TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/10 W243 2181678-1

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Veröffentlicht am 10.01.2018
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Entscheidungsdatum

10.01.2018

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W243 2181678-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marianne WEBER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Uganda, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx und dessen Obmann RA Dr. Lennart BINDER LL.M., gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.11.2017, Zl. 1167766909-171055935, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Ugandas, stellte nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 12.09.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Eine EURODAC-Abfrage zu seiner Person ergab eine Treffermeldung im Zusammenhang mit seiner erkennungsdienstlichen Behandlung nach Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz am 06.12.2011 in der Schweiz.

2. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 13.09.2017 brachte der Beschwerdeführer vor, an keinerlei Krankheiten oder gesundheitlichen Beschwerden zu leiden und weder in Österreich noch in einem anderen EU-Mitgliedstaat Familienangehörige oder sonstige Verwandte zu haben.

Befragt zu seinem Reiseweg, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe seinen Herkunftsstaat im Alter von zwölf Jahren verlassen und sei über Südsudan, Tschad, Algerien, Marokko und Spanien in die Schweiz gereist. In der Schweiz habe er um Asyl angesucht, jedoch sei er nach Erhalt eines negativen Bescheides aufgefordert worden, das Land zu verlassen. Er habe in der Schweiz keine Dokumente erhalten und habe nicht arbeiten dürfen. Aus diesem Grund sei er weiter nach Österreich gereist.

Als Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer an, dass er seine Träume in Uganda nicht verwirklichen habe können, weshalb er beschlossen habe, nach Europa zu reisen, um sich ein besseres Leben zu ermöglichen.

3. In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) am 13.10.2017 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (in der Folge: Dublin III-VO), gestütztes - den Beschwerdeführer betreffendes - Wiederaufnahmegesuch an die Schweiz.

Mit Schreiben vom 18.10.2017 stimmte die Schweizer Dublin-Behörde dem Wiederaufnahmegesuch des BFA gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu.

4. Am 27.10.2017 langte eine Meldung der Landespolizeidirektion Wien ein, wonach der Beschwerdeführer am selben Tag wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz in die Justizanstalt XXXX eingeliefert worden sei.

5. Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 14.11.2017, zu welcher der Beschwerdeführer aus der Haft vorgeführt wurde, gab der Genannte im Beisein eines Rechtsberaters nach durchgeführter Rechtsberatung und unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die englische Sprache zu Protokoll, sich nicht gut zu fühlen, die Einvernahme jedoch durchführen zu können. Er habe weder in Österreich noch innerhalb der EU aufhältige Eltern oder Kinder und lebe mit keiner Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft.

Auf Vorhalt, dass beabsichtigt sei, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen und seine Außerlandesbringung in die Schweiz zu veranlassen, führte der Beschwerdeführer an, dass er nicht in die Schweiz zurückwolle, da ihm dort kein Asyl gewährt und er unter Druck gesetzt worden sei, das Land zu verlassen. Er habe in der Schweiz keine Papiere bekommen, weshalb es schwer sei, dort zu bleiben.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung in die Schweiz zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Das BFA stellte nach einer Darstellung des Verfahrensganges fest, dass der Beschwerdeführer einen Asylantrag in der Schweiz gestellt habe. Der Beschwerdeführer leide an keinen Erkrankungen, die seiner Überstellung in die Schweiz im Wege stehen würden und verfüge er über keine Verwandten in Österreich.

Zur Lage in der Schweiz traf das BFA folgende Feststellungen (gekürzt und unkorrigiert durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

 

Antragsteller 2015

Schweiz

39.450

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 3.3.2016a)

Erstinstanzliche Entscheidungen

Gesamt

Flüchtlings-status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre Gründe

NEGATIV

1. Qu. 2015

5.895

1.660

830

1.565

1.835

2. Qu. 2015

5.505

1.885

775

1.370

1.470

3. Qu. 2015

5.020

1.435

565

1.240

1.785

4. Qu. 2015

5.420

1.305

460

905

2.750

GESAMT

21.840

6.285

2.630

5.080

7.840

Die Daten werden auf

die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 18.9.2015a; Eurostat 18.9.2015b; Eurostat 10.12.2015; Eurostat 3.3.2016b)

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) ist die für das erstinstanzliche Asylverfahren in der Schweiz verantwortliche Behörde. Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten:

Bild kann nicht dargestellt werden

(AIDA 10.2015; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (10.2015): Country Report: Switzerland,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1452168757_aida-ch-update-i-0.pdf, Zugriff 13.5.2016

-

Eurostat (3.3.2016a): Statistics explained, File: Asylum applicants (including first time asylum applicants), Q4 2014 - Q4 2015.png,

http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Asylum_applicants_(including_first_time_asylum_applicants),_Q4_2014_%E2%80%93_Q4_2015.png, Zugriff 31.3.2016

-

Eurostat (18.9.2015a): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 1st quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_1st_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016

-

Eurostat (18.9.2015b): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 2nd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_2nd_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016

-

Eurostat (10.12.2015): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 3rd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_3rd_quarter_2015.png, Zugriff 22.2.2016

-

Eurostat (3.3.2016b): Statistics explained, File: First instance decisions by outcome and recognition rates, 4th quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_4th_quarter_2015.png, Zugriff 31.3.2016

2. Dublin-Rückkehrer

Es konnten keine Zugangshindernisse für Dublin-Rückkehrer in der Schweiz festgestellt werden (AIDA 10.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (10.2015): Country Report: Switzerland,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1452168757_aida-ch-update-i-0.pdf, Zugriff 13.5.2016

3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA)

Es ist in den Schweizer Gesetzen weder eine Verpflichtung noch ein Mechanismus zur Identifizierung Vulnerabler festgeschrieben, außer der Identifizierung von Opfern von Menschenhandel. Es gibt folglich auch kein Screening nach Vulnerabilität, es sei denn diese ist offensichtlich. AW sind verpflichtet schwere gesundheitliche Probleme von sich aus bekannt zu geben. Trotzdem gibt es spezielle verfahrenstechnische Vorkehrungen für bestimmte vulnerable Gruppen. So gibt es etwa im SEM Spezialisten für Verfahren von UMA, Opfern von Menschenhandel bzw. von geschlechtsspezifischer Gewalt. Betroffene können auch einen Interviewer desselben Geschlechts verlangen (AIDA 10.2015).

Auch für UMA gibt es keinen festgelegten Identifikationsmechanismus. (Unbegleitete) Minderjährige sind aber beim Asylinterview besonders zu behandeln und für jeden UMA muss unverzüglich eine sogenannte Vertrauensperson bestellt werden, welche diesen im Asylverfahren und in anderen sozialen Belangen unterstützt und vertritt. Dies kann auch der Rechtsvertreter sein. Die Praxis in Bezug auf die Vertrauensperson unterscheidet sich zum Teil erheblich zwischen den einzelnen Kantonen. Oft ist die Vertretung unzureichend, da die Vertrauenspersonen zu viele Minderjährige vertreten müssen oder minderqualifiziert sind. Oft treffen sich Vertrauensperson und UMA erst kurz vor dem Interview. Auch ändert sich die Vertrauensperson, wenn ein UMA aus der föderal organisierten Erstaufnahme in einen Kanton verlegt wird, wo er bleibt bis er 18 Jahre alt ist. Eigentlich wäre die Vertrauensperson rechtlich nur als Übergangslösung vorgesehen, bis zur Bestellung eines Vormundes oder anderer Maßnahmen zum Schutz des Kindes. In der Praxis bleibt es aber oft bei der Vertrauensperson und es werden keine weiteren Schritte gesetzt (AIDA 10.2015). Es gibt Kritik daran, dass die Vertrauenspersonen bei Asylinterviews von UMA nicht anwesend sind (UNCAT 7.9.2015).

Wenn ein Verfahrensführer Zweifel am Alter eines Antragstellers hat, kann er eine Altersfeststellung veranlassen. In der Praxis werden Handwurzelröntgen herangezogen, aber auch eine Computertomographie des Schlüsselbeins oder Zahnuntersuchung einhergehend mit Bewertung der körperlichen Reife ist möglich. Im Zweifel ist die Minderjährigkeit anzunehmen. Für die medizinische Altersfeststellung ist die Zustimmung des Betroffenen nötig. Gibt er diese nicht, gilt das als Kooperationsverweigerung, welche die Einstellung des Verfahrens nach sich zieht (AIDA 10.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (10.2015): Country Report: Switzerland,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1452168757_aida-ch-update-i-0.pdf, Zugriff 13.5.2016

-

UNCAT - UN Committee Against Torture (7.9.2015): Concluding observations on the seventh periodic report of Switzerland, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1449141431_g1520151.pdf, Zugriff 19.5.2016

4. Non-Refoulement

Es kann mehrere Gründe für Unzulässigkeit eines Asylantrags geben. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Antrags wird auch eine Liste sicherer Drittstaaten herangezogen. Bei einem Drittstaat, der nicht laut Liste als sicher gilt, werden etwaige Unzulässigkeitsgründe nicht schlagend, wenn es Hinweise gibt, dass dieser Staat im konkreten Einzelfall das Refoulement-Prinzip verletzt (AIDA 10.2015).

Die Verfassung verbietet die Abschiebung von Flüchtlingen, die in ihren Herkunftsländern Verfolgung ausgesetzt sind und stellt auch fest, dass niemand in ein Land geschickt werden darf, in dem ihm Folter oder andere entwürdigende und grausame Behandlung droht. Die Regierung zwingt generell keine Asylwerber zur Rückkehr in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht sein könnte. Jedoch verurteilt der UN-Ausschuss gegen Folter die gewaltsamen Abschiebungen aus der Schweiz und rügt die angewendeten Mittel zur Abschiebung von Personen nach Sri Lanka und Somalia. Der UN-Ausschuss befindet, dass nicht genügend offizielle Garantien vorhanden sind, um sicherzustellen, dass zurückkehrende Flüchtlinge in ihren Heimatländern nicht gefoltert werden (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (10.2015): Country Report: Switzerland,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1452168757_aida-ch-update-i-0.pdf, Zugriff 13.5.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Switzerland, http://www.ecoi.net/local_link/322578/462055_de.html, Zugriff 19.5.2016

5. Versorgung

Die materielle Versorgung der AW besteht aus Unterbringung und Verpflegung, medizinischer Versorgung und finanzieller Unterstützung. Unterstützung gibt es nur, wenn ein Antragsteller bedürftig ist. Unterbringung in einem Zentrum steht aus organisatorischen Gründen hingegen allen AW offen. Im Rahmen der Erstaufnahme auf Bundesebene ist die Versorgung überall gleich. Diese dauert in der Regel bis zu 90 Tage (Zulassungsverfahren). Später werden die ASt dann auf die Kantone verteilt, wo sich die Bedingungen deutlich unterscheiden können, da die Kantone weitgehend selbst entscheiden, wie Bundesbestimmungen umgesetzt werden. Das Recht auf Versorgung besteht bis zum Ende des Verfahrens (Ende der Beschwerdefrist gegen erstinstanzliche Entscheidung bzw. negative Entscheidung der Beschwerdeinstanz im Falle einer Beschwerde). Momentan findet in Zürich gerade ein Testlauf bezüglich einer Beschleunigung des Verfahrens statt, den manche ASt. durchlaufen. Dort ist die Versorgung etwas anders geregelt, aber auch sie haben ein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe, Krankenversorgung und Bildung für Kinder unter 16 Jahren. Wenn ein ASt das Land verlassen muss, kann er keine herkömmliche Versorgung mehr erhalten, sondern nur noch Unterstützung im Rahmen des Notfallschemas. Gleiches gilt für Folgeantragsteller, da für sie immer noch eine verbindliche Entscheidung zur Außerlandesbringung vorliegt, selbst wenn diese suspendiert wird (AIDA 10.2015).

Die Kantone sind zuständig für die Gewährleistung der Sozialhilfe an AW. Pro AW, der von der Sozialhilfe unterstützt werden muss, erhält der Kanton einen Pauschalbetrag, mit dem der Kanton die gesamten Ausgaben für die Unterbringung, die Unterstützung, die obligatorische Krankenversicherung und für allfällig weitere medizinische Versorgung (z.B. Zahnbehandlungskosten) finanziert. Die Ausrichtung von Unterstützungsleistungen erfolgt durch die Kantone oder Gemeinden bzw. durch beauftragte Dritte. Die Unterbringung von AW erfolgt zum Teil in Gemeinschaftsunterkünften, zum Teil - insbesondere wenn es sich um Familien handelt - in Wohnungen. Die übrige Unterstützung soll nach Möglichkeit in Form von Sachleistungen ausgerichtet werden, ansonsten in Geldform. Sozialhilfeleistungen für AW sind im Vergleich zu schweizerischen Sozialhilfeempfängern generell um ca. 20% niedriger. (SEM 19.10.2015a). Mitte 2014 betrug die monatliche Zuwendung maximal CHF

1.128 / €940, abhängig von der Bedürftigkeit des Empfängers. In den föderalen Zentren, wo die meiste Unterstützung in Sachleistungen geschieht, liegt die übrige Unterstützung bei lediglich 3 CHF täglich. Die Höhe der Zuwendungen richtet sich nach dem Grad der Bedürftigkeit. Mitte 2014 erhielten 87,5% aller AW in der Schweiz Sozialhilfe, wovon 92% keine weitere Einkommensquelle hatten. Das Notfallschema umfasst kantonale Leistungen für Personen, die sich andernfalls nicht erhalten könnten und wird daher auch von den Kantonen festgelegt, ist also Schwankungen unterworfen. In manchen Kantonen ist diese Aufgabe an Gemeinden oder Hilfsorganisationen ausgelagert. Die Nothilfe besteht wann immer möglich aus Sachleistungen, inklusive Unterbringung in Notfallzentren, die für ihre eher unbequemen, minimalistischen Bedingungen bekannt sind. Die Finanzierung der Nothilfe ist pro Person mit 8 CHF pro Tag zu bestreiten. Was nicht in Sachleistungen gewährt wird, wird in Gutscheinen ausgegeben, die in bestimmten Supermärkten angenommen werden. Nothilfe muss immer gewährt werden, sie kann folglich auch nicht aberkannt werden (AIDA 10.2015).

Um die wachsende Anzahl von Asylwerbern unterzubringen, werden weiterhin hunderte AW in entlegenen ländlichen Gebieten oder in ehemaligen Militäreinrichtungen untergebracht, viele der letzteren sind unterirdische Anlagen. Es gibt aber auch Unterbringung in Privathäusern, oder in ehemaligen Hotels, Kirchen oder Zivilschutzeinrichtungen. Manche Kantone griffen temporär auf Zelte zurück. Platzknappheit ist bei der Versorgung von AW ein Problem (USDOS 13.4.2016).

In den Zentren auf föderaler Ebene sind die Bedingungen für Familien, Kinder und Frauen eher rau. In der Praxis versucht man für diese Personen möglichst rasch eine geeignete kantonale Unterbringung zu finden, wo Familien nach Möglichkeit individuell untergebracht werden. Die Unterbringung von UMA wird in den Kantonen unterschiedlich gehandhabt. Manche verfügen über spezialisierte Zentren, andere nicht, was auf Kritik von NGOs stößt. Jüngere Kinder werden oft in Pflegefamilien oder Kinderheimen untergebracht (AIDA 10.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (10.2015): Country Report: Switzerland,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1452168757_aida-ch-update-i-0.pdf, Zugriff 13.5.2016

-

SEM - Staatssekretariat für Migration (19.10.2015a): Sozialhilfe für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene, Schutzbedürftige, https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/sozialhilfe/asylsuchende__vorlaeufig.html, Zugriff 19.5.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Switzerland, http://www.ecoi.net/local_link/322578/462055_de.html, Zugriff 19.5.2016

5.1. Medizinische Versorgung

AW haben ein Recht auf medizinische Basisversorgung (USDOS 13.4.2016).

Laut Gesetz ist Asylwerbern während des gesamten Verfahrens, sowie nach negativer Entscheidung im Rahmen des Notfallschemas, der Zugang zu medizinischer Versorgung zu garantieren. Jeder AW wird bei der nationalen Krankenversicherung versichert (auch Notfallschema), welche auch psychologische und psychiatrische Behandlung abdeckt. Während des Aufenthalts in föderaler Unterbringung ist die medizinische Versorgung föderale Angelegenheit und erfolgt im Zentrum, danach geht sie auf den jeweiligen Kanton über. Bei Ankunft im föderalen Zentrum werden AW einer medizinischen Untersuchung unterzogen. Ansonsten geschieht medizinische Versorgung entweder im Zentrum bzw. in weiterer Folge in örtlichen Spitälern. Auf kantonaler Ebene ist die Situation ähnlich. Auch dort ist nicht in jedem Zentrum rund um die Uhr medizinisches Personal anwesend (AIDA 10.2015).

Mehrere Organisationen bieten Hilfe für traumatisierte Asylwerber. Die Ambulanz für Opfer von Folter und Krieg in Bern bietet eine breite Palette von Therapien, welche Sozialarbeit und verschiedene Behandlungen für traumatisierte Gewaltopfer kombinieren. Ähnliche zivilgesellschaftliche Initiativen gibt es in Genf, Lausanne und Zürich, jedoch reichen die Kapazitäten dieser Einrichtungen nicht aus. Gemäß nationalem Recht unterstützt die Asylbehörde SEM ebenfalls finanziell den Aufbau von Einrichtungen zur Behandlung von traumatisierten Asylbewerbern (AIDA 10.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (10.2015): Country Report: Switzerland,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1452168757_aida-ch-update-i-0.pdf, Zugriff 13.5.2016

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Switzerland, http://www.ecoi.net/local_link/322578/462055_de.html, Zugriff 19.5.2016

Beweiswürdigend wurde hervorgehoben, dass die Identität des Beschwerdeführers mangels vorliegender unbedenklicher Dokumente nicht feststehe. Aus den Angaben des Beschwerdeführers seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass er tatsächlich konkret Gefahr liefe, in der Schweiz Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm dadurch eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte. Bei glaubhaftem Vorbringen sei davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer von den Schweizer Asylbehörden Asyl gewährt würde. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schweiz rechtliche Sonderpositionen vertreten würde.

In der rechtlichen Beurteilung wurde festgehalten, dass Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO formell erfüllt sei. Die Anordnung der Außerlandesbringung würde nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führen. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen lassen würde, sei im Verfahren nicht erstattet worden. In einer Gesamtbetrachtung habe sich daher kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidung gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben.

7. Gegen den zitierten Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung binnen offener Frist die vorliegende Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in der Schweiz keine Anknüpfungspunkte mehr habe, wohingegen er in Österreich bereits Freundschaften geschlossen und mit der Integration begonnen habe. Während seines Aufenthaltes in der Schweiz habe der Beschwerdeführer seelischen Schaden genommen, weshalb Österreich in das inhaltliche Asylverfahren einsteigen hätte müssen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Ugandas, reiste illegal über Marokko kommend nach Spanien und anschließend weiter in die Schweiz, wo er am 06.12.2011 um Gewährung von internationalem Schutz ansuchte. Nachdem sein Asylverfahren in der Schweiz negativ beendet worden war, begab er sich nach Österreich und stellte er hier am 12.09.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Das BFA richtete am 13.10.2017 ein Wiederaufnahmegesuch an die Schweiz, dem die Schweizer Behörden mit Schreiben vom 18.10.2017 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zugestimmt haben. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit der Schweiz wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation in der Schweiz an.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung in der Schweiz Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigung und benötigt keine stationäre oder sonstige Behandlung.

Intensiv ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht. Der Beschwerdeführer geht keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, bedingt unter Gewährung einer Probezeit von drei Jahren nachgesehen, rechtskräftig verurteilt.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich des Reisewegs des Beschwerdeführers und seiner Antragstellungen ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Erstbefragung und seiner Einvernahme vor dem BFA im Zusammenhang mit den EURODAC-Treffermeldungen.

Die Feststellungen betreffend das an die Schweiz gerichtete Wiederaufnahmegesuch durch die österreichische Dublin-Behörde und die ausdrückliche Zustimmung der Schweiz zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers beruhen auf dem - im Verwaltungsakt dokumentierten - durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der Schweizer Dublin-Behörde.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in der Schweiz auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das Schweizer Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in der Schweiz den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen.

Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen in der Schweiz hat der Beschwerdeführer nicht substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen unten).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben. Dass er an einer lebensbedrohenden Krankheit leiden würde, hat er nicht einmal selbst behauptet, sondern im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA lediglich pauschal und ohne Angabe näherer Gründe angegeben, "sich nicht gut zu fühlen". Soweit weiters im Beschwerdeschriftsatz moniert wird, dass der Beschwerdeführer einen seelischen Schaden in der Schweiz genommen habe, so ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass im gesamten Verfahren keine medizinischen Unterlagen, aus denen sich etwa eine konkrete Diagnose bzw. ein Behandlungsbedarf ergeben würde, in Vorlage gebracht wurden. Es wurde somit kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer rechtskräftig von einem österreichischen Strafgericht verurteilt wurde, ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Strafregisterauszug vom 08.01.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

"§ 5. (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) [...]

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3.-5. [...]

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2)-(3) [...]"

3.2. § 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

3.3. § 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. [...]

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

3.4. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

"Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 16 Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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