TE Lvwg Erkenntnis 2017/4/10 VGW-041/028/11693/2015

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.04.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.04.2017

Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ASVG §4 Abs2
ASVG §33 Abs1
ASVG §35 Abs1
ASVG §111 Abs1
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Mag. Zotter nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Beschwerde der Finanzpolizei ..., gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 07.09.2015, Zl. MBA ... - S 27646/14, mit welchem von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen Herrn Mag. F. H. (Mitbeteiligter), vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, abgesehen und die Einstellung verfügt wurde, zu Recht erkannt:

I.

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

III.

Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1.Der Magistrat der Stadt Wien erließ gegen den Mitbeteiligten einen Bescheid mit folgendem Spruch:

„Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991), BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung, wird von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen Herrn Mag. rer. soc. oec. F. H. hinsichtlich des Vorwurfes:

Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991), BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung, zur Vertretung nach außen berufenes Organ der X. GmbH (FN …) mit Sitz in Wien, A.-straße, das ist der Ort, von dem aus die erforderlichen Meldungen zu erstatten gewesen wären, und somit als Dienstgeberin zu verantworten, dass es diese Gesellschaft unterlassen hat, die von ihr nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person:

Herrn T. G., geb. am ...1980, Staatsangehörigkeit: Ungarn, beschäftigt in der Zeit von 07.01.2014 bis 21.05.2014, als Zeitungs-Werbemittelverteiler, von den Kontrollorganen angetroffen am 21.05.2014 um 13:35 Uhr, im Zuge einer Fahrzuganhaltung,

vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, wobei die Anmeldeverpflichtung so erfüllt hätte werden können, dass die Dienstgeberin in zwei Schritten meldet, und zwar vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummern, Namen und Versicherungsnummern, bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung), weil die Dienstgeberkontonummer, der Name und die Versicherungsnummer, bzw. das Geburtsdatum der oben angeführten Person sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme vor Arbeitsantritt nicht dem zuständigen Krankenversicherungsträger gemeldet worden waren.

Verwaltungsübertretung nach: § 33 Abs. 1 iVm. §111 Abs. 1 Z. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991), BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung,

abgesehen und die Einstellung verfügt.“

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, die Werbemittelverteiler seien aufgrund des festgestellten Tätigkeitsbildes im Rahmen von Werkverträgen tätig und keine Dienstnehmer im Sinne des ASVG.

2. Dagegen hat die Abgabenbehörde (Finanzamt ...) rechtzeitig Beschwerde erhoben. Als Beschwerdegründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Tatsachenfeststellung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Vorgebracht wird, dass der Verwaltungsgerichtshof wiederholt festgestellt habe, dass Werbemittelverteiler nicht als selbstständig anzusehen seien. Das Erbringen der persönlichen Arbeitskraft alleine sei nicht werksvertragstauglich. Es gäbe kein konkret umschriebenes Werk sondern lediglich die unbefristete Verpflichtung zur Verteilung von Werbematerial. Da die Verteilung in einem bestimmten Gebiet grundsätzlich noch am selben Tag zu erfolgen habe, die Werkvertragsnehmer über keine eigene Betriebsstätte verfügten, die Betriebsmittel üblicherweise vom Werkbesteller (Sackerl, Handwagen) stammten, es zu keiner eigenen Rechnungslegung durch den Werksvertragsnehmer komme, die Entlohnung einem Akkordlohn angepasst sei und Kontroll- und Disziplinarmaßnahmen durch den Werkbesteller erfolgten sei von einem Arbeitsverhältnis und einer Sozialversicherungspflicht durch den Auftraggeber auszugehen. Beantragt wird den angefochtenen Bescheid aufzuheben und über den Mitbeteiligten die im Verfahren beantragte Strafe zu verhängen.

3. In einer schriftlichen Stellungnahme ist der Mitbeteiligte dem Beschwerdevorbingen entgegen getreten und hat unter anderem vorgebracht, der in Rede stehende Auftragnehmer sei nicht im Auftrag der X. GmbH sondern im Auftrag von Herrn Ge. Ha., der Vertragspartner der X. GmbH gewesen sei und in deren Auftrag Werbemittel verteilt habe, tätig geworden. Im übrigen seien die Werbemittelverteiler selbstständig erwerbstätig.

Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Judikate beträfen das Ausländerbeschäftigungsgesetz und nicht das ASVG. Der Auftragnehmer sei nicht in einem Verhältnis persönlich und wirtschaftlicher Abhängigkeit tätig geworden. Es habe keine persönliche Arbeitspflicht bestanden und sei er befugt gewesen, jederzeit nach Gutdünken ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Dies ergebe sich auch aus dem vorliegenden Rahmenvertag. Von dem eingeräumten Vertretungsrecht hätten die Werbemittelverteiler auch tatsächlich Gebrauch gemacht. Die Vertragspartner müssten auch im Krankheitsfall den Auftraggeber nicht informieren und würden die Verteilaufträge nach dem Prinzip „first come first serve“ vergeben. Ob ein Werbemittelverteiler regelmäßig, sporadisch, nur an bestimmten Wochentagen oder in einer bestimmten Saison einen oder mehrere Verteilaufträge übernehme, entziehe sich der Kenntnis und dem Einfluss der X. GmbH. Es würden stets nur Personen beauftragt, die sich am jeweiligen Tag in einer Filiale einfinden würden. Andere Rahmenvertragspartner, die sich aus welchen Gründen auch immer dort nicht einfänden, würden an diesem jeweiligen Tag nicht beauftragt. Eine Informationspflicht der Vertragspartner über das Nichterscheinen bestehe nicht. Die Werbemittelverteiler seien nicht zu einer fortlaufenden Dienstleistung verpflichtet und würde ihnen auch kein Einsatzgebiet zugewiesen. Sie würden auf Basis des Rahmenwerkvertrages Verteilaufträge abschließen, in denen das Erreichen des genau umrissenen Erfolgs, nämlich die Verteilung der jeweiligen Werbemittel in einem bestimmten Gebiet bis zum Ende einer bestimmten Frist vereinbart werde. Die Verteiler würden nach Abschluss des Verteilauftrages Honorarnoten legen. Diese würden in der Filiale gesammelt, in die Unternehmenszentrale nach Wien übermittelt und dort einmal wöchentlich die Beträge angewiesen. Das in Rede stehende Auftragsverhältnis unterliege daher nicht der Versicherungspflicht des ASVG.

4. Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren wurde aufgrund einer Anzeige bei der Abgabenbehörde eingeleitet. In Rahmen einer Verkehrskontrolle habe der angehaltene Lenker T. G. angegeben, das von ihm gelenkte Fahrzeug in Österreich für seinen Job als Zeitungs- und Werbemittelverteiler zu verwenden. Im Fahrzeug wurden zur Verteilung vorgesehene Werbemittel vorgefunden und hat der Betreffende einen mit der X. GmbH abgeschlossenen mit „GSVG Werkvertrag Zeitungs- und Werbemittelverteilung“ übertitelten Vertrag vorgelegt.

Der Mitbeteiligte hat sich im daraufhin eingeleiteten verwaltungsbehördlichen Strafverfahren im Wesentlichen die in der oben wiedergegeben schriftlichen Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen verantwortet. Im Wesentlichen würden an Werktagen ab 06:00 Uhr an Personen, mit denen die X. GmbH einen Rahmenvertrag abgeschlossen habe, Verteilaufträge vergeben. Welche Personen welchen Verteilauftrag abschließen, werde von der X. GmbH nicht gesteuert. Im Regelfall würden sich ab 06:00 Uhr zahlreiche Personen bei den Filialen einfinden und würden dann die Aufträge nach dem Prinzip „first come first serve“ vergeben. Es gäbe weder bevorzugte Verteiler noch Stammrayone für einen bestimmten Verteiler. Die Verteiler würden nach Erteilung des Verteilauftrages das zu verteilende Werbematerial übernehmen und seien für die vollständige und termingerechte Verteilung gegenüber der X. GmbH verantwortlich. Ob der Verteiler den Auftrag persönlich erfülle oder unter zu Hilfenahme weiterer Personen oder sich vertreten lasse obliege seiner freien Entscheidung. Die Verteiler würden alle Betriebsmittel (KFZ, Mobiltelefon, Taschen, Handwagen) selbst zur Verfügung stellen. Nach Abschluss des Verteilauftrages würden sie Honorarnoten legen und sei das Honorar von der tatsächlichen Anzahl der zu verteilenden Werbemittel abhängig. Die Werbemittelverteiler verfügten über die unternehmerische Struktur, die sie benötigten, um die Verteilaufträge ordnungsgemäß abwickeln zu können. Im Übrigen habe Herr G. keine Aufträge zur Verteilung von Werbemittel von der X. GmbH übernommen. Auch die Wiener Gebietskrankenkasse sei zum Ergebnis gelangt, dass die in Rede stehenden Werbemittelverteiler nicht der Versicherungspflicht unterliegen würden. Darüber hinaus gebe es diesbezüglich Entscheidungen des UVS Wien sowie der belangten Behörde. Univ.-prof. Dr. P. habe in einem Rechtsgutachten ebenfalls festgestellt, dass es sich bei den in Rede stehenden Vertragspartnern um neue Selbstständige im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG handle. Deshalb sei dem Beschwerdeführer eine allfällige Verwirklichung des objektiven Tatbestandes nicht vorwerfbar.

5. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat der Magistrat der Stadt Wien als belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Mitbeteiligte als Partei und T. G., K. S., He. N. und Ge. A. Ha. als Zeugen einvernommen wurden. Die Zeugen machten - soweit entscheidungsrelevant - folgende Angaben (auszugsweise):

T. G.:

„Ich bin seit November oder Dezember 2013 in Österreich. Ich verteile hier Werbemittel. Diese Tätigkeit übe ich seit ich in Österreich bin aus, auch heute noch. Auch in den Monaten Jänner bis Mai 2014 habe ich Werbemittel verteilt. Ich habe das im Auftrag der X. gemacht. Ein Bekannter von mir hat hier schon gearbeitet und habe ich von diesem Bekannten über diese Tätigkeit erfahren. Ich ging mit dem Bekannten zu der Firma X. und hat man mir dort erklärt wie das Ganze funktioniert. Das war in Gr. in der W.-straße. Als ich dort hinkam, hat man mir gesagt, dass ich einen Gewerbeschein benötige und hat man mir erklärt, wie ich diesen Schein löse. Den habe ich mir dann geholt. Im Dezember 2013 habe ich dann zu arbeiten begonnen. Zusammen mit den Leuten die bei der Firma vor Ort waren und meinem Bekannten wurde ich instruiert wie ich die Arbeit auszuführen habe. Man hat mir die Gebiete gezeigt, in denen ich für meine Arbeit zuständig bin. Uns wurden zu zweit zwei Gebiete zugeteilt, mein Kollege hat sich schon gut ausgekannt und haben wir dann dort die Zustellungen vorgenommen. Zu zweit haben wir ein Fahrzeug verwendet und zwar war dies mein Fahrzeug. So sind wir beide Gebiete zu zweit abgefahren. Ich bin in der Regel viermal wöchentlich, manchmal dreimal und fallweise zweimal in der Woche tätig gewesen. Um 6:00 Uhr in der Früh bin ich in eine Lagerhalle gegangen. Dort haben wir unser Material auf einer Palette zusammengestellt. Die Anzahl wussten wir aufgrund des uns zugewiesenen Gebietes, da stand auch die Anzahl. Das Gebiet habe ich nicht erst jeden Tag in der Früh erfahren, sondern war dieses im Vorhinein in der Regel auf längere Zeit zugeteilt. Dann kam ein Kontrolleur und hat kurz überprüft, ob wir alles richtig zusammengestellt haben. Dann haben wir das Material in das Fahrzeug geladen. Gegen 6:30 Uhr waren wir fertig und sind wir dann in unser Gebiet gefahren. Es gab keine zeitliche Vorgabe bis zu welchem Zeitpunkt die Zustellung erfolgt sein musste. Einmal waren wir früher fertig, einmal später. Ich hätte das Ganze auch am nächsten Tag zustellen können. Wenn etwas übrig geblieben ist, haben wir es bis 16:00 Uhr ins Lager zurückbringen können. Ich kann mich jetzt nicht erinnern, dass sich das nicht ausgegangen wäre. Man hat mir gesagt, dass ich übrig gebliebene Sendungen zurückbringen soll. Ob ich vier-, drei- oder zweimal in der Woche zugestellt habe, ist davon abgehangen, wie viel Material vorhanden war. Je nach der zu verteilenden Menge wurde das dann entsprechend eingeteilt. In der Regel haben wir gewusst, ob wir am nächsten Tag kommen müssen oder nicht. Wir wussten im Vorhinein, ob wir gebraucht werden oder nicht. Sie haben uns gesagt, wenn keine Arbeit da war, dass wir nicht kommen brauchen. Wenn man krank ist, bestand die Möglichkeit telefonisch mitzuteilen, dass man nicht kommen kann. In dem Fall waren sicher Leute zugegen, die die Arbeit machen hätten können. Bei mir war so ein Fall nicht und auch bei meinem Kollegen nicht. Es war nicht meine Sache, mich um Ersatz zu kümmern. Ich musste nur sagen, dass ich nicht kommen kann. Es wäre mein Schaden gewesen, weil ich für den Tag kein Geld bekommen hätte. Vom Auftraggeber habe ich keine Hilfsmittel bekommen. Wir benötigten eben das Fahrzeug und eine Tragetasche. Die habe ich mir nach dem Muster meines Kollegen anfertigen lassen. Die Bezahlung erfolgte derart, dass auch mein Geld auf das Konto meines Bekannten überwiesen wurde. Dabei handelt es sich um Herrn Ha. Ge..

Ob ich von der Firma X. nicht gefragt wurde, ob ich ein eigenes Konto habe und wo das Geld hin überwiesen werden sollte: Die Gebiete sind unter den Namen von meinem Kollegen gelaufen und habe ich das Geld von meinem Kollegen bekommen. Es gab ein Papier für das gesamte Gebiet und darauf war das Gesamthonorar ausgewiesen, das betraf uns beide. Es war eine Einheitssumme und war keine Aufteilung nach Personen vorgenommen. Dieses Papier wurde von der X. ausgestellt. Wir haben die Summe halbe/halbe aufgeteilt. Ich habe einen Rahmenvertrag unterschrieben. Ich habe für X. gearbeitet.

