TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/12 W240 2167889-1

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Veröffentlicht am 12.01.2018
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Entscheidungsdatum

12.01.2018

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W240 2167889-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Bangladesch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.08.2017,

Zl. 1158802402/170782863, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 04.07.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seiner Person liegt zur Schweiz ein EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) vom 02.04.2014 vor.

Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag (04.07.2017) gab der Beschwerdeführer an, keine Familienangehörigen in Österreich oder einem EU-Staat zu haben. Er sei im März 2014 aus seinem Herkunftsstaat ausgereist und habe die Schweiz als Zielland gehabt. Er habe sich einen Tag in Italien und drei Jahre in der Schweiz aufgehalten, bevor er Italien durchreist und in Österreich einen Antrag gestellt habe. In der Schweiz sei er in einem Flüchtlingsquartier untergebracht gewesen, habe dort um Asyl angesucht; sein Asylverfahren sei jedoch in zweiter Instanz abgelehnt worden. Obwohl alles in Ordnung gewesen sei, wolle er nicht in die Schweiz zurück, da er befürchte, dass er in sein Herkunftsland abgeschoben werde. Dieses habe er verlassen, da er Mitglied einer Partei gewesen sei und von den Mitgliedern der Oppositionspartei verfolgt und geschlagen worden sei.

In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 11.07.2017 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an die Schweiz.

Mit Schreiben vom 20.07.2017 stimmte die schweizerische Dublin-Behörde der Rückübernahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu und teilte mit, dass der Beschwerdeführer bei ihnen unter dem Namen XXXX registriert sei.

Nach durchgeführter Rechtsberatung fand am 02.08.2017 im Beisein eines Rechtsberaters die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA statt. Dabei gab der Beschwerdeführer über Nachfrage an, dass er sich gut fühle und psychisch und physisch in der Lage sei, die Befragung durchzuführen. Er sei körperlich fit, jedoch psychisch etwas belastet. Er befinde sich nicht in ärztlicher Behandlung und wisse auch nicht, ob er einen Arzt benötige. Sodann wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er jederzeit einen Arzt aufsuchen könne. Der Beschwerdeführer gab weiters an, dass er in Österreich oder im Bereich der EU keine Verwandte und auch keine anderen Personen habe, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestehe. Sodann ersuchte der Beschwerdeführer darum, dass mit den Schweizer Behörden Kontakt aufgenommen werde, damit er nicht nach Bangladesch abgeschoben werde. In der Folge wurde er darüber informiert, dass die österreichischen Behörden den Entscheidungen der Schweizer Behörden nicht vorgreifen können. Befragt, wie lange er sich in der Schweiz aufgehalten habe, erklärte der Beschwerdeführer drei Jahre in der Schweiz gelebt zu haben. Es habe keine Probleme gegeben, er habe dort auch Grundversorgung und medizinische Versorgung erhalten. Nach der negativen Entscheidung habe er einundzwanzig Tage Zeit bekommen um die Schweiz zu verlassen. Schließlich habe er eine Strafe erhalten, da er die Schweiz nicht verlassen habe. Er könne aber nicht in seine Heimat zurück. Er verstehe die Gesetze der Schweiz, aber könne einfach nicht in seine Heimat zurück.

Der anwesende Rechtsberater erstattete kein Vorbringen und hatte keine Fragen.

Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer folgende Dokumente vor:

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Parteibescheinigung aus Bangladesch, ausgestellt im Jahre 2013 (inklusive einer englischen Übersetzung)

-

Diverse Schriftstücke in der Sprache Bengali (eine Anzeige und anderer polizeiliche Berichte)

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 04.08.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Schweiz zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in der Schweiz traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert und nunmehr gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

Allgemeines zum Asylverfahren

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) ist die für das erstinstanzliche Asylverfahren in der Schweiz verantwortliche Behörde. Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten.

