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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Z I in B, Bosnien-Herzegowina, vertreten durch Mag. Dr. Hanno Zanier, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 27/DG, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 18. April 2017, Zl. LVwG-S-2658/001-2016, betreffend Übertretung des AVRAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Krems an der Donau), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber (in Bestätigung des Straferkenntnisses der belangten Behörde) schuldig erkannt, er habe es als Geschäftsführer und damit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma "G d.o.o." (im Folgenden G.) mit Sitz in Slowenien zu verantworten, dass diese Firma, ohne über eine Niederlassung in Österreich zu verfügen, fünf namentlich genannte Arbeitnehmer zumindest am 18. Februar 2016 auf einer näher genannten Baustelle in Krems gegen Entgelt beschäftigt habe, ohne dass den Organen der Finanzpolizei hinsichtlich näher genannter Arbeitnehmer Lohnunterlagen (Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise und Arbeitszeitaufzeichnung) aktuell und vollständig in deutscher Sprache hätten bereitgestellt werden können. Der Revisionswerber habe dadurch jeweils § 7d Abs. 1 iVm § 7i Abs. 4 Z. 1 AVRAG verletzt; über ihn wurde pro Arbeitnehmer eine Geldstrafe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 33 Stunden) verhängt. Unter einem wurden EUR 2.000,-- als Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vorgeschrieben.
2 Zudem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
3 Das Verwaltungsgericht legte seinem Erkenntnis zugrunde, dass am Tattag auf der erwähnten Baustelle fünf Arbeitnehmer der G. bei Bauarbeiten angetroffen worden seien. Die G. sei als Subunternehmer tätig gewesen und habe von der österreichischen M. den Auftrag erhalten. Die an der Baustelle geführte Arbeitszeitliste habe Eintragungen nur bis zum 11. Februar 2016 enthalten. Für die fünf Arbeitnehmer hätten Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise und Arbeitszeitaufzeichnungen gefehlt, bei einem der Arbeitnehmer auch zusätzlich der Arbeitsvertrag. Die Unterlagen seien auch nicht elektronisch bereitgehalten worden. Eine elektronische Übersendung sei für vier Arbeitnehmer nach einem Telefonat der Organe der Finanzpolizei mit der Steuerberatungskanzlei der M. erfolgt, die Lohnzettel seien jedoch nur in slowenischer Sprache vorgelegen. Lohnzettel und Lohnzahlungsnachweise in deutscher Sprache seien nach Aufforderung am 25. Februar 2016 per E-Mail nachgereicht worden. Für einen der Arbeitnehmer seien jedoch keine Unterlagen nachgereicht worden. Eine berichtigte Arbeitszeitliste sei am 3. März 2016 an die Finanzpolizei übermittelt worden.
4 Die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeitsort sei zumutbar gewesen, zumal ein von der M. angemieteter Container vorhanden gewesen sei und die Meldungen an das Bundesministerium für Finanzen und die A1-Versicherungsformulare in einem Ordner vor Ort aufgelegen seien. Bei der Kontrolle sei auch der Bauleiter der auftraggebenden M. anwesend gewesen, der einen Laptop vor Ort und einen Schlüssel für den Container gehabt habe. Es habe also, auch infolge der engen Verflechtung der M. mit der G., keines eigenen versperrbaren Raums für die Mitarbeiter der G. bedurft. Eine Unzumutbarkeit der Aufbewahrung der Unterlagen sei vom Revisionswerber nicht dargelegt worden.
5 Die maßgeblichen Unterlagen seien auf der Baustelle nicht in deutscher Sprache bereitgehalten worden und seien selbst nach Aufforderung durch die Finanzpolizei nur in slowenischer Sprache nachgereicht worden.
6 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001, und 28.2.2015, Ra 2015/08/0008).