Der mir gezeigte Vertrag wurde von mir unterschrieben. Diesen Vertrag habe ich in den Räumlichkeiten der X. unterschrieben. Auf Grundlage dieses Vertrages habe ich dann gearbeitet. Ich kann mich nicht erinnern, dass mir jemand gesagt hätte, dass ich die Arbeit nicht selbst machen muss, sondern einen anderen damit beauftragen könnte. Ich wollte ja selbst arbeiten. Ich bin immer selbst unterwegs gewesen. Die X. ist mittlerweile in eine neue Lagerhalle umgezogen. Da habe ich einen neuen Vertrag unterschrieben, der sich jedoch inhaltlich vom vorliegenden nicht unterscheidet. Das war ungefähr im Juli 2014. Für das Betreten der Häuser hatten wir einen Schlüssel, den mein Bekannter schon bei sich hatte. Die Schlüssel wurden von der X. an die Zusteller verteilt. Ich übe diese Tätigkeit auch heute noch aus, so wie ich sie beschrieben habe. Es hat sich seither nichts geändert, ich bin auch noch immer im gleichen Gebiet tätig.

Es handelt sich beim Zustellgebiet um einen innerstädtischen Bereich. Wir holen das Zustellmaterial von der Lagerhalle für meinen Freund und für mich. Nachdem wir in einem Auto unterwegs sind, sind wir gleichzeitig in einem bestimmten Gebiet unterwegs. Wir teilen uns die Arbeit routinemäßig auf. Ich habe keine Adressliste mit Hausnummern, wir haben nur ein Gebiet, in dem wir die Verteilung vornehmen. Es ist vorgekommen, dass wir bei der Zustellung kontrolliert wurden.

Das Geld wurde wöchentlich überwiesen. Es waren unterschiedliche Beträge, je nach angefallener Arbeit.

Kontrolliert wurde, ob das Material verteilt wurde oder nicht. Die Route, wie im Verteilgebiet zuzustellen war, war nicht vorgegeben.

Ob ich ein anderes Gebiet hätte übernehmen können, wenn ich das gewollt hätte: Nein, ein anderes Gebiet wurde von jemand anderem gemacht. In der Früh muss ein Verteilerauftrag unterschrieben werden. Der Kollege hat das immer unterschrieben.

Ob mir ein X.-Mitarbeiter ein Gebiet zugewiesen hat oder meinem Freund: Konkret hat man uns das nicht in den Mund gelegt, wir wussten was zu tun ist.

Ob ich Honorarnoten unterschrieben habe: Nein.

Befragt, wer mich eingeschult hat: Am ersten Tag war ich dort und hat man mich dort instruiert. Es waren dort mein Kollege, andere Zusteller und Leute von der Firma, die die Papiere überprüft haben.

Mir hat von der X. niemand gesagt, dass ich mich melden soll, wenn ich nicht arbeiten möchte.

Befragt, ob mir jemand von der X. vorgegeben hat, dass ich eine Tragetasche machen lassen soll: Nein.

Befragt, ob ich jemals gefragt habe, ob ich ein anderes Gebiet machen darf: Wir hätten gerne mehr gemacht, weil nicht zu viel zu tun war, aber haben wir nur dieses Gebiet gehabt.

Noch einmal konkret befragt: Mein Kollege hat gefragt, ob wir mehr Arbeit haben könnten, aber haben wir nicht mehr bekommen.

Befragt, warum ich den Eindruck hatte, dass ich den Auftrag nicht von meinem Kollegen hatte, sondern von der Firma X.: Ich bin davon ausgegangen, dass ich für die X. arbeite.

Auf Befragen, warum ich davon ausgegangen bin: Ich habe nicht gewusst, in welchem Verhältnis ich zur Firma X. stehe, also ob das ein Angestelltenverhältnis ist oder sonstiges. Am Anfang habe ich nicht gewusst, ob ich bei der Firma X. angestellt bin. Dann hat man mir erklärt, dass ich einen Gewerbeschein brauche und einen Vertrag machen muss.

Ob ich den Gewerbeschein der X. übergeben habe: Ich kann mich nicht erinnern, bei Unterfertigung des Vertrages habe ich ihn glaublich abgegeben, weil ich ja aufgrund dessen den Vertrag machen konnte. Den Vertrag habe ich nachträglich gelesen.

Wie ich auf die Idee komme, dass ich für die X. arbeite, wenn mein Kollege die Verteilaufträge unterschreibt: Ich habe einen Vertrag mit X., aber mein Kollege hat die Aufträge in der Früh unterschrieben.“

K. S.:

„ .....Wenn der vorhin einvernommene Zeuge ausgesagt hat, dass das Zustellgebiet zugeteilt wurde und dem Ersuchen, ein größeres Gebiet zugeteilt zu erhalten, nicht nachgekommen wurde: Das kann ich mir nicht vorstellen, die Zustellgebiete werden nach Einlagen der Zusteller in der Früh vergeben. Das ist das bei uns vorgegebene Verfahren, zur konkreten Situationen in Gr. kann ich jetzt unmittelbar nichts sagen.

Wenn ausgesagt wurde, dass die Honorarnoten von der X. ausgestellt wurden: Es werden Vordrucke verwendet, weil in der Vergangenheit immer Angaben, die für die Überweisung notwendig sind, gefehlt haben (Kontonummer usw.).

...

Wenn der heute einvernommene Zeuge angegeben hat, dass er für den Fall einer Erkrankung telefonisch bei der X. diesbezüglich Meldung erstattet hätte: Das widerspricht den bei uns vorgegebenen Abläufen.