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (10.2015): Country Report: Switzerland,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1452168757_aida-ch-update-i-0.pdf, Zugriff 13.5.2016

-

Eurostat (3.3.2016a): Statistics explained, File: Asylum applicants (including first time asylum applicants), Q4 2014 - Q4 2015.png,

http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:Asylum_applicants_(including_first_time_asylum_applicants),_Q4_2014_%E2%80%93_Q4_2015.png, Zugriff 31.3.2016

-

Eurostat (18.9.2015a): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 1st quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_1st_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016

-

Eurostat (18.9.2015b): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 2nd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_2nd_quarter_2015.png, Zugriff 11.2.2016

-

Eurostat (10.12.2015): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 3rd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_3rd_quarter_2015.png, Zugriff 22.2.2016

-

Eurostat (3.3.2016b): Statistics explained, File: First instance decisions by outcome and recognition rates, 4th quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_4th_quarter_2015.png, Zugriff 31.3.2016

Dublin-Rückkehrer

Es konnten keine Zugangshindernisse für Dublin-Rückkehrer in der Schweiz festgestellt werden (AIDA 10.2015).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (10.2015): Country Report: Switzerland,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1452168757_aida-ch-update-i-0.pdf, Zugriff 13.5.2016

Non-Refoulement

Es kann mehrere Gründe für Unzulässigkeit eines Asylantrags geben. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Antrags wird auch eine Liste sicherer Drittstaaten herangezogen. Bei einem Drittstaat, der nicht laut Liste als sicher gilt, werden etwaige Unzulässigkeitsgründe nicht schlagend, wenn es Hinweise gibt, dass dieser Staat im konkreten Einzelfall das Refoulement-Prinzip verletzt (AIDA 10.2015).

Die Verfassung verbietet die Abschiebung von Flüchtlingen, die in ihren Herkunftsländern Verfolgung ausgesetzt sind und stellt auch fest, dass niemand in ein Land geschickt werden darf, in dem ihm Folter oder andere entwürdigende und grausame Behandlung droht. Die Regierung zwingt generell keine Asylwerber zur Rückkehr in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht sein könnte. Jedoch verurteilt der UN-Ausschuss gegen Folter die gewaltsamen Abschiebungen aus der Schweiz und rügt die angewendeten Mittel zur Abschiebung von Personen nach Sri Lanka und Somalia. Der UN-Ausschuss befindet, dass nicht genügend offizielle Garantien vorhanden sind, um sicherzustellen, dass zurückkehrende Flüchtlinge in ihren Heimatländern nicht gefoltert werden (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (10.2015): Country Report: Switzerland,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1452168757_aida-ch-update-i-0.pdf, Zugriff 13.5.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Switzerland, http://www.ecoi.net/local_link/322578/462055_de.html, Zugriff 19.5.2016

Versorgung

Die materielle Versorgung der AW besteht aus Unterbringung und Verpflegung, medizinischer Versorgung und finanzieller Unterstützung. Unterstützung gibt es nur, wenn ein Antragsteller bedürftig ist. Unterbringung in einem Zentrum steht aus organisatorischen Gründen hingegen allen AW offen. Im Rahmen der Erstaufnahme auf Bundesebene ist die Versorgung überall gleich. Diese dauert in der Regel bis zu 90 Tage (Zulassungsverfahren). Später werden die ASt dann auf die Kantone verteilt, wo sich die Bedingungen deutlich unterscheiden können, da die Kantone weitgehend selbst entscheiden, wie Bundesbestimmungen umgesetzt werden. Das Recht auf Versorgung besteht bis zum Ende des Verfahrens (Ende der Beschwerdefrist gegen erstinstanzliche Entscheidung bzw. negative Entscheidung der Beschwerdeinstanz im Falle einer Beschwerde). Momentan findet in Zürich gerade ein Testlauf bezüglich einer Beschleunigung des Verfahrens statt, den manche ASt. durchlaufen. Dort ist die Versorgung etwas anders geregelt, aber auch sie haben ein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe, Krankenversorgung und Bildung für Kinder unter 16 Jahren. Wenn ein ASt das Land verlassen muss, kann er keine herkömmliche Versorgung mehr erhalten, sondern nur noch Unterstützung im Rahmen des Notfallschemas. Gleiches gilt für Folgeantragsteller, da für sie immer noch eine verbindliche Entscheidung zur Außerlandesbringung vorliegt, selbst wenn diese suspendiert wird (AIDA 10.2015).

Die Kantone sind zuständig für die Gewährleistung der Sozialhilfe an AW. Pro AW, der von der Sozialhilfe unterstützt werden muss, erhält der Kanton einen Pauschalbetrag, mit dem der Kanton die gesamten Ausgaben für die Unterbringung, die Unterstützung, die obligatorische Krankenversicherung und für allfällig weitere medizinische Versorgung (z.B. Zahnbehandlungskosten) finanziert. Die Ausrichtung von Unterstützungsleistungen erfolgt durch die Kantone oder Gemeinden bzw. durch beauftragte Dritte. Die Unterbringung von AW erfolgt zum Teil in Gemeinschaftsunterkünften, zum Teil - insbesondere wenn es sich um Familien handelt - in Wohnungen. Die übrige Unterstützung soll nach Möglichkeit in Form von Sachleistungen ausgerichtet werden, ansonsten in Geldform. Sozialhilfeleistungen für AW sind im Vergleich zu schweizerischen Sozialhilfeempfängern generell um ca. 20% niedriger. (SEM 19.10.2015a). Mitte 2014 betrug die monatliche Zuwendung maximal CHF

1.128 / €940, abhängig von der Bedürftigkeit des Empfängers. In den föderalen Zentren, wo die meiste Unterstützung in Sachleistungen geschieht, liegt die übrige Unterstützung bei lediglich 3 CHF täglich. Die Höhe der Zuwendungen richtet sich nach dem Grad der Bedürftigkeit. Mitte 2014 erhielten 87,5% aller AW in der Schweiz Sozialhilfe, wovon 92% keine weitere Einkommensquelle hatten. Das Notfallschema umfasst kantonale Leistungen für Personen, die sich andernfalls nicht erhalten könnten und wird daher auch von den Kantonen festgelegt, ist also Schwankungen unterworfen. In manchen Kantonen ist diese Aufgabe an Gemeinden oder Hilfsorganisationen ausgelagert. Die Nothilfe besteht wann immer möglich aus Sachleistungen, inklusive Unterbringung in Notfallzentren, die für ihre eher unbequemen, minimalistischen Bedingungen bekannt sind. Die Finanzierung der Nothilfe ist pro Person mit 8 CHF pro Tag zu bestreiten. Was nicht in Sachleistungen gewährt wird, wird in Gutscheinen ausgegeben, die in bestimmten Supermärkten angenommen werden. Nothilfe muss immer gewährt werden, sie kann folglich auch nicht aberkannt werden (AIDA 10.2015).

Um die wachsende Anzahl von Asylwerbern unterzubringen, werden weiterhin hunderte AW in entlegenen ländlichen Gebieten oder in ehemaligen Militäreinrichtungen untergebracht, viele der letzteren sind unterirdische Anlagen. Es gibt aber auch Unterbringung in Privathäusern, oder in ehemaligen Hotels, Kirchen oder Zivilschutzeinrichtungen. Manche Kantone griffen temporär auf Zelte zurück. Platzknappheit ist bei der Versorgung von AW ein Problem (USDOS 13.4.2016).

In den Zentren auf föderaler Ebene sind die Bedingungen für Familien, Kinder und Frauen eher rau. In der Praxis versucht man für diese Personen möglichst rasch eine geeignete kantonale Unterbringung zu finden, wo Familien nach Möglichkeit individuell untergebracht werden. Die Unterbringung von UMA wird in den Kantonen unterschiedlich gehandhabt. Manche verfügen über spezialisierte Zentren, andere nicht, was auf Kritik von NGOs stößt. Jüngere Kinder werden oft in Pflegefamilien oder Kinderheimen untergebracht (AIDA 10.2015).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (10.2015): Country Report: Switzerland,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1452168757_aida-ch-update-i-0.pdf, Zugriff 13.5.2016

-

SEM - Staatssekretariat für Migration (19.10.2015a): Sozialhilfe für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene, Schutzbedürftige, https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/sozialhilfe/asylsuchende__vorlaeufig.html, Zugriff 19.5.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Switzerland, http://www.ecoi.net/local_link/322578/462055_de.html, Zugriff 19.5.2016

Medizinische Versorgung

AW haben ein Recht auf medizinische Basisversorgung (USDOS 13.4.2016).

Laut Gesetz ist Asylwerbern während des gesamten Verfahrens, sowie nach negativer Entscheidung im Rahmen des Notfallschemas, der Zugang zu medizinischer Versorgung zu garantieren. Jeder AW wird bei der nationalen Krankenversicherung versichert (auch Notfallschema), welche auch psychologische und psychiatrische Behandlung abdeckt. Während des Aufenthalts in föderaler Unterbringung ist die medizinische Versorgung föderale Angelegenheit und erfolgt im Zentrum, danach geht sie auf den jeweiligen Kanton über. Bei Ankunft im föderalen Zentrum werden AW einer medizinischen Untersuchung unterzogen. Ansonsten geschieht medizinische Versorgung entweder im Zentrum bzw. in weiterer Folge in örtlichen Spitälern. Auf kantonaler Ebene ist die Situation ähnlich. Auch dort ist nicht in jedem Zentrum rund um die Uhr medizinisches Personal anwesend (AIDA 10.2015).

