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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §28 Abs1 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofrätin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der S GmbH in W, vertreten durch die PwC PricewaterhouseCoopers Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH in 1030 Wien, Erdbergstraße 200, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 16. Jänner 2017, Zl. RV/5100995/2013, miterledigt RV/5100996/2013, RV/5100997/2013, RV/5100993/2013, RV/5100994/2013, RV/5100991/2013, RV/5100992/2013, RV/5101578/2014, RV/5101582/2014, RV/5101583/2014, RV/5100819/2016, RV/5100846/2016, RV/5100845/2016, RV/5100847/2016, RV/5100848/2016, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 3. Februar 2017, betreffend u. a. Feststellungsbescheide Gruppenträger 2008 bis 2013, Körperschaftsteuer Gruppe 2008 bis 2013, Körperschaftsteuervorauszahlung 2013, 2014, 2016 und Folgejahre, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin war in den Streitjahren - damals in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft - Gruppenträgerin einer Unternehmensgruppe. Sie war darüber hinaus in einen Konzern eingebunden: Die Großmuttergesellschaft der Revisionswerberin war eine schwedische Gesellschaft (X AB), die Muttergesellschaft war eine niederländische Gesellschaft (X BV).
2 Im Jahre 2006 kam es zwischen der X AB und einer in den USA ansässigen Gesellschaft (Y Co) zu Gesprächen über einen Ankauf von europäischen Geschäftsbereichen der Y Co (mit Produktionsstandorten in Deutschland, Italien, Frankreich und dem Vereinigten Königreich) durch die X AB. Im März 2007 wurde das "Asset Sale and Purchase Agreement" zwischen der Y Co und der X AB abgeschlossen.
3 Im Besprechungsprogramm über die Außenprüfung vom 15.2.2012 wurde dazu u.a. ausgeführt, für den Ankauf der lokalen Geschäftsbetriebe der Y Co in Deutschland habe eine kurz zuvor gegründete (österreichische) Tochtergesellschaft der Revisionswerberin (X GmbH) im September 2007 die Anteile an zwei (deutschen) Mantelgesellschaften (X1 dGmbH, X2 dGmbH) erworben, die wiederum zur Aufnahme der Geschäftsbetriebe der Y Co gegründet worden seien. Die Verbindlichkeiten aus dem Kaufpreis seien von der schwedischen XF AB zwischenfinanziert worden. Weiters habe die X GmbH auch Anteile an einer französischen Gesellschaft (X SAS, im März 2008 umgewandelt in X SNC) erworben, die zum Ankauf des lokalen französischen Geschäftsbetriebes der Y Co gedient habe.
4 Die Mantelgesellschaften in Deutschland und Frankreich seien mit Darlehen aus Finanzmitteln des X Konzerns ausgestattet worden, mit denen die Vermögenswerte von der Y Co angekauft worden seien.
5 Im März 2008 habe die X BV als Gesellschafterin der XP BV einen Zuschuss in Höhe von 235 Mio EUR an die XP BV geleistet; die Transaktion sei von beiden Gesellschaften über Einlagen bzw. Ausleihungen bei der XF AB abgewickelt worden.
6 Am 26.3.2008 habe sodann die XP BV ein Genussrecht der Revisionswerberin gezeichnet, welches vom Aufsichtsrat am 27.5.2008 genehmigt worden sei. Das Genussrechtskapital in Höhe von 235,057 Mio EUR sei in Form von Einlagen ("cash deposits") erbracht worden. Hiefür habe die Revisionswerberin der XP BV eine fixe Gewinnbeteiligung in Höhe des 12-Monats-EURIBOR-Zinssatzes zuzüglich 100 Basispunkten gewährt, allerdings nur insoweit als in der Ausschüttungsperiode ein ausreichender Jahresüberschuss erwirtschaftet werde. Eine Beteiligung an stillen Reserven und am Liquidationserlös sei nicht eingeräumt worden. Die Rückzahlung habe am 31.12.2058 zu erfolgen (Laufzeit 50 Jahre).
7 Im März 2008 habe die Revisionswerberin einen Gesellschafterzuschuss (Großmutterzuschuss) in Höhe von 175 Mio EUR an die X1 dGmbH geleistet, davon sei ein Betrag in Höhe von 33 Mio EUR an die X2 dGmbH weiter geleitet worden. Ein weiterer Gesellschafterzuschuss in Höhe von 60 Mio EUR sei an die X SNC geleistet worden. Die Kapitalzuschüsse seien von diesen Gesellschaften zur Refinanzierung der Kaufpreisverbindlichkeiten verwendet worden. Sämtliche Transaktionen seien über Verrechnungen von Einlagen bzw. Ausleihungen bei der XF AB abgewickelt worden.
8 Die Revisionswerberin habe das Genussrecht passivseitig in der Bilanz unter den Verbindlichkeiten erfasst. Die laufenden Zinsen seien in den Gewinn- und Verlustrechnungen als Zinsaufwand gegenüber verbundenen Unternehmen verbucht worden.
9 Laut Auskunft der Revisionswerberin gebe es zur steuerlichen Behandlung der Zinszahlungen der Revisionswerberin an die XP BV in "Holland" kein "Ruling". Aufgrund der niederländischen Steuergesetzgebung würden allerdings diese Zinseneinkünfte nicht besteuert, da das Genussrecht dort als Eigenkapital qualifiziert werde und die Zinszahlungen als steuerfreie Ausschüttungen abgabenfrei vereinnahmt würden.
10 Die Genussrechtsvereinbarung sei - wie im Bericht näher ausgeführt wurde - nicht fremdüblich. Es liege auch Missbrauch iSd § 22 BAO vor. Eine angemessene Gestaltung wäre im vorliegenden Fall die Gewährung von Gesellschafterzuschüssen gewesen. Ab dem Jahr 2011 stehe der Geltendmachung der Zinsen als Betriebsausgaben auch § 11 Abs. 1 Z 4 KStG 1988 entgegen; in wirtschaftlicher Betrachtungsweise habe es sich beim Ankauf der "Assets" durch die Revisionswerberin um einen aus dem ursprünglichen "Gesamtdeal" resultierenden Ankauf vom X Konzern Schweden gehandelt. Die geltend gemachten Zinsen könnten daher nicht abgezogen werden.
11 Das Finanzamt schloss sich den Ausführungen des Prüfers an und erließ entsprechende Bescheide betreffend Feststellung Gruppenträger sowie Körperschaftsteuer Gruppe für die Jahre 2008 bis 2013 sowie Vorauszahlung Körperschaftsteuer für die Jahre 2013, 2014, 2016 und Folgejahre.
12 Die Revisionswerberin erhob gegen diese Bescheide Berufungen (bzw. Beschwerden).
13 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht u.a. die Beschwerden gegen die Feststellungsbescheide Gruppenträger 2008 sowie 2010 bis 2013 und gegen die Körperschaftsteuerbescheide Gruppe 2008 sowie 2010 bis 2013 als unbegründet ab. Der Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid Gruppenträger 2009 und den Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2009 wurde teilweise Folge gegeben und diese Bescheide abgeändert. Die Beschwerde gegen die Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheide 2013, 2014 und 2016 und Folgejahre wurde als unbegründet abgewiesen. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
14 Das Bundesfinanzgericht kam - wie es in einer umfangreichen Begründung näher darlegte - zum Ergebnis, es liege keine verdeckte Ausschüttung vor, da die Höhe der Zinszahlung nicht fremdunüblich gewesen sei. Da aber die Eigenkapitalausstattung der (deutschen) Akquisitionsgesellschaften das Ziel gewesen sei, hätte eine "angemessene" rechtliche Gestaltung keine Genussrechtsvereinbarung enthalten, vielmehr wären die Geschäftsbetriebe mittels Gesellschafterzuschuss erworben worden, sodass die Zinszahlungen nicht als Betriebsausgabe anzuerkennen seien. Es liege insoweit ein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach § 22 BAO vor.
15 Zum Vorliegen eines Missbrauchs von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts liege ausreichende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vor. Die vorliegende Entscheidung orientiere sich an dieser Rechtsprechung. Eine Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung sei daher nicht gegeben.
16 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. 17 Das Finanzamt hat erklärt, auf die Erstattung einer Revisionsbeantwortung zu verzichten.
18 Die Revisionswerberin erachtet sich durch das angefochtene Erkenntnis "in ihrem einfachgesetzlich gewährleisteten, subjektiven Recht verletzt, nur im gesetzlichen Ausmaß mit Abgaben (Körperschaftsteuern und Körperschaftsteuervorauszahlungen) belastet zu werden. Aus diesem Grund wird das revisionsgegenständliche Erkenntnis insoweit angefochten, als dem Beschwerdevorbringen nicht Rechnung getragen wird. Die revisionsgegenständliche Entscheidung leidet im angefochtenen Umfang an Rechtswidrigkeit aufgrund des Inhalts und aufgrund der Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften".
19 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten. Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des Revisionsverfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des Revisionsverfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. VwGH 17.10.2017, Ra 2017/15/0068, mwN).
20 Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. VwGH 12.9.2017, Ro 2017/16/0014, mwN).
21 Wenn die Revisionswerberin geltend macht, sie sei im Recht verletzt, nur im gesetzlichen Ausmaß mit Abgaben (Körperschaftsteuern und Körperschaftsteuervorauszahlungen) belastet zu werden, bezeichnet sie kein konkretes subjektives Recht. Ein abstraktes Recht auf "Belastung nur im gesetzlichen Ausmaß" besteht nicht (vgl. etwa VwGH 20.9.2007, 2007/14/0041:
"Recht, nicht mit einer gesetzwidrigen Abgabenvorschreibung belastet zu werden"; vgl. auch VwGH 28.2.2008, 2007/16/0229; VwGH 15.12.2010, 2007/13/0064; VwGH 15.12.2010, 2007/13/0077; VwGH 19.10.2011, 2011/13/0105; VwGH 29.5.2013, 2013/16/0063; VwGH 29.4.2014, Ro 2014/16/0028; VwGH 12.9.2017, Ro 2017/16/0014).
22 Die Bestimmung des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG lässt es insbesondere auch nicht zu, sich hinsichtlich der Revisionspunkte auf Anträge und Ausführungen im Beschwerdeverfahren zu berufen (vgl. VwGH 23.7.2013, 2012/05/0191, mwN).
23 Wenn die Revisionswerberin - im Rahmen der Schilderung des Revisionspunktes - schließlich anführt, die angefochtene Entscheidung leide im angefochtenen Umfang an Rechtswidrigkeit aufgrund des Inhalts und aufgrund der Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften, so wird auch damit kein subjektives Recht bestimmt bezeichnet; es handelt sich vielmehr um die Ankündigung der Ausführung der Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) bzw. der geltend gemachten Aufhebungsgründe (§ 42 Abs. 2 Z 1 und 3 VwGG).
24 Da die Revisionswerberin somit keinen tauglichen Revisionspunkt geltend gemacht hat, erweist sich die Revision schon deshalb als unzulässig und war gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 18. Dezember 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017150031.L00Im RIS seit
17.01.2018Zuletzt aktualisiert am
23.01.2019