte für die Ermittlung des Versicherungswertes nach § 23 BSVG sei jeweils vom tatsächlich vorhandenen bewirtschafteten Grundausmaß auszugehen. Eine Änderung im Grundausmaß sei auch schon vor dem Zeitpunkt der Erstellung eines neuen Einheitswertes durch das zuständige Finanzamt zu berücksichtigen. Dies auch dann, wenn die durch die rückwirkende Grundausmaßänderung bewirkte Einheitswertberechnung eine Herabsetzung und in der Folge eine Rückforderungsverjährung im Sinne des § 40 BSVG ergebe.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser hat die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 1. März 1994, B 289/94, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat eine

schriftliche Äußerung abgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird im Wesentlichen gerügt, dass die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von den mit Schreiben vom 25. September 1985 festgestellten Einheitswerten in Höhe von S 63.000,- bzw. 64.000,- abgegangen sei. Durch die Vorschreibung der darauf basierenden Pensionsversicherungsbeiträge und die Leistung derselben seien die Anspruchsvoraussetzungen für die Erlangung der Pension in einer bestimmten Höhe gesetzt worden.

Gemäß § 74 Abs. 1 ASGG ist dann, wenn unter anderem in einer Rechtsstreitigkeit nach § 65 Abs. 1 Z. 1 ASGG (das ist unter anderem eine Rechtsstreitigkeit über den Umfang eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung) die maßgebende Beitragsgrundlage als Vorfrage strittig ist, das Verfahren zu unterbrechen, bis über diese Vorfrage als Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen rechtskräftig entschieden worden ist, dies einschließlich eines allenfalls anhängig gewordenen Verwaltungsgerichtshofverfahrens. Unter der "maßgebenden Beitragsgrundlage" als "Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen" und damit als "Vorfrage" im Leistungsstreitverfahren kann - vor dem Hintergrund der Abgrenzung von Leistungs- und Verwaltungssachen nach den gemäß § 182 BSVG auch für dieses Gesetz anwendbaren Bestimmungen der §§ 354 und 355 ASVG - nur die Grundlage für die Bemessung der Beiträge und nicht die leistungsrechtliche Bedeutsamkeit dieser Grundlage verstanden werden; letztere stellt vielmehr schon ein Teilmoment der Hauptfrage des Leistungsstreitverfahrens dar (vgl. in diesem Sinne: OGH, SSV-NF 3/143). Das ist entsprechend auf das Verhältnis zwischen Verwaltungs- und Leistungsverfahren vor dem Sozialversicherungsträger anzuwenden (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 16. Mai 1995, Zl. 94/08/0295).

In dem dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorausgegangenen Verwaltungsverfahren ging es daher ausschließlich um die "für die Beitragsbemessung" relevante Feststellung der Beitragsgrundlagen nach § 23 BSVG in den einzelnen Zeiträumen und nicht um die leistungsrechtliche Bedeutsamkeit dieser Feststellungen. Dies übersieht die Beschwerdeführerin, wenn sie die Auffassung vertritt, durch die Vorschreibung der Pensionsversicherungsbeiträge durch die mitbeteiligte Versicherungsanstalt und die Leistung derselben seien die Anspruchsvoraussetzungen für die Erlangung der Pension in einer bestimmten Höhe gesetzt worden.

Die Beschwerdeführerin ist auch nicht im Recht, wenn sie die Auffassung vertritt, der neuerlichen Festlegung der Einheitswerte stehe die Einheitswertfeststellung aus dem Jahre 1985 entgegen. Dabei übersieht sie nämlich, dass ihr diese Beiträge auf Grund eines Schreibens der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 25. September 1985 vorgeschrieben worden sind. Dabei wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Mitteilung kein (der Rechtskraft fähiger) Bescheid im Sinne des AVG sei.

Im Übrigen sind die fehlerhaften Einheitswerte zum Teil auch auf falsche Angaben der Beschwerdeführerin (Grundabtretung) und Verletzung der Meldepflicht (Übergabe an den Sohn) zurückzuführen.

Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. Mai 2000

Schlagworte

Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1994080059.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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