Wenn der Zeuge G. angegeben hat, dass er seit 2014 laufend für uns tätig ist: Das trifft nicht zu, er hatte zum Zeitpunkt seiner Anhaltung im Mai 2014 glaublich dreimal einen Verteilauftrag erhalten.

Wenn der Zeuge angegeben hat, seit 2014 bis heute mehrmals wöchentlich Verteilungen durchzuführen, so übernimmt er offenbar Aufträge von seinem Kollegen.

Wenn die Zusteller angegeben haben, dass sie die Arbeit selbst ausführen und eine Vertretung durch Dritte nicht Thema war: Die Zusteller wissen sehr wohl, dass sie nur für die Ausführung des übernommenen Auftrages verantwortlich sind und dass es ihnen überlassen bleibt, wer diesen tatsächlich ausführt.

Mir ist nicht bekannt, dass sich ein Verteiler das Honorar auf das Konto eines anderen Inhabers überweisen lässt. Derartiges würde ja auffallen, weil bei Abschluss des Rahmenvertrages der Vertragspartner Kontokarte, Ausweis und Gewerbeberechtigung vorlegen muss.

Es kommt nicht vor, das Verteilaufträge gemeinsam an mehrere Verteiler vergeben werden. Wenn im konkreten Fall die Aufträge vom Freund des Zeugen übernommen wurden, bekommt auch dieser das Geld. Die Tagesaufträge werden vom Verteiler unterfertigt. Es gibt eine Tageseinteilung und wird vom Verteiler die Übernahme eines Gebietes mit seiner Unterschrift bestätigt. Die X. stellt keine Schlüssel für das Erreichen der Wohnungen in den Häusern zur Verfügung.

....

Vertretungsfälle kommen vor. Wir wissen von den Vertretungen nichts.“

A. Ha.:

„Ich arbeite derzeit in Ungarn und zwar arbeite ich in einem Magazin. Von 2013 bis Februar 2016 habe ich bei der Firma X. Zettel verteilt. Ich war in Gr. tätig. Ich habe von Bekannten, die hier gearbeitet haben, eine Telefonnummer bekommen. Es gab eine Person, die uns mit den Papieren hilft und bei der Firma dolmetscht. Ob er bei der Firma X. angestellt war, weiß ich nicht, er hat genauso Zettel verteilt wie wir alle. Wir waren eingeteilt zB Montag und Mittwoch um 07:00 Uhr und an anderen Tagen um 07:30 Uhr die Prospekte in Empfang zu nehmen. Das war im Magazin der Firma X.. Es gab verschiedene Rayons mit bestimmten Nummern. Ich habe abwechselnd das Gebiet ...-14 und an anderen Tagen das Gebiet ...-5 betreut. Ich bin mit einem Kollegen, der einen Führerschein und ein Auto hatte, mitgefahren, wir haben also zu weit verteilt. Manche Kollegen verteilen alleine, manche zu zweit. Ich habe jeden Morgen beim Tisch meines Kontrolleurs neben meinen Namen unterschrieben. Auf diesem Papier standen die zu verteilenden Materialien. Ich habe das Geld auf ein österreichisches Bankkonto überwiesen bekommen, es hat geheißen, es wäre notwendig ein Konto zu haben. Mein Kollege Herr G. stand nicht mit Namen auf dieser Tabelle, ich habe daher sämtliche Materialien selbst übernommen. Herr G. hatte ein Konto. Da mein Name auf dem Papier stand, ist das ganze Geld auf mein Konto gekommen und haben wir das Geld halbiert. Herr G. hat für die Firma X. gearbeitet. Ob Herr G. direkt von der Firma Anweisungen erhalten hat, weiß ich nicht. Auch Herr G. hatte einen Vertrag mit der Firma X.. Man darf nur arbeiten, wenn man so einen Vertrag abgeschlossen hat. Die Mitarbeiter der Firma X. haben gewusst, dass wir beide in diesen Bezirken zustellen. Es gab einen Kontrolleur namens M., der in diesen Bezirken die Zustellungen kontrolliert hat.

Warum Herr G. sein Geld nicht auf sein eigenes Konto bekommen hat: Es gab - so habe ich gehört - gewisse administrative Probleme bei der X.. Herr G. hat deswegen die erwähnten Übernahmebestätigungen nicht unterschrieben, weil sein Name nicht aufgeschienen ist. Ich hatte damals kein Auto und besitze bis heute keinen Führerschein.

Ob ich das Zustellgebiet hätte wechseln können: Wir haben gebeten, dass uns ein Gebiet zugeteilt wird, in dem man mehr verdienen konnte, dieses haben wir allerdings nicht erhalten. Wir mussten 350 kg Papier austeilen und war das alleine nicht möglich. Es war nötig in unseren Gebieten zu zweit tätig zu sein, auch weil kein Depot eingerichtet war und wir das gesamte Material bei der Firma X. aufnehmen mussten.

......

