TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/10 VGW-151/047/3989/2017

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Veröffentlicht am 10.10.2017
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Entscheidungsdatum

10.10.2017

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
70/06 Schulunterricht

Norm

NAG §63
NAG-DV §8 Z6
SchUG-BKV §26

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Martschin über die Beschwerde der Frau A. O., geb. am … 1988, StA.: Peru, vom 12.3.2017 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 7.2.2017, Zl. MA35-9/2984369-04, betreffend Abweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 76 Abs. 1 AVG wird der Beschwerdeführerin der Ersatz der in diesem Verfahren erwachsenen Barauslagen dem Grunde nach auferlegt.

III. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 7.2.2017 wurde der Antrag der Rechtsmittelwerberin vom 12.8.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Schüler“ gemäß § 63 Abs. 3 NAG abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei im gegenständlichen Verfahren aufgefordert worden, einen Nachweis über den bisherigen Schulerfolg vorzulegen. Nach dem vorgelegten Semesterzeugnis vom 29.1.2016 seien sämtliche Unterrichtsfächer, ausgenommen Mathematik 1, mit „nicht beurteilt“ oder „nicht genügend“ benotet worden. Der Zeugniskopie vom 3.2.2017 sei zu entnehmen, dass bisher drei Gegenstände im Ausmaß von 12 Wochenstunden bisher positiv absolviert worden seien. Da kein Jahreszeugnis für das Jahr 2016 nachgereicht und im Studienjahr 2015/2016 lediglich 4 Wochenstunden positiv absolviert worden seien, würden die Voraussetzungen des § 63 Abs. 3 NAG nicht vorliegen.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde.

Laut der im Beschwerdeverfahren eingeholten Stellungnahme des Abendgymnasiums Wien vom 26.4.2017 hat die Beschwerdeführerin im Wintersemester 2015/16 Mathematik (1. Semester) mit „genügend“ und im Wintersemester 2016/17 Geographie und Wirtschaftskunde (1. Semester) mit „genügend“ abgeschlossen. Weitere positive Beurteilungen seien nicht erzielt worden. In den Fächern Deutsch (1. Semester) und Englisch (1. Semester) sei die Beschwerdeführerin in das Vorbereitungsmodul versetzt worden, da sie in drei Semestern keine positive Note in diesen Fächern erzielen habe können. Daher seien von ihr noch alle Module bis auf Mathematik 1 und Geographie und Wirtschaftskunde 1 abzulegen. Prinzipiell sei zwar eine Inskription für den Module des 2. Semesters möglich. Es sei jedoch von der Schulleitung davon Abstand genommen worden, weil die Deutschkenntnisse nicht so weit erbracht worden seien, dass mit einer erfolgreichen Ablegung der Module gerechnet werden könne. Die Beschwerdeführerin sei daher mit dem Sommersemester 2017 in eine vom Bundesministerium für Bildung eingerichtete Übergangsstufe für Flüchtlinge eingeschrieben worden, um ihre Deutschkenntnisse entsprechend zu verbessern.

In weiterer Folge wurde ein Sammelzeugnis betreffend die Leistungen der Beschwerdeführerin beim Abendgymnasium Wien eingeholt. Seitens der betreffenden Schule wurde mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin nunmehr einen Übergangslehrgang besuche, in welchem prinzipiell kein Zeugnis ausgestellt werden könne. Sie habe an diesem Lehrgang regelmäßig teilgenommen und ihre Kenntnisse verbessert. Für das kommende Wintersemester habe sie sich zur Wiederholung des Übergangslehrgangs für Flüchtlinge angemeldet und sei zugelassen worden.

Das erkennende Gericht führte in dieser Rechtssache am 6.10.2017 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch, anlässlich welcher die Beschwerdeführerin und ihr Vertreter gehört wurden. Die belangte Behörde hat von einer Teilnahme an der Verhandlung abgesehen.

Die Beschwerdeführerin gab in der Verhandlung folgende Angaben zu Protokoll:

„Ich bin seit etwa vier Jahren in Ö. Ich habe im ersten Jahr meines Aufenthalts in Ö als Au-Pair gearbeitet. Danach habe ich die Schule besucht. Danach habe ich Deutsch gelernt, dafür habe ich meinen Schulbesuch für ein Semester unterbrochen. Dies muss im Jahr 2015 gewesen sein. Danach habe ich meinen Schulbesuch fortgesetzt. Es stellt kein Problem dar, diesen Schulbesuch zu unterbrechen. Seit Beginn meines Schulbesuchs in Ö bin ich nur in das Abendgymnasium Wien und in keine andere Schule gegangen.

Es ist richtig, dass ich im Rahmen meines Schulbesuchs die Prüfungen Geografie 1 mit Genügend und Mathematik 1 mit Genügend bestanden habe. Weitere Prüfungen habe ich nicht bestanden. Weitere Prüfungen konnte ich wegen meiner schlechten Deutschkenntnisse nicht positiv abschließen. Weiters habe ich noch, wie im Zeugnis ersichtlich, die Vorbereitungsmodule Englisch 1 und Deutsch 1 positiv abgeschlossen. Es ist richtig, dass ich die letzte Prüfung im Jänner 2017 positiv abgeschlossen habe.

Seit Feb. 2017 gehe ich in den speziellen Lehrgang zum Erlernen der deutschen Sprache. Dieser spezielle Lehrgang erfolgt in meiner Schule. Im Rahmen dieses Übergangslehrgangs habe ich auch Prüfungen absolviert. Vorgelegt wird ein Urkundenkonvolut (Beilage ./A), dieses wird kopiert und dem Protokoll angeschlossen. Dieser Übergangslehrgang dauert bis Juni 2018.

Ich arbeite als Kinderbetreuerin und zwar zehn Stunden pro Woche. Ich verdiene dabei 345,00 Euro, ich darf aber auch bei meinem Dienstgeber wohnen. Sonstige finanzielle Mittel habe ich nicht zur Verfügung. Der Unterricht in der Schule ist wochentags von 08:00 Uhr bis 12:00 Uhr bzw. 14:00 Uhr.

Nach Abschluss des Übergangslehrgangs im Juni 2018 benötige ich noch acht Semester zum Abschluss der Schule. Für den Besuch des von mir besuchten Schulzweiges sind grundsätzlich vier Jahre vorgesehen. Es handelt sich um ein normales Gymnasium, um eine sogenannte Erwachsenenschule.“

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Zur Rechtslage:

Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des NAG lauten wie folgt:

„Schüler

§ 63. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine Aufenthaltsbewilligung für Schüler ausgestellt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. ordentliche Schüler einer öffentlichen Schule sind;

 

2. ordentliche Schüler einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht sind;

 

3. Schüler einer Statutschule mit Öffentlichkeitsrecht nach § 14 Abs. 2 lit. b des Privatschulgesetzes, BGBl. Nr. 244/1962, sind;

 

4. Schüler einer zertifizierten nichtschulischen Bildungseinrichtung sind (§ 70);

 

5. außerordentliche Schüler einer Schule nach Z 1, 2 oder 6 sind, soweit es sich um die erstmalige Ausstellung einer Aufenthaltsbewilligung handelt, oder

 

6. Schüler einer Privatschule sind, für die im vorangegangenen Schuljahr das Öffentlichkeitsrecht verliehen und nicht gemäß § 16 Abs. 1 des Privatschulgesetzes entzogen worden ist sowie für das laufende Schuljahr um die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes angesucht wurde.

Eine Haftungserklärung ist zulässig.

(2) Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit richtet sich nach dem Ausländerbeschäftig-ungsgesetz. Diese Erwerbstätigkeit darf das Erfordernis der Schulausbildung als ausschließlicher Aufenthaltszweck jedenfalls nicht beeinträchtigen.

(3) Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen dem Besuch einer Schule im Sinne des Abs. 1, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis über den Schulerfolg und in den Fällen des Abs. 1 Z 5 darüber hinaus über die Aufnahme als ordentlicher Schüler erbringt. Wurde die Aufnahme als außerordentlicher Schüler gemäß § 4 Abs. 3 zweiter Satz des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986, von der Schulbehörde um weitere zwölf Monate verlängert, kann in den Fällen des Abs. 1 Z 5 trotz fehlendem Nachweis über die Aufnahme als ordentlicher Schüler die Aufent-haltsbewilligung einmalig verlängert werden. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Schulerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.“

Gemäß § 8 Z 6 NAG-DV sind zusätzlich zu den in § 7 genannten Urkunden und Nachweisen dem Antrag auf Erteilung einer „Aufenthaltsbewilligung – Schüler“ folgende weitere Urkunden und Nachweise anzuschließen:

a) schriftliche Bestätigung der Schule oder der nichtschulischen Bildungseinrichtung über die Aufnahme des Schülers, sofern der Schüler nicht eine Pflichtschule besucht;

b) bei minderjährigen Schülern ein Nachweis über die Pflege und Erziehung des Schülers durch eine volljährige, in Österreich wohnhafte natürliche Person;

c) im Fall eines Verlängerungsantrages ein schriftlicher Nachweis der Schule oder der nichtschulischen Bildungseinrichtung über den Schulerfolg im vorangegangenen Schuljahr und in den Fällen des § 63 Abs. 1 Z 5 NAG darüber hinaus über die Aufnahme als ordentlicher Schüler.

Sachverhaltsfeststellungen und Beweiswürdigung:

Es wird als erwiesen angesehen, dass der Beschwerdeführerin, einer am ... 1988 geborenen peruanischen Staatsangehörigen, aufgrund eines am 29.5.2013 gestellten Erstantrags ein Aufenthaltstitel für den Zweck „Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit“ für den Zeitraum vom 15.8.2013 bis 15.8.2014 erteilt wurde. Aufgrund eines von der Beschwerdeführerin gestellten Zweckänderungsantrags vom 1.7.2014 (sowie eines weiteren Verlängerungsantrages) verfügte die Beschwerdeführerin in der Folge über Aufenthaltstitel für den Zweck „Schüler“ für folgende Zeiträume:

27.8.2014 – 27.8.2015

28.8.2015 – 28.8.2016.

Am 12.8.2016 wurde der vorliegende Verlängerungsantrag gestellt (Bl. 1 Behördenakt).

Die Beschwerdeführerin ist seit 22.8.2013 mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet. Sie ist unselbständig erwerbstätig und wurde ihr seitens des AMS eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Kindermädchen bis 31.8.2017 erteilt.

Die Beschwerdeführerin ist seit dem Wintersemester 2014 Schülerin am „Bundesgymnasium, Bundesrealgymnasium und Wirtschaftskundliches Bundesrealgymnasium für Berufstätige“ (Abendgymnasium Wien), … welches als Sonderform der AHS (Schulform: AHS für Berufstätige) geführt wird und mit einer Reifeprüfung abgeschlossen wird. Diese Schulform ist modular aufgebaut und umfasst bis zum Abschluss einen achtsemestrigen Schulbesuch. Die näheren Bestimmungen werden im SchUG-BKV geregelt. Unterrichtssprache des von der Beschwerdeführerin besuchten Schulzweigs ist Deutsch (ausgenommen in den Unterrichtsfächern einer Fremdsprache).

Laut dem vorgelegten Sammelzeugnis vom 17.8.2017 stellen sich die Leistungen der Beschwerdeführerin bislang wie folgt dar:

Religion 1 (1 Wochenstunde): „nicht beurteilt“ (7.1.2015);

Deutsch 1 (4 Wochenstunden): „nicht beurteilt“ (27.1.2017);

Englisch 1 (4 Wochenstunden): „nicht beurteilt“ (23.1.2015);

Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung 1 (3 Wochenstunden): „nicht genügend“ (27.1.2017);

Geographie und Wirtschaftskunde 1 (4 Wochenstunden): „genügend“ (27.1.2017);

Mathematik 1 (4 Wochenstunden): „genügend“ (29.1.2016);

Lern-, Präsentation- und Kommunikationstechnik 1 (2 Wochenstunden): „nicht beurteilt“ (27.1.2017);

Vorbereitungsmodul Englisch 1 (4 Wochenstunden): „befriedigend“ (25.1.2017);

Vorbereitungsmodul Deutsch 1 (4 Wochenstunden): „genügend“ (26. 1.2017);

Im Rahmen ihres bisherigen Schulbesuchs hat sie somit im Wintersemester 2015/16 Mathematik (1. Semester) mit „genügend“ und im Wintersemester 2016/17 Geografie und Wirtschaftskunde (1. Semester) mit „genügend“ abgeschlossen. In den Fächern Deutsch (1. Semester) und Englisch (1. Semester) wurde die Beschwerdeführerin seitens der Schulleitung in das Vorbereitungsmodul versetzt, da sie in diesen Fächern in drei Semestern keine positive Note erzielen konnte. Die Beschwerdeführerin hat daher noch sämtliche Module (auch des 1. Semesters) - ausgenommen Mathematik 1 und Geographie und Wirtschaftskunde 1 - abzulegen.

Mit Beginn des Sommersemesters 2017 wurde die Beschwerdeführerin seitens der Schulleitung aufgrund ihrer unzureichenden Deutschkenntnisse in eine vom Bundesministerium für Bildung eingerichtete „Übergangsstufe für Flüchtlinge“ eingeschrieben. Für das Wintersemester 2017 ist sie zur Wiederholung des Übergangslehrgangs angemeldet und zugelassen. Im Rahmen dieses Übergangslehrgangs wird kein Schulzeugnis ausgestellt. Ein Abschluss des derzeit besuchten „Übergangslehrgangs für Flüchtlinge 2017/2018“ ist für Juni 2018 geplant. Danach benötigt sie nach eigenen Angaben noch 8 Semester zum Abschluss der von ihr besuchten Schule.

Diese Feststellungen gründen sich auf die vorliegende, unbedenkliche Aktenlage sowie die Ergebnisse der Beschwerdeverhandlung. Dass die Beschwerdeführerin seit dem Sommersemester 2017 zwecks Verbesserung ihrer mangelhaften Deutschkenntnisse einen sogenannten Übergangslehrgang für Flüchtlinge besucht, wurde seitens der betreffenden Schule mitgeteilt und von der Beschwerdeführerin in der Verhandlung bestätigt. Auch der oben festgestellte Schulerfolg steht aufgrund der Mitteilung der Schule sowie der Angaben der Beschwerdeführerin unbestritten fest. Dass die Beschwerdeführerin nach Absolvierung des Übergangslehrgangs im Juni 2018 noch volle 8 Semester zur Absolvierung ihres Schulbesuchs benötigt, ergibt sich aus ihren eigenen Angaben und deckt sich mit ihrem bisherigen Schulerfolg.

Rechtliche Beurteilung:

Für die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Schüler“ ist gemäß § 63 Abs. 3 NAG die Erbringung eines Nachweises über den Schulerfolg erforderlich.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist für die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung als Schüler grundsätzlich der Schulerfolg für jenes abgeschlossene Schuljahr nachzuweisen, das dem Antragszeitpunkt auf Verlängerung vorangeht. Anders stelle sich allerdings die Sach- und Rechtslage dann dar, wenn auf Grund der Dauer des Verlängerungsverfahrens bereits ein weiteres Schuljahr bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Verlängerungsantrag verstrichen ist. In einem solchen Fall ist auch die Erbringung eines Erfolgsnachweises durch den Antragsteller bzw. die Einforderung eines solchen durch die Behörde für das zuletzt abgelaufene Schuljahr zulässig (VwGH 29.5.2013, Zl. 2013/22/0050).

Der VwGH stellt auch bei Schulen nach dem SchUG-BKV hinsichtlich der Dauer des Schuljahres auf § 2 Schulzeitgesetz 1985 ab (VwGH 29.5.2013, Zl. 2013/22/0050). Gemäß § 2 Abs. 1 Schulzeitgesetz 1985 beginnt das Schuljahr in den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich und Wien am ersten Montag, in den Bundesländern Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg am zweiten Montag im September und dauert bis zum Beginn des nächsten Schuljahres.

Im gegenständlichen Fall verfügte die Beschwerdeführerin zuletzt über einen Aufenthaltstitel für den Zweck „Schüler“, der bis zum 28.8.2016 gültig war. Da jedoch zwischenzeitig ein weiteres Schuljahr vollendet wurde, ist das jüngst abgelaufene Schuljahr maßgeblich. Das für die Beurteilung, ob die Beschwerdeführerin den erforderlichen Schulerfolg erzielt hat, maßgebliche Schuljahr ist somit das Schuljahr 2016/2017.

Laut Sammelzeugnis vom 17.8.2017 wurden im zuletzt abgelaufenen Schuljahr das Fach Geographie und Wirtschaftskunde (1. Semester) mit 4 Wochenstunden mit „genügend“ bewertet. Weiters wurden im Jänner 2017 die Vorbereitungsmodule Englisch 1 und Deutsch 1 mit jeweils 4 Wochenstunden positiv benotet.

Voraussetzung für die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Schüler“ ist gemäß § 63 Abs. 3 NAG die Erbringung eines Nachweises über den Schulerfolg. Der VwGH ging in seinem Erkenntnis vom 31.3.2008, Zl. 2006/21/0308, davon aus, dass unter einem "Schulerfolg" im Sinn des § 63 Abs. 3 Satz 1 NAG schon nach dem allgemeinem Sprachgebrauch und auch im Sinn der Materialien (Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Fremdenrechtspaket 2005) nur ein positives Jahreszeugnis einer der (im § 63 Abs. 1 Z 2 bis 5 NAG) genannten Schulen verstanden werden kann (vgl. weiters VwGH 31.5.2011, Zl. 2011/22/0123). In seinem Erkenntnis vom 13.10.2011, Zl. 2010/22/0205, sprach der VwGH weiters aus, dass dann, wenn ein Schüler zum Aufstieg berechtigt ist und er sich auf diese Weise ohne Verzögerung der abschließenden Prüfung zu nähern vermag, insofern ein "positives Schulzeugnis" vorliegt, und nicht davon ausgegangen werden kann, er habe keinen Schulerfolg nachgewiesen. Nach ständiger Rechtsprechung ist daher auch dann, wenn in einem Jahreszeugnis einzelne Gegenstände mit "nicht genügend" beurteilt worden sind, von einem positiven Schulzeugnis - und somit einem nachgewiesenen Schulerfolg - auszugehen, wenn der Schüler zum Aufstieg berechtigt ist und sich auf diese Weise ohne Verzögerung der abschließenden Prüfung zu nähern vermag (VwGH 7.12.2016, Zl. Ra 2016/22/0037).

Hierzu ist vorweg auf die gegenständliche Schulform „AHS für Berufstätige“ näher einzugehen:

Für die gegenständliche Schulform gelangt das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge – SchUG-BKV zur Anwendung. Die vorgesehene Ausbildungsdauer beträgt 8 Semester. Die Beurteilung der Leistungen eines Studierenden in einem Modul erfolgt durch den Lehrer des betreffenden Moduls unter Zugrundelegung aller im betreffenden Modul erbrachten Leistungen. Wenn der Lehrer eine sichere Leistungsbeurteilung nicht treffen kann, so hat er spätestens innerhalb der letzten zwei Wochen des Halbjahres eine Leistungsfeststellung anzuordnen. Tritt der Studierende zu dieser Leistungsfeststellung nicht an, so ist er in diesem Modul nicht zu beurteilen (§ 21 Abs. 1 und 2 SchUG-BKV). Jeder Studierende, der in einem oder in mehreren Modulen nicht oder mit „Nicht genügend“ beurteilt wurde, ist berechtigt, in diesen Modulen außerhalb des lehrplanmäßigen Unterrichtes ein Kolloquium abzulegen (§ 23 Abs. 1 SchUG-BKV). Wegen vorgetäuschter Leistungen nicht beurteilte oder mit „Nicht genügend“ beurteilte Kolloquien dürfen höchstens zwei Mal wiederholt werden (§ 23 Abs. 7 SchUG-BKV). Dem Studierenden ist am Ende jedes Halbjahres ein Zeugnis über alle in diesem Halbjahr absolvierten Module und auf seinen Antrag ein Zeugnis über sämtliche zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgreich oder nicht erfolgreich abgeschlossene Module auszustellen (§ 24 Abs. 1 SchUG-BKV).

Ein Studierender ist zum Aufsteigen in das nächste Semester berechtigt (§ 26 SchUG-BKV). Eine Ausbildung, die nicht mit einer abschließenden Prüfung beendet wird, ist erfolgreich abgeschlossen, wenn jedes Modul - das ist ein lehrplanmäßig in einem Semester vorgesehener Unterrichtsgegenstand (§ 4 Z 5 SchUG-BKV) - positiv beurteilt wurde (§ 27 Abs. 1 SchUG-BKV). Ein nicht erfolgreich abgeschlossenes Modul darf auf Antrag höchstens ein Mal in einem weiteren Halbjahr besucht werden (§ 28 Abs. 1 SchUG-BKV). Die Höchstdauer des Schulbesuches beträgt das Zweifache der vorgesehenen Ausbildungsdauer (§ 31 SchUG-BKV).

Die Eigenschaft als Studierender einer Ausbildung endet gem. § 32 Abs. 1 SchUG-BKV:

1.   mit erfolgreichem Abschluss (§ 27) der betreffenden Ausbildung,

2.   mit dem Zeitpunkt einer schriftlich gegenüber der Schulleitung erklärten Abmeldung vom Schulbesuch,

3.   mit dem Zeitpunkt, in dem feststeht, dass ein Studierender im Falle des Weiterbesuches die gemäß § 31 zulässige Höchstdauer des Schulbesuches überschreitet,

4.   mit dem Ende eines Halbjahres, wenn nicht in diesem und in dem vorangegangenen Halbjahr Module im Mindestausmaß von 10 Wochenstunden erfolgreich abgeschlossen wurden, sofern dies nicht auf rücksichtswürdige Gründe zurückzuführen ist,

5.   mit dem Zeitpunkt, in dem die Leistungen des Studierenden bei der letztmöglichen Ablegung oder Wiederholung eines Kolloquiums nicht oder mit „Nicht genügend“ beurteilt wurden,

6.   bei Fernbleiben vom Unterricht mit dem ungenützten Ablauf der zweiwöchigen Frist seit der Zustellung der schriftlichen Aufforderung gemäß § 45, sofern diese nicht aus rücksichtswürdigen Gründen unterblieben ist oder

7.   mit dem Eintritt der Rechtskraft eines Ausschlusses (§ 46 Abs. 1).

Zur Ablegung der Diplomprüfung sind Prüfungskandidaten berechtigt,

1.   die alle Pflichtgegenständen entsprechenden Module erfolgreich abgeschlossen haben,

2.   die an allen Verbindlichen Übungen entsprechenden Modulen teilgenommen haben und

3.   die alle im Lehrplan vorgesehenen Pflichtpraktika und Praktika zurückgelegt haben (§ 36 Abs. 1 iVm §§ 33 und 4 Z 3 SchUG-BKV).

Ist ein Schüler nicht im erforderlichen Maße anwesend oder legt er vorgesehene Prüfungen nicht ab, wird im Zeugnis das betreffende Modul „nicht beurteilt“.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass an der AHS für Berufstätige ein Schüler nicht zum Wiederholen eines Semesters gezwungen ist. Der Schüler ist gemäß § 26 SchUG-BKV stets zum Aufsteigen in das nächste Semester berechtigt, kann ein Semester jedoch freiwillig wiederholen. Dies bedeutet, dass selbst ein Schüler, der in sämtlichen Modulen (= Unterrichtsgegenständen) mit „nicht genügend“ beurteilt wird oder der mangels Anwesenheit im Unterricht bzw. Antritt zu Prüfungen nicht beurteilt wird, zum Aufstieg in das nächste Semester berechtigt ist. In diesem wird sodann der Lehrstoff des höheren Semesters unterrichtet. Der Schüler hat in weiterer Folge die Möglichkeit, Noten durch ein Kolloquium auszubessern. Ein Antritt zu einem Kolloquium kann, muss aber nicht erfolgen. Negative Noten bzw. nicht beurteilte Module in Pflichtgegenständen stehen jedoch dem erfolgreichen Abschluss der Schule bzw. der Ablegung der Diplomprüfung und damit dem Erreichen des Ausbildungszieles entgegen.

Vor dem Hintergrund des vorliegenden Sammelzeugnisses vom 17.8.2017 liegt der Nachweis eines Schulerfolges iSd. § 63 Abs. 3 NAG nicht vor.

Von einem solchen kann konsequenterweise nur dann ausgegangen werden, wenn sich der Schüler ohne Verzögerung der abschließenden Prüfung zu nähern vermag. Dass dies bei einer derartigen Häufung von negativen Noten bzw. nicht beurteilten Modulen nicht der Fall ist, ist evident. Der fehlende Schulerfolg in einem Schuljahr führt nämlich dazu, dass die Beschwerdeführerin in weiterer Folge auf Grund des nachzuholenden fehlenden Schulerfolges, sei es durch das Wiederholen des Semesters oder das Ablegen von Kolloquien, am Erlernen des Lernstoffes der weiteren Semester und dem (erfolgreichen) Ablegen weiterer Prüfungen sowie der Diplomprüfung gehindert ist und sich daher nicht ohne Verzögerung der abschließenden Prüfung, das heißt dem Abschluss der Schule bzw. der Ablegung der Diplomprüfung, zu nähern vermag.

Darüber hinaus kann auch aus der Begründung des Erkenntnis des VwGH vom 29.5.2013, Zl. 2013/22/0050, nicht abgeleitet werden, dass ein Schüler einer Schule im Anwendungsbereiches des SchUG-BKV von der Erbringung eines Schulerfolges befreit wäre. Wie oben dargelegt, ist ein Schüler gemäß § 26 Abs. 1 SchUG-BKV stets zum Aufsteigen in das nächste Semester berechtigt, ohne dass hierzu irgendeine Voraussetzung erfüllt sein müsste. Der VwGH ging bislang grundsätzlich davon aus, dass unter einem „Schulerfolg" nur ein positives Jahreszeugnis verstanden werden kann, aber auch dann, wenn in einem Jahreszeugnis einzelne Gegenstände mit "nicht genügend" beurteilt worden sind, von einem positiven Schulzeugnis ausgegangen werden kann, wenn der Schüler zum Aufstieg berechtigt ist und sich auf diese Weise ohne Verzögerung der abschließenden Prüfung zu nähern vermag. Soweit somit das Erfordernis des Schulerfolges im Bereich des „konventionellen“ Schulsystems mit der Berechtigung zum Aufstieg in die nächsthöhere Schulstufe verbunden wird, ist hervorzuheben, dass im Anwendungsbereich des Schulunterrichtsgesetzes ein solcher Aufstieg mit einer negativen Schulnote nur unter strengen Voraussetzungen möglich ist (vgl. §§ 23 und 25 Schulunterrichtsgesetz). Die Übertragung dieser Rechtsprechung auf Schulformen nach dem Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge ist folglich nicht möglich. Während nämlich § 25 Schulunterrichtsgesetz den Aufstieg in die nächsthöhere Schulstufe nur unter strengen Voraussetzungen zulässt und ihn damit an einen Leistungserfolg koppelt, erfolgt nach § 26 SchUG-BKV der Aufstieg in das nächste Semester „automatisch“, ohne dass die Erbringung eines Schulerfolges damit verknüpft wäre. Würde man somit die Rechtsauffassung vertreten, dass alleine schon durch den in § 26 SchUG-BKV begründeten Aufstieg in das nächste Semestern ein Schulerfolg erbracht wird – was wohl eine unvertretbare Rechtsauffassung darstellen würde – würde § 63 Abs. 3 NAG für diese Schulformen im Wesentlichen seines Anwendungsbereiches beraubt. Darüber hinaus würde eine derartige Auslegung des § 63 Abs. 3 NAG zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung von Schülern in Schulformen nach dem SchUG-BKV und in „konventionellen“ Schulformen führen und würde hierdurch dem § 63 Abs. 3 NAG ein gleichheitswidriger Inhalt unterstellt. Aus diesen Erwägungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der bloße Aufstieg nach § 26 SchUG-BKV einen Schulerfolgsnachweis darstellt (vgl. VGW 3.5.2017, GZ. VGW-151/086/3497/2017-4).

Soweit die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, sie habe den Nachweis eines erfolgreichen Schulbesuches erbracht, indem sie über 10 Wochenstunden innerhalb eines Semesters positiv absolviert habe, ist auf obige Ausführungen zu verweisen. Die Beschwerdeführerin, die hierbei offenbar auf § 32 Abs. 1 Z 4 SchUG-BKV abstellt, verkennt, dass es sich hierbei um jene Bestimmung handelt, die analog zu § 33 SchUG die Beendigung des Schulbesuches zum Inhalt hat. Aus dem Umstand, dass keine derart gravierenden Fehlleistungen vorliegen, die die Beendigung des Schulverhältnisses zur Folge haben, kann aber weder im Bereich des SchUG noch des SchUG-BKV auf das Vorliegen eines Schulerfolges geschlossen werden.

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin im vergangenen Schuljahr lediglich „Geographie und Wirtschaftskunde (1. Semester) mit „genügend“ (am 27.1.2017) im Ausmaß von 4 Wochenstunden sowie die Vorbereitungsmodule Englisch 1 und Deutsch 1 (am 25. und 26.1.2017) positiv absolviert hat. Wie die Schulleitung der von der Beschwerdeführerin besuchten Schule mitgeteilt hat, war diese in den Fächern Deutsch (1. Semester) und Englisch (1. Semester) jeweils dreimal inskribiert, jedoch konnte von ihr keine positive Note in diesen Fächern erreicht werden, weshalb sie zwecks Förderung in die Vorbereitungsmodule dieser Fächer versetzt wurde. Die Beschwerdeführerin hat somit noch die Module in diesen Fächern abzuschließen. Die erbrachten Leistungen in den Vorbereitungsmodulen können daher nicht dem Schulerfolg der Beschwerdeführerin zugerechnet werden.

Ebenso verhält es sich mit Leistungen, die die Beschwerdeführerin im Rahmen des seit Sommer 2017 besuchten Übergangslehrgangs für Flüchtlinge erzielt. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass der reguläre Schulbesuch der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer mangelhaften Deutschkenntnisse seitens der Schulleitung unterbrochen und sie in diesen Übergangslehrgang für Flüchtlinge zwecks Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse versetzt wurde. Im Rahmen dieses Übergangslehrgangs wird kein Schulzeugnis ausgestellt und werden von der Beschwerdeführerin in diesem Zeitraum auch keine Module des von ihr inskribierten Schulzweigs besucht, geschweige denn Prüfungen in den Modulen abgelegt. Allfällig erbrachte Leistungen aufgrund des Besuches des Übergangslehrgangs für Flüchtlinge können daher gleichfalls nicht als Schulerfolg im Sinne des § 63 Abs. 3 NAG gewertet werden.

Vor dem Hintergrund der von der Beschwerdeführerin im vergangenen Schuljahr erbrachten Leistungen kann nicht ansatzweise davon gesprochen werden, dass sie sich ohne Verzögerung der abschließenden Prüfung zu nähern vermag.

§ 63 Abs. 3 NAG sieht weiters vor, dass bei Vorliegen von Gründen, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen sind und die unabwendbar oder unvorhersehbar sind, trotz Fehlens des Schulerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden kann. Der VwGH hat bereits mehrfach festgehalten, dass von einem unabwendbaren oder unvorhersehbaren Hinderungsgrund im Sinn des § 64 Abs. 3 zweiter Satz NAG (gleiches gilt für § 63 Abs. 3 NAG) dann nicht die Rede sein kann, wenn der Hinderungsgrund dauerhaft ist. Ist es einem Fremden wegen einer fehlenden geistigen und/oder körperlichen Voraussetzung nicht möglich, ein Studium erfolgreich zu betreiben, kann dies nicht als Hinderungsgrund im Sinn der genannten Bestimmung gewertet werden (VwGH 13.10.2011, Zl. 2009/22/0305).

Für das Vorliegen derartiger Hinderungsgründe liegen gegenständlich keine Anhaltspunkte vor, zumal auch die fehlenden deutschen Sprachkenntnisse der Beschwerdeführerin nach der ständigen Judikatur darunter nicht zu subsumieren sind. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass sich der mangelnde Schulerfolg der Beschwerdeführerin über sämtliche Semester erstreckt.

Die belangte Behörde wies daher den Antrag der Beschwerdeführerin zu Recht mangels ausreichenden Schulerfolgs ab, weshalb der Beschwerde kein Erfolg beschieden war.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verlängerungsantrag, Nachweis Schulerfolg, maßgebliche Schuljahr, SchUG-BKV, Gleichheitsgrundsatz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.151.047.3989.2017

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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