TE Bvwg Beschluss 2018/1/9 W217 2176369-1

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Veröffentlicht am 09.01.2018
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Entscheidungsdatum

09.01.2018

Norm

AVG §13 Abs3
BEinstG §14
BEinstG §2
BEinstG §3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W217 2176369-1/11E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen, über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 19.09.2017, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Herr XXXX stellte am 16.01.2017 einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 19.09.2017, OB: XXXX , wurde dieser Antrag abgewiesen und festgestellt, dass der Grad der Behinderung 30 v.H. betrage. In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, dass im Ermittlungsverfahren eine ärztliche Begutachtung zur Feststellung des Grades der Behinderung durchgeführt worden sei. Nach diesem Gutachten betrage der Grad der Behinderung 30 v.H.

3. Am 23.10.2017 langte bei der belangten Behörde folgendes Schreiben von Herrn XXXX , Vertrauensperson von Herrn XXXX , ein:

"Betreff: Einspruch gegen den Bescheid des BASB Landesstelle Niederösterreich vom 19.09.2017

Sehr geehrte Damen und Herren,

da es mir jetzt ermöglicht wurde Akteneinsicht im XXXX zu bekommen, sende ich Ihnen die Unterlagen - die etwas ausführlicher sind als der Endbericht. Hier wird auch gezielt auf die ‚Defizite‘ des Herrn XXXX eingegangen, die kausal auf die Unterbringung in der Erziehungsanstalt ‚ XXXX ‘ sind .

Wie ich schon öfter angeprangert habe, werden die Vorbefunde entweder nicht gelesen oder sie werden nicht wirklich in der Befundung eingearbeitet bzw. wiedergegeben. Der nichtamtliche Gutachter des Sozialministeriumservice Herr Dr. XXXX hat bis dato keine Vorbefunde anerkannt noch hat er bei Abweichung eine Stellungnahme abgegeben. Wenn man sich die österreichischen Gutachterrichtlinien (lt. Sozialministerium) durchliest, kann man in den Abschnitt folgendes nachlesen –

3.2.1 Darstellung vorhandener Unterlagen: Auflistung der zur Verfügung gestellten Unterlagen bzw. der sich daraus ergebenden Tatsachen, vorgefundene, schon bestehende Vorgutachten, Auszüge aus Akten und medizinischen, psychologischen Unterlagen2.

3.5. Befund - Integration der Einzelinformationen aus Vorgeschichte und Untersuchungsbericht, Erstellung einer Befundskizze. Die getroffenen Aussagen sind auf die zu Untersuchenden/zu Begutachtenden zu beziehen. Zu fordern ist weiters eine neutrale Wortwahl. Der Befund hat ausschließlich Feststellungen zu enthalten, jedoch keine diagnostischen oder prognostischen Erklärungen3.

Insbesondere ist diesbezüglich auf das Postulat des ‚aktuellen Wissensstandes‘ hinzuweisen. Dies deckt sich mit der Bestimmung des § 14 Abs. 1 Psychotherapiegesetz, wonach die Psychotherapeutin/der Psychotherapeut ‚seinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen und unter Beachtung der Entwicklung der Erkenntnisse der Wissenschaft auszuüben‘ hat. Diesem Erfordernis ist insbesondere durch den regelmäßigen Besuch von in -und ausländischen Fortbildungsveranstaltungen zu entsprechen.

Mit freundlichen Grüßen ( )"

4. Die belangte Behörde legte dieses Schreiben dem Bundesverwaltungsgericht am 14.11.2017 als Beschwerde vor. Das Bundesverwaltungsgericht erteilte Herrn XXXX und Herrn XXXX mit Schreiben vom 14.12.2017 einen Mängelbehebungsauftrag. Darin teilte das Bundesverwaltungsgericht mit, dass bezüglich des gegenständlichen Verfahrens betreffend die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes eine Vollmacht von Herrn XXXX als bevollmächtigter Vertreter von Herrn XXXX nicht vorliegt. Unter einem erging die Aufforderung, dem Bundesverwaltungsgericht binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine entsprechende Vollmacht vorzulegen. Weiters wurde im Rahmen des Mängelbehebungsauftrages darauf hingewiesen, dass das Anbringen gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG zurückgewiesen werde, sofern die Mängelbehebung nicht innerhalb offener Frist durchgeführt wird.

5. Mit E-Mail vom 20.12.2017 wurde dem Bundesverwaltungsgericht folgende Vollmacht vorgelegt:

"Vereinbarung über die Inanspruchnahme vom Prozessbegleitung (Vertrauensperson) und Vollmacht.

Sie, Herr XXXX mögen für mich, XXXX , alle erforderlichen Handlungen, einer fachlich fundierten Opfervertretung - immer in Rücksprache mit mir - durchführen.

Ich, XXXX , bevollmächtige Sie Herr XXXX , mich vor allen Behörden und außerbehördlichen zu vertreten, Auskünfte über den Verfahrenesstand einholen und Akteneinsicht zunehmen.

Zustellungen aller Art, auch zu eigenen Händen (Postvollmacht) anzunehmen, Abschriften von Krankengeschichten sowie ärztliche psychotherapeutischen - und psychologischen Befunden unter Einbindung ärztlicher psychotherapeutischen - und psychologischen Verschwiegenheitspflicht zu verlangen und überhaupt alle Personen von mir XXXX , über die bestehende Verschwiegenheitspflichten zu entbinden und die Bekanntgabe aller auf mich, bezughabenden gespeicherten Daten im Sinne des Datenschutzgesetztes zu verlangen.

Ich ersuche Sie, so weit möglich, mir insgesamt als Opfer von Gewalttaten beizustehen."

Diese Vollmacht trägt das Datum "Wien am 02.07.2015", unterzeichnet von Herrn XXXX und Herrn XXXX .

Eine gleichlautende Vollmacht wurde nochmals mit Datum 28.12.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:

1. Feststellungen:

Es wurde keine Vollmacht bezüglich des gegenständlichen Verfahrens betreffend die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes für Herrn XXXX als bevollmächtigter Vertreter von Herrn XXXX vorgelegt.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der oben festgestellte und für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt. Der Aufforderung zur Mängelbehebung wurde nicht nachgekommen.

Es liegt keine Vollmacht für Herrn XXXX zur Vertretung von Herrn XXXX im gegenständlichen Verfahren betreffend die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes vor.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 19b Abs. 1 iVm Abs. 6 BEinstG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 leg.cit. durch einen Senat, in welchem eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken hat.

Im Beschwerdefall liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Gemäß § 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG). BGBl. Nr. 51/1991 idgF, ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Im vorliegenden Fall liegt keine Vollmacht für Herrn XXXX zur Vertretung von Herrn XXXX im gegenständlichen Verfahren betreffend die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes vor.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Auslegung von Willenserklärungen deren objektive Erklärungswert maßgeblich (vgl. VwGH vom 25. Januar 2011, 2006/04/0200; 16. Februar 2005, 2004/04/0030). Entscheidend ist nicht die Absicht, sondern der nach außen hin zum Ausdruck kommende objektive Erklärungswert der Willensäußerung. Der objektive Erklärungswert der Vollmacht ergibt, dass Herr XXXX Herrn XXXX bevollmächtigt, alle erforderlichen Handlungen einer fachlich fundierten Opfervertretung durchzuführen. Nur in dieser Angelegenheit, nämlich der Opfervertretung, wird Herr XXXX bevollmächtigt, Herrn XXXX vor allen Behörden zu vertreten sowie Auskünfte einzuholen und Akteneinsicht zu nehmen. Dass sich die Vollmacht nur auf die Vertretung in Opferangelegenheiten bezieht, wird auch durch den letzten Satz der Vollmacht, "Ich ersuche Sie, soweit möglich, mir insgesamt als Opfer von Gewalttaten beizustehen", erhellt.

Im gegenständlichen Verfahren handelt es sich jedoch nicht um ein Verfahren in dem Herr XXXX Verbrechensopfer ist, sondern um eines nach dem Behinderteneinstellungsgesetz. Herr XXXX ist gegenständlich kein Opfer von Gewalttaten, sondern Antragsteller auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß den Bestimmungen der §§ 2 und 14 des Behinderteneinstellungsgesetzes.

Dem Auftrag zur Mängelbehebung wurde sohin nicht nachgekommen.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 AVG ab. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Mängelbehebung, Verbesserungsauftrag, Vollmacht, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W217.2176369.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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