Ich bin mit Herrn G. immer gemeinsam ins Auslieferungslager gegangen. Die Menge des Materials ist nicht von der Person die sie übernimmt abhängig. Was man übernimmt, das übernimmt man und das kann man sich aufteilen. Wir haben zB Verteilungsmaterial für 1.200 Wohnungen übernommen. Es gab auch Bezirke mit 500 Wohnungen. Es gab auch Zusteller die Bezirke mit 1.400 Wohnungen alleine gemacht haben. Ich weiß nicht, ob in den anderen Zustellbezirken, in denen zwei Zusteller tätig waren, auch immer nur einer die Entgegennahme des Materials bestätigt hat und das Geld bekommen hat.

Die Leute von der Firma X. haben nicht gewusst, dass ich kein Auto und keinen Führerschein habe, sie haben das nicht von mir verlangt.

Ich bin gemeinsam mit Herrn G. im Auslieferungslager aufgetreten und habe die Materialien entgegengenommen. Man durfte mit dem Auto in das Magazin hineinfahren. Das war mit ein Grund, warum wir in so halbstündigen Turnussen eingeteilt waren. Eine Gruppe von Zustellern kam zur ganzen Stunde, eine andere jeweils zur halben Stunde. Das war von der Firma X. so eingeteilt.

Uns wurden pro Tag zu zweit zwei Gebiete zugeteilt. Warum Herr G. nicht für ein Gebiet und ich für das andere Gebiet unterschrieben haben: Nachdem Herr G. nicht auf der Liste aufgeschienen ist, konnte er das nicht unterschreiben. Ich habe pro Tag zwei Unterschriften, also für jeweils einen Rayon, geleistet. Es wurde von mir erwartet, dass ich den Rayon abarbeite, für die Firma war es egal mit wem ich das mache. Es kam auch vor, dass jemand ersetzt wurde. Wenn jemand nicht zur Arbeit kam, dann hat ein anderer in diesem Gebiet zugestellt.

Wie ich zu der Überlegung komme, dass Herr G. für die Firma X. gearbeitet hat, wenn es für diese egal war mit wem ich zustelle: Weil Herr G. einen Vertrag mit der Firma X. hatte.

Wir hatten immer dasselbe Gebiet zu betreuen und kam am Anfang ein Kontrolleur, der uns einen Stadtplan gegeben hat, auf dem das Gebiet eingezeichnet war.

Ob die Leute der Firma X. gewusst haben, wie wir uns das Geld aufteilen: Sie mussten das nicht wissen, sie haben gewusst, dass wir gemeinsam arbeiten und warum sollte ich meinen Kollegen verkürzen. Es gab Wochen, in denen wir nur einen Tag gearbeitet haben und haben wir pro Kopf nur 30 Euro verdient. Das heißt, dass in diesem Fall 60 Euro auf mein Konto überwiesen wurden. Die Firma X. hat nicht angeordnet, dass wir uns das Geld mit je 30 Euro teilen. Unsere eigenen Betriebskosten waren fast so hoch wie der Verdienst.

Die Menge der zu verteilenden Prospekte war unterschiedlich. Es kam auch vor, dass 300 kg je Zustellbezirk angefallen sind. Damit ist nicht gesagt, dass wir täglich je 300 kg zu schleppen hatten. Es war auch möglich, dass ein Zusteller alleine 300 kg zustellt, maßgeblich war die Größe des Gebietes.

Derjenige, der uns die Arbeit vermittelt hat, hat uns eine Tasche zur Verfügung gestellt. Ob diese von der Firma X. war, weiß ich nicht. Von der Firma haben wir einen gedruckten Stadtplan bekommen.

Von der Firma X. hat niemand den Auftrag erteilt, wer in welchem Gebiet welche Zustellungen vorzunehmen hat. Unsere Gebiete wurden regelmäßig kontrolliert und haben bei Unregelmäßigkeiten Geldabzüge gedroht. In diesem Fall wurde dann weniger Geld überwiesen. Wenn bei der Kontrolle festgestellt wurde, dass bestimmte Prospekte nicht ausgeliefert wurden, wurde das diesbezügliche Geld bei der nächsten Auszahlung nicht überwiesen......“

He. N.:

„Ich bin seit 1999 bei der Firma X. beschäftigt. Ich bin in Gr. als Filialleiter tätig. Meine Hauptaufgabe besteht in der Zuordnung und Einteilung von Prospekten. Die Prospekte werden einem Rayon zugeordnet, die Rayone werden dann entsprechenden Kontrolleuren zugeordnet, woraus die sogenannte Tageseinteilung entsteht. Diese wird dann von den Kontrolleuren den Verteilern im Lager für die zu verteilenden Prospekte zur Kenntnis gebracht. In meinem Zuständigkeitsbereich sind 186 Zusteller tätig, verteilt werden Werbeprospekte und Zeitungen. Es gibt 114 Zustellgebiete. Aufgrund der Tageseinteilung haben die Zusteller die Möglichkeit ab 06:00 Uhr die Zustellgebiete auszusuchen.

Wenn der Zeuge vorhin gesagt hat, dass ihnen einmal zwei Bezirke zugeteilt wurden, in denen sie dann ständig zuzustellen hatten und einmal einem Ersuchen auf Wechsel dieses Gebietes nicht nachgekommen wurde: Vielleicht war kein anderes Gebiet frei.

Der hier anwesende Zeuge Herr Ha. ist mir persönlich nicht in Erinnerung. Ich bin allerdings nicht oft im Lager, insbesondere nicht in der Zeit zwischen 06:00 Uhr und 07:30 Uhr, in der die Aufträge angenommen werden.

Wenn der Zeuge vorhin angegeben hat, dass fix eingeteilt war an bestimmten Tagen um 07:00 Uhr im Lager zu sein und an anderen Tagen um 07:30 Uhr: Das stimmt nicht. Es gab auch Gebiete, in denen zwei Verteiler tätig waren. Auch wenn in einem Gebiet zwei Zusteller tätig waren, hat nur einer den Auftrag angenommen. Das Honorar wurde dann diesem Verteiler, der dieses Gebiet ausgesucht hat, überwiesen. Es gab Gebiete, die von einem Zusteller nicht zu bewältigen gewesen wären, schon alleine von der Größe her.

Die Verträge mit den Zustellern habe mehr oder weniger ich selbst gemacht. An Nachweisen waren ein Gewerbeschein, eine Bankverbindung, also eine Bankkarte und ein Ausweis erforderlich. Die Zusteller fuhren alle mit eigenen Fahrzeugen. Führerschein wurde nicht verlangt. Die Abrechnung erfolgte anhand einer Honorarnote, die der Verteiler uns überreicht hat. Diese Honorarnote hat der Zusteller ausgefüllt.

Es gibt Fälle, in denen die Vertragspartner die Zustellungen nicht selbst machen. Das erfahren wir dann vom Hörensagen.

Jeder, der mit uns einen Vertrag schließt bekommt eine Verteilernummer. Beim ausgesuchten Zustellgebiet muss er dann diese Verteilernummer angeben. Wenn jemand einen zweiten Zusteller mitnimmt, kontrollieren wir den nicht, das kann ja jeder machen. Der Zusteller muss den Gewerbeschein bei uns im Büro vorweisen, erst dann bekommt er eine Verteilernummer. Ob der Zusteller dann über einen Führerschein verfügt, ist für uns nicht von Bedeutung.

Das Material vergeben wir im Lager an denjenigen, der das Gebiet ausgesucht hat und nicht an Gehilfen.

Wenn Herr G. angegeben hat, er habe bekannt geben müssen, wenn er nicht kommen konnte, kann ich mir das nicht erklären. Es werden auch keine Urlaubsmeldungen abgegeben.

Von der X. macht niemand eine Einschulung, die Zusteller kommen schon mit Erfahrung über Freunde und Bekannte.

Bei Unregelmäßigkeiten wird immer der zur Rechenschaft gezogen, der das Gebiet ausgesucht hat.

Ich weiß nicht, dass sich Zusteller das Honorar auf das Konto einer anderen Person überweisen lassen.

......

Ich kann mir nicht erklären, warum die Zeugen angegeben haben, dass auch Herr G. für die X. gearbeitet hat, wenn nur Herr Ha. die Aufträge unterzeichnet hat.

Es kann nicht sein, dass von der Firma X. angeordnet wird, dass zwei Zusteller gemeinsam ein Verteilgebiet bekommen.

Es wäre möglich, dass zwei Personen mit einem Vertrag ein Gebiet aussuchen, unterschreiben könnte allerdings nur einer. Dann hätten wir allerdings nur einen Vertrag, mit demjenigen, der unterschrieben hat.“

6. Aufgrund der aufgenommenen Beweise hat das Verwaltungsgericht Wien erwogen:

6.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) in der anwendenden Fassung lauten wie folgt:

§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer.

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

§ 33. (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An- und Abmeldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(2) Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

§ 35. (1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

§ 111. (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

- mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall von 2.180 € bis zu 5.000 €,

- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

§ 539a. (1) Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

(3) Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinn des
§ 4 Abs. 2 ASVG (und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis) ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG schon deshalb nicht vor (vgl. VwGH. 25.6.2013, 2013/08/0093 und 15.7.2013, 2013/08/0124).

6.2. Vorweg ist festzustellen, dass der Verwaltungsgerichtshof Auftragsverhältnisse, wie sie im Beschwerdefall zu beurteilen sind, wiederholt geprüft und festgestellt hat, dass es sich dabei um einfache, im unmittelbaren Arbeitsablauf zu besorgende Tätigkeiten handelt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden (siehe VwGH. 22.2.2002, 2002/09/0187, 16.12.2008, 2008/09/0105). Insoweit ist der von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides vertretenen Auffassung, die Werbemittelverteiler seien im Rahmen von Werkverträgen tätig und unterlägen nicht der Versicherungspflicht nach dem ASVG, nicht ohne weiteres zu folgen.