9 2.2.1. Soweit die Revision - unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeit - einen erheblichen Begründungsmangel darin erblickt, dass der Aufbau des angefochtenen Erkenntnisses den in der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gestellten Anforderungen nicht entspreche, zeigt sie keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil nicht ersichtlich ist, dass das Landesverwaltungsgericht eine Trennung des Erkenntnisses in Tatsachenfeststellungen, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung in einer solchen Art und Weise vermissen lässt, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei über die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts dadurch maßgeblich beeinträchtigt wäre (vgl. etwa VwGH 18.2.2015, Ra 2014/03/0045). Welchen Sachverhalt das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt hat, ist vorliegendenfalls ausreichend erkennbar.
10 2.2.2. Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit (unter einem mit "Rechtsausführungen zur Sache") weiters aus, dass die G. den Vorgaben des Bundesministeriums für Finanzen entsprochen habe, nicht ständig ein verantwortlicher Mitarbeiter der G. vor Ort habe anwesend sein müssen und Lohnunterlagen, welche sich bereits in den Akten diverser Behörden (Hinweis Finanzamt, AMS, etc.) befänden, nicht neuerlich hätten vorgelegt werden müssen und auch ein "Bereithalten vor Ort" im Sinne des AVRAG entbehrlich sei. Sie zeigt damit jedoch nicht auf, dass die Behandlung der Revision von der Beantwortung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt, weil sie sich einerseits vom festgestellten Sachverhalt entfernt und überdies eine Rechtsfrage, die der Verwaltungsgerichtshof zu beantworten hätte, gar nicht konkret formuliert. Der bloße Hinweis, es könne sein, dass "zu dieser Thematik noch keine Rechtsprechung der Höchstgerichte" vorliege, ersetzt die Formulierung einer zu beantwortenden Rechtsfrage nicht.
11 Zudem ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht angesichts des von ihm festgestellten Sachverhalts eine unvertretbare Einzelfallbeurteilung vorgenommen hätte, wenn es das Nichtbereithalten der maßgeblichen Unterlagen in deutscher Sprache an der Baustelle als Übertretung der im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses genannten Bestimmungen des AVRAG qualifiziert hat.
12 2.2.3. Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit weiters aus, das Landesverwaltungsgerichts habe die Verantwortlichkeitsbestimmungen des § 9 VStG unrichtig angewendet, weil in einem ebenfalls bei diesem anhängigen Parallelverfahren mit näher genannter Geschäftszahl der Cousin des Revisionswerbers als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der G. festgestellt worden sei und damit die einzige zur Vertretung nach außen berufene Person dieser Gesellschaft sein könne.
13 Dieses Vorbringen geht jedoch schon deshalb ins Leere, weil im Laufe des gesamten Verfahrens unbestritten blieb, dass der Revisionswerber zumindest im Tatzeitpunkt nach außen vertretungsbefugtes Organ der G. war, zumal dies auch von dessen Cousin (auf dessen verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit sich der Revisionswerber nun zu stützen versucht) in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde. Es wurde auch im Verwaltungsstrafverfahren nicht konkret vorgebracht, dass ausschließlich eine vom Revisionswerber verschiedene Person strafrechtlich verantwortlich iSd. § 9 VStG gewesen sei.
14 2.2.4. Auch mit dem übrigen Revisionsvorbringen, mit welchem der festgestellte Sachverhalt sowie die rechtliche Beurteilung des Landesverwaltungsgerichtes ganz allgemein bestritten werden bzw. ein Abweichen von (ständiger) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet wird, wird die Begründung der Zulässigkeit der Revision schon deshalb nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben wird, von welcher Rechtsprechung das Verwaltungsgericht nach Ansicht des Revisionswerbers im vorliegenden Fall abgewichen sein soll (vgl. VwGH 6.12.2016, Ra 2016/11/0167, mwN).
15 2.3. Der erkennende Senat hat aus diesen Erwägungen beschlossen, die Revision zurückzuweisen.
Wien, am 19. Dezember 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017110164.L00Im RIS seit
18.01.2018Zuletzt aktualisiert am
09.02.2018