Mehrere Organisationen bieten Hilfe für traumatisierte Asylwerber. Die Ambulanz für Opfer von Folter und Krieg in Bern bietet eine breite Palette von Therapien, welche Sozialarbeit und verschiedene Behandlungen für traumatisierte Gewaltopfer kombinieren. Ähnliche zivilgesellschaftliche Initiativen gibt es in Genf, Lausanne und Zürich, jedoch reichen die Kapazitäten dieser Einrichtungen nicht aus. Gemäß nationalem Recht unterstützt die Asylbehörde SEM ebenfalls finanziell den Aufbau von Einrichtungen zur Behandlung von traumatisierten Asylbewerbern (AIDA 10.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (10.2015): Country Report: Switzerland,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1452168757_aida-ch-update-i-0.pdf, Zugriff 13.5.2016

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Switzerland, http://www.ecoi.net/local_link/322578/462055_de.html, Zugriff 19.5.2016

Schutzberechtigte

Erhält ein ASt einen Schutztitel, wird er im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Sozialhilfe unterstützt (AIDA 10.2015).

Die Kantone sind auch bei anerkannten Flüchtlingen für die Gewährung der Sozialhilfe zuständig. Für die Ausrichtung und Bemessung der Sozialhilfeleistungen gilt kantonales Recht. Aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention sind Flüchtlinge bei der Sozialhilfe Schweizer Staatsbürgern gleichgestellt. Das Bundesrecht hält zudem fest, dass der besonderen Lage von Flüchtlingen bei der Unterstützung Rechnung zu tragen ist; namentlich soll die berufliche und soziale Integration erleichtert werden. Die Hälfte der Kantone hat Hilfswerke mit der Führung der Sozialdienste für die anerkannten Flüchtlinge beauftragt. In den anderen Kantonen sind die Sozialdienste der Gemeinden zuständig oder es wurden spezielle kantonale Sozialdienste für Flüchtlinge geschaffen. Der Bund erstattet den Kantonen die Kosten der Sozialhilfe für anerkannte Flüchtlinge. Pro Flüchtling, der von der Sozialhilfe unterstützt werden muss, erhält der Kanton einen Pauschalbetrag, mit dem die gesamten Ausgaben für die Unterbringung, die Unterstützung, die Gesundheitsversorgung und für allfällig weitere besondere Bedürfnisse einzelner Flüchtlinge finanziert werden. Der Bund beteiligt sich an den Kosten der Kantone für die Integration der anerkannten Flüchtlinge (SEM 19.10.2015b).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (10.2015): Country Report: Switzerland,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1452168757_aida-ch-update-i-0.pdf, Zugriff 13.5.2016

-

SEM - Staatssekretariat für Migration (19.10.2015b): Sozialhilfe für anerkannte Flüchtlinge,

https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/sozialhilfe/anerkannte_fluechtlinge.html, Zugriff 19.5.2016

Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO die Schweiz für die inhaltliche Prüfung des gestellten Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei.

Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es seien auch weder schützenswerte familiäre, noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.

3. Gegen den Bescheid des BFA vom 04.08.2017 erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und stellte den Antrag, den gegenständlichen Bescheid zu beheben und das Asylverfahren in Österreich zuzulassen. Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Inhaltlich wurde auf das bereits erstattete Vorbringen verwiesen und ausgeführt, dass der Schweizer Asylantrag in zweiter Instanz abgelehnt worden sei. Bei einer Rückkehr in die Schweiz existiere das reale Risiko in seinen Heimatstaat abgeschoben zu werden. Im Falle einer Rückkehr in seine Heimat, befürchte er der Verletzung von Art. 2 und Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein. Im Zuge des Gesprächs zur Beschwerdeerstellung habe der Beschwerdeführer angegeben, dass in der Schweiz seine Bewegungsfreiheit eingeschränkt worden sei, da er sich in der Vergangenheit nur im Camp aufhalten habe dürfen. Als er das Flüchtlingscamp verlassen habe, sei er angezeigt worden und habe eine Strafe in der Höhe von 3.000,- Schweizer Franken erhalten, diese Strafe würde im Falle der Nichtbezahlung in eine Ersatzfreiheitsstrafe umgewandelt werden. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer angegeben, dass im Flüchtlingscamp in der Schweiz unmenschliche Bedingungen herrschen würden, da sich zwanzig Personen ein Zimmer teilen müssten. Die belangte Behörde habe sich mit der geschilderten Gefahr nicht ausreichend auseinandergesetzt und beabsichtige eine Außerlandesbringung zuzulassen, obwohl der Beschwerdeführer ernstlich Gefahr laufe, dadurch einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, gelangte in die Schweiz, wo er am 02.04.2014 um Gewährung von internationalem Schutz ansuchte. Nachdem sein Antrag in der Schweiz negativ entschieden worden war, reiste der Beschwerdeführer nach Österreich, wo er am 04.07.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz einbrachte.

Das BFA richtete am 11.07.2017 ein Wiederaufnahmegesuch an die Schweiz, dem die schweizerische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 20.07.2017 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zustimmte.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation in der Schweiz an.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

Besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht.

Laut aktuellem ZMR-Auszug war der Beschwerdeführer bis 12.10.2017 in Österreich gemeldet, seither verfügt er über keine aufrechte Meldeadresse in Österreich.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der gestellten Asylanträge in der Schweiz und in Österreich ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung.

Die Feststellungen betreffend das Wiederaufnahmegesuch seitens der österreichischen Dublin-Behörde an die Schweiz und die erfolgte Zustimmung der Schweiz zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers beruhen auf dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der Schweizer Dublin-Behörde. Der diesbezügliche Schriftwechsel ist Teil des Verwaltungsaktes.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in der Schweiz auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das Schweizer Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in der Schweiz den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen.

Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen in der Schweiz hat der Beschwerdeführer nicht substantiiert vorgebracht.

Dass der Beschwerdeführer weder unter gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, noch über besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen zu Österreich verfügt, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I 70/2015 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I 70/2015 lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I 70/2015 lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

KAPITEL IV

ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN

Art. 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

KAPITEL V

PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATES

Artikel 18

Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.

In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen."

Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs zur Durchführung des gegenständlichen Verfahrens pflichtet das Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsbehörde bei, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit der Schweiz ergibt.

In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit der Schweiz zur Prüfung des Asylantrages des Beschwerdeführers mittlerweile jedenfalls in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO begründet:

Die Schweiz hat ausdrücklich ihre eigene Verantwortlichkeit zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bekundet und ist bereits in ein diesbezügliches Verfahren eingetreten. Dies bedeutet - unbesehen einer anderen Grundlage, wie etwa allenfalls Art. 13 Abs. 1 leg. cit. (Einreise von einem Drittstaat in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten) - jedenfalls einen Selbsteintritt der Schweiz gemäß

Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO und wurde die Schweiz nach dem Wortlaut dieser Bestimmung jedenfalls "dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen."

Zudem ergibt sich die Verantwortung der Schweiz zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers aus Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO, da der Beschwerdeführer die Schweiz nach der Ablehnung seines dort gestellten Antrages auf internationalen Schutz verlassen hat und die Schweiz der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers nach der genannten Bestimmung ausdrücklich zugestimmt hat.

Anhaltspunkte dafür, dass die Zuständigkeit der Schweiz in der Zwischenzeit untergegangen sein könnte, bestehen nicht.

Allein der Umstand, dass gegenüber dem Beschwerdeführer in der Schweiz eine negative Entscheidung ergangen ist, kann nicht dazu führen, das Asyl- und Refoulementverfahren in der Schweiz in Frage zu stellen, da auch in anderen europäischen Staaten, einschließlich Österreichs, je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, negative Entscheidungen in Hinblick auf Staatsangehörige aus Bangladesch getroffen werden. Die Schweiz hat sich offensichtlich eingehend mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, ist jedoch letztlich zu dem Schluss gekommen, dass sich keine asylrelevanten Punkte ergeben würden. Nach der negativen Beendigung des Verfahrens war die Schweiz jedenfalls weder dazu verpflichtet, den Aufenthalt des nunmehr dort illegal aufhältigen Fremden zu dulden, noch ihm weitere Versorgungsleistungen in Form von Unterkunft u.ä. zukommen zu lassen. Diese Konsequenz hätte der Beschwerdeführer in jedem Land, das die Dublin III-VO anwendet, zu tragen, zumal ein negativer Verfahrensausgang grundsätzlich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat bzw. eine Verpflichtung zum Verlassen des gemeinsamen Hoheitsgebietes der Mitgliedstaaten zur Folge hat.

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers.

Nach der Rechtsprechung des VfGH (z.B. 17.06.2005, B 336/05;

15.10.2004, G 237/03) und des VwGH (z.B. 23.01.2007, 2006/01/0949;

25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sofern die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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