Entscheidungsdatum
11.01.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W165 2150927-1/8E
W165 2150929-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX und 2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA. Iran, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.03.2017, 1.) Zl. 1131566307/161379652-EAST-Ost, und 2.) Zl. 1131566601/161379610-EAST-Ost, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden gem. § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF
als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: 1. BF) ist der Ehegatte der Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: 2. BF). Die Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Staatsangehörige des Iran, gelangten illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellten hier am 05.10.2016 Anträge auf internationalen Schutz.
Zu den Personen der Beschwerdeführer liegen keine EURODAC-Treffermeldungen vor.
Aus der österreichischen Visa-Datenbank geht hervor, dass den BF am 25.07.2016 von der schwedischen Vertretungsbehörde im Iran/Teheran, schwedische Schengenvisa für den Gültigkeitszeitraum 01.08.2016 bis 15.09.2016 ausgestellt wurden.
Im Verlauf ihrer polizeilichen Erstbefragung am 06.10.2016 brachten die BF vor, legal auf dem Luftweg nach Schweden gereist zu sein. In weiterer Folge seien sie über Dänemark und Deutschland nach Österreich eingereist. Ihr Reiseziel sei wegen des Aufenthaltes ihrer Kinder Österreich gewesen. Zum Aufenthalt in den Ländern der Durchreise befragt, gab der 1. BF an, dass die Situation in Schweden gut gewesen sei, er jedoch mangels Kenntnissen der schwedischen Sprache keine näheren Details angeben könne. Die 2. BF gab zu Schweden befragt zu Protokoll, dass die Situation "normal" gewesen sei, sie jedoch nicht viel angeben könne, da sie nur auf Durchreise gewesen sei. Die BF hätten in keinem anderen Land um Asyl angesucht und für Schweden Visa erhalten, die vor ein paar Tagen abgelaufen seien. Sie würden wegen ihrer Kinder nach wie vor in Österreich bleiben wollen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete am 11.10.2016 auf Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestützte Aufnahmeersuchen an Schweden.
Mit Schreiben vom 17.10.2016, beim BFA am selben Tag eingelangt, stimmte die schwedische Dublin-Behörde den Aufnahmeersuchen gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO ausdrücklich zu.
In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 12.12.2016 gab der 1. BF nach durchgeführter Rechtsberatung an, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. In Österreich seien sein Sohn und seine Tochter aufhältig. Er lebe gemeinsam mit seiner Ehegattin in einer Asylunterkunft. Nach einer existentiellen Abhängigkeit von seinen Kindern befragt, gab der 1.BF zu Protokoll, dass er von seinen Kindern zwar nicht finanziell abhängig, jedoch in einem Alter sei, wo er seelische und körperliche Unterstützung brauche. Zudem habe er ein 2014 geborenes Enkelkind in Österreich und eine Schwester in Schweden. Befragt, welche Beziehung zu diesen Verwandten bestehe, erklärte der 1. BF, dass er zu seiner Schwester in Schweden weniger Kontakt pflege als zu seinen in Österreich befindlichen Familienangehörigen. Hingewiesen auf die aufgrund der erfolgten Zustimmung Schwedens angenommene Zuständigkeit dieses Mitgliedstaates, führte der 1. BF aus, dass er auf keinen Fall zurück nach Schweden wolle, da er hier eine Tochter und ein Enkelkind habe, die in einer schwierigen Lage seien und seine Unterstützung benötigen würden. Zudem habe er in Schweden keinen Asylantrag gestellt. Auf Vorhalt, dass er zuvor erwähnt habe, selbst auf Unterstützung durch seine Kinder angewiesen zu sein, entgegnete der 1. BF, dass seine Tochter und deren Kind nach einer Scheidung unter psychischen Störungen leiden würden und er daher täglich sein Enkelkind betreuen müsse. Seine Ehegattin würde die gemeinsame Tochter betreuen. Da er selbst bereits einen Herzinfarkt gehabt habe, brauche er seine Kinder. Der 1. BF verzichtete auf die Möglichkeit, in die Länderfeststellungen zu Schweden Einsicht zu nehmen. Schweden interessiere ihn nicht, er wolle hier in Österreich bleiben. Zur Frage, inwieweit aufenthaltsbeendende Maßnahmen in sein Privat- oder Familienleben eingreifen würden, erklärte der 1. BF, dass er in Österreich Familie habe und ohne diese sein Leben sinnlos wäre.
Die 2. BF führte in ihrer niederschriftlichen Einvernahme nach durchgeführter Rechtsberatung am 12.12.2016 aus, dass sie sich psychisch und physisch in der Lage fühle, Angaben zu ihrem Asylverfahren zu machen und im Verfahren bisher der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht habe. Sie habe im österreichischen Bundesgebiet zwei volljährige Kinder und wohne mit ihrem Ehegatten in einer Asylunterkunft. Zu ihren Kindern bestehe zwar keine existenzielle Abhängigkeit, sie hätten jedoch eine sehr enge Beziehung zueinander. Zudem habe sie in Österreich ein Enkelkind. Ihre Schwägerin lebe in Schweden. Zusammen mit ihrem Ehegatten betreue sie sowohl ihre Tochter als auch ihr Enkelkind. Zu ihrer in Schweden befindlichen Schwägerin habe sie weniger Kontakt, sie würden lediglich miteinander telefonieren. Die 2. BF verzichtete auf die Möglichkeit, in die Länderfeststellungen zu Schweden Einsicht zu nehmen. Zur Frage, inwieweit aufenthaltsbeendende Maßnahmen in ihr Privat- oder Familienleben eingreifen würden, erklärte die 2. BF, dass ihre Tochter und ihr Enkelkind seit eineinhalb Jahren in Österreich seien. Sie habe zuvor aufgrund der Trennung von diesen sehr gelitten.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden von der 2. BF folgende Unterlagen vorgelegt:
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Befund eines Krankenhauses vom 02.12.2016, wonach die 2. BF wegen Tragusdruckschmerz und Ohrmuschelzugschmerz ambulant behandelt und eine Kontrolle beim niedergelassenen HNO-Facharzt empfohlen wurde,
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Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 23.12.2016, wonach die Tochter der BF psychisch sehr belastet sei und ihr ebenfalls psychisch belastetes Kind nicht alleine aufziehen könne.
Den 1. BF betreffend wurden folgende Unterlagen in Vorlage gebracht:
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Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 23.11.2016 über das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit, Angina Pectoris sowie Thorax Schmerzen. Wir haben für ihn geplant: Labor und interne Begutachtung,
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Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 07.12.2016, wonach der 1.BF an einer Herzrhythmusstörung, koronarer Herzkrankheit und an akuter Depression leide. Er sei in psychologischer Behandlung und habe weiters Lumbago, CVS Syndrom und bekomme eine Infusions- und Infiltrationstherapie,
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Verordnung eines Arztes für Allgemeinmedizin für einen Rollstuhl vom 12.01.2017 (ua. wegen Chondrose und Arthrose) welcher am 18.01.2017 von der Krankenkasse bewilligt wurde,
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Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 27.01.2017: Es wird bestätigt, dass der Pat. an folgenden Erkrankungen leidet:
Dyspnoe, Schmerzen im Knie und Fuß beidseitig, Schlafstörungen, Depressionen, Panikattacken, Tremor der Hände beidseitig, akuter Lumbago sowie an koronarer Herzkrankheit. Er bekomme Infusions- und Infiltrationstherapie und werde mit diversen angeführten Arzneien behandelt.
Am 24.01.2017 wurde eine Begutachtung des 1. BF durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin, Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin vorgenommen. In der gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 01.02.2017 wurden das Vorliegen einer belastungsabhängigen krankheitswertigen Störung sowie sonstiger psychischer Krankheitssymptome ausdrücklich verneint. In Bezug auf die Anforderung eines Rollstuhles findet sich die Anmerkung, dass aus Sicht der Ärztin für einen Rollstuhl keine Indikation bestehe.
Laut medizinischer Vorgeschichte in der gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 01.02.2017 wurde eine weitere Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 12.01.2017 eingereicht, wonach sich der Gesundheitszustand des 1. BF wegen schlechter Ernährung im Heim verschlechtert habe. Er plädiere für eine "Umsetzung" in ein anderes Heim.
Das Enkelkind der BF betreffend wurde eine Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 23.02.2017 vorgelegt, wonach dieses ab 28.02.2017 unter Psychotherapie stehen werde.
Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Schweden für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO zuständig sei (I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gem. § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge deren Abschiebung nach Schweden gem. § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei
(II.).
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Schweden wurden in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht).
Allgemeines zu Vorbringen von Asylwerbern in Dublin Verfahren:
Die Asylbehörden haben nicht nachzuprüfen, ob ein Mitgliedstaat generell sicher ist. Nur wenn sich im Einzelfall ergeben sollte, dass Grundrechte des Asylwerbers z.B. durch Kettenabschiebung bedroht sind, so wäre aus innerstaatlichen, verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben.
(VfGH 17.6.2005, B 336/05, UBAS zu 268.445/3-X/47/06 vom 14.03.2006)
Es ist nicht Aufgabe der österreichischen Asylbehörde, hypothetische Überlegungen über den möglichen Ausgang eines von einem anderen Staat zu führenden Asylverfahrens anzustellen. Auch aus dem Umstand, dass Anerkennungsquoten im Asylverfahren relativ gering seien, kann nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass kein ordnungsgemäßes Verfahren geführt wird.
(VwGH, 31.5.2005, Zl. 2002/20/0095)
Die höchstgerichtliche Judikatur ist gerade bei Anträgen ab 01.01.2006 aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 von besonderer Bedeutung.
Zu Schweden werden folgende Feststellungen getroffen:
(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom September 2016).
Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 5.12.2015; für weitere Informationen siehe dieselbe Quelle).
Quellen:
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AIDA – Asylum Information Database (5.12.2015): National Country Report Sweden, provided by Caritas Sweden and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_update.iii_.pdf, Zugriff 21.9.2016
Dublin-Rückkehrer
Dublin-Rückkehrer in Schweden haben Zugang zum Asylverfahren laut Dublin-III-VO. Auch haben sie Zugang zu Versorgung wie andere Asylwerber auch. Eine Ausnahme bilden hierbei lediglich Rückkehrer mit bereits vorhandener abschließend negativer Entscheidung bis zur Effektuierung dieser Entscheidung (Migrationsverket 19.9.2016).
Schweden erhielt in den ersten 10 Monaten des Jahres 2015 rund 4.500 Dublin-In-Requests. Tatsächlich nach Schweden überstellt wurden 160 Personen. Die Dublin-Verordnung wird seitens Schwedens sehr strikt ausgelegt und deren hierarchischer Aufbau respektiert. Das schwedische Fremdengesetz bezieht sich zwar auf die Dublin-Verordnung, allerdings nicht im Detail, als die Dublin-Verordnung selbst schwedisches Recht darstellt (AIDA 5.12.2015).
Quellen:
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AIDA – Asylum Information Database (5.12.2015): National Country Report Sweden, provided by Caritas Sweden and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_update.iii_.pdf, Zugriff 21.9.2016
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Migrationsverket (19.9.2016): Anfragebeantwortung, per E-Mail
Non-Refoulement
In Übereinstimmung mit EU-Recht verweigert Schweden Personen Asyl, welche bereits in einem anderen EU-Land oder einem Staat mit dem ein entsprechendes Abkommen existiert, registriert wurden. Eine Ausnahme stellt Griechenland dar (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Sweden, http://www.ecoi.net/local_link/322576/462053_de.html, Zugriff 21.9.2016
Versorgung
Unterbringung
Mit 20.Juli 2016 ist in Schweden eine Regelung in Kraft getreten, die festlegt, dass für die Dauer von 3 Jahren alle schwedischen Bestimmungen bezüglich Aufenthaltsrecht auf die EU-Minima zurückgeschraubt werden. Das bringt Befristungen beim Aufenthaltsrecht und beim Familiennachzug mit sich (siehe Kap. 7.) (Migrationsverket 16.8.2016).
Die schwedische Migrationsbehörde bietet bei Bedarf kostenlose Unterbringungsmöglichkeiten während des Asylverfahrens an. Auch eine private Unterbringung auf eigene Faust ist möglich. Individuelle Bedürfnisse werden nach Möglichkeit berücksichtigt. Familien werden immer getrennt von anderen AW und in eigenen Zimmern untergebracht. Wird ein Antrag abgelehnt, steht die Unterbringung bis zum Ende der Ausreisefrist zur Verfügung. (Migrationsverket 20.7.2016b).
Die schwedische Asylbehörde stellt Unterbringungseinrichtungen zur Verfügung. Auch ein Taggeld ist vorgesehen. Im Falle von Folgeanträgen besteht nur ein eingeschränktes Recht auf Versorgung (AIDA 5.12.2015). Da zuletzt die Antragszahlen in Schweden wieder sanken, baut die Behörde zuvor benötigte und geschaffene Unterbringungskapazitäten wieder ab (Migrationsverket 12.8.2016).
Quellen:
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AIDA – Asylum Information Database (5.12.2015): National Country Report Sweden, provided by Caritas Sweden and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_update.iii_.pdf, Zugriff 21.9.2016
-
Migrationsverket (20.7.2016b): Accommodation, http://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Accommodation.html, Zugriff 21.9.2016
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Migrationsverket (12.8.2016): Avveckling av tillfälliga asylboenden,
http://www.migrationsverket.se/Andra-aktorer/Fastighetsagare-och-uthyrare/Nyhetsarkiv/Nyhetsarkiv-for-fastighetsagare/2016-08-12-Avveckling-av-tillfalliga-asylboenden.html, Zugriff 21.9.2016
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Migrationsverket (16.8.2016): The new temporary law has entered into force,
http://www.migrationsverket.se/English/About-the-Migration-Agency/News-archive/News-archive-2016/2016-08-16-The-new-temporary-law-has-entered-into-force.html, Zugriff 21.9.2016
Medizinische Versorgung
Asylwerber haben das Recht auf medizinische Notfallhilfe, unaufschiebbare medizinische und zahnmedizinische Versorgung, sowie Versorgung bei Schwangerschaft etc. Alle AW erhalten auch die Möglichkeit einer Gesundenuntersuchung. Wer nicht Schwedisch spricht, hat das Recht auf eine Übersetzer. Für medizinische Leistungen ist je nach Art eine gewisse Gebühr zu bezahlen. Es gibt auch eine Rezeptgebühr. Unter gewissen Bedingungen kann ein Teil dieser Gebühren von der Migrationsbehörde rückerstattet werden (Migrationsverket 1.6.2016; vgl. AIDA 5.12.2015).
Quellen:
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AIDA – Asylum Information Database (5.12.2015): National Country Report Sweden, provided by Caritas Sweden and European Council on Refugees and Exiles,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_se_update.iii_.pdf, Zugriff 21.9.2016
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Migrationsverket (1.6.2016): Health care for asylum seekers, http://www.migrationsverket.se/English/Private-individuals/Protection-and-asylum-in-Sweden/While-you-are-waiting-for-a-decision/Health-care.html, Zugriff 21.9.2016
Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Identität der Beschwerdeführer in Ermangelung geeigneter, heimatstaatlicher, identitätsbezeugender Dokumente nicht feststehe. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen hätten sich im Verfahren keine Hinweise ergeben, dass die Beschwerdeführer an einer schweren körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung leiden würden. Die im ärztlichen Gutachten betreffend den 1. BF aufgelisteten Befunde würden gravierende Erkrankungen in keinster Weise indizieren. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des 1. BF würden sich aus einer Untersuchung am 24.01.2017 durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin, Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin ergeben. Aufgrund des Ergebnisses der Visadatenbankabfrage und aufgrund der diesbezüglich widerspruchsfreien Angaben im Asylverfahren stehe fest, dass die Beschwerdeführer in Besitz von Schengenvisa, ausgestellt von der schwedischen Botschaft in Teheran/Iran, gültig von 01.08.2016 bis 15.09.2016, gewesen seien. Da es sich im vorliegenden Fall um ein Familienverfahren handle und sich für die Beschwerdeführer dieselbe Ausweisungsentscheidung ergeben habe, bleibe die Einheit der Familie gewahrt, daher stelle die im gegenständlichen Verfahren getroffene Ausweisungsentscheidung keinen Eingriff in das in Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Familienleben dar. Die volljährigen Kinder der Beschwerdeführer seien in Österreich zum Asylverfahren zugelassen. Mit den angeführten Verwandten würden die Beschwerdeführer nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein solcher habe auch bisher nicht bestanden bzw. sei auch nicht behauptet worden. Die Beschwerdeführer würden an einer anderen Adresse wohnen, ein existentielles Abhängigkeitsverhältnis bestehe nicht.
Die Bescheide wurden den Beschwerdeführern am 03.03.2017 durch Zurücklassung an der Abgabestelle zugestellt.
Gegen die Bescheide richten sich die am 17.03.2017 fristgerecht eingebrachten gleichlautenden Beschwerden, in welchen im Wesentlichen vorgebracht wird, dass der 1. BF in seinem Heimatland einen Herzinfarkt erlitten habe und daraufhin 8 Tage im Koma gelegen sei. Wie aus den bereits in der Einvernahme vom 12.12.2016 vorgelegten Unterlagen hervorgehe, leide der 1. BF nach wie vor an verschiedenen Erkrankungen wie einer koronaren Herzerkrankung, Angina Pectoris, Thoraxschmerzen, Lumbago (Hexenschuss), CVS-Syndrom (Syndrom des zyklischen Erbrechens), Dyspnoe, Schmerzen im Knie und Fuß beiderseits (Zustand nach Knie OP rechts), Schlafstörungen, Depressionen, Panikattacken, Tremor der Hände beiderseits. Er benötige Infusionen, Infiltrationstherapie und eine Reihe von Medikamenten. Die Behörde habe zwar eine gutachterliche Stellungnahme eingeholt, genauere Ermittlungen zum psychischen Gesundheitszustand seien jedoch nicht durchgeführt worden. Ohne eine genauere Abklärung, unter welcher Erkrankung der 1. BF genau leiden würde und wie sich sein derzeitiger Zustand darstelle, könne nicht abschließend festgestellt werden, ob eine Überstellung nach Schweden zu einer möglicherweise lebensbedrohlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes führen würde und eine Abschiebung zu unterbleiben habe. Die belangte Behörde habe es unterlassen, ausreichende Ermittlungen zum schützenswerten Privatleben der BF in Österreich anzustellen. Der 1. BF habe in seiner Einvernahme vom 12.12.2016 vorgebracht, dass zu seinen Kindern zwar keine finanzielle Abhängigkeit bestehe, er sich jedoch in einem Alter befinde, wo er seelische und körperliche Unterstützung brauche. Darüber hinaus habe der 1. BF vorgebracht, dass sich seine Tochter und sein Enkelkind in Österreich in einer schwierigen Lage befinden würden und seine Unterstützung und die Unterstützung seiner Ehefrau benötigen würden. Aufgrund des schlechten allgemeinen Gesundheitszustandes des 1. BF sei auch ein Rollstuhl erbeten worden. Umgekehrt sei auch die Tochter der BF seit ihrer Scheidung auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen, da sie und ihr minderjähriges Kind seither an psychischen Problemen leiden würden. Insbesondere die Tochter der BF sei seit der Scheidung auf die ständige Unterstützung ihrer Eltern angewiesen. Die BF würden deswegen auch mittlerweile mit ihren Kindern und ihrem Enkelkind im gemeinsamen Haushalt wohnen. Der VfGH erwähne ausdrücklich das Erfordernis der Einzelfallprüfung hinsichtlich des Risikos einer Kettenabschiebung. Das BFA hätte jedenfalls eine individuelle Zusicherung der schwedischen Behörden einholen müssen, dass die BF in Schweden angemessen untergebracht würden und ihnen eine Unterkunft zur Verfügung gestellt würde, sodass sie nicht auf der Straße leben bzw. nochmals bei Verwandten unterkommen müssten. Die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zur Situation in Schweden seien unvollständig und teilweise einseitig. Darüber hinaus könne von einer Ausgewogenheit der Quellen nicht gesprochen werden. Die zahlreichen Berichte über die Aufnahmesituation würden in den von der belangten Behörde der Entscheidung zugrunde gelegten Länderinformationen nur am Rande erwähnt. Der VwGH fordere eine "breite Recherche", die einen ausreichenden Querschnitt von Länderberichten verschiedener Quellen berücksichtige. Die von der belangten Behörde durchgeführte Beweiswürdigung entspreche außerdem nicht den Erfordernissen einer schlüssigen Beweiswürdigung im Sinne der ständigen Judikatur des VwGH. Beantragt wurde, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Am 27.03.2017 wurde den Beschwerden mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes aufschiebende Wirkung erteilt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF, ein Ehepaar aus dem Iran, reisten im September 2016 auf dem Luftweg nach Schweden in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein. In weiterer Folge reisten die BF über Dänemark und Deutschland in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 05.10.2016 Anträge auf Gewährung internationalen Schutzes.
