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21/03 GesmbH-Recht;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gall, Dr. Stöberl und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der M N Gesellschaft m.b.H. in Liquidation, in Wien, vertreten durch Dr. Wenzel Drögsler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 34/3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Februar 2000, Zl. MA 63-M 659/99, betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung für das Taxigewerbe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid entzog die belangte Behörde der Beschwerdeführerin gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 "die Gewerbeberechtigung:
Taxi-Gewerbe, beschränkt auf die Verwendung von drei Personenkraftwagen im Standort Wien 17, Frauengasse 2/14".
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 4. August 1997 sei der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. In der Berufung gegen den Erstbescheid werde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beitragsrückstand bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft irrtümlich überhöht angenommen und mit der Wiener Gebietskrankenkasse eine Zahlungsvereinbarung geschlossen worden wäre. Die Gewerbeausübung würde durchaus im überwiegenden Interesse der Gläubiger liegen, zumal die Beschwerdeführerin einen Bilanzgewinn aufweisen würde und auch die Dienstnehmer ein Interesse der Fortführung des Unternehmens hätten.
Die Wiener Gebietskrankenkasse habe mit Schreiben vom 9. Dezember 1999 mitgeteilt, dass "ein Beitragsrückstand in der Höhe von S 52.111,94 zuzüglich 6,87 % Verzugszinsen ab dem 7. 12. 1999 aus S 49.985,74 unberichtigt" aushafte und bislang keine Zahlungsvereinbarung getroffen worden sei. Vom Bezirksgericht Favoriten sei mitgeteilt worden, dass in das Vermögen der Gewerbeinhaberin folgende Exekutionen bewilligt worden seien: Zu GZ. 18 E 149/99g wegen S 17.237,58 und zu GZ 18 E 4402/99w wegen
S 7.428,40 (beide Forderungen der Wiener Gebietskrankenkasse als betreibender Partei) und zu GZ 18 E 6070/99i wegen
S 2.240,-- (betreibende Partei: Republik Österreich). Vom Bezirksgericht Hernals sei bekannt gegeben worden, dass zu GZ 31 E 3337/99g ein Exekutionsverfahren zu Gunsten der Wiener Gebietskrankenkasse wegen S 20.776,90 bewilligt worden sei. Dieses Verfahrensergebnis sei dem Liquidator der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15. Dezember 1999, welches in der Folge nicht behoben worden sei, mitgeteilt worden. Die Zustellung sei durch Hinterlegung ausgewiesen.
Die Beschwerdeführerin habe es danach unterlassen darzulegen, dass ihre weitere Gewerbeausübung im Interesse ihrer Gläubiger liege. Ebenso sei die Darlegung, dass die vorhandenen Schulden aus den Einkünften weiterer Gewerbeausübung beglichen und hinkünftig anfallende Verbindlichkeiten erfüllt werden könnten, unterblieben. Im Hinblick auf die Höhe der Beitragsrückstände einerseits sowie die "Höhe der anhängigen Exekutionsverfahren" andererseits sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der sich aus der weiteren Gewerbeausübung ergebenden Verbindlichkeiten nicht besitze und es ihr auch nicht möglich sein werde, aus den Einkünften der weiteren Gewerbeausübung ihre Gläubiger zu befriedigen. Es sei daher davon auszugehen, dass die weitere Gewerbeausübung durch die Beschwerdeführerin nicht im Interesse ihrer Gläubiger gelegen sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 1 Abs. 2 GelverkG bestimmt:
"(2) Soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, gilt für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs. 1) die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, mit der Maßgabe, dass die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe gelten."
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegt.
§ 13 Abs. 3 erster Satz GewO 1994 ordnet an, dass Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbebetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen sind.
Gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
2. Die Beschwerdeführerin wendet unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zunächst ein, dass sie in Anbetracht des lediglich an ihren Liquidator gerichteten, unter I.1. genannten Schreibens der Behörde vom 15. Dezember 1999 nicht ordnungsgemäß von den Verfahrensergebnissen verständigt und ihr somit nicht die Möglichkeit eingeräumt worden sei, hiezu Stellung zu nehmen.
Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Nach § 92 Abs. 1 GmbHG finden alle in diesem Gesetz hinsichtlich der Geschäftsführer getroffenen Bestimmungen sinngemäß auch im Bezug auf die Liquidatoren Anwendung, weshalb einem Liquidator auch die Vertretung der in Liquidation befindlichen Gesellschaft nach außen zukommt (vgl. § 18 GmbHG). Daher ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde der Beschwerdeführerin im Wege einer an den Liquidator als dem nach außen vertretungsbefugten Organ gerichteten Aufforderung, zu den Verfahrensergebnissen Stellung zu nehmen, Parteiengehör gewährt hat. Dass die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren nicht habe vorbringen können, dass das Bezirksgericht Hernals drei gegen sie von der Wiener Gebietskrankenkasse betriebene Exekutionsverfahren eingestellt habe, kann der belangten Behörde somit nicht zur Last gelegt werden. Gleiches gilt für das Vorbringen, die Behörde gehe zu Unrecht davon aus, dass mit der Wiener Gebietskrankenkasse keine Zahlungsvereinbarung getroffen worden sei.
3. Für das Verständnis des § 87 Abs. 2 GewO 1994 ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes maßgebend, dass die Gewerbeausübung "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen" ist und daher von der Entziehung nur abgesehen werden kann, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, dass der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, dass das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden können. Ferner muss die pünktliche Erfüllung aller Zahlungsverpflichtungen erwartet werden können. Eine bloße Verbesserung der wirtschaftlichen Situation verbunden mit einer lediglich teilweisen Abzahlung von Rückständen ist nicht ausreichend. Es muss nämlich sicher gestellt sein, dass die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 17. März 1997, Zl. 97/03/0312, mwH). Die Gewerbeausübung muss im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger und nicht einzelner Gläubiger liegen (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zlen. 94/03/0156, 0157).
Ausgehend von dieser Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof auch der Beurteilung der belangten Behörde, im vorliegenden Fall liege die weitere Gewerbeausübung durch den Beschwerdeführer nicht im Interesse der Gläubiger, nicht entgegenzutreten. Mit ihrem Hinweis auf die Einstellung dreier Exekutionsverfahren sowie auf die behauptete Ratenvereinbarung mit der Wiener Gebietskrankenkasse vermag die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, läßt sich doch aus der Beschwerde nicht ableiten, dass die Rückstände bei der Wiener Gebietskrankenkasse, die unter I.1. genannten Forderung der Republik Österreich sowie der von der Beschwerde zusätzlich genannte Beitragsrückstand bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft durch vorhandene liquide Mittel tatsächlich zur Gänze abgedeckt werden könnten. Aus der Einstellung der Exekutionsverfahren kann entgegen der Beschwerde nicht der Schluss gezogen werden, dass die Forderungen der Wiener Gebietskrankenkasse tatsächlich durch liquide Mittel beglichen werden können. Auch wenn - so die Beschwerde - seit der Ablehnung des Konkursantrages am 4. August 1997 Gläubiger befriedigt worden seien und die Beschwerdeführerin zur Reduzierung bestehender Verbindlichkeiten beigetragen habe, kann es nicht als sichergestellt angesehen werden, dass die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden (weiteren) Verbindlichkeiten durch vorhandene liquide Mittel der Beschwerdeführerin beglichen werden können. Auch eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage - die die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Erzielung eines Bilanzgewinnes in den Jahren 1998 und 1999 ins Treffen führt - reicht, selbst verbunden mit der sich aus der Beschwerde ergebenden teilweisen Abzahlung von Rückständen, nach der dargestellten Rechtslage nicht aus, gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 von der Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen.
4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis war eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entbehrlich.
Wien, am 7. Juni 2000
Schlagworte
Parteiengehör Unmittelbarkeit Teilnahme an Beweisaufnahmen Vertretungsbefugter juristische PersonEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000030108.X00Im RIS seit
21.12.2000