Im Beschwerdefall steht fest, dass der in Rede stehende Auftragnehmer in dem von der belangten Behörde ursprünglich verfolgten Tatzeitraum mit der Auftraggeberin X. GmbH eine mit „GSVG Werkvertrag Zeitungs- und Werbemittelverteilung“ übertitelte schriftliche Vereinbarung abgeschlossen hatte. Nach den übereinstimmenden Angaben der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren einvernommenen Zeugen T. G. und A. Ha., denen die Parteienvertreter nicht entgegengetreten sind und an deren Richtigkeit keine Zweifel entstanden, hat in der Folge nur A. Ha. Verteilaufträge unterfertigt und ist diesem das Entgelt auf sein Konto überwiesen worden. Er war von der X. GmbH nicht angewiesen, einen Teil des Entgeltes T. G. zu überlassen.

Damit stellt sich die Frage, ob – unabhängig von der rechtlichen Qualifikation der in Rede stehenden Verteiltätigkeit – T. G. von der X. GmbH (als Dienstgeberin gemäß § 35 Abs. 1 ASVG) als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigt wurde. Wesentliche Voraussetzung für eine Qualifizierung des Auftragnehmers als Dienstnehmer ist die Beschäftigung gegen Entgelt. Nach den getroffenen Feststellungen begegnet schon das Vorliegen dieser Voraussetzungen erheblichen Bedenken, hat doch T. G. unstrittig von der Auftraggeberin kein Entgelt gefordert oder erhalten und wurde der Empfänger des Entgeltes auch nicht von der Auftraggeberin angewiesen, ihm einen Teil des diesem ausbezahlten Entgeltes zu überlassen. Die X. GmbH hat T. G. daher auch nicht auf Leistungen Dritter anstelle des Entgeltes verwiesen, wie dies § 35 Abs. 1 ASVG für die Dienstgebereigenschaft fordert.

Im Beschwerdefall hat ausschließlich A. Ha. die Übernahme des Werbematerials für das Verteilgebiet bestätigt und für die in der Folge vorgenommenen Verteilungen das Honorar je Stück ausbezahlt bekommen. Nach seiner Aussage wurde vom Auftraggeber erwartet, dass er die Verteilung in den übernommenen Verteilgebieten vornimmt und der Auftraggeber keinen Einfluss darauf genommen hat, wen er beizieht. Unter diesen Gegebenheiten ist nicht davon auszugehen, dass T. G. – unabhängig vom Bestehen der schriftlichen Vereinbarung – gegenüber der X. GmbH eine persönliche Arbeitspflicht getroffen hat. Fehlt diese allerdings, mangelt es auch an der persönlichen Abhängigkeit und damit an einer weiteren wesentlichen Voraussetzung für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG.

Beide Zeugen begründeten ihre Annahme, T. G. sei in einem Beschäftigungsverhältnis zur Auftraggeberin gestanden mit dem für den maßgeblichen Zeitraum geschlossenen schriftlichen Vertrag. Unabhängig davon, dass in dieser Vereinbarung auf konkrete Verteilaufträge verwiesen wird, ist gemäß § 539a Abs. 3 ASVG der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. der schriftliche Vertrag) maßgebend. Die schriftliche Vereinbarung bietet daher in Ansehung des dargestellten tatsächlichen Geschehens keine Grundlage für die Annahme, dass T. G. als Dienstnehmer der X. GmbH anzusehen ist.

Die Beschwerde wendet sich gegen die von der belangten Behörde im bekämpften Bescheid vertretenen Auffassung, den in Rede stehenden Tätigkeiten liege ein Werkvertrag zugrunde. Dies mag allgemein betrachtet zutreffen, auf die dargestellten Besonderheiten des gegenständlichen Falles wird in der Beschwerde jedoch nicht näher eingegangen. Auch in der mündlichen Verhandlung ist die Beschwerdeführerin den diesbezüglichen Einwendungen des Mitbeteiligten nicht entgegengetreten.

Im Verwaltungsstrafverfahren hat die Behörde einem Beschuldigten die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes nachzuweisen. Nach dem Gesagten ist ein derartiger Nachweis im Beschwerdefall nicht möglich, da die persönliche Arbeitspflicht und die Entgeltlichkeit der Tätigkeit des in Rede stehenden Auftragnehmers nicht erwiesen sind.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Einstellung des gegen den Mitbeteiligten eingeleiteten Verwaltungsstraferfahrens im Ergebnis zu Recht erfolgte, wenngleich andere Gründe dafür maßgeblich sind. Aufgrund der dargestellten Erwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beschwerde nicht berechtigt und war sohin abzuweisen.

Die ordentliche Revision gegen diese Entscheidung ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren waren zum Teil Beweisfragen zu klären. Was die rechtliche Beurteilung anlangt, weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab und ist die für den Beschwerdefall maßgebliche, oben wiedergegebene Rechtsprechung auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Arbeitgeber; Arbeitnehmer; Abhängigkeit, persönliche, wirtschaftliche; persönliche Arbeitspflicht; Versicherungspflicht; persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten; wahrer wirtschaftlicher Gehalt des Beschäftigungsverhältnisses; Unterordnungsverhältnis; Werkvertrag; Arbeitsbeginn; Anmeldung zur Sozialversicherung; Amtsbeschwerde; Beschwerde einer Amtspartei

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.041.028.11693.2015

Zuletzt aktualisiert am

19.01.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten