TE Lvwg Erkenntnis 2017/5/8 VGW-041/068/541/2016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.05.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

08.05.2017

Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein
62 Arbeitsmarktverwaltung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AuslBG §2 Abs2
AuslBG §3 Abs1
AuslBG §28 Abs1
VwGVG §29 Abs5
VwGVG §50 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK !

gekürzte Ausfertigung

gem. 29 Abs. 5 VwGVG

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Hohenegger über die Beschwerde des Herrn G. S. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 14.12.2015, Zl. S 53901/15, wegen einer Verwaltungsübertretung gem. § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG iVm § 3 leg.cit, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15.6.2016, 15.3.2017 und 20.3.2017

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis MBA ... - S 53901/15 behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG eingestellt.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG unzulässig.

I. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Festgestellter Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war zumindest im Zeitraum vom 12. Juni 2014 bis 12. Mai 2015 unbeschränkt haftender Gesellschafter der zu FN ... des Firmenbuches beim Handelsgericht Wien protokollierten B. OG mit der Geschäftsanschrift Wien, .... Die B. OG betreibt am Standort Wien, ... einen Imbiss mit hautsächlich indischen Speisen und verfügte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum über vier Mitarbeiter in der Küche und im Service. Die B. OG bot auch einen Lieferservice an. Dabei wurden Bestellungen am Computer aufgenommen, die bestellten Speisen in der Folge fertiggestellt und verpackt, in eine Warmhaltebox gegeben und von einem Angestellten, manchmal auch vom Beschwerdeführer, ausgeliefert. Wenn der Beschwerdeführer keine Zeit hatte und die Angestellten anderweitig benötigt wurden, hat der Beschwerdeführers Dritte, so auch am 30. April 2015 den indischen Staatsangehörigen R. S. und am 12. Mai 2015 den indischen Staatsangehörigen H. S., angerufen und diese mit der Auslieferung der bestellten Speisen beauftragt, wobei ein Entgelt von 2,50 Euro je Auslieferung vereinbart war. Die Speisen wurden von R. S. und H. S. in Warmhalteboxen auf ihren eigenen Krafträdern transportiert. R. S. verfügt über einen Gewerbeschein für Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen (Kleintransporte). H. S. ist auch als Zeitungszusteller tätig. Es konnte nicht festgestellt werden, dass sie auf Abruf im Lokal des Beschwerdeführers bereitstanden und ausschließlich Waren der B. OG transportierten.

Die B. OG hat weder R. S. noch H. S. vor Dienstantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet. Hinsichtlich H. S. lagen am 12. Mai 2015 die für eine unselbständige Beschäftigung in Österreich erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Dokumente und Bewilligungen nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen stützen sich, soweit sie nicht ohnedies unstrittig sind, auf die Angaben in der durch Insp. C. L. (im Folgenden: Meldungsleger - ML) gelegten Anzeige vom 11. Juli 2015. In dieser gibt er an, dass R. S. anlässlich seiner Anhaltung angegeben habe, dass er für das Unternehmen des Beschwerdeführers als Zusteller arbeite und pro Lieferung 2,50 Euro bekomme. Weiters fand sich laut Anzeige in der Warmhaltebox eine an die Firma Y. GmbH adressierte Rechnung. Schließlich hatte der Beschwerdeführer laut Anzeige auch angegeben, dass R. S. hin und wieder angerufen wurde, wenn eine Lieferung zuzustellen war und er dafür 2,50 Euro pro Lieferung bekomme habe und auch, dass normalerweise er (der Beschwerdeführer) die Speisen zugestellt habe und er, wenn er keine Zeit gehabt habe, Bekannte anrufe und diese 2,50 Euro pro Zustellung erhalten hätten.

Die vor dem Verwaltungsgericht getätigte Aussage des Zeugen R. S., dass er die in der Anzeige wiedergegebenen Aussagen nicht getätigt habe und in der Warmhaltebox nur Essen für sich selber transportiert habe, widersprechen nicht nur den Angaben in der Anzeige, deren Richtigkeit vom ML in seiner Aussage vor Gericht bestätigt wurde, sondern auch der Aussage des Beschwerdeführers, der angab, dass R. S. am 30. April 2015 erstmals zu ihm gekommen sei und um Arbeit gefragt habe, woraufhin er mit R. S. eine Probeauslieferung vereinbart habe. Unerklärlich bleibt auch, weshalb sich in der Warmhaltebox eine an die Firma Y. GmbH adressierte Rechnung befinden sollte, wenn R. S. nur Essen für sich transportiert hätte. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers, dass das jedes Mal alte Rechnungen gewesen seien, war keinesfalls glaubhaft. Ebenso wenig die Aussagen des R. S. und des Beschwerdeführers, dass sie beide nicht den H. S. vor der Verhandlung im Parallelverfahren am 15.11.2016 gekannt hätten, wogegen einerseits die späteren Relativierungen sprechen, dass sie sich unter Umständen schon aufgrund der Nähe anderer indischer Lokale in unmittelbarer Nachbarschaft doch kennen könnten, weil H. S. öfters im nahen indischen Lebensmittelgeschäft einkaufen sei – woher würde das der Beschwerdeführer wissen – und andererseits aufgrund der ursprünglichen Aussage des Beschwerdeführers – er würde nicht nur Zustellern, sondern auch Stammkunden die Warmhalteboxen mitgeben, was wiederum dagegen sprach, dass er den H. S. gar nicht gekannt hätte. Darauf angesprochen, rechtfertigte sich der Beschwerdeführer in weiterer Folge dahingehend, dass es eine Werbeaktion gewesen sei, Neukunden auch die Warmhalteboxen mitzugeben.

In dieses Bild fügt sich zu guter Letzt auch die heutige Aussage des MLs, der angab, häufiger den R. S. und den H. S. durch die Fenster im Lokal des Beschwerdeführers zu sehen. Damit ist auch die Aussage des HE. vom 15.11.2016 widerlegt; der behauptet hat, dass R. S. nur am 30.4.2015 – genau an einem Tag, an dem HE. nicht im Geschäft gewesen sei – für die B. OG tätig gewesen sei. Auch dass der HE. den H. S. überhaupt nicht kenne, wie er bei seiner Einvernahme angab, ist angesichts dieser Aussage in Zweifel zu ziehen.

Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer im – in diesem Erkenntnis nicht zu behandelnden – Parallelfall der Zustellungen von Speisen durch den R. S. in der Verhandlung vom 15.11.2016 einen radikalen Schwenk vollzog und dort ebenfalls begann zu behaupten, dass dieser bloß Essen für sich selbst gekauft hätte, obwohl er bis dahin immer vorgebracht hatte, dass er ihn als Zusteller beauftragt habe, es sich um eine Probelieferung gehandelt habe und EUR 2,5 bereits vereinbart gewesen seien, trägt im Gesamtbild dazu bei, den Aussagen des R. S., H. S. und des Beschwerdeführers diesbezüglich nicht zu folgen und entsprechende gegenteilige Feststellungen zu treffen.

Der Aussage des Beschwerdeführers, dass er am 30. April 2015 R. S. erstmals probeweise mit einer Auslieferung beauftragt habe, konnte ebenfalls nicht gefolgt werden, da er noch am 30. April 2015 gegenüber dem ML angegeben hatte, dass R. S. hin und wieder angerufen wird, wenn eine Lieferung zuzustellen ist und der ML hinsichtlich R. S. und H. S. angab, dass beide wiederholt bei Zustellungen betreten worden seien.

Nicht gefolgt werden konnte auch der Aussage von H. S., dass er am 12. Mai 2015 nur Essen für sich transportiert habe. Auch in diesem Fall bleibt unerklärlich, weshalb sich in der Warmhaltebox laut Anzeige eine Rechnung befunden hat und weshalb H. S. nicht bereits bei seiner Anhaltung am 12. Mai 2015 angegeben hat, dass das in der Warmhaltebox befindliche Essen für ihn bestimmt sei. Bei der Aussage des Beschwerdeführers, dass er H. S. nicht kenne, handelt es sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts vielmehr um eine reine Schutzbehauptung.

Somit stützte das Gesamtbild – mehrfache Betretung, widersprüchliche und über den Zeitraum der Verfahren modifizierte Rechtfertigungen des Beschwerdeführers und seines Mitgesellschafters, Verwendung der typischen Warmhalteboxen und Transport mit Krafträdern, Beilage von Rechnungen – die Aussage des MLs, sodass dieser zu folgen war, zumal diese einen plausiblen Lebenssachverhalt zeichnet und alle diversen Erklärungsversuche des Beschwerdeführers und seines Mitgesellschafters auch außerhalb einer typischen Geschäftsgebarung (z.B.: Mitgabe von Warmhalteboxen zur Leihe als Werbemaßnahme für Neukunden) liegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

§ 3 Abs. 1 und § 28 Abs. 1 Z 1 Bundesgesetz vom 20. März 1975, mit dem die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird (Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, lauteten in der am 12. Mai 2015 anzuwendenden Fassung BGBl. I. Nr. 72/2013 wie folgt:

Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern
§ 3.

(1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.

Strafbestimmungen
§ 28.

(1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1.

wer

a)

entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder keine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, keine „Aufenthaltsberechtigung plus“, keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt, oder

b)

entgegen § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder

c)

entgegen der Untersagung gemäß § 32a Abs. 8 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Freizügigkeitsbestätigung ausgestellt wurde,

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis 50 000 Euro;

…“

Zur Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes:

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit im Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt. Gemäß § 28 Abs. 1 lit. a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c AuslBG), eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder keine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, keine „Aufenthaltsberechtigung plus“, keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt. Gemäß § 2 Abs. 1 AuslBG gilt als Ausländer im Sinne dieses Gesetzes, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Gemäß § 2 Abs. 2 lit a AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (VwGH 3. Oktober 2013, 2013/09/0113 mwN).

Bei der Beurteilung des konkret erhobene Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmals muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art „beweglichen System“, in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass eine wechselseitige Kompensation der einzelnen Gewichte berücksichtigt wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (VwGH 22. Februar 2006, 2002/09/0187).

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu bestimmten Terminen) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragspflichten des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für den Werkvertrag essenziell ist ein „gewährleistungstauglicher“ Erfolg der Tätigkeit, nach welchen die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten “Ziels“ noch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (VwGH 23. Mai 2007, 2005/08/0003).

Nach den Sachverhaltsfeststellungen haben H. (und R.) S. nur gelegentlich für die B. OG Auslieferungen vorgenommen. Nach den Sachverhaltsfeststellungen gab es auch keine Verpflichtung für die Durchführung von Auslieferungen zu gewissen Zeiten bereitzustehen und Auslieferungsaufträge anzunehmen, zumal die Auslieferungen üblicherweise vom Beschwerdeführer selbst oder von Angestellten durchgeführt wurden. H. S. wurde für jede Auslieferung gesondert beauftragt. Nach Auslieferung der Speisen endete das jeweilige Werkvertragsverhältnis. Der Transport wurde auch mit dem Kraftrad von H. S. und somit mit eigenen Betriebsmitteln durchgeführt. Demgegenüber tritt der Umstand, dass es sich bei der Auslieferung von Speisen um eine einfache Tätigkeit handelt, die keine besondere Qualifikation – mit Ausnahme einer allfällig erforderlichen Lenkberechtigung für das verwendete Kraftfahrzeug – erfordert, in den Hintergrund. Es liegt daher im gegenständlichen Fall ein Werkvertrag und keine „Beschäftigung“ im Sinne des AuslBG vor.

Da die B. OG Herrn H. S. somit nicht im Sinne des AuslBG beschäftigt hat, hat der Beschwerdeführer als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG den Tatbestand des § 28 Abs. 1 Z 1 lit a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG in objektiver Hinsicht nicht verwirklicht. Das Verwaltungsstrafverfahren war daher gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

Zum Ausspruch über die Kosten:

Der Beschwerde wurde zur Gänze Folge gegeben. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGG war daher auszusprechen, dass der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten hat.

H i n w e i s

Wird auf die Revision an den Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen 2 Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt, so kann gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden.

Das Verwaltungsgericht Wien hat am 15.6.2016, 15.3.2017 und 20.3.2017 in der gegenständlichen Beschwerdesache eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und sodann das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen verkündet.

Den nicht erschienenen Revisionsberechtigten wurde das Verhandlungsprotokoll mitsamt dem verkündeten Erkenntnis zugesandt. Von keiner der zur Revision beim Verwaltungsgerichtshof und zur Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien wurde binnen 2 Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift über die Verhandlung, in der das Erkenntnis verkündet wurde, eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG verlangt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist nun nicht mehr zulässig.

Verwaltungsgericht Wien

H o h e n e g g e r

Schlagworte

Ausländer; Beschäftigung; Beschäftigungsbewilligung; Anzeigebestätigung; Abhängigkeit, persönliche, wirtschaftliche; persönliche Arbeitspflicht; bewegliches System; Werkvertrag; gekürzte Ausfertigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.041.068.541.2016

Zuletzt aktualisiert am

19.01.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten