TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/12 W159 2130394-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.01.2018
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Entscheidungsdatum

12.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W159 2130394-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. von Gambia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.06.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.11.2017, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Absatz 1 und 8 Absatz 1, 57 und 10 Absatz 1 Z 3 Asylgesetz 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, §§ 50, 52 Absatz 2 Z 2, 52 Absatz 9 und 55 Absatz 1 bis 3 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 und 3 Z 1 FPG idgF wird das Einreiseverbot auf eine Dauer von fünf Jahren herabgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Gambia, gelangte am 29.04.2013 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte am 01.05.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am selben Tag stattgefundenen Erstbefragung nach dem Asylgesetz durch die Polizeiinspektion XXXX , gab er zu seinen Fluchtgründen an, dass im Jänner 2013 sein Onkel und der Imam ihres Viertels wegen einer Predigt im Zuge des Freitagsgebetes verhaftet worden seien. Dabei sei es um die Exekution von neun Personen gegangen, wogegen sich sein Onkel und der Imam geäußert hätten. Als diese Neuigkeit in einem Zeitungsartikel erschienen sei, habe ihn sein Onkel gewarnt, da die Behörden geglaubt hätten, dass er derjenige gewesen sei, der die Geschichte weiter erzählt habe. Aus Angst, dass ihm etwas passieren könnte, sei er dann geflohen.

Zunächst wurden Dublin-Konsultationen hinsichtlich Italien geführt, als diese ergebnislos blieben, das Asylverfahren zugelassen.

Am 10.03.2015 erfolgte eine ausgiebige Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich. Der Antragsteller gab an, am XXXX geboren zu sein und acht bis neun Jahre lang in die Schule gegangen zu sein. Er habe immer in XXXX gewohnt, wo er auch geboren sei. Anschließend habe er drei Monate seinem Vater als Elektriker geholfen. In der Folge habe er nicht mehr regelmäßig gearbeitet. Dann sei er auch Taxi gefahren und manchmal habe er auch als Elektriker gearbeitet. Er sei selbständig gewesen. Er habe sein Taxi auf Kredit finanziert

Von der Volksgruppe her sei er Mandingo und Moslem. Er habe einen Führerschein und eine Geburtsurkunde gehabt, sein Führerschein sei ihm in Libyen abgenommen worden. Er nehme an, dass der Schlepper diesen an sich genommen habe. Über Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung einen gambischen Reisepass erwähnt habe, gab er an, dass er nicht mit seinem Reisepass, sondern mit seinem Führerschein ausgereist sei. Sein Vater sei bereits verstorben. In Gambia würden noch seine Mutter und seine kleine Schwester leben, von der er nicht wisse, wie alt sie sei. Er habe aber sonst eine große Familie. Seine Schwester arbeite in einem Frisiersalon, seine Mutter habe aber kein Einkommen, sondern werde von Verwandten unterstützt. Seine Mutter und seine Schwester würden nicht gemeinsam leben. Seine Schwester sei nur seine Halbschwester von Vaterseite. Seine Mutter wohne in einem kleinen Dorf im Landesinneren bei Verwandten. Er habe vom Taxifahren gelebt. Mit seiner Schwester habe er noch Kontakt. Er rufe sie an, wenn er Geld habe.

Er sei im Herkunftsland nicht politisch tätig gewesen und habe auch wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit keine Probleme gehabt. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass er verdächtigt worden sei, Informationen an eine Radiostation weitergegeben zu haben. Er habe angeblich ein Gespräch nach dem Freitagsgebet, zwischen dem Imam und anderen Leuten gehört. Er habe dann seinen Onkel XXXX im Gefängnis besucht und dieser habe ihm gesagt, dass er sofort das Land verlassen solle, weil er angeblich dieses Gespräch dem Radio weitergeleitet habe und deswegen gesucht werde. Es seien Leute inhaftiert worden, einer sei sein Onkel XXXX und der Andere der Imam, von dem er nicht wisse, wie er heiße. Die Polizei habe beide befragt, von wo der Radiosender die Informationen habe und sie hätten angegeben, dass er das angeblich getan habe. Auf die Frage, ob die Polizei nicht auch bei dem Radiosender nachgefragt habe, führte er aus, dass es ein internationales Radio sei, das irgendwo seinen Sitz habe, er glaube in Amerika. Er glaube, dass der Radiosender " XXXX " heiße. Bei einer Rückkehr befürchte er, dass er inhaftiert würde und sterben könnte. Sein Onkel sitze im Hauptquartier der Polizei von XXXX . Gefragt, was er beim Freitagsgebet gehört hätte, gab er an, dass der Imam gesagt habe, dass das, was der Präsident mache, nicht gut sei, insbesondere Leute zu töten, sei nicht OK. Dieses Gebet habe irgendwann im Jänner 2013, näher könne er das nicht angeben, stattgefunden. Sie hätten vier Moscheen in XXXX , eine davon sei es gewesen. Er wisse nicht genau, welche. Er habe immer gesagt, dass es ein internationales Radio gewesen sei und nicht eine Zeitung. Als er schon im Senegal gewesen sei, habe er zu Hause angerufen und habe ihm jeder den Rat gegeben, nicht zurückzukommen.

Er habe keine Verwandten in Österreich. In Österreich mache er gar nichts. Er habe nur ein bisschen Deutsch gelernt, arbeitsfähig sei er aber. Er habe Deutschkurse, Stufe 1 und Stufe 2 besucht. In seiner Freizeit spiele er Fußball beim XXXX . Er habe in der Gemeinde beim Hochwasser geholfen und in einem Altersheim in XXXX Essen verteilt. Sie hätten bei ihm in der Wohnung Marihuana gefunden. Es habe ihm aber nicht gehört. Auf Nachfrage gab er zu, dass er selbst Marihuana für den Eigenbedarf gekauft und geraucht habe. Er bereue aber dies zutiefst.

Das BFA holte in der Folge eine verfahrensbezogene Anfragebeantwortung bei der Staatendokumentation ein und führte am 21.04.2015 eine weitere Einvernahme durch. Der Beschwerdeführer gab zu seinem Privat- und Familienleben an, dass er ein neues Leben beginnen möchte. Dem Antragsteller wurde vorgehalten, dass der Name seines Onkels XXXX in der Liste der staatlich gesuchten Personen nicht aufscheine, auch er bei den meisten gesuchten Personen Gambias nicht dabei sei. Daraufhin gab er an, dass er das System in Gambia kenne und er mit den Behörden gearbeitet habe. Damit meine er, dass er Diplomaten geführt habe. Er bemühe sich, einen Deutschkurs zu bekommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, vom 24.06.2016, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchteil II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Gambia abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel unter berücksichtigungswürdigenden Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Gambia zulässig sei, unter Spruchteil IV. die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt und unter Spruchteil V. ein auf die Dauer von neun Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und anschließend Feststellungen zu Gambia getroffen. Die Volljährigkeit, die ethnische und religiöse Zugehörigkeit oder die Staatsangehörigkeit wurde als glaubwürdig befunden. Der Antragsteller habe widersprüchliche Angaben zu den besessenen bzw. mitgeführten Dokumenten gemacht und überdies den Eindruck erweckt, dass seine Schwester noch "klein sei", widersprüchlich jedoch dazu angegeben, dass sie in einem Frisörsalon arbeite. Der Antragsteller sei rechtskräftig wegen eines Suchtmitteldeliktes verurteilt worden, wobei die verkaufte Menge die Grenzmenge um ein Vielfaches umsteige. Durch unachtsamen Umgang mit einer brennenden Zigarette sei die Kopie seines Führerscheines verbrannt und ein Sachschaden entstanden. Der Antragsteller habe die Straftaten weitgehend abgestritten und das Vorbringen sei als solches unschlüssig, da die Exekutionen von neun Personen weit vor der angeblichen Predigt stattgefunden hätten und keineswegs eine Neuigkeit, die eine Zeitungsmeldung rechtfertigen würde, darstellen würde. Außerdem seien die Angaben zu den Fluchtgründen sehr vage gewesen. Die Angaben des Antragstellers hätten sich auch nicht durch die Recherchen der Staatendokumentation erhärtet. Insgesamt werden die Angaben zu den Fluchtgründen als unglaubwürdig zu bezeichnen gewesen.

Zu Spruchteil I. wurde nochmals darauf hingewiesen, dass den Verfolgungsgründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei und deswegen keine Asylgewährung hätte erfolgen können. Zu Spruchteil II. wurde nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur insbesondere darauf hingewiesen, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation nach § 50 Absatz 2 FPG bereits unter Spruchteil I. geprüft und verneint worden sei. Zu Spruchteil III. wurde nochmals auf die rechtskräftige Verurteilung wegen eines Suchtmitteldeliktes hingewiesen. Weiters wurde festgehalten, dass ein Familienleben in Österreich nicht zutage getreten sei. Auch das Privatleben sei zu negieren gewesen, da keine privaten und familiären Bindungen zu Österreich bestünden und die Einreise illegal und somit rechtswidrig erfolgt sei. Da ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen nicht erteilt worden sei, sei eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen. Wie bereits unter Spruchteil II. dargelegt, läge im vorliegenden Fall keine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG vor und außerdem bestünde keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes, die einer Abschiebung nach Gambia entgegenstehe, sodass diese auszusprechen gewesen sei. Auch Gründe für die Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise wären nicht hervorgekommen. Schließlich wurde zum Einreiseverbot hervorgehoben, dass der Antragsteller zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, davon zehn Monaten bedingt, verurteilt worden sei und beim Verkauf von Drogen nicht davor zurückgeschreckt sei, solche auch an Minderjährige zu verkaufen. Er habe nicht nur ein Vergehen, sondern sogar ein Verbrechen begangen und sei die Annahme gerechtfertigt, dass er eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Schließlich würden auch keine privaten und familiären Anknüpfungspunkte in Österreich bestehen. Das Einreiseverbot umfasse alle Zielstaaten der Europäischen Union und sei zur Erreichung der in Artikel 8 Absatz 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller gegen alle Spruchteile fristgerecht Beschwerde. Zu den Fluchtgründen wurde ausgeführt, dass im August 2012 neun Personen in Gambia hingerichtet worden seien und der berühmte Imam Baba Leigh die Vorgangsweise der Regierung öffentlich verurteilt habe. Dieser habe ihre Moschee in XXXX gegründet und habe dort auch gepredigt. Sen Onkel XXXX sei im Moschee-Komitee gewesen. Er selbst sei als Elektriker dort tätig gewesen und für die Akustik zuständig. Baba Leigh sei am 03.12.2012 inhaftiert worden und habe monatelang keinen Kontakt mit der Außenwelt gehabt, daraufhin hätten sein Onkel und der Imam besprochen, dass sie etwas unternehmen müssten und hätten sich während des Freitagsgebets gegen die Hinrichtungen geäußert. Jemand habe Tonbandaufnahmen gemacht und seien diese dann in einem unabhängigen Onlineradiosender veröffentlicht worden. Daraufhin seien sein Onkel und der Imam festgenommen worden. Er sei beschuldigt worden eine Tonbandaufnahme gemacht zu haben. Was sein Onkel und der Imam gesprochen hätten, wisse er nicht, da er beim "Freiheitsgebet" nicht anwesend gewesen sei. Als er seinen Onkel im Gefängnis besucht habe, gab dieser an, dass er vor den Polizisten ausgesagt habe, dass der Beschwerdeführer die Tonbandaufnahme gemacht habe. Als er selbst dies bestritten habe, habe ihm sein Onkel gesagt, dass er trotzdem sofort das Land verlassen müsse, da die Behörden nach ihm suchen würden. Er sei dann gleich nach Senegal gereist und habe einen Freund ersucht, sein Auto in Gambia zu verkaufen. Er habe ihm dann das Geld in den Senegal gebracht und sei er sodann nach Europa weitergereist. Zu seiner Halbschwester gab er an, dass diese jünger als er sei. Deswegen habe er angeführt, dass sie seine "kleine Schwester" sei; er habe aber nie behauptet, dass sie noch ein Kind sei. Dieses Missverständnis sei auf Grund kultureller Unterschiedlichkeiten entstanden und sei keineswegs eine widersprüchliche Aussage. Hinsichtlich der unterschiedlichen Angaben zum Geburtsdatum seines Vaters möchte er vorbringen, dass er nur acht Jahre die Schule besucht habe und dass das Bildungsniveau von Gambia mit Österreich nicht zu vergleichen sei. Er habe sich geirrt. Zu der Wohnadresse seien unterschiedliche Fragen gestellt worden. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass in Gambia Bürger "einfach verschwinden würden" und wurde aus Amnesty-International Meldungen betreffend den Imam Baba Leigh zitiert. Weiters wurde ausgeführt, dass XXXX eine Online-Radiosendung sei, die man über das Internet empfangen könne. Unter Hinweis auf die Situation in den Gefängnissen in Gambia wurde hervorgestrichen, dass die dortigen Zustände eine Verletzung des Artikel 3 EMRK darstellen würden. Deswegen wurde beantragt, das erkennende Gericht wolle dem Antragsteller Asyl, zumindest jedoch subsidiären Schutz gewähren. Zudem sei das Ermittlungsverfahren mangelhaft gewesen.

