TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/8 405-3/313/1/4-2018

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Veröffentlicht am 08.01.2018
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Entscheidungsdatum

08.01.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
L82005 Bauordnung Salzburg

Norm

AVG §42 Abs1
BauPolG Slbg 1997 §7 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch den Richter Mag. Thomas Thaller über die Beschwerde von GE, …, vertreten durch die AE Rechtsanwälte GmbH, …, gegen den Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde X. vom 30.10.2017, Zahl xxxxx, (mitbeteiligte Partei: AA GmbH , ...)

zu R e c h t:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe bestätigt, dass die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Sachverhalt und Verfahrensgang:

Mit Bauansuchen vom 30.6.2016 beantragte die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: Bauwerberin) beim Bürgermeister der Gemeinde X. (im Folgenden: Bürgermeister) die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit offener Tiefgarage auf Grundstück aaa/41 KG X..

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des westlich an den Bauplatz unmittelbar angrenzenden Grundstückes bbb/2, auf dem sich eine Wasserquelle befindet. Die im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Wasserquelle dient als Wasserversorgungsanlage für 9 Objekte, die in seinem Eigentum bzw. im Eigentum von Familienangehörigen stehen.

Der Bürgermeister beraumte am 22.11.2016 über das Bauansuchen der Bauwerberin für 13.12.2016 eine mündliche Bauverhandlung an, zu der ua der Beschwerdeführer persönlich geladen wurde. In der Anberaumung wurden die sonstigen Beteiligten ausdrücklich auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG hingewiesen.

Der bevollmächtigte Sohn des Beschwerdeführers überreichte in der Bauverhandlung am 13.12.2016 eine schriftliche Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Bauansuchen, die der Verhandlungsleiter entgegennahm. Die Stellungnahme lautete:

"Gegen den Baubescheid erhebe ich keinen Einspruch, sofern alle gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden und folgende Bedingungen erfüllt werden:

•    Ich verlange ein Sachverständigen-Gutachten, dass durch den Bau der Fa. AA unsere Wasserversorgung jetzt und in Zukunft abgesichert ist.

•    Ebenfalls ersuche ich darum, den von mir bereits verlangten Wasserleitungsplan noch vor Baubeginn vorzulegen.

•    Sollten sich durch den Neubau für unsere Wasserversorgung Schwierigkeiten ergeben, so sind wir schad- und klaglos zu halten.

•    Erfüllung der Punkte im Nachtrag S. II

Nachtrag:

Als Partei, Grundeigentümer der Parzelle bbb/2 möchte ich eindringlich darauf hinweisen, dass an der dort befindlichen Wasser-Quelle und Wassereinrichtungsanlage 9 Objekte mit Dienstbarkeiten des Wasserbezugsrechtes angeschlossen sind. Es handelt sich um die Objekte: Y.Straße 96, Y.Straße 45 mit Dienstbarkeiten des Wasserbezugsrechtes und Leitungsrechte, weiters die Objekte Y.Straße 98 a, b, c, d und e sowie das Objekt AQ und das Stallgebäude durch welches ebenso zur Zeit 15 GVE mit Wasser zu versorgen sind.

Diese Wasserquelle versorgt unsere Familie jetzt schon in der 5. Generation immer zuverlässig mit Wasser und daher beantrage ich:

+    Quellbeweissicherung durch einen gerichtlich beeideten hydrologischen Gutachter - ein halbes Jahr vor Baubeginn und ein halbes Jahr nach Bauende.

+    Ersatz bei Versiegen oder Verringerung der Schüttung durch Kostenübernahme für Anschluss an das öffentliche Wassernetz und Übernahme des Wasserzinses für mich aller Bezugsberechtigten, Dienstbarkeitsberechtigten und deren Rechtsnachfolger.

+    Wasserrechtliche Bewilligung des Bauvorhabens"

Mit Bescheid vom 17.5.2017 erteilte der Bürgermeister der Bauwerberin die beantragte baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit 6 Wohneinheiten und offener Tiefgarage auf Grundstück aaa/41 KG X. und wies die Einwendungen näher angeführter Nachbarn als unbegründet ab. Über die abgegebene Stellungnahme des Beschwerdeführers sprach der Bürgermeister nicht ab.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer eine fristgerechte Berufung ein, da seine Einwände bzw. Forderungen nicht berücksichtigt worden seien. Er verwies dabei auf vorliegende alte Gutachten.

Die Gemeindevertretung der Gemeinde X. (im Folgenden: belangte Behörde) wies nach Beschlussfassung in der Gemeindevertretungssitzung am 28.9.2017 mit Bescheid vom 30.10.2017 die Berufung des Beschwerdeführers in Spruchteil I. als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In Spruchteil II. wurde die Berufung eines weiteren Nachbarn ebenfalls als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer brachte dagegen mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 28.11.2017 eine fristgerechte Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) ein. Er verwies darauf, dass durch die auf seinem Grundstück bbb/2 befindliche Quellfassung näher angeführte in seinem Eigentum bzw. im Eigentum von Familienangehörigen stehende Grundstücke bzw. Objekte mit Trink- und Brauchwasser versorgt werden. Bereits 2005 habe die damalige Eigentümerin eine Bebauung des Grundstückes aaa/41 beabsichtigt und haben damals eingeholte bodenmechanische Gutachten die große Gefahr einer Beeinträchtigung der auf seinem Grundstück befindlichen Quelle gesehen. Durch die geplante Baumaßnahme sei die bergseitig befindliche Quelle erheblich gefährdet. Seitens der Bauwerberin sei eine Quellbeweissicherung zugesichert worden und habe die Baubehörde es unterlassen einen diesbezüglichen Auflagenpunkt vorzuschreiben. Durch den Baubewilligungsbescheid sei sein Parteienrecht im Sinne des § 7 Abs 1 Z 2 Baupolizeigesetz nicht berücksichtigt worden. Er sei als Eigentümer der Trink- und Brauchwasserversorgungsanlage durch die geplante bauliche Maßnahme unmittelbar befasst. Ein gesetzlich erforderlicher Sicherheitsabstand sei nicht vorgeschrieben worden bzw. werde nicht eingehalten. Die Bewilligung hätte ohne Beiziehung eines Geologen sowie ohne Vorlage eines rechtskräftigen wasserrechtlichen Genehmigungsbescheides nie erteilt werden dürfen. Das Verfahren sei deshalb mit wesentlichen Verfahrensfehlern behaftet. Der Bauwerberin hätte mittels Auflage vorgeschrieben werden müssen, vor Baubeginn die Unbedenklichkeit der Baumaßnahmen im Hinblick auf die bestehenden Quellen durch ein geologisches bzw. hydrogeologisches Gutachten sicherzustellen bzw. eine geologische bzw. hydrogeologische Baubegleitung anzuordnen. Er beantrage, das Verwaltungsgericht möge den Bewilligungsbescheid der belangten Behörde dahingehend abändern, dass der Antrag auf Erteilung der baubehördlichen Bewilligung versagt werde, in eventu den Bescheid aufheben und die Bausache an die belangte Behörde zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Bescheiderlassung zurückzuverweisen.

Die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt.

Das Verwaltungsgericht übermittelte die Beschwerde auch der Bauwerberin, die die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragte.

Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

Die Feststellungen zum Sachverhalt und Verfahrensgang stützen sich auf den von der belangten Behörde vorgelegten Bauverfahrensakt und sind insofern unbestritten.

Rechtliche Beurteilung:

Der Beschwerdeführer beruft sich im vorliegenden Baubewilligungsverfahren auf eine Parteistellung als Nebenpartei im Sinne des § 7 Abs 1 Z 2 Baupolizeigesetz (BauPolG).

Nach dieser Bestimmung sind die Eigentümer der Hauptversorgungseinrichtungen, die oder deren Sicherheitsabstand durch die geplante bauliche Maßnahme unmittelbar erfasst werden, Parteien im Bewilligungsverfahren.

Zu den Hauptversorgungseinrichtungen zählen jedenfalls auch Wasserversorgungsleitungen (Giese, Kommentar zum Salzburger Baurecht, Rz 30 zu § 7 BauPolG).

Die in § 7 Abs 1 BauPolG angeführten Nebenparteien (Nachbarn, Eigentümer von Hauptversorgungseinrichtungen – s. Giese, aaO, Rz 43 zu § 7 BauPolG) haben im baubehördlichen Bewilligungsverfahren nur ein eingeschränktes Mitspracherecht insoweit, als ihnen nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem sie solche Rechte im Verfahren durch rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht haben. Die Beschränkung des Mitspracherechtes bringt es mit sich, dass die Berufungsbehörde und auch das Verwaltungsgericht infolge einer Berufung bzw. Beschwerde der Nebenpartei keine Aspekte aufgreifen darf, zu denen diese kein Mitspracherecht (mehr) hat (vgl. VwGH 27.6.2017, Ra 2014/05/0059; 7.8.2013, 2012/06/0142 mwN).

Dem Eigentümer einer Hauptversorgungseinrichtung kommt gemäß § 7 Abs 1 Z 2 BauPolG ein subjektiv-öffentliches Recht auf Wahrung angemessener Sicherheitsabstände zu (Giese, aaO, Rz 30 zu § 7 BauPolG).

Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs 1 zweiter Satz AVG und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies gemäß § 42 Abs 1 AVG zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt (Präklusion). Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde.

Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß § 41 Abs 1 AVG kundgemacht, so erstreckt sich gemäß § 42 Abs 2 AVG die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.

Dies bedeutet, dass eine persönlich zur Verhandlung geladene Partei (vgl. VwGH 27.6.2013, 2010/07/0183) nicht nach der Verhandlung rechtens (im Sinne dieser Bestimmung) Einwendungen nachtragen kann, weil sie insoweit ihre Parteistellung verloren hat (vgl VwGH 15.12.2009, 2008/05/0143).

Im vorliegenden Sachverhalt wurde der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 Abs 1 AVG persönlich zur Bauverhandlung geladen. Sein in der Bauverhandlung überreichtes und vom Verhandlungsleiter entgegengenommenes schriftliches Vorbringen, bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und näher angeführter Bedingungen (Forderung nach Durchführung von Beweissicherungsmaßnahmen, Einholung von Gutachten, Anerkennung von Schadenersatzansprüchen, Vorlage einer wasserrechtlichen Bewilligung) "keinen Einspruch" zu erheben, ist gemäß § 42 Abs 1 AVG zu berücksichtigen (s. VwGH 10.9.2008, 2006/05/0124). Mit diesem Vorbringen hat er die Verletzung eines ihm zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechts aber nicht konkret behauptet und somit keine Einwendungen im Rechtssinn erhoben (s. VwGH 15.3.2012, 2011/06/0207; 3.12.1985, 85/05/0044).

Der Beschwerdeführer hat somit seine Stellung als Nebenpartei im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren wieder verloren. Er konnte daher mit seiner erstmals in der vorliegenden Beschwerde erhobenen Einwendung, dass durch das vorliegende Bauvorhaben der Bauwerberin die erforderlichen Sicherheitsabstände zu seiner Wasserversorgungsanlage nicht eingehalten werden, schon aufgrund der eingetretenen Präklusion nichts mehr gewinnen.

Es wäre somit bereits seine Berufung gegen den erstinstanzlichen Baubescheid zurückzuweisen gewesen (vgl. VwGH 13.12.2011, 2011/05/0136).

Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

In Anbetracht der unbestrittenen Aktenlage lässt eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten, sodass gemäß § 24 Abs 2 Z 1 und Abs 4 VwGVG eine mündliche Beschwerdeverhandlung trotz des Antrages der Bauwerberin entfallen konnte. Ihre Rechte nach Art 6 Abs 1 EMRK bzw Art 47 GRC werden durch die gegenständliche Entscheidung nicht beeinträchtigt.

Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. Ra 2014/05/0059 zum beschränkten Mitspracherecht; 2011/06/0207, 85/05/0044 zu den Einwendungen im Rechtsinn; 2010/07/0183 zum Verlust der Parteistellung) und liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Baubewilligung, Einwendungen im Rechtssinn, Eigentümer der Hauptversorgungseinrichtung, Präklusion

Anmerkung

ao Revision, VwGH vom 01.10.2021, Ra 2018/06/0053-3; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2018:405.3.313.1.4.2018

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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