TE Vwgh Erkenntnis 2000/6/2 97/19/1438

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.06.2000
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §7;
AufG 1992 §1 Abs3 Z6;
AufG 1992 §13;
AufG 1992 §6 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hanslik, über die Beschwerde der 1968 geborenen SS in Wien, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. März 1997, Zl. 121.242/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte durch ihren Rechtsvertreter am 25. Juli 1996 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde) die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Sie brachte darin vor, am 16. September 1995 nach Österreich geflüchtet zu sein und hier am 21. September 1995 einen Asylantrag gestellt zu haben. Da dieser Asylantrag nunmehr rechtskräftig negativ entschieden worden sei, stelle sie den vorliegenden Antrag, weil sich sowohl ihre Eltern als auch ihre Brüder in Österreich aufhielten. Sie lebe mit ihrem Ehegatten, der ebenfalls um Asyl angesucht habe, und ihrem Sohn im gemeinsamen Haushalt.

Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 20. November 1996 gemäß § 6 Abs. 2 AufG ab. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. März 1997 wies der Bundesminister für Inneres diese Berufung gemäß §§ 6 Abs. 2 iVm 13 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Regelung bezüglich Verlängerungsanträgen bei Überleitungsfällen des § 13 Abs. 1 AufG sei "schlüssig", nach der Norm des § 13 Abs. 2 AufG, nicht für die im § 1 Abs. 3 AufG genannten Ansuchen von Fremden heranzuziehen. Gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG bräuchten Fremde keine Bewilligung, wenn sie auf Grund des Asylgesetzes 1991 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt seien. Schon auf Grund dieser eindeutigen gesetzlichen Determinierung sei der Antrag der Beschwerdeführerin als Erstantrag zu kategorisieren und seien die im Gesetz hiefür vorgesehenen Bestimmungen anzuwenden gewesen. Demgemäß sei der Antrag sowohl formell als auch materiell nach den Bestimmungen des AufG zu prüfen gewesen. In formeller Hinsicht gelte für den Fall der Beschwerdeführerin bezüglich der Antragstellung die Vorschrift des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG, wonach der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen sei. Dies werde auch durch die Judikatur des "VwGH und des VfGH" eindeutig bestätigt. Eine Antragstellung aus dem Inland sei nur im Falle des Verlustes (Aberkennung) des Asyls oder in anderen gesetzlich exakt geregelten Fällen zulässig. Von diesen Fällen sei hier keiner anwendbar. Aus dem oben angeführten Sachverhalt und infolge der Verfahrensvorschrift des § 6 Abs. 2 AufG sei die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausgeschlossen und sei auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin - auch im Zusammenhang mit ihren persönlichen Verhältnissen - nicht weiter einzugehen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (9. April 1997) ist für seine Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach Inkrafttreten der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 201/1996 maßgeblich.

§ 1 Abs. 3 Z. 6, § 6 Abs. 2 und § 13 AufG lauteten (auszugsweise):

"§ 1.

...

(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie

...

6. auf Grund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind.

§ 6.

...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls ... Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.

§ 13. (1) Die Berechtigung zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschrift (§ 4 Abs. 2) beantragen.

(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 genannten Fremden keine Anwendung. Für diese kommt eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 in Betracht."

Da die Beschwerdeführerin weder nach ihrem Vorbringen noch nach der Aktenlage jemals über eine Aufenthaltsbewilligung im Sinne des § 1 Abs. 1 AufG verfügte, wertete die belangte Behörde ihren Antrag zu Recht nicht als Verlängerungsantrag.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, gegen den ihren Asylantrag in zweiter Instanz abweisenden Bescheid des Bundesministers für Inneres eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erhoben zu haben, der die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Ungeachtet der Bezugnahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid auf § 13 AufG schied für die Beschwerdeführerin die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschrift des § 13 AufG aus. Abgesehen davon, dass sich die Beschwerdeführerin in dem für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung maßgeblichen Zeitpunkt, dem Inkrafttreten des AufG am 1. Juli 1993, noch nicht im Bundesgebiet aufgehalten hat (nach ihren eigenen Angaben im gegenständlichen Antrag flüchtete sie am 16. September 1995 in das Bundesgebiet), ist die Bestimmung des § 13 Abs. 2 AufG maßgeblich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 1997, Zlen. 96/19/1860 bis 1862). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin - wie sie in ihrer Berufung vorgebracht hat - gemäß § 7 des Asylgesetzes 1991 bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens zum Aufenthalt in Österreich berechtigt war und diese vorläufige Aufenthaltsberechtigung durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde daher wieder aufgelebt ist. Das Regelungssystem des § 1 Abs. 3 Z. 6, § 6 Abs. 2 und § 13 AufG bewirkt, dass ein Fremder, der während seines Asylverfahrens vorläufig aufenthaltsberechtigt ist, während dieses vorläufigen Aufenthaltes nicht mit Erfolg einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung stellen kann. Diese Rechtsfolge ist - wie § 13 Abs. 2 AufG unzweifelhaft zeigt - vom Gesetzgeber ausdrücklich als erwünscht erachtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. November 1997, Zl. 96/19/2678). Sollte die Beschwerdeführerin hingegen über keine Berechtigung zum vorläufigen Aufenthalt nach § 7 des Asylgesetzes 1991 verfügt haben, kommt § 6 Abs. 2 erster Satz AufG zur Anwendung.

Sohin ist eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz weder zu einem Zeitpunkt, in welchem das Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, zu erteilen, noch nach dessen rechtskräftigem Abschluss, wenn der Antrag auf Aufenthaltsbewilligung während des anhängigen Asylverfahrens und/oder vom Inland aus gestellt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0666).

Daraus folgt auch, dass der angefochtene Bescheid nicht gemäß § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft getreten ist. Weiters folgt daraus, dass die belangte Behörde zu Recht § 6 Abs. 2 AufG angewendet hat.

Da die Beschwerdeführerin aber ihren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unbestrittenermaßen aus dem Inland gestellt hat und das in § 6 Abs. 2 AufG normierte Erfordernis, einen Antrag vom Ausland aus zu stellen, nicht als bloße Formvorschrift zu werten ist, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010, sowie Zl. 95/19/0895), wäre die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde nur dann zu Unrecht erfolgt, wenn die Beschwerdeführerin zu jenem Personenkreis zählte, der auf Grund des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung ausnahmsweise zur Antragstellung im Inland berechtigt gewesen wäre. Weder aus den vorgelegten Verwaltungsakten noch aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich jedoch Hinweise darauf, dass die Beschwerdeführerin zu diesem Personenkreis zählte.

Auch aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, B 1611 bis 1614/94 (= Slg. Nr. 14.148), ist für den Standpunkt der Beschwerde schon deshalb nichts gewonnen, weil im Fall der Beschwerdeführerin kein Aufenthalt im Bundesgebiet seit vielen Jahren auf Grund von gewöhnlichen Sichtvermerken oder Aufenthaltsbewilligungen, sondern nach ihrer Behauptung auf Grund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz vorliegt.

Mit dem Hinweis, die Beschwerdeführerin, die bereits seit zwei Jahren in Österreich lebe, sei ordnungsgemäß gemeldet, sozialversichert und verfüge über eine gesicherte Unterkunft, ihr Lebensunterhalt sei durch die Verpflichtung ihres Bruders ausreichend gesichert und überdies hielten sich auch ihr Ehegatte, ihre Eltern und ihre Brüder in Österreich auf, macht die Beschwerde eine Verletzung des Art. 8 MRK durch die belangte Behörde geltend.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass die in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG vorgenommene - und nicht auch auf den Verlust der vorläufigen asylrechtlichen Aufenthaltsberechtigung Bedacht nehmende - Einschränkung des Rechtes solcher Fremder zur Inlandsantragstellung auf den Fall des Verlustes des Asyls nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht dem Art. 8 MRK widerspricht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1999, Zl. 97/19/1642, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Davon, dass dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Oktober 1996, Zl. 95/19/0136, ein ähnlich gelagerter Fall zu Grunde gelegen wäre, kann keine Rede sein, handelte es sich doch bei dem Beschwerdeführer in diesem Verfahren um einen in Österreich geborenen Fremden, der das Bundesgebiet bis zur Antragstellung nicht verlassen hatte. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass bei einer derartigen Konstellation § 6 Abs. 2 AufG nicht anwendbar ist.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung wurde aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegensteht. Wien, am 2. Juni 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997191438.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten