TE OGH 2017/12/27 34R161/17d

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Veröffentlicht am 27.12.2017
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Das Landesgericht für ZRS Wien fasst als Rekursgericht durch die Richterinnen Vizepräsidentin Dr. Beatrix Engelmann als Vorsitzende sowie Mag. Ulf Marschner und Mag. Sonja Fischer in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Aktiengesellschaft, I*****, 2355 Wiener Neudorf, vertreten durch Mag. Dr. Andreas Mauhart, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei E***** B*****, T*****weg 366 A, 1220 Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 5.000 Euro), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 7.11.2017, 5 C 1483/17y-2, den

B e s c h l u s s :

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Rekurskosten bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

B e g r ü n d u n g :

Die Klägerin begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, es zukünftig zu unterlassen, sein Kraftfahrzeug auf einer näher bezeichneten Liegenschaft außerhalb des ausdrücklich erlaubten Umfangs abzustellen. Sie brachte vor, sie sei Bestandnehmerin der Liegenschaft. Der Beklagte habe sein Fahrzeug am 14.9.2017 außerhalb des erlaubten Umfangs, und daher unberechtigt abgestellt. Die Zuständigkeit des Erstgerichts gründe sich auf § 81 JN.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück. Als Bestandnehmerin komme der Klägerin kein dingliches, sondern nur ein obligatorisches Recht zu; § 81 JN sei daher nicht anwendbar.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin. Sie strebt dessen ersatzlose Behebung an.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Gemäß § 81 Abs 1 JN gehören Klagen, durch welche ein dingliches Rechte auf ein unbewegliches Gut, die Freiheit von einem solchen Recht oder die Aufhebung desselben geltend gemacht wird, Teilungs-, Grenzberichtigungs- und Besitzstörungsklagen vor das Gericht, in dessen Sprengel das unbewegliche Gut gelegen ist. Damit wurde ein ausschließlicher örtlicher Gerichtsstand für Streitigkeiten um unbewegliches Gut, ein dinglicher Gerichtsstand (forum rei sitae), geschaffen. Die Bestimmung bezweckt für unbewegliche Sachen eine Konzentration der Rechtsstreite bei dem Gericht, in dessen Sprengel die unbewegliche Sache gelegen ist. Diese beruht auf der Erwägung, dass das Gericht wegen der örtlichen Nähe eher zu einer sicheren Feststellung und Würdigung der Rechtsverhältnisse in der Lage sei (1 Ob 102/97z mwN).

Unter einer Streitigkeit um unbewegliches Gut im Sinne dieser Gesetzesstelle wurden zunächst neben den Teilungs-, Grenzberichtigungs- und Besitzstörungsklagen nur Klagen verstanden, mit denen ein dingliches Recht an einer unbeweglichen Sache oder die Freiheit von einem solchen Recht geltend gemacht wird; dabei wurde betont, dass das dingliche Recht Klagegegenstand und nicht nur Klagegrund sein müsse (1 Ob 102/97z).

Das Rekursgericht gewährt allerdings unter Berufung auf 10 Ob 506/95 (RdU 1996/92 = SZ 68/55) in ständiger Rechtsprechung auch dem Bestandnehmer einer unbeweglichen Sache für eine Unterlassungsklage den Gerichtsstand des § 81 Abs 1 JN. Dies wird damit begründet, dass dem Bestandnehmer gegen jede rechtswidrige Beeinträchtigung seines Bestandrechtes an einer unbeweglichen Sache durch einen Dritten die Unterlassungsklage als publizianische Klage in analoger Anwendung des § 372 ABGB gegen den Dritten als Störer zusteht. Es bestehe daher kein Anlass, allein in prozessualer Hinsicht eine Differenzierung zwischen den Eigentumsfreiheitsklagen, die gemäß der §§ 366, 523 ABGB aus deren Eigentumsrecht und jenen, die gemäß § 372 ABGB aus dem vermuteten Eigentum erhoben werden, vorzunehmen (LGZ Wien 36 R 124/00b, 34 R 79/06d, 37 R 99/11f, ua, zuletzt: 36 R 99/17a).

Letztlich ist aber auch der Mieter Rechtsbesitzer, weshalb eine - auf dem gleichen Sachverhalt beruhende - Besitzstörungsklage dem Gerichtsstand des § 81 Abs 1 JN unterläge (LG Feldkirch, 2 R 191/99z = RIS-Justiz RFE0000055). Die vom Erstgericht für die gegenteilige Ansicht zitierte Entscheidung in Klauser/Kodek, JN-ZPO17 § 81 JN E 30 aus dem Jahr 1991 wird daher abgelehnt.

Das Bezirksgericht Floridsdorf ist somit örtlich zuständig, weshalb der Zurückweisungsbeschluss aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens aufzutragen war.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Textnummer

EWZ0000202

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00003:2017:03400R00161.17D.1227.000

Im RIS seit

17.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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