Schließlich wurde die Aufhebung des Einreiseverbotes beantragt, zumindest die Dauer herabzusetzen. Er habe nämlich schützenswerte private Interessen in Österreich und wohne bei einer österreichischen Staatsbürgerin und spiele vereinsmäßig Fußball und habe tiefe Freundschaften geschlossen. Er habe aus seinen Fehlern gelernt und bereue zutiefst die Begehung der seinerzeitigen Straftat. Eine Zukunftsprognose würde positiv ausfallen. Bei der verhängten Strafe wurde der Strafrahmen des § 28a Absatz 1 SMG keineswegs zur Gänze ausgeschöpft und die Strafe großteils bedingt nachgesehen. Die Dauer des Einreiseverbotes stehe daher zur tatsächlich verhängten Strafe außer Relation. Außerdem rauche er seit seiner Verurteilung kein Marihuana und habe keinen Kontakt mit seinen früheren Freunden, die Suchtgift konsumiert hätten. Wegen des Zimmerbrandes habe er keine strafrechtlichen Konsequenzen gehabt. Angeschlossen wurden der Amnesty-International Report zu Gambia, eine Bestätigung des XXXX , eine Bestätigung der Bar XXXX , ein Empfehlungsschreiben der XXXX , sowie ein Bericht des UN-Sonderberichterstatters über Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung in Gambia vorgelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 29.11.2017 an, zu der sich die belangte Behörde für ihre Nichtteilnahme entschuldigen ließ. Von Seiten des Beschwerdeführers wurde eine Vollmacht an die ARGE-Rechtsberatung vorgelegt. Eingangs der Verhandlung legte die Beschwerdeführervertreterin ein Deutschzertifikat im Niveau A2, ein Mieterzeugnis des XXXX , sowie ein Arbeitszeugnis samt Lohnzettel der Bar XXXX vor.

Der Beschwerdeführer hielt sein bisheriges Vorbringen aufrecht, korrigierte jedoch, dass seine jüngere Schwester Frisörin und kein Kind mehr sei. Er sei gambischer Staatsangehöriger, Moslem und von der Volksgruppe her Mandinka. Er spreche Mandingo, Englisch, Wolof und lerne auch Deutsch. Er sei in XXXX geboren. Dies liege unweit des internationalen Flughafens von XXXX . Er sei in XXXX geboren und aufgewachsen und habe dort bis zur Ausreise gelebt, die nächste größere Stadt sei XXXX . Er habe eine Geburtsurkunde und einen Führerschein. Einen Reisepass habe er nicht gehabt. Über Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung (AS 15) angegeben habe, dass er einen Reisepass gehabt habe, der ihm vom Schlepper in Libyen abgenommen worden sei, gab er an, dass er mit seinem Führerschein ausgereist sei und dass dies nicht richtig sei, das Original seines Führerscheins sei in Libyen verloren gegangen und die Kopie bei einem Zimmerbrand in seiner Unterkunft in Oberösterreich.

Seine Mutter lebe noch, sein Vater sei verstorben. Sein Vater sei ungefähr 2010 an einem natürlichen Tod gestorben. Über Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung (AS 15) es so ähnlich angegeben habe wie in der Beschwerdeverhandlung, beim BFA hingegen, dass dieser erst 2012/2013 verstorben sei, gab er an, dass er versucht habe, beim BFA das Todesjahr seines Vaters auszurechnen, wobei ihm ein Fehler passiert sei. Er habe eine jüngere Schwester, diese habe allerdings eine andere Mutter. Seine Schwester heiße XXXX . Er könne nicht genau sagen, wie alt sie sei. Sie sei ungefähr drei Jahre jünger als er. Diese lebe im Haus seines Vaters in XXXX . Sie sei nicht verheiratet. Seine Mutter lebe hingegen in XXXX .

Er habe ungefähr neun Jahre lang eine öffentliche Schule besucht. Als er noch klein gewesen sei, habe sein Vater für sie gesorgt. Er habe aber früh zu arbeiten begonnen und sein Onkel habe sie auch unterstützt. Er habe als Elektriker und als Fahrer für Touristen gearbeitet. Dabei habe er ein eigenes Auto gehabt und zwar einen XXXX . Im öffentlichen Dienst sei er nicht beschäftigt gewesen. Er habe nur Diplomaten chauffiert. Bei einer Botschaft oder bei einem Ministerium sei er jedoch nicht angestellt gewesen. Er habe in Gambia keine wirtschaftlichen Probleme gehabt.

Er sei von Zeit zu Zeit religiös, aber nicht regelmäßig. Kontakt zu einer radikal-islamistischen Gruppe habe er nicht gehabt. Er habe aber konkrete Probleme mit Behördenorganen in Gambia gehabt, mit Privatpersonen hingegen nicht. Gefragt, in welche Moschee er normalerweise gegangen sei, gab er an, dass er die Moscheen gewechselt habe, manchmal sei er in der Hauptmoschee in XXXX gewesen und manchmal auch in einer kleineren Moschee. Die kleinere Moschee sei nach dem XXXX benannt worden, die große Moschee habe keinen Namen gehabt. Er habe freiwillig bei den Freitagsgebeten in der XXXX die Tonanlage betreut. Über Vorhalt, dass er diesen Umstand beim BFA nicht erwähnt habe, sondern erst in der Beschwerde, bestritt er dies.

Gefragt, was in dieser Moschee geschehen sei, was im Zusammenhang mit seinen Ausreisegründen stehe, gab der Beschwerdeführer an, dass während des Freitagsgebetes der Vorbeter eine regierungskritische Predigt gehalten habe und unter den Anwesenden jemand gewesen sei, der dies aufgenommen habe. Die Aufnahme sei dann über ein Online-Radio, das in Amerika seinen Sitz habe, veröffentlicht worden. Als die Regierungsbehörden das gehört hätten, hätten sie ihn verdächtigt, da er die Tonanlage in der Moschee betreue. Dieser Vorfall habe im Jahre 2013 stattgefunden. Wann es genau gewesen sei, könne er sich nicht erinnern. Der Vorbeter, der sich regierungskritisch geäußert habe, sei als XXXX bekannt, aber Baba Leigh sei lediglich der Gründer der Moschee gewesen. Er habe dort auch manchmal gepredigt. An diesem Tage habe er aber nicht die regierungskritische Predigt gehalten. Sein Onkel XXXX und der Imam hätten die Predigt gemeinsam gehalten. XXXX habe auf Arabisch gepredigt und sein Onkel habe das auf Mandingo übersetzt. Gefragt, nach dem Inhalt der regierungskritischen Predigt gab er an, dass damals neun Leute verhaftet und getötet worden seien. Es habe viele gestört, aber es habe sich niemand getraut, etwas zu sagen. Der Imam habe das zum Inhalt seiner Predigt gemacht. Gefragt, ob er bei dem Freitagsgebet dabei gewesen sei, gab er an, dass er an dem Tag dort gewesen sei, er habe die Anlage betreut, habe aber nicht gebetet. Über Vorhalt, dass in der Beschwerde stehe, dass er bei diesem Freitagsgebet nicht in der Moschee anwesend gewesen sei und nunmehr sage, dass er in der Moschee anwesend gewesen sei, aber nicht gebetet habe, sondern die Tonanlage betreut habe, gab er an, dass er in die Moschee gegangen sei, die Anlage eingestellt habe und dann wieder weggegangen sei. Als er dort gewesen sei, habe er nicht genau gewusst, dass das Inhalt der Predigt sei. Er habe das erst im Nachhinein im Online-Radio gehört. Gefragt, in welchem Medium etwas darüber veröffentlicht worden sei, gab er an, dass man das durch das Internet anhören konnte, aber es habe versteckt sein müssen, weil der Sender damals verboten gewesen sei. Nochmals nachgefragt, wie dieser Sender konkret heiße, gab er an " XXXX ". Er habe später die Sendung gehört. Über Vorhalt, dass in der Beschwerde stehe, dass er die Sendung nie gehört habe bzw. den Artikel nie gelesen habe, sondern nur sein Onkel ihm darüber erzählt habe, gab er an, dass er erst im Ausland die Möglichkeit gehabt habe, die Sendung online zu hören. Über Vorhalt, dass die Hinrichtung der neun Gefangenen schon im August 2012 stattgefunden habe und somit im Jahre 2013 keine aktuelle Neuigkeit mehr gewesen sei, bestätigte er dies. Befragt, wann die Sendung im Internet veröffentlicht worden sei, gab er an, dass er das 2013 gehört habe. Als die Nachricht gesendet worden sei, sei er in der Arbeit gewesen. Er sei nach Hause gekommen und man habe ihm erzählt, dass Leute in schwarz seinen Onkel mitgenommen hätten. Wann sein Onkel verhaftet worden sei, könne er sich nicht mehr genau erinnern. Befragt, ob er seinen Onkel im Gefängnis besucht habe, gab er an, dass das nicht im Gefängnis, sondern in der Polizeihaft in XXXX gewesen sei. Sein Onkel habe ihn gefragt, ob er das aufgenommen habe und den Leuten nach Amerika geschickt habe. Er habe dies verneint. Sein Onkel habe ihm erzählt, dass er gefoltert worden sei und dass er behauptet habe, dass wahrscheinlich er das weiter gegeben habe. Er habe ihm auch gestanden, dass er seinen Namen erwähnt habe und dass sie ihn suchen werden und dass er so schnell als möglich das Land verlassen solle. Gefragt, warum er dann nicht gleich an Ort und Stelle von der Polizei verhaftet worden sei, nachdem er seinen Onkel in Polizeihaft besucht habe und die Polizei ihn gesucht habe, gab er an, dass diejenigen, die seinen Onkel in Untersuchungshaft gehalten hätten, normale Polizeibeamte gewesen seien und die, die ihn verhaftet würden, die Spezialeinheiten der Präsidentengarde gewesen wären. Nach dem Besuch seines Onkels in der Polizeihaft habe er gleich eine Fähre über den XXXX genommen und sei nach Senegal gefahren. Unmittelbar nach dem Besuch seines Onkels sei er ausgereist. Konkrete Fahndungsmaßnahmen nach ihm habe es nicht gegeben. Als sein Onkel ihm gesagt habe, dass er gesucht werde, habe er Angst bekommen, verhaftet und gefoltert zu werden, nachdem bereits sein Onkel gefoltert worden sei. Er könne sich nicht mehr an den Tag erinnern, an dem er aus Gambia ausgereist sei. Er sei dann nach XXXX gefahren und dann weiter nach XXXX . Dort habe er mit Bekannten telefoniert, die ihm gesagt hätten, dass PKW ohne Nummerntafeln nach ihm gefragt hätten. In der Folge sei er nach Mali gereist und weiter nach Algerien und von dort nach Libyen. Von Libyen sei er dann über das Mittelmeer nach Italien gefahren.

Seine Mutter und seine jüngere Schwester seien noch in Gambia. Er habe noch andere Halbgeschwister und zwar von der gleichen Mutter, die er aber nicht kenne. Er sei lediglich mit seiner Halbschwester väterlicherseits noch in Kontakt. Als er das letzte Mal mit ihr geredet habe, habe sie ihm über die Wahlkampagne erzählt.

Gesundheitliche oder psychische Probleme habe er nicht.

Seit einem Jahr habe er begonnen, in Österreich zu arbeiten. Er arbeite in der Bar XXXX als Kellner und Hauselektriker. Außerdem spiele er schon seit drei Jahren Fußball und zwar Stürmer beim XXXX in der XXXX . In einer Ehe oder Lebensgemeinschaft lebe er nicht. Kinder habe er auch keine. Er habe Deutschkurse gemacht und ein Diplom im Niveau A2 erworben. Auch einen B1-Kurs habe er schon absolviert, aber noch kein Diplom gemacht. Aufgefordert, seinen Tagesablauf auf Deutsch zu schildern, gab er an, dass er von Mittwoch bis Sonntag in der Bar arbeite und Montag und Dienstag frei habe. Außer beim XXXX sei er bei keinen Vereinen. Er habe zahlreiche österreichische Freunde und nur einen schwarzen Freund. Eine Drogentherapie habe er nicht gemacht. Seit dreieinhalb Jahren konsumiere er keine Drogen mehr.

Bei einer Rückkehr nach Gambia habe er Angst, die Lage sei noch nicht stabil. Über Vorhalt, dass sich seit dem Präsidentenwechsel Gambia auf dem Weg zu mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit befindet, Baba Leigh aus dem Exil zurückgekehrt sei und jetzt Haupt-Imam in der zentralen Moschee in XXXX sei, gab er an, dass er noch keine Nachrichten erhalten habe, dass Baba Leigh zurückgekehrt sei. Dieser habe eine bessere Position als er, weil dieser angesehen sei. Er bitte darum, in Österreich bleiben zu können, eine Ausbildung machen zu können und einen Beitrag zur Gesellschaft leisten.

Verlesen wurde der aktuelle Strafregisterauszug des Beschwerdeführers, in dem eine Verurteilung nach § 28a SMG aus dem Jahre 2014 aufscheint. Ergänzend zu dem bereits übermittelten Länderinformationsblatt wurde eine eigens für das Verfahren eingeholte ACCORD-Anfragebeantwortung vom 19.10.2017 zur Zahl:

a-10370, zur Kenntnis gebracht und eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt, wobei innerhalb gleicher Frist auch noch weitere Integrationsunterlagen und eine Stellungnahme zum Verhandlungsergebnis abgegeben werden können. Von dieser Möglichkeit machte der Beschwerdeführer Gebrauch, wo er insbesondere darauf hinwies, dass die Situation in Gambia noch nicht ausreichend stabil sei, da Präsident Barrow noch nicht lange genug im Amt sei. Unter der Bevölkerung herrsche nach wie vor eine große Verunsicherung und wurden Gerüchte über einen geplanten Putschversuch von Jammeh-treuen Soldaten lanciert. Es könne keinesfalls von der in der Judikatur geforderten Konsolidierung der Ereignisse gesprochen werden.

Außerdem würde der Antragsteller in die Gefahr einer wirtschaftlich aussichtslosen Situation bei einer Rückkehr gelangen, zumal er Gambia bereits im Jänner 2013 verlassen habe und auch sein Auto habe er verkaufen müssen und in Gambia keine Existenzgrundlage mehr habe.

Zu Spruchteil III. wurde insbesondere ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer seit mehr als vier Jahren illegal in Österreich aufhalte und ein reiches und schützenswertes Privatleben aufgebaut habe. Er habe sich auch durch ein soziales und ehrenamtliches Engagement, zum Beispiel beim XXXX ausgezeichnet, sich an die österreichische Lebensweise angepasst und integriert. Nach seiner Entlassung aus der Haft habe er ein vorbildliches Verhalten an den Tag gelegt und sei er lediglich zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die strafrechtliche Verurteilung sei auch kein absoluter Ausschlussgrund für die Erlangung eines Bleiberechtes. Im Rahmen einer Interessensabwägung hätte daher die Behörde zum Schluss kommen müssen, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers eine Verletzung der durch Artikel 8 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde. Auch eine Bestätigung des XXXX wurde vorgelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Gambia und gehört der Volksgruppe Mandinka an und ist Moslem. Er wurde am XXXX in XXXX in der Nähe der Stadt XXXX geboren und lebte dort auch bis zur Ausreise. Er hat ca. neun Jahre lang die Schule besucht und in Gambia als Elektriker und Taxifahrer gearbeitet. Über seine Fluchtgründe können mangels glaubhafter Angaben keine Feststellungen getroffen werden.

Der Beschwerdeführer gelangte am 29.04.2013 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte noch am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Er befinde sich seit diesem Zeitpunkt ununterbrochen in Österreich. Er leidet unter keinen gesundheitlichen oder psychischen Problemen, sondern ist gesund. In Gambia leben nach wie vor seine Mutter und seine Halbschwester (väterlicherseits), mit der er auch regelmäßig in Kontakt steht.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des LG Linz vom 022.07.2014, Zahl: XXXX , wegen §§ 27 Absatz 1 und 2, sowie 28a Absatz 1 zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, davon zehn Monaten bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt, wobei der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe vollzogen wurde. Nach seinen eigenen Angaben konsumiert der Beschwerdeführer kein Suchtgift mehr. Er verfügt in Österreich über kein Familienleben, lebt weder in einer Ehe, noch in einer Lebensgemeinschaft und hat auch keine Kinder. Der Beschwerdeführer hat mehrere Deutschkurse bis zum Niveau B1 besucht und ein ÖSD-Zertifikat im Niveau A2 erworben. Er hat mehrfach Freiwilligenarbeit geleistet und arbeitet derzeit in der Bar XXXX als Schankbursche und Hauselektriker. Außerdem spielt er seit drei Jahren beim XXXX in der XXXX als Stürmer und hat schon zahlreiche österreichische Freunde.

Zu Gambia wird folgendes festgestellt:

1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 25.7.2017: Änderungen seit Barrows Amtsantritt

Im Dezember 2016 wurde Adama Barrow zum neuen Präsidenten Gambias gewählt. Nach 22 Jahren der Diktatur feierten viele Gambier den Sieg des Oppositionspolitikers (DW 18.7.2017).

Zunächst kündigte der amtierende Präsident Jammeh an, die Niederlage zu akzeptieren - zur Verblüffung der Opposition und internationaler Beobachter. Eine Woche später änderte er seine Meinung. Wahlsieger Barrow floh in den Senegal, wo er als Präsident vereidigt wurde. Die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS schickte Truppen, um Jammeh zum Aufgeben zu bewegen. Ende Jänner gab er schließlich dem Druck nach und ging ins Exil nach Äquatorialguinea. Zuvor aber plünderte er die ohnehin schon leere Staatskasse (DW 18.7.2017). Jammeh wurde angeklagt, dem Staat mehr als 50 Millionen US-Dollar gestohlen zu haben, bevor er Anfang dieses Jahres ins Exil flüchtete. Präsident Adama Barrow hat eine Kommission eingerichtet, um das Vermögen des ehemaligen Staatsmannes Yahya Jammeh zu überprüfen (BBC News 14.7.2017).

Am 18.2.2017 wurde Barrow unter hohen Sicherheitsvorkehrungen in Banjul erneut vereidigt. Die erste Vereidigung war im Jänner im Senegal erfolgt (BAMF 20.2.2017). Gambia feierte das Ende der Herrschaft des autoritären Langzeitpräsidenten Jammeh und der Aufbruch des Landes in eine bessere Zukunft. Doch die Stimmung ist abgekühlt, aus Euphorie ist Ernüchterung geworden. Barrow versprach den Gambiern Freiheit, Demokratie, Fortschritt und Wohlstand. Doch viel hat sich bisher noch nicht getan - das von ihm versprochene "neue Gambia" liegt noch in weiter Ferne. Allerdings werden erstmals seit seinem Amtsantritt demokratische Grundsätze geachtet, wie Presse- und Meinungsfreiheit (DW 18.7.2017). In den ersten 100 Tagen von Barrows Präsidentschaft wurden bereits viele politische Häftlinge freigelassen, v.a. Personen, die aufgrund kritischer Meinungsäußerungen inhaftiert worden waren (AI 27.4.2017).

Laut Gambias Justizminister haben Ermittlungsbeamte Dutzende zusätzliche Besitztümer, Bankkonten und Unternehmen des ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh untersucht. Diese Enthüllungen kamen eine Woche nachdem Präsident Adama Barrow angekündigte, eine Kommission zu bilden, um Jammehs Vermögenswerte zu untersuchen. Im Mai beschlagnahmte die Regierung etwa 50 Millionen Dollar an Vermögenswerten und ließ 131 Besitztümer und mehr als 80 Bankkonten einfrieren. Barrow sagte, dass die Kommission auch die Vorwürfe des Amtsmissbrauchs, die Misswirtschaft der öffentlichen Gelder und die Verletzung der Verfassung untersuchen wird (TWP 14.7.2017).

Die ersten sechs Monate haben kaum Veränderungen gebracht. Barrows größte Herausforderung ist es, aus Gambia einem Rechtsstaat zu machen und eine starke Wirtschaftsführung zu etablieren, um Regierungs- und Wirtschaftsinstitutionen im Land wiederherzustellen. Die Gambier sind geteilter Meinung. Manche meinen, die Regierung würde dringend notwendige Reformen nicht schnell genug auf den Weg bringen. Andere sagen, es brauche Zeit und Ressourcen, um 22 Jahre Missmanagement und Veruntreuung durch seinen Amtsvorgänger Jammeh und dessen Regierung aufzuarbeiten (DW 18.7.2017).

Während nun die Regierung versucht, den abgewirtschafteten Staat in Schwung zu bringen, warten viele Gambier auf die Umsetzung seiner Wahlversprechen. Sie wollen bessere Lebensbedingungen und Arbeitsplätze. Die Bevölkerung ist im Schnitt 19 Jahre alt und lebt von nur einem Euro am Tag (DW 18.7.2017).

Am 6.4.2017 fand in Gambia die Wahl des neuen Parlaments statt. Bei einer Wahlbeteiligung von 42 % hat die Vereinigte Demokratische Partei (UDP) des seit Dezember 2016 gewählten Oppositionspolitikers Präsidenten Barrow 31 von 53 Sitzen im Parlament gewonnen. Zur Wahl standen 238 Kandidaten aus neun Parteien (BAMF 10.4.2017).

Gambias neue Regierung bemüht sich, ihre Souveränität in einigen gegenüber dem ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh noch loyalen Regionen geltend zu machen.

Zusammenstöße zwischen Pro-Jammeh Protestierenden und der vom Senegal geführten Koalition westafrikanischer Kräfte, welche einen friedlichen Übergang der Macht gewährleisten sollen, führten Anfang Juni zu mehrere Verletzten und einem Toten. Einiger Einwohner erhoben Anschuldigungen wegen Missbrauchs durch senegalesische Truppen (AJ 17.7.2017).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (27.4.2017): Gambia: Progress in first 100 days of Barrow government requires major reform to break with brutal past,

https://www.amnesty.org/en/latest/news/2017/04/gambia-progress-in-first-100-days-of-barrow-government-requires-major-reform-to-break-with-brutal-past/, Zugriff 25.7.2017]

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AJ - Al Jazeera (17.7.2017): Ex-leader’s supporters resist transition of power in Gambia,

http://www.aljazeera.com/video/news/2017/07/ex-leaders-supporters-resist-transition-power-gambia-170717145017420.html, Zugriff 24.7.2017

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BAMF Informationszentrum Asyl und Migration (10.4.2017): Briefing Notes

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BAMF Informationszentrum Asyl und Migration (20.2.2017): Briefing Notes

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BBC News (14.7.2017): Gambia investigate ex-president accused of stealing $50m, http://www.bbc.com/news/live/world-africa-40384376, Zugriff 17.7.2017

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DW - Deutsche Welle (18.7.2017): Gambia: Das Ende der Euphorie, http://www.dw.com/de/gambia-das-ende-der-euphorie/a-39742114?maca=de-newsletter_de_International_do-2351-html-newsletter, Zugriff 24.7.2017

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TWP -The Washington Post (14.7.2017): Gambia sets up commission to investigate ex-leader’s assets, https://www.washingtonpost.com/world/africa/gambia-sets-up-commission-to-investigate-ex-leaders-assets/2017/07/14/6720c9e4-685a-11e7-94ab-5b1f0ff459df_story.html?utm_term=.df56b06b8de3, Zugriff 24.7.2017

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TWP -The Washington Post (21.7.2017): Gambia investigators find dozens more Jammeh-linked assets, https://www.washingtonpost.com/world/africa/gambia-investigators-find-dozens-more-jammeh-linked-assets/2017/07/21/97e5a90e-6e05-11e7-abbc-a53480672286_story.html?utm_term=.cb053e00100d, Zugriff 24.7.2017

KI vom 18.1.2017: Jammeh geht ins Exil

Nach wochenlangem Hin und Her hat der Langzeitherrscher Jammeh am Samstagabend schließlich Gambia verlassen und Platz gemacht für seinen legitimen Nachfolger Barrow. Er geht nach Äquatorialguinea ins Exil (NZZ 22.1.2017; vgl. DS 22.1.2017). In der gambischen Hauptstadt Banjul brachen die Bewohner in Jubel aus und feierten die ganze Nacht in den Straßen (NZZ 22.1.2017).

Die Truppen der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, bestehend aus Soldaten aus Senegal, Nigeria, Ghana, Togo und Mali, werden zunächst nicht zurückgezogen. Sie waren seit Donnerstag an strategischen Grenzorten rund um Gambia stationiert (NZZ 22.1.2017). Dann rückten die ECOWAS-Truppen – mit Billigung der UNO – in Gambia ein (DS 22.1.2017; vgl. WP 22.1.2017), wo sie am Sonntag von der gambischen Bevölkerung mit Freudentänzen begrüßt wurden. Die Militärmission wird bis zur definitiven Amtsübernahme des neuen Präsidenten Barrow die Sicherheit im Land garantieren (NZZ 22.1.2017; vgl. TWP 22.1.2017). Die gambische Armee wurde entwaffnet (NZZ 22.1.2017) bzw. mussten Teile der Sicherheitskräfte "immobilisiert" werden, wie ein ECOWAS-Sprecher angab (TWP 22.1.2017).

Der neue Präsident Barrow wird nun ein Kabinett bilden und den Ausnahmezustand offiziell beenden. Schon am Sonntag kehrte das Leben zurück in die Straßen. Geschäfte und Restaurants sperrten wieder auf, und Menschen tanzten in den Straßen. Einige der rund 45.000 Personen, die präventiv aus dem Land geflüchtet waren, kehrten bereits nach Gambia zurück (TWP 22.1.2017).

Quellen:

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DS – Der Standard (22.1.2017): Gambias Langzeit-Präsident gibt auf: Jammeh ins Exil geflogen,

http://derstandard.at/2000051269844/Unblutiger-Machtwechsel-in-Gambia-Jammeh-tritt-doch-zurueck?ref=rec, Zugriff 23.1.2017

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NZZ – Neue Zürcher Zeitung (22.1.2017): Jammeh geht nach Äquatorialguinea ins Exil,

https://www.nzz.ch/international/gambias-ex-praesident-jammeh-im-exil-in-aequatorialguinea-angekommen-ld.141177, Zugriff 23.1.2017

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TWP – The Washington Post (22.1.2017): Gambia’s ex-leader made off with millions, luxury cars,

https://www.washingtonpost.com/world/africa/gambias-defeated-leader-leaves-country-ends-standoff/2017/01/21/4e46503e-e037-11e6-8902-610fe486791c_story.html?utm_term=.07012ae59564, Zugriff 23.1.2017

KI vom 18.1.2017: Ausnahmezustand und mögliche Eskalation

Am 16.1.2017 hat Präsident Jammeh den Ausnahmezustand verhängt (DS 17.1.2017; vgl. DP 18.1.2017, DW 17.1.2017). Geschäfte und Schulen blieben geschlossen (DP 18.1.2017). Der Ausnahmezustand dauert sieben Tage, wenn er einseitig vom Präsidenten verhängt wird. Falls er vom Parlament bestätigt wird, kann er bis zu 90 Tage dauern (DS 17.1.2017). Laut BBC wurde der Notstand aber für 90 Tage ausgerufen (BBC 17.1.2017).

Trotz staatlicher Einmischung hat Präsident Jammeh die Wahl im Dezember knapp verloren (DP 18.1.2017). Vorerst hatte er das Ergebnis auch anerkannt. Kurz darauf aber verlangte er eine Wahlwiederholung und reichte beim Obersten Gericht eine Klage ein (DS 17.1.2017). Dieses ist aber nicht funktionsfähig, ein Urteil nicht vor Mai zu erwarten (DW 17.1.2017). Eigentlich sollte der Wahlgewinner Barrow am 19.1.2017 vereidigt werden (DW 17.1.2017), ist aber mittlerweile in den Senegal geflohen (DP 18.1.2017). Jammeh verliert aber zunehmend an Rückhalt, acht Minister haben bereits ihren Rücktritt erklärt (DP 18.1.2017; vgl. DW 17.1.2017).

Eine Vermittlungsmission der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) unter Führung von Nigerias Präsidenten Muhammadu Buhari hat Jammeh klargemacht, dass er sein Amt aufgeben müsse (DP 18.1.2017). ECOWAS hatte Jammeh wiederholt klargemacht, dass er abtreten solle (DW 17.1.2017). Auch die Afrikanische Union hat Jammeh zum Rückzug aufgefordert und den Sieg des Oppositionskandidaten Adama Barrow anerkannt (DP 18.1.2017; vgl. BBC 17.1.2017).

Sollte sich der seit 22 Jahren regierende Jammeh weiter an die Macht klammern, hat ECOWAS den Einsatz einer militärischen Eingreiftruppe nicht ausgeschlossen (DP 18.1.2017). Die Intervention soll vom Senegal aus geführt werden (DW 17.1.2017).

Ein nigerianisches Kriegsschiff ist bereits mit Kurs Gambia ausgelaufen (DP 18.1.2017; vgl. BBC 17.1.2017). Jammeh hatte die Drohungen der ECOWAS als Kriegserklärung deklariert (DP 18.1.2017). Die kleine gambische Armee hätte einer Interventionstruppe wenig entgegenzusetzen (DP 18.1.2017; vgl. BBC 17.1.2017).

Experten sehen es nicht als unwahrscheinlich an, dass in Gambia ein Gewaltausbruch bevorsteht (DP 18.1.2017). Tausende Menschen sind präventiv in den Senegal geflüchtet (DP 18.1.2017; vgl. DG 18.1.2017, BBC 17.1.2017). Sie befürchten eine Verschärfung der Lage und haben Angst vor einem Krieg (DG 18.1.2017).

Unterdessen hat der britische Reiseveranstalter Thomas Cook damit begonnen, rund 1.000 Touristen aus Gambia zurückzuholen (DP 18.1.2017; vgl. DG 18.1.2017). Das britische Außenministerium (DG 18.1.2017) rät ebenso wie das österreichische Außenministerium vor nicht notwendigen Reisen nach Gambia ab (BMEIA 18.1.2017).

Quellen:

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BBC (17.1.2017): The Gambia's president declares state of emergency, http://www.bbc.com/news/world-africa-38652939, Zugriff 18.1.2017

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BMEIA (18.1.2017): Reiseinformationen Gambia, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/gambia/, Zugriff 18.1.2017

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DP – Die Presse (18.1.2017): Ein abgewählter Präsident stürzt Gambia an den Rand des Krieges, http://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5156240/Ein-abgewaehlter-Praesident-stuerzt-Gambia-an-den-Rand-des-Krieges?from=suche.intern.portal, Zugriff 18.1.2017

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DS - Der Standard (17.1.2017): Machtkampf: Ausnahmezustand in Gambia verhängt,

http://derstandard.at/2000050909847/Machtkampf-Gambisches-Parlament-verhaengt-Notstand, Zugriff 18.1.2017

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DW – Deutsche Welle (17.1.2017): Gambia im Ausnahmezustand, http://www.dw.com/de/gambia-im-ausnahmezustand/a-37164938, Zugriff 18.1.2017

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TG – The Guardian (18.1.2017): Thomas Cook to fly almost 1,000 Britons out of the Gambia,

https://www.theguardian.com/business/2017/jan/18/thomas-cook-to-fly-almost-1000-brits-out-of-the-gambia, Zugriff 18.1.2017

KI vom 05.12.2016: Präsidentschaftswahl

Der gambische Präsident Yahya Jammeh, der seit 1994 an der Macht ist, hat die Präsidentschaftswahl am 2.12.2016 gegenüber Adama Barrow verloren (JA 3.12.2016).

Der Oppositionskandidat Adama Barrow kam auf 45,5% der abgegebenen Stimmen. Auf den seit 22 Jahren amtierenden Staatschef Yahya Jammeh entfielen 36,6% der Stimmen. Der dritte Kandidat, Mama Kandeh, bekam 17,8% (DS 2.12.2016). Jammeh gestand nach Angaben der Wahlkommission noch vor der Verkündung des amtlichen Ergebnisses seine Niederlage gegenüber seinem Herausforderer ein (JA 3.12.2016; vgl. DS 2.12.2016).

Die Opposition war seit Jahren schwach und gespalten. Barrow, ehemaliger Geschäftsmann und Führer der United Democratic Party, wurde als Kandidat von acht Oppositionsparteien aufgestellt. Er hatte im Wahlkampf u.a. versprochen, die Menschenrechte und die wahre Demokratie wiederherzustellen (WSJ 2.12.2016). Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 900.000 zur Wahl aufgerufene Menschen bei 65% (DS 2.12.2016).

Quellen:

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DS - Der Standard (2.12.2016): Langzeitpräsident Jammeh räumt Niederlage bei Wahl in Gambia ein, http://derstandard.at/2000048674115/Gambias-Langzeitpraesident-Jammeh-raeumt-Niederlage-ein, Zugriff 5.12.2016

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JA - Jeune Afrique (3.12.2016): Gambie : le jour où Yahya Jammeh a quitté le pouvoir,

http://www.jeuneafrique.com/379596/politique/gambie-jour-yahya-jammeh-a-quitte-pouvoir/, Zugriff 5.12.2016

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WSJ - Wall Street Journal (2.12.2016): Longtime Gambian President Yahya Jammeh Loses Vote,

http://www.wsj.com/articles/longtime-gambian-president-yahya-jammeh-loses-vote-1480690072, Zufriff 5.12.2016

2. Politische Lage

Gambia ist eine Präsidialrepublik mit starker Stellung des direkt gewählten Staatspräsidenten. Dieser ist gleichzeitig Regierungschef (ÖB 9.2015). Das Land ist in fünf Bezirke und die Hauptstadt Banjul unterteilt. Es wird aber zentral verwaltet (CIA 29.7.2016).

Der gambische Präsident Yahya Jammeh kam im Jahr 1994 durch einen Putsch an die Macht. Bei Präsidentschaftswahlen in den Jahren 1996, 2001 und 2006 wurde er in seinem Amt bestätigt. Zuletzt gewann er die Präsidentschaftswahlen am 24.11.2011 mit 71,5 Prozent aller Wählerstimmen. Zweitplatzierter wurde Ousainou Darboe von der United Democratic Party mit 17,4 Prozent der Stimmen (CIA 29.7.2016). Die Amtszeit des Präsidenten beträgt fünf Jahre. Es gibt keine Beschränkung, was seine Wiederwahl anbelangt (ÖB 9.2015).

Das Einkammerparlament, die Nationalversammlung, hat 53 Sitze. 48 Mandatare werden direkt vom Volk gewählt, fünf vom Präsidenten ernannt. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre. Bei den letzten Parlamentswahlen im März 2012 erlangte die Partei von Präsident Jammeh, die Alliance for Patriotic Reorientation and Construction (APRC), mit Abstand die meisten Stimmen (CIA 29.7.2016; vgl. ÖB 9.2015; vgl. FH 27.1.2016). Wie auch die Präsidentschaftswahlen, so seien die Parlamentswahlen weder als frei noch fair zu bezeichnen (ÖB 9.2015). Laut Beobachtern ist das starke Abschneiden der Präsidentenpartei zum einen auf eine schwache und zersplitterte Opposition zurückzuführen, zum anderen auch ein Ergebnis der Wählereinschüchterungen (z.B. Streichung der finanziellen Unterstützung an Bezirke im Falle der Wahl eines Oppositionellen) (ÖB 9.2015).

Die im April 2013 stattgefundenen Lokalwahlen wurden abermals von der Opposition boykottiert, wodurch die APRC in 69 Bezirken auf keine Gegenkandidaten stieß. Von den restlichen 45 Bezirken konnte die APRC 35 gewinnen, 10 gingen an unabhängige Kandidaten, darunter auch die Hauptstadt Banjul (ÖB 9.2015; vgl. USDOS 13.4.2016).

Die nächsten Parlamentswahlen sind für [April] 2017 (ÖB 9.2015; vgl. CIA 29.1.2016) geplant .

Quellen:

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CIA - Central Intelligence Agency (29.7.2016): The World Factbook

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Gambia, The - Government,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ga.html, Zugriff 22.8.2016

-

FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/281635/411922_de.html, Zugriff 18.8.2016

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ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (9.2015): Asylländerbericht - Gambia

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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