TE Vwgh Beschluss 2017/12/20 Ra 2017/04/0107

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Veröffentlicht am 20.12.2017
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §24 Abs1;
VwGG §25a Abs5;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/04/0108

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über den Antrag 1. des F W und

2. der G W, beide in Z, beide vertreten durch die Arlamovsky Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 6-8/ 47, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 18. April 2017, Zl. LVwG-850650/30/SE - 850675/2, betreffend Bewilligung nach dem Oö. Starkstromwegegesetz 1970 (belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung, mitbeteiligte Partei: N GmbH und E AG, vertreten durch die Onz Onz Kraemmer Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Vorgeschichte

1 Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 1.7.2016 wurde im Spruchteil A den mitbeteiligten Parteien die starkstromwegerechtliche Bau- und Betriebsbewilligung für den Neubau der 110 kV-Freileitung Riedl/Raab sowie für den Neubau des 110/30 kV-Umspannwerkes Raab erteilt. Gegen diesen Spruchteil erhoben (unter anderem) die Antragsteller und Revisionswerber Beschwerde an das Verwaltungsgericht.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 18.4.2017 wurde die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen (I.) und die ordentliche Revision für unzulässig erklärt (II.).

3 Gegen dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes erhoben die Antragsteller und Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Der VfGH lehnte die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 27.6.2017, E 1900/2017-7, ab und trat die Beschwerde über nachträglichen Antrag im Sinne des § 87 Abs. 3 VfGG mit Beschluss vom 9.8.2017, E 1900/2017-11, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

4 Dieser Beschluss wurde den Antragstellern und Revisionswerbern (nach deren übereinstimmenden Angaben) im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) am 10.8.2017 über webERV bereitgestellt und somit (gemäß § 89d Abs. 2 GOG iVm 14a Abs. 3 VfGG) am 11.8.2017 zugestellt.

5 Am 22.9.2017 brachten die Antragsteller und Revisionswerber mittels ERV die vorliegende außerordentliche Revision unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof ein. Diese wurde (mit Verfügung vom 26.9.2017, Ra 2017/04/0107 bis 0108-3) dem Verwaltungsgericht zuständigkeitshalber übermittelt. Die Revision langte beim Verwaltungsgericht am 28.9.2017 ein.

6 In der Folge übermittelte das Verwaltungsgericht die Revision dem Verwaltungsgerichtshof samt einem von den Antragstellern und Revisionswerbern selbst verfassten Wiedereinsetzungsantrag, mit der Bemerkung, dass die Revision verspätet sei.

7 Die Antragsteller bzw. Revisionswerber wurden sodann (mit Verfügung vom 2.11.2017, Ra 2017/04/0107 bis 0108-7) vom Verwaltungsgerichtshof aufgefordert, den Wiedereinsetzungsantrag durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen.

8 Dieser Mangel wurde fristgerecht behoben.

9 In diesem Antrag auf Wiedereinsetzung brachten die Antragsteller vor, es liege nur ein minderer Grad des Versehens bei der Fristversäumung vor. So habe der Vertreter der Antragsteller am 22.9.2017 einen Termin bei der Bestattung Wien zur Organisation eines Begräbnisses wahrzunehmen gehabt. Die ansonsten verlässliche Kanzleiangestellte habe den als pdf-Datei fertiggestellten Revisionsschriftsatz daher in Abwesenheit des Rechtsanwaltes eingebracht. Dieser habe der Kanzleiangestellten mündlich den Auftrag erteilt, den Revisionsschriftsatz beim Verwaltungsgericht elektronisch einzubringen. Der Kanzleiangestellten sei jedoch das Versehen unterlaufen, anstelle eines E-Mails an das Verwaltungsgericht eine ERV-Übermittlung durchzuführen. Die von der Kanzleiangestellten gewählten technischen Einstellungen hätten dazu geführt, dass ein ERV-Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof übermittelt worden sei. Der Kanzleiangestellten sei nicht bewusst gewesen, dass die Einbringung eines Schriftsatzes beim Verwaltungsgericht mittels ERV technisch gar nicht möglich sei. Sie habe angenommen, dass auf Grund ihrer Eingaben eine elektronische Übermittlung an das Verwaltungsgericht durchgeführt worden sei.

Zum Antrag auf Wiedereinsetzung

10 Hat der VfGH eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, so beginnt gemäß § 26 Abs. 4 VwGG die Revisionsfrist mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des VfGH oder, wenn der Antrag auf Abtretung der Beschwerde erst nach dessen Zustellung gestellt wurde, mit der Zustellung des Beschlusses gemäß § 87 Abs. 3 VfGG.

11 Im vorliegenden Fall hat die sechswöchige Revisionsfrist mit der Zustellung des Abtretungsbeschlusses des VfGH am 11.8.2017 zu laufen begonnen und somit am 22.9.2017 geendet. Durch die Übermittlung der Revision am letzten Tag dieser Frist an den gemäß § 24 Abs. 1 VwGG für die Revisionseinbringung nicht zuständigen Verwaltungsgerichtshof konnte die Frist nicht gewahrt werden (vgl. etwa VwGH 29.4.2014, Ro 2014/04/0040, und 3.4.2014, Ro 2014/05/0034). Die erst nach Fristablauf an das Verwaltungsgericht weitergeleitete Revision erweist sich daher als verspätet.

12 Im Übrigen gleicht die vorliegende Rechtssache in ihren wesentlichen Umständen jener, die vom Verwaltungsgerichtshof bereits mit Beschluss VwGH 26.4.2017, Ra 2017/05/0018, entschieden wurde. Auf die Entscheidungsgründe dieses Beschlusses kann daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden.

13 Auch vorliegend wurde die Revision entgegen der Verpflichtung zur Einbringung beim Verwaltungsgericht (§§ 24 Abs. 1 und § 25a Abs. 5 VwGG) direkt beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Auch beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich besteht im Gegensatz zum Verwaltungsgerichtshof keine Möglichkeit der Einbringung von Schriftsätzen im Wege des ERV (vgl. die unter der Internetadresse https://www.lvwg-ooe.gv.at/44.htm veröffentlichte Kundmachung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich über die Kommunikation (den Verkehr) zwischen Landesverwaltungsgericht und Beteiligten).

14 Und auch vorliegend ist entscheidend, dass der Revisionsschriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof adressiert war. Im Wiedereinsetzungsantrag wird behauptet, im Gegensatz zur Rechtssache Ra 2017/05/0018 sei der Kanzleiangestellten kein Ausdruck des Schriftsatzes vorgelegen und habe diese auch die versandfertige pdf-Datei nicht geöffnet. Dies ändert aber nichts daran, dass ein Rechtsvertreter seiner Sorgfaltspflicht etwa dann nicht entspricht, wenn er einen Schriftsatz abfasst oder unterfertigt, der eine unrichtige oder unvollständige Anweisung an die Kanzlei zum Ausdruck bringt, weil er in einem solchen Fall damit rechnen muss, dass seine Kanzleikraft in Befolgung der darin zum Ausdruck gebrachten Anweisung diesen Schriftsatz einbringt (vgl. auch dazu VwGH 26.4.2017, Ra 2017/05/0018, mwN).

15 Im Hinblick darauf konnte gemäß § 46 Abs. 1 und 4 VwGG dem Wiedereinsetzungsantrag in nichtöffentlicher Sitzung nicht stattgegeben werden.

Zur Revision

16 Dies hat zur Folge, dass die - wie oben dargestellt - verspätet erhobene Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.

Wien, am 20. Dezember 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017040107.L00

Im RIS seit

18.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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