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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BSVG §2 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Wien, vertreten durch Mag. Daniel Kornfeind, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 27/28, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2017, Zl. G305 2004844- 1/8E, betreffend Pflichtversicherung und Beiträge nach dem BSVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Stubenring 1, 1010 Wien; mitbeteiligte Parteien: 1. F R, 2. A R, beide in W, beide vertreten durch Mag. Mehmet Munar, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 16/2), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 25. Juli 2012 stellte die revisionswerbende Sozialversicherungsanstalt der Bauern (im Folgenden: SVB) in Spruchpunkt 1. fest, dass die mitbeteiligten Parteien der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 letzter Satz BSVG unterlägen, und zwar hinsichtlich folgender Tätigkeiten: Be- und Verarbeitung überwiegend eigener Naturprodukte; Dienstleistungen mit oder ohne Betriebsmittel für andere land(forst)wirtschaftliche Betriebe;
Kommunaldienstleistungen; Vermietung land(forst)wirtschaftlicher Betriebsmittel. Mit den Spruchpunkten 2. und 3. wurden die Beitragspflichten der mitbeteiligten Parteien auf Grund des Flächenbetriebs und der Nebentätigkeiten im Zeitraum 1. Jänner 2006 bis 31. Dezember 2010 festgestellt, mit Spruchpunkt 4. wurde die Beitragspflicht der mitbeteiligten Parteien für ihren gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 BSVG pflichtversicherten Sohn für den Zeitraum 1. Juni bis 31. Dezember 2010 festgestellt.
2 Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien einen Einspruch, der ab 1. Jänner 2014 als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu behandeln war. Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, der bekämpfte Bescheid werde "in Ansehung der darin enthaltenen Feststellung, dass 1. die (mitbeteiligten Parteien) hinsichtlich der von ihnen im Zeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2006, 01.12.2008 bis 29.02.2009 und 01.04.2009 bis 31.12.2009 mit den von ihnen - unter Selbstkosten - ausgeübten Nebentätigkeiten gem. § 5 Abs. 5 lit. g LAG (Leitungen freischneiden) und Dienstleistungen für andere land(forst)wirtschaftliche Betriebe der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 letzter Satz der Pflichtversicherung unterliege und des Spruchpunktes 2. mit dem in Bezug auf diese Tätigkeit die Beitragsgrundlagen und die zu entrichtenden Beiträge in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung festgestellt wurden" aufgehoben. Im Übrigen werde "festgestellt, dass der angefochtene Bescheid hinsichtlich der darüber hinaus gehenden Zeiträume, der Feststellung der monatlichen Beitragsgrundlage und der Monatsbeiträge für den Flächenbetrieb und des nicht in Beschwerde gezogenen Spruchpunktes 4. in Rechtskraft erwachsen ist".
3 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht - auf das Wesentlichste zusammengefasst - aus, dass die mitbeteiligten Parteien nicht ihre eigene Arbeitskraft verrechnet hätten. Die Maschinenvermietung zu Regiepreisen sei in den Jahren 2008, 2009 und 2010 zum Teil, jene zu Pauschalpreisen zur Gänze über den auf der Grundlage der ÖKL-Werte ermittelten Selbstkosten erfolgt. Die auf Regiestundenbasis verrechneten Mietentgelte für die an die Maschinenring Service Genossenschaft vermieteten land(forst)wirtschaftlichen Betriebsmittel seien für den Winterdienst im Jahr 2007 zur Gänze, im Jahr 2008 hinsichtlich der im Dezember abgerechneten Maschinenvermietung, im Jahr 2009 hinsichtlich der zu Regiestundenpreisen verrechneten Maschinenvermietung und im Jahr 2010 abgesehen von der vermieteten Kippmulde unter den Selbstkosten verrechnet worden; hinsichtlich der Maschinenvermietung für die Kürbisernte gelte dies im gesamten beschwerdegegenständlichen Zeitraum. In den genannten Zeiträumen seien die mitbeteiligten Parteien hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen land(forst)wirtschaftlichen Nebentätigkeiten weder der Aufzeichnungspflicht noch der Beitragspflicht unterlegen.
4 Hinsichtlich der zu Pauschalpreisen verrechneten Maschinenvermietung für den Winterdienst hätten die mitbeteiligten Parteien keine Berechnungen vorgelegt, die belegen hätten können, dass die ÖKL-Richtwerte nicht überschritten worden seien. Somit könne der SVB hinsichtlich der Heranziehung der Pauschalpreise als Beitragsgrundlage nicht entgegen getreten werden.
5 Die Beschwerde erweise sich daher "hinsichtlich der für die Beitragsbemessung berücksichtigten Beiträge für die Zeiträume 01.01 - 29.02.2008, 01.03. - 31.03.2009 hinsichtlich der Maschinenvermietung zu Pauschalpreisen und 2010 hinsichtlich der Vermietung der Kippmulde" nicht als berechtigt.
6 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
7 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Unter diesem Gesichtspunkt wird in der außerordentlichen Revision der SVB geltend gemacht, das Bundesverwaltungsgericht habe ausgesprochen, dass die sonstigen Nebentätigkeiten gemäß § 5 Abs. 5 lit. g LAG (Leitungen freischneiden) nicht der Versicherungspflicht unterlägen; zu diesem Ergebnis führe die Aufhebung des korrespondierenden Spruchpunktes des Bescheides der SVB. Dieser Bescheid enthielt allerdings gar keinen derartigen Spruchpunkt; es wurde auch nicht festgestellt oder behauptet, dass die mitbeteiligten Parteien derartige Tätigkeiten überhaupt ausgeübt hätten. Insoweit geht die Aufhebung durch das Bundesverwaltungsgericht daher ins Leere, und es ist im vorliegenden Verfahren nicht zu klären, unter welchen Voraussetzungen dieser Ausspruch materiell rechtmäßig wäre.
11 Darüber hinaus macht die SVB als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geltend, dass selbst dann, wenn man von einer Vermietung der land(forst)wirtschaftlichen Betriebsmittel unter Selbstkosten ausgehe, dennoch eine Versicherungspflicht vorliege. Dieses Vorbringen gleicht jenem, das auch in der zu Ra 2017/08/0092 protokollierten Revision erstattet wurde. Es kann daher gemäß § 43 Abs. 2 iVm Abs. 9 VwGG auf die Begründung des zur genannten Zahl ergangenen Beschlusses vom 7. September 2017 verwiesen werden.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher - nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem die mitbeteiligten Parteien eine Revisionsbeantwortung erstattet haben - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen. Auf die (in der Revision nicht angesprochenen) formalen Mängel des angefochtenen Erkenntnisses - insbesondere die Widersprüche zwischen Spruch und Begründung hinsichtlich der (nicht) der gesonderten Beitragspflicht unterliegenden Zeiträume, aber auch die fehlerhafte Spruchgestaltung selbst (Teilaufhebung und im Übrigen Feststellung der Teilrechtskraft statt abändernder Feststellung und im Übrigen Abweisung der Beschwerde) - war bei diesem Verfahrensergebnis nicht näher einzugehen.
13 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 19. Dezember 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017080094.L00Im RIS seit
17.01.2018Zuletzt aktualisiert am
05.03.2018