Den BF wurden von der schwedischen Vertretungsbehörde in Teheran (Iran) vom 01.08.2016 bis 15.09.2016 gültige Schengen-Visa der Kategorie "B" ausgestellt.
Das BFA richtete am 11.10.2016 Aufnahmeersuchen an Schweden, welchen die schwedische Dublin-Behörde mit am 17.10.2016 eingelangtem Schreiben gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO ausdrücklich zustimmte.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wieder gegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Schweden an.
Konkrete, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedsstaat sprechen, liegen nicht vor.
Die Beschwerdeführer leiden an keinen akut lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Laut diversen "Bestätigungen" eines Arztes für Allgemeinmedizin leidet der 1. BF unter Herzrhythmusstörungen, koronarer Herzkrankheit, Lumbago, Thorax-Schmerzen, dem CVS Syndrom, Dyspnoe, orthopädischen Problemen sowie psychischen Problemen. Laut gutachterlicher ärztlicher Stellungnahme im Zulassungsverfahren liegen keine psychischen Krankheitssymptome vor. Die 2. BF wurde wegen Ohrenbeschwerden ambulant behandelt.
In Österreich sind eine volljährige Tochter und ihr 2014 geborenes Kind und ein volljähriger Sohn zum Asylverfahren zugelassen. Das Vorliegen eines zu berücksichtigenden besonderen Abhängigkeits- bzw. Naheverhältnisses der BF zu den sich im Bundesgebiet befindlichen Kindern wurde nicht dargelegt. Die BF leben mit ihrer Tochter und ihrem Enkelkind nunmehr im gemeinsamen Haushalt, nachdem die BF zunächst in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht waren. Der Sohn der BF lebt mit diesen nicht im gemeinsamen Haushalt.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise der BF in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und zu deren Reiseroute ergeben sich aus den Angaben der BF im Rahmen ihrer Einvernahmen.
Die Feststellung der Ausstellung schwedischer-Schengenvisa für den Zeitraum 01.08.2016 bis 15.09.2016 ergibt sich aus einem Abgleichsbericht zur VIS-Abfrage sowie aus der ausdrücklichen Zustimmungserklärung der schwedischen Dublin-Behörde zur Aufnahme der Beschwerdeführer gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedsstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seinen Entscheidungen neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.
Die Feststellung des Nichtvorliegens schwerwiegender, lebensbedrohlicher gesundheitlicher Beeinträchtigungen der Beschwerdeführer beruht auf den Angaben der BF und den vorliegenden medizinischen Unterlagen.
Die Feststellungen hinsichtlich der persönlichen Umstände und privaten Bindungen der Beschwerdeführer in Österreich beruhen auf den Angaben der BF.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl § 75 Abs 18 AsylG 2005 idgF).
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG idgF bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Zu A) Abweisung der Beschwerden:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) ..
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind".
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine
Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine
Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. (2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) lauten:
Art. 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Art. 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Art. 12
Ausstellung von aufenthaltstiteln oder Visa
(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:
a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;
b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;
c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.
(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.
Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird."
Art. 13
Einreise und/oder Aufenthalt
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller — der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können — sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Art. 16
Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Art. 17
Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitg