TE Lvwg Erkenntnis 2017/5/17 VGW-041/040/2853/2016

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Veröffentlicht am 17.05.2017
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Entscheidungsdatum

17.05.2017

Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

ASVG §4 Abs2
ASVG §33 Abs1
ASVG §35 Abs1
ASVG §111 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Schmid über die Beschwerde der Finanzpolizei Wien, Team ... vom 3.3.2016 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 28.1.2016, Zl. MBA ... - S 45035/15, mit dem ein Verwaltungsstrafverfahren nach dem ASVG eingestellt wurde, nach durchgeführter Verhandlung am 25.4.2017 zu Recht e r k a n n t:

I. Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Einstellung des Verfahrens wegen der Beschäftigung des Herrn A. R. am 1.9.2015 richtet, gemäß § 50 Absatz 1 VwGVG abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Einstellung des Verfahrens wegen der Beschäftigung des Herrn H. K. in der Zeit vom Juli 2014 bis 1.9.2015 richtet, stattgegeben:

Herr He. K., 1961 geboren, hat es als Dienstgeber mit Gewerbestandort in Wien, R.-gasse, das ist der Ort, von dem aus die erforderlichen Meldungen zu erstatten gewesen wären, zu verantworten, dass er von Juli 2014 bis 1.9.2015 in seinem Fleischereibetrieb in Wien, R.-gasse, den nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherten Herrn H. K., geboren am ...1967, beschäftigt hat, ohne diesen vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Herr He. K. hat dadurch folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

Verletzung des § 33 Absatz 1 ASVG iVm § 111 Absatz 1 Ziffer 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 in der geltenden Fassung.

Über Herr He. K. wird gemäß § 111 Absatz 2 erster Fall ASVG eine Geldstrafe in der Höhe von 1200 Euro und eine Ersatzfreiheitstrafe von 7 Tagen verhängt.

III. Gegen diese Entscheidungen ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Spruch des angefochtenen Bescheids lautet:

„Gemäß §45 Abs. 1 Z.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung, wird von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen Herrn He. K. hinsichtlich des Vorwurfes:

Sie haben es als Dienstgeber mit Gewerbestandort in Wien, R.-gasse, das ist der Ort, von dem aus die erforderlichen Meldungen zu erstatten gewesen wären, zu verantworten, dass Sie am 05.02.2015 gegen 14:15 Uhr und am 01.09.2015 gegen 13:20 Uhr unterlassen haben, die von Ihnen zumindest am 05.02.2015 und am 01.09.2015 in Ihrem Fleischereibetrieb in Wien, R.-gasse, beschäftigten, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherten Personen,

-        Herrn H. K., geb.: 1967, beschäftigt It. eigenen Angaben seit Juli 2014

-        Herrn A. R., geb.: 1940, beschäftigt am 01.09.2015

vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, wobei die Anmeldeverpflichtung so erfüllt hätte werden können, dass die Dienstgeberin in zwei Schritten meldet, und zwar vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummern, Namen und Versicherungsnummern, bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung), weil die Dienstgeberkontonummern, die Namen und die Versicherungsnummern, bzw. die Geburtsdaten der oben angeführten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme vor Arbeitsantritt nicht dem zuständigen Krankenversicherungsträger gemeldet worden waren.

Verwaltungsübertretungen nach:

§ 33 Abs. 1 ASVG iVm § 111 Abs. 1 Z. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 in der geltenden Fassung

abgesehen und die Einstellung verfügt.“

Gegen diesen Bescheid hat das Finanzamt Wien ... fristgerecht Beschwerde erhoben:

„Das Finanzamt Wien ... erhebt gegen den Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den ... Bezirk zu GZ MBA ... - S 45035/15 vom 28.01.2016, welcher hieramts am 05.02.2016 eingelangt ist, sohin innerhalb offener Frist, das Rechtsmittel der Beschwerde.

Begründung:

Als Beschwerdegründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Verletzung des Parteigehörs namhaft gemacht.

Gegen den im Strafverfahren MBA ... - S 45035/15 vom 28.01.2016 durch das Magistratische Bezirksamt für den ... Bezirk erlassenen Einstellungsbescheid wird seitens der Finanzpolizei als Organ der Abgabenbehörde das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht.

Auf Grund der Feststellungen der Finanzpolizei im Zuge von Kontrollen im Betrieb des Beschuldigten am 05.02. und 01.09.2015 wurde am 08.09.2015 gegen den Beschuldigten Strafantrag wegen des Verdachts des Übertretung des § 33 Abs 1 ASVG iVm § 111 ASVG eingebracht.

Am 05.02.2016 langte der in Beschwerde gezogene Einstellungsbescheid vom 28.01.2016 bei der Finanzpolizei im Postwege ein. Aus der Begründung zum Einstellungsbescheid war ersichtlich, dass durch den Beschuldigten im Rahmen des Ermittlungsverfahrens am 12.11.2015 bei der Bezirksverwaltungsbehörde eine Rechtfertigung eingebracht worden war. Erst nach diesbezüglicher telefonischer Rückfrage bei der Bezirksverwaltungsbehörde am 10.02.2016 wurde der Finanzpolizei die Rechtfertigung des Beschuldigten im E-Mail-Wege übersendet (siehe Beilage).

Gemäß § 111a ASVG haben die Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben, die entgegen § 33 Abs 1 ASVG nicht vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung angemeldet wurden, in den Verwaltungsstrafverfahren nach § 111 ASVG Parteienstellung. Gemäß § 45 Abs 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Da durch die Nichtübermittlung der Rechtfertigung des Beschuldigten bzw deren Zusendung an die Finanzpolizei (als Partei) nach Erlassen des Einstellungsbescheides das Parteiengehör verletzt wurde, liegt ein schwerer Verfahrensmangel vor und beantragt die Finanzpolizei als Organ der Abgabenbehörde daher die Aufhebung des in Beschwerde gezogenen Einstellungsbescheides.“

Das Verhandlungsprotokoll der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 25.4.2017 lautet auszugsweise:

„Ergänzend gibt der Vertreter der FPO an:

Es gibt von der Wirtschaftskammer Österreich, gemeinsam mit der Sozialversicherung und dem BMF ein Infoblatt für Gewerbetreibende, in dem die Mitwirkung von Familienangehörigen im Betrieb sehr anschaulich dargestellt wird und darin auch beschrieben ist, dass eine solche Mitarbeit nur in einem engen zeitlichen Rahme zulässig ist.

Der Vertreter der belangten Behörde gibt an:

Bezüglich des Vorwurfs in der Beschwerde, wonach das Recht auf Parteiengehör der Finanzbehörde verletzt wurde, gebe ich an, dass aus der Sicht der belangten Behörde keine neuen Tatsachen auf Seiten des Beschuldigten vorgetragen wurden. Sollte es tatsächlich zu einer solchen Rechtsverletzung gekommen sein, ist diese durch das Beschwerderecht saniert.

Zu Begründung unserer Entscheidung möchte ich noch ergänzend ausführen, dass nach der Judikatur des VwGH im Zweifel von einem Familiendienst vorliegt und die Entgeltsvermutungsbestimmung des § 1152 ABGB in einem solchen Fall nicht heranzuziehen ist.

Der Beschuldigte Herrn K. He. gibt über Befragung des Verhandlungsleiters an:

In der Firma hat sich zwischenzeitlich einiges geändert, wir haben den Betrieb in eine GmbH umgewandelt, an der ich 51% Gesellschaftsanteil erhalte. Ich bin auch handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH. Mein Bruder H. ist ebenfalls Gesellschafter und z war im Umfang von 24,5%.

Der Beschuldigte gibt über Befragen des Verhandlungsleiters an:

Ich habe den Betrieb im Juni 2005 übernommen. Ich wollte von Beginn an den Betrieb gemeinsam mit meinem Bruder führen. Dieser hatte aber einen angestellten Job bei der Firma C. und wollte nicht bei mir mitmachen. Ich war mit dem Unternehmen überfordert, habe täglich 16 Stunden gearbeitet. Meine Wochenarbeitszeit hat regelmäßig über 90 Stunden betragen.

Wir hatten zu wenig Personal angestellt. Nach den Kontrollen durch die FPO hat sich zufällig ein junger Mann bei mir gemeldet, der Interesse am Betrieb gezeigt hat. Ich glaube es war zwischen der zweiten und letzten Kontrolle. Ich konnte dann auch meinen Bruder motivieren, endlich mit mir gemeinsam dem Betrieb zu führen und haben wir zu dritt eine GmbH gegründet.

Zur Zeit der Kontrollen durch die FPO hat sich mein Bruder auf meine Bitte hin den Betrieb angesehen, er hat im Betrieb mitgearbeitet.

Ich kann heute nicht mehr genau sagen, in welchem Zeitraum mein Bruder mitgearbeitet hat. Er hat jedenfalls mehrere Monate bei mir im Betrieb als Fleischer gearbeitet. Mein Bruder ist ebenfalls Fleischermeister.

Er hat nicht jeden Tag gearbeitet, war aber viel im Betrieb und wenn er da war, hat er auch ordentlich gearbeitet. Während der Zeit, wo er bei mir gearbeitet hat, hat er nicht bei C. gearbeitet. Mein Bruder hat mir auch früher schon geholfen, z.B. wenn ich krank war.

Die GmbH wurde dann im Herbst 2016 gegründet.

Wenn ich gefragt werde, wovon mein Bruder in der Zeit gelebt hat, gebe ich an, dass er zeitweise arbeitslos gemeldet war. Zudem ist mein Bruder ein sehr bescheidener Mensch. Ich habe ihn nichts bezahlt.

Ich wollte meinem Bruder zu Weihnachten etwas bezahlen, in dem ich ihm ein Kuvert mit Geld geben wollte. In dem Kuvert befanden sich auch Unterlagen über das Unternehmen, mein Bruder nahm das Kuvert gar nicht entgegen.

Ich bin Geschäftsmann und habe keinen geübten Umgang mit Behörden, mir war nicht bewusst, dass es ein Problem sein könnte, wenn mein Bruder im Betrieb mitarbeitet. Ich wollte ja immer, dass mein Bruder gemeinsam mit mir den Betrieb führt.

Ich kann mich an zwei Kontrollen der FPO erinnern, ich war beide Male selber im Geschäft. Beide Male war auch mein Bruder im Geschäft. Er hatte wie ich Fleischerkleidung an und stand hinter der Theke. Bei der zweiten Kontrolle dürfte mein Bruder die Nerven geschmissen haben und wollte sich der Kontrolle durch Flucht entziehen.

Herr R. ist ein Großonkel von mir. Seine Mutter war die Schwester meines Großvaters. Herr R. hat schon meinem Vater im Betrieb geholfen. Er hat meinen Vater auch finanziell unterstützt. Es besteht zur Herrn R. ein enges familiäres Verhältnis. Er ist der Firm- und Taufpate meines jüngeren Bruders. Ich bin schon als kleines Kind mit ihm zu seiner Arbeit gefahren.

Herr R. ist auch meinen Eltern finanziell zur Seite gestanden und das schon seit vielen Jahrzehnten. Ich kann dazu auch Unterlagen aus den Achtzigerjahren vorlegen.

Anmerkung: Die Behördenvertreter verzichten auf eine Einsicht in diese Unterlagen. Der Verhandlungsleiter nimmt kurz Einsicht und folgt die Unterlagen wieder aus. Es handelt sich um Kredite an Herrn An. K., bei denen Herr R. als Bürge aufscheint.

Herr R. geht bei uns ein und aus, das seit vielen Jahrzehnten. Er ist ein Mensch der Arbeit sieht und auch mithilft. Am Tag dieser einen Kontrolle hat mein Onkel in der Küche etwas gegessen. In der Küche deshalb, weil er seinen kleinen Hund mithatte und ich diesen nicht im Geschäftslokal haben wolle. Als die Kontrolleure da waren, haben sie gesehen, wie mein Onkel aus der Fritteuse den Korb mit Grammeln genommen hat. Das Gerät gibt ein Signal ab, wenn die Grammeln fertig sind. Mein Onkel kennt sich auch im Betrieb aus. Meiner Erinnerung nach hatte er ein grünes oder graues Arbeitsgewand getragen, aber keine Fleischerkleidung. Ich glaube es war bei der Kontrolle, bei der mein Bruder das Lokal über den Hinterausgang verlassen wollte.

Die Kontrolle ist damals so abgelaufen, dass drei Beamte ins Lokal gekommen sind. Einer ging gleich in die Küche und hat dort meinen Onkel kontrolliert. Mein Onkel wurde quasi festgenommen und in den Verkaufsraum gebracht. Wenn ich meinem Onkel etwas zahlen würde, würde er sich glaublich beleidigt fühlen.

Mein Onkel ist in Pension, ist vermögend und würde von mir kein Geld nehmen.

Der Beschuldigte gibt über Befragen des Vertreters der FPO an:

Die Küche ist kein öffentlich zugänglicher Bereich. Kunden haben dort keinen Zutritt Um in die Küche zu gelangen muss man um die Theke herumgehen. Meinen Onkel habe ich in die Küche geschickt und ihm angeboten, sich dort Essen zu nehmen. Verwandte halten sich, wenn sie auf Besuch kommen schon mal in der Küche auf. Mein Onkel kommt fast täglich im Betrieb vorbei. Wenn er irgendwo Arbeit sieht, z.B. eine defekte Glühbirne, greift er gleich zu. Ich bin glücklich darüber, dass es so ist.

Der Zeuge Herr S. G. gibt über Befragen des Verhandlungsleiters an:

Ich bin seit 7 Jahren Finanzpolizist, an die Kontrollen in der Fleischerei kann ich mich noch erinnern. Im Geschäft war ich zwei Mal. Der Grund der Kontrolle war eine Anzeige, nach der glaublich ab Sommer 2014 der Bruder im Betrieb mitarbeiten soll. Wir haben bei dieser ersten Kontrolle den Bruder auch angetroffen.

Der Bruder stand hinter der Verkaufstheke und hatte ein Fleischergewand an. Ich kann mich erinnern, dass eine Kunden ihn als Chef angesprochen hat, woraus ich geschlossen habe, dass sie ihn kennt. Wir haben dann festgestellt, dass der Bruder nicht zur SV angemeldet war.

Ich glaube der Bruder war damals arbeitslos gemeldet und könnte Krankengeld bezogen haben, das weiß ich heute nicht mehr so genau. Wir haben ihm ein Personenblatt zum Ausfüllen gegeben und hat er dieses auch eigenhändig ausgefüllt.

Ich bin nicht gleich zum Verfassen des Strafantrages gekommen. Bei unserer Kontrolltätigkeit bei anderen Betrieben bin ich zwei Mal nachfolgend an der Fleischerei vorbeigekommen und habe jeweils den Bruder des Chefs im Geschäft gesehen.

Es kam zwischenzeitlich eine zweite Anzeige bei uns herein und haben wir daher den Betrieb noch ein weiteres Mal kontrolliert. Bei dieser zweiten Kontrolle habe ich wieder den Bruder hinter der Theke angetroffen. Dieser ist aber im Laufe der Amtshandlung verschwunden. Ich habe vom Geschäftslokal aus in die Küche gesehen und dort einen Mann wahrgenommen. Ich wollte auch diesen kontrollieren, eine der angestellten Damen hat daraufhin etwas in die Küche gerufen und die Tür zur Küche geschlossen. Als ich dann in die Küche kam, war der Mann weg. Ich habe ihn dann im Stiegenhaus angetroffen, er wollte gerade mit dem Rad wegfahren. Ich habe mit dem Mann dann auch gesprochen und hat er gesagt, dass er zum Essen eingeladen war. Es war bei der Kontrolle die Rede davon, dass es sich um einen Onkel handeln soll. Als ich den Mann im Stiegenhaus angetroffen habe, hatte er keine Fleischerkleidung an. Ob er zuvor in der Küche eine getragen hat, kann ich nicht mehr sagen. Der Mann gab mir gegenüber an, dass er Grammeln aus der Fritteuse genommen hat.

Mit dem Bruder konnten wir kein Gespräch mehr führen, der war schon weg.

Wir haben im Anschluss an die Kontrolle mit dem Chef eine Niederschrift aufgenommen. Einen Hund habe ich bei der Kontrolle nicht gesehen.

Der Zeuge gibt über Befragen des Vertreters der Behörde an:

Ich habe in der Küche keinen Hund gesehen

Der Zeuge gibt über Befragen des Beschuldigten an:

Ich habe auch den Bruder nach einem Ausweis gefragt.

Der Zeuge K. H. gibt über Befragen des Verhandlungsleiters an:

Ich bin der Bruder des Beschuldigten, habe die Zeugenbelehrung verstanden und bin bereit heute auszusagen.

Ich habe 13 Jahre bei der Firma C. gearbeitet. Ich habe vor ca. 3 Jahren dort gekündigt. Ich bin gelernter Fleischermeister und wollte mein Bruder schon seit langem, dass ich mit ihm den Betrieb führe. Ich wollte mir den Betrieb und die Zusammenarbeit mit meinem Bruder über einen längeren Zeitraum anschauen. Ich habe meinen Bruder auch früher schon immer ausgeholfen. Es kann durchaus sein dass ich von Juli 2014 bis September 2015 unregelmäßig im Betrieb meines Bruders gearbeitet habe, manchmal eine ganze Woche, manchmal nur den einen oder anderen Tag.

Ich kann mich an zwei Kontrollen durch die FPO erinnern, ich war an beiden Tagen im Geschäft und habe dort gearbeitet. Es war für die Kontrollorgane offensichtlich, dass ich dort arbeite, ich hatte entsprechende Arbeitskleidung an.

Ich war in diesem Zeitraum arbeitslos gemeldet. Gelebt habe ich zudem von einer Abfertigung der Firma C.. Ich habe von meinem Bruder für meine Tätigkeit im Betrieb keinen Cent bekommen. Er wollte mir auch nichts bezahlen bzw. hat mir das freigestellt. Für mich hat sich die Frage nie gestellt, von meinem Bruder Geld zu nehmen. Ich kann mich nicht erinnern, dass mir mein Bruder einmal ein Kuvert zu Weihnachten geben wollte.

Jetzt bin ich im Betrieb meines Bruders offiziell beteiligt. Ich bin Mitgesellschafter der GmbH und arbeite auch selber im Betrieb mit.

Bei der ersten Kontrolle habe ich mich ausgewiesen. Bei der zweiten Kontrolle habe ich das Lokal über den Hinterausgang verlassen, ich wollte mich keiner neuerlichen Kontrolle stellen und habe auch gehofft, ni8icht gesehen worden zu sein.

Herr R. ist der Cousin meines Vaters und ist mein Tauf- und Firmpate. Er kommt unregelmäßig in die Firma und hilft in der Küche mit, z.B. Geschirrabwaschen. Er kommt, um den Pensionsschock zu überwinden und auch mit uns zu plaudern und uns zu helfen. Er hat schon meinem Vater geholfen. Es besteht eine enge familiäre Bande zu Herrn R.. Meines Wissens bekommt er für seine Aushilfe nichts bezahlt. Wenn er mir z.B. privat hilft, nimmt er auch nie etwas an.

Der Zeuge gibt über Befragen des Vertreters der FPO an:

Es ist richtig, dass ich neben dem AMS Geld auch Krankengeld bezogen habe, weil ich an der Wirbelsäule operiert wurde. Die OP fand im Herbst 2016 statt.

Ich habe persönlich beim AMS vorgesprochen und dort bekannt gegeben, dass ich im Betrieb meines Bruders mithelfen möchte und unsere Pläne offengelegt. Ich kann nicht sagen, ob dieses Gespräch vor den Kontrollen der FPO stattgefunden hat.

Mit der WGKK stand ich nicht im Kontakt.

Ich hatte die Wirbelsäulenprobleme auch schon während meiner Beschäftigung bei C. und dürfe diese gesundheitlichen Probleme mein Bruder gemeint haben.

Mein Bruder hatte die Arbeit grundsätzlich auch alleine geschafft, bis auf den einen oder anderen Tag, wo es personelle Probleme gab.

Außer mir und meinem Onkel hat im Betrieb niemand mitgeholfen, der nicht im Betrieb beschäftigt war.

Der Zeuge gibt über Befragen des Vertreters der Behörde an:

Ich bin bekommen und gegangen, wie ich wollte bzw. wie der Bedarf war. Einen Dienstplan hat es nicht gegeben.

Der Zeuge gibt über Befragen des Vertreters der FPO an:

Vom Bedarf im Betrieb habe ich durch meinen Bruder telefonisch erfahren. Wenn ich Zeit hatte, habe ich geholfen, ich musste ihm auch das eine oder andere Mal absagen.

Der Zeuge gibt über Befragen des Vertreters der Behörde an:

Ich hab grundsätzlich nur Tageweise ausgeholfen, vor Weihnachten habe ich aber immer längere Zeit mitgearbeitet, und zwar schon die letzten Jahrzehnte.

Der Zeuge gibt über Befragen des Beschuldigten an:

Ich kann mich heute nicht erinnern, im Jahre 2005 von meinem Bruder ein gelbes Kuvert zu Weihnachten angeboten zu haben.

Bei der ersten Kontrolle bin ich nach meinem Ausweis gefragt worden. Bei der zweiten Kontrolle gab es keine Gelegenheit dazu.

Der Zeuge gibt über Befragen des Verhandlungsleiters an:

Ich erkenne auf dem Personenblatt meine Handschrift und meine Unterschrift, ich habe damals die Fragen wahrheitsgemäß beantwortet.

Der Zeuge Herr R. A. gibt über Befragen des Verhandlungsleiters an:

Ich bin mit dem Beschuldigten verwandt, sein Großvater und meine Mutter waren Geschwister. Sein Vater war mein Cousin.

Am Tag der Kontrolle durch die FPO war ich in der Fleischerei. Ich bin gerade vom Keller gekommen, wo ich Kartoffeln geholt habe, als ich von einem Kontrollorgan im Gang angehalten wurde. Ich hatte mein Fahrrad vor dem Geschäft abgestellt. Die Kartoffeln habe ich geholt, weil die Köchin Kartoffeln gebraucht hat. Bevor ich in den Keller gegangen bin, habe ich mich in der Küche aufgehalten. Ich habe in der Küche Grammeln aus der Fritteuse hinausgenommen. Ich komme unregelmäßig aber häufig im Geschäft vorbei. Ich mache gerne ein paar Handgriffe. Ich bin ein hilfsbereiter Mensch.

Ich beziehe 2.100 Euro monatlich Pension und habe immer sehr gut verdient. Als der Betrieb Geld gebraucht hat, habe ich für den Vater des Beschuldigten als Bürge und Zahler für einen Kredit von 3 Millionen Schilling gerade gestanden. In meiner aktiven Zeit war ich Prokurist. Ich kann meine Pension gar nicht ausgeben. Ich brauche kein Zusatzeinkommen.

Wenn ich gefragt werde, ob ich von Herrn K. bezahlt werde, gebe ich an, dass ich nicht bezahlt werde, das wäre eine Beleidigung für mich.

Ich habe nie Geld für irgendwelche Hilfeleistungen von den Brüdern K. angenommen.

Ich glaube schon, dass ich am Tag der Kontrolle meinen Hund mithatte, ich glaube der war damals im Büro.

Der Zeuge gibt über Befragen des Vertreters der Behörde an:

Am Tag der Kontrolle habe ich meiner Erinnerung nach eine grüne Hose getragen. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Fleischerkleidung trage ich nie.

Der Vertreter der belangten Behörde und der Beschuldigte beantragen die Abweisung der Beschwerde. Der Vertreter der FPO beantragt der Beschwerde statt zugeben und über den Beschuldigten eine Strafe auszusprechen.“

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Der Abgabenbehörde des Bundes (Finanzamt) kommt nach § 111a ASVG Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren und das Recht auf Erhebung einer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu.

Die verfahrensgegenständlichen Personen wurden von Kontrollorganen des Finanzamtes Wien ... bei Kontrollen angetroffen. Diesem Finanzamt kommt daher Beschwerdelegitimation zu.

Die Verwaltungsstrafbehörde (Magistrat der Stadt Wien) stellte die Strafverfahren mit der Begründung ein, dass jeweils ein „Familiendienst“ vorliegen könne und ein Arbeitsverhältnis nicht erweislich sei.

Das Finanzamt vertritt die Ansicht, dass keine „Familiendienste“ vorgelegen seien.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Herr He. K. betreibt aktuell gemeinsam mit seinem Bruder H. K. und einem Dritten in Form einer GmbH eine Fleischhauerei in Wien, R.-gasse. Bis September 2015 betrieb Herr He. K. die Fleischhauerei als Einzelunternehmer. In der Zeit von Juli 2014 bis 1.9.2015 war Herr H. K. in der Fleischhauerei seines Bruders als Fleischer beschäftigt. Herr H. K. arbeitete unregelmäßig, je nach Bedarf, manchmal eine ganze Woche, manchmal nur einen oder zwei Tage die Woche. H. K. ist gelernter und geprüfter Fleischermeister und als solcher im Betrieb seines Bruders tätig. Zweck der Beschäftigung war einerseits den Bruder arbeitsmäßig zu entlasten und andererseits um sich den Betrieb und die Arbeit anzusehen, um später in den Betrieb als Teilhaber einzusteigen. Der Bedarf wurde im Wesentlichen von Herrn He. K. bestimmt und Herr H. K. per Telefon ins Geschäft gebeten. Entsprechend der familiären Stellung und auch angesichts der beabsichtigten Partnerschaft, konnte Herr H. K. vereinzelt eine Arbeitsaufnahme ablehnen, was aber sehr selten vorkam. Herr H. K. war bemüht, seinen Bruder bestmöglich im Betrieb durch seine Arbeitskraft zu unterstützen. Während dieses Dienstverhältnisses war Herr H. K. beim AMS arbeitslos gemeldet und wurde über das AMS entlohnt. Dass zusätzlich eine regelmäßige Entlohnung durch Herrn He. K. stattgefunden habe, kann nicht verlässlich festgestellt werden. Dass Herr H. K. im Betrieb des Bruders unentgeltlich konsumieren konnte, liegt auf der Hand und wurde auch nicht in Abrede gestellt (galt auch für Herrn R.).

Herr R. ist weitschichtig mit den Brüdern He. und H. K. verwandt (Cousin des Vaters). Er ist seit einigen Jahren in Pension, bezieht eine monatliche Pension in der Höhe von 2100 Euro und kommt unregelmäßig ins Geschäftslokal von Herrn He. K.. Herr R. wird als enges Familienmitglied betrachtet und hilft gerne und unentgeltlich im Betrieb mit einzelnen Handgriffen aus. Er kommt und geht nach persönlichem Belieben.

Beweiswürdigend ist auszuführen, dass sowohl Herr H. K. als auch Herr He. K. die Mitarbeit von Herrn H. K. im Betrieb von Juli 2014 bis 1.9.2015 zugestanden und näher ausgeführt haben. Herr He. K. führte glaubhaft aus, dass er großes Interesse daran hatte, seinen Bruder als Partner in den Familienbetrieb zu holen. Die Mitarbeit diente laut Herrn He. K. seiner Entlastung, weil er mit der Arbeit überfordert war, und als quasi Probezeit für seinen Bruder H., sich den Betrieb und die Zusammenarbeit mit seinem Bruder längere Zeit anzusehen, um dann die Entscheidung zu treffen, ob er in den Betrieb einsteigen möchte. Zudem wurde Herr H. K. mehrfach von dem Kontrollorgan S. im Betrieb mit Fleischerkleidung hinter der Theke arbeitend angetroffen. Dass eine Entlohnung durch Herrn He. K. nicht näher zur Sprache kam, ergibt sich schon daraus, dass Herr H. K. Arbeitslosengeld vom AMS bezog. Die Feststellung, dass Herr R. nur sporadisch und unentgeltlich Hilfsdienste ausübt, stützt sich auf den glaubhaften Angaben der Herrn H. und He. K. sowie des Zeugen R. selbst. Dieser wurde auch nur einmal im Betrieb angetroffen und trug keine Fleischerkleidung.

Rechtlich folgt daraus:

Die anzuwendenden Normen des ASVG lauten auszugsweise:

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt die Allgemeine Sozialversicherung im Inland beschäftigter Personen einschließlich der den Dienstnehmern nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes gleichgestellten selbständig Erwerbstätigen und die Krankenversicherung der Pensionisten aus der Allgemeinen Sozialversicherung.

§ 3. (1) Als im Inland beschäftigt gelten unselbständig Erwerbstätige, deren Beschäftigungsort (§ 30 Abs. 2) im Inland gelegen ist, selbständig Erwerbstätige, wenn der Sitz ihres Betriebes im Inland gelegen ist.

§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

§ 33. (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

(2) Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

§ 35. (1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

(3) Der Dienstgeber kann die Erfüllung der ihm nach den §§ 33 und 34 obliegenden Pflichten auf Bevollmächtigte übertragen. Name und Anschrift dieser Bevollmächtigten sind unter deren Mitfertigung dem zuständigen Versicherungsträger bekanntzugeben.

§ 111. (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

- mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst-maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.“

Unter Dienstverhältnis (Arbeitsverhältnis) versteht die Lehre (die nachstehenden Ausführungen folgen Mayer-Maly, in Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht, Band I, Individualarbeitsrecht, 31) jedes auf einem Dienstvertrag (Arbeitsvertrag) beruhende, durch Eintritt in den Erfüllungsstand (dh. durch Aufnahme der Arbeit) zur Vollwirksamkeit gebrachte Rechtsverhältnis. Es umfasst die Gesamtheit der durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Vom Dienstverhältnis zu unterscheiden ist das Beschäftigungsverhältnis. Dieses setzt, anders als das Dienstverhältnis, keinen Vertrag, sondern nur tatsächliche entgeltliche Beschäftigung voraus. Für den Anwendungsbereich des ASVG ist das Dienstverhältnis (Arbeitsverhältnis) im letzteren Sinn zu verstehen, da es gerade auf den (formell richtigen) Abschluss eines Dienstvertrages nicht ankommt. Die typischen Merkmale eines Dienstverhältnisse sind die Unselbständigkeit (persönliche Abhängigkeit) des Dienstnehmers (der an Weisungen des Arbeitgebers, den Arbeitsort und die Arbeitszeit gebunden ist, im Betrieb des Arbeitgebers organisatorisch eingebunden ist und einer Kontrolle unterliegt; eine Vertretung durch einen andere Person ist zumeist – aber nicht immer – ausgeschlossen), die Entgeltlichkeit (Dienstverträge sind im Zweifel entgeltlich - § 1152 ABGB), der Dauercharakter (Dienstverhältnisse sind grundsätzlich auf unbestimmte Zeit angelegt) und die Personenbezogenheit (Dienstgeber und Dienstnehmer stehen in einem besonderen personellen Bezug, es bestehen wechselseitige Treue- und Fürsorgeverpflichtungen).

Dienstnehmerähnliche Verhältnisse liegen bei Personen vor, die ohne in einem Dienstverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als dienstnehmerähnliche anzusehen sind. Kennzeichnend für die dienstnehmerähnliche Person ist die trotz größerer persönlicher Selbständigkeit wirksame wirtschaftliche Unselbständigkeit (Mayer-Maly, in Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht, Band I, Individualarbeitsrecht, 56). Der Begriff „Arbeitnehmerähnliche“ ist in § 51 Absatz 3 Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl 1985/104, und in § 3 Absatz 4 zweiter Satz Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, BGBl 1988/196, legal definiert als „Person, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leistet und wirtschaftlich unselbständig ist“.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind typische Merkmale wirtschaftlicher Unselbständigkeit (vgl. VwGH 20.5.2015, Ra 2014/09/0041):

1. die Verrichtung der Tätigkeit nicht in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte des Verpflichteten, sondern in einem Betrieb des Unternehmers;

2. eine gewisse Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit;

3. die Verpflichtung zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung;

4. Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit des Verpflichteten hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit (Weisungsgebundenheit, „stille“ Autorität);

5. die Berichterstattungspflicht;

6. die Arbeit mit Arbeitsmitteln des Unternehmers;

7. das Ausüben der Tätigkeit für einen oder eine geringe Anzahl, nicht aber für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer;

8. die vertragliche Einschränkung der Tätigkeit des Verpflichteten in Bezug auf andere Personen (Unternehmerbindung, Konkurrenzverbot);

9. die Entgeltlichkeit und

10. die Frage, wem die Arbeitsleistung zu Gute kommt.

Für eine unternehmerische Tätigkeit spricht hingegen, dass der Arbeitende das entsprechende wirtschaftliche Risiko tragen will, indem er z.B. losgelöst vom konkreten Auftrag spezifische Betriebsmittel anschafft, werbend auf dem Markt auftritt, auch sonst über eine gewisse unternehmerische Infrastruktur verfügt und seine Spesen in die dem Auftraggeber verrechneten Honorare selbst einkalkuliert, wie dies bei einer Pauschalabgeltung in der Regel der Fall ist (vgl. VwGH 22.4.2010, 2008/09/0295).

Bei der Beurteilung müssen nicht alle Kriterien, welche möglicherweise zur Bestimmung der wirtschaftlichen Unselbständigkeit relevant sein könnten, verwirklicht sein; sie müssen in einer Gesamtbetrachtung nach Zahl, Stärke und Gewicht bewertet werden. Bei der Beurteilung des konkret und genau erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach den Regeln des „beweglichen Systems“, indem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. mit zahlreichen weiteren Nachweisen Bachler, Ausländerbeschäftigung 1995, S. 9 ff; siehe auch VwGH vom 3.10.2013, 2012/09/ 0150).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, fallen „Familiendienste“ als Sonderform des Gefälligkeitsdienstes nicht unter die anmeldungspflichtigen Beschäftigungen des ASVG. Als Gefälligkeitsdienste können kurzfristig, freiwillige und unentgeltliche Dienste anerkannt werden, die vom Leistenden aufgrund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbracht werden. Der Übergang zwischen Gefälligkeitsdienst und kurzfristiger Beschäftigung im Sinne des ASVG ist fließend. Es ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen, um einen Gefälligkeitsdienst annehmen zu können. Wesentlich ist dabei die Freiwilligkeit der Arbeitsleistung insoferne, als keine Verpflichtung zu ihrer Erbringung bestehen darf (VwGH vom 3.9.2002, Zahl 99/09/0083, und die dort zitierte Vorjudikatur). Im Zweifel ist davon auszugehen, dass die Familiendienste der Erfüllung familiärer Beistands-und Mitwirkungspflichten gelten (VwGH vom 2.7.1987, Zahl 87/09/0013, zur Beurteilung eines kurzen Zusammenkehrens des Bodens auf einer vom Vater betreuten Baustelle; siehe auch Krejci in Rummel, Kommentar zum ABGB, 1. Band, 3. Auflage 2000, Rz 17 ff zu § 1151).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich wiederholt mit der Beurteilung von „Familiendiensten“ auseinandergesetzt.

Im Erkenntnis 85/08/0093 vom 25.5.1987 führt er dazu aus:

„Nach § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber dem Merkmal selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Die Beantwortung der Frage, ob bei der Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Arbeitsempfänger gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, hängt davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) nur beschränkt ist.

Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nach der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. April 1987, Zl. 82/08/0180, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die belangte Behörde geht in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, daß die Beschwerdeführerin im Geschäft ihrer Großmutter nicht als Dienstnehmerin im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigt gewesen sei, sondern daß es sich um eine Mitarbeit "im Familienkreis" gehandelt habe.

Für die Beurteilung der regelmäßigen Beschäftigung einer Person im Betrieb eines nahen Angehörigen als ein auf ausdrückliche oder schlüssige dienstvertragliche Vereinbarung gegründetes Beschäftigungsverhältnis einerseits oder als eine nicht auf einem solchen Rechtstitel beruhende Beschäftigung anderseits ist das Vorliegen einer familienrechtlichen Mitarbeitsverpflichtung von Bedeutung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes spricht die Vermutung im Verhältnis zwischen minderjährigen Kindern und ihren Eltern für den Ausfluß einer familienrechtlichen Mitarbeitsverpflichtung. Die Begründung eines Dienstverhältnisses zwischen solchen Kindern und ihren Eltern ist eher als Ausnahmefall (atypisch) anzusehen (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1987, Zl. 85/08/0106, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht - anders als im Verhältnis zwischen Kindern und Eltern keine gesetzliche (familienrechtliche) Mitarbeitspflicht der Nichte im Betrieb ihres Onkels bzw. ihrer Tante sowie der Schwiegertochter im Betrieb ihres Schwiegervaters (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1983, Zl. 08/0129/80, und die dort zitierte Vorjudiaktur).

Dieser Gedanke ist auf den vorliegenden Fall schon deswegen zu übertragen, weil - wie sich aus der diesbezüglich unbestritten gebliebenen Sachverhaltsannahme in der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt - in der fraglichen Zeit (zumindest bis Mai 1938) die Mutter der Beschwerdeführerin noch lebte und deshalb im Verhältnis der Beschwerdeführerin zu ihrer Großmutter keine familienrechtliche Unterstützungs- und Beistandspflicht bestand.

Das Fehlen einer familienrechtlichen Mitarbeitspflicht rechtfertigt allerdings noch nicht ohne weiteres den Schluß, daß deshalb allein schon ein arbeitsvertragliches Beschäftigungsverhältnis vorliege. Es könnte schließlich eine ohne Rechtsgrund erfolgende Tätigkeit entfaltet werden - die gesollte Leistungserbringung erschiene diesfalls als Gefälligkeit, Entgelt als "Taschengeld" oder "Unterstützung" usf. Bei der - schwierigen - Abgrenzung dieser familienhaften, auf bloßer Gefälligkeit beruhenden Beschäftigungsverhältnisse zwischen Angehörigen von solchen, die in welchselseitigen rechtlichen Verpflichtungen ihren Grund haben, muß eine bloß tatsächliche, nur am objektiven Tatbestand orientierte Betrachtungsweise versagen. Es kommt bei dieser Abgrenzung vielmehr darauf an, ob nach dem - ausdrücklich erklärten oder zu erschließenden Parteiwillen, hilfsweise nach den gesamten aufgrund redlicher Verkehrssitte zu beurteilenden Umständen des Falles, die Arbeitsleistung das Gepräge einer unentgeltlichen Gefälligkeit hat oder nicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1981, Zl. 08/2922/78). Jedenfalls spricht mangels einer familienrechtlichen Unterstützungs- und Beistandspflicht die Vermutung nicht für eine unentgeltliche Beschäftigung im Rahmen bloß familienhafter Beziehung (vgl. auch hier das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Juli 1983, Zl. 08/0129/80).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist zu beurteilen, ob das von der belangten Behörde festgestellte Sachgeschehen als Ausfluß einer arbeitsrechtlichen Dienstleistungsverpflichtung oder bloß einer Mithilfe im Rahmen verwandtschaftlicher Beziehungen zu werten ist.“

Im Erkenntnis 2001/09/0135 vom 22.10.2003 hält der Verwaltungsgerichtshof fest:

„Es ist Rechtsprechung des Verwaltungerichtshofes, dass Gefälligkeitsdienste nicht unter den Begriff der bewilligungspflichtigen Beschäftigung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes einzuordnen sind. Als solche sind kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden, wobei der Übergang zwischen Gefälligkeitsdienst und kurzfristiger Beschäftigung im Sinne des AuslBG als "fließend" bezeichnet wurde. Es ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen, um einen Gefälligkeitsdienst annehmen zu können (vgl. zum Ganzen etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. November 2000, Zl. 98/09/0199, vom 4. April 2001, Zl. 99/09/0148, und vom 3. September 2002, Zl. 99/09/0083). Eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG wird letztlich nur dann gegeben sein, wenn auf Grund der gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG gebotenen Betrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehalts und nicht der äußeren Erscheinungsform ein Mindestmaß an wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit der Arbeitskraft besteht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 1. Oktober 1997, Zl. 96/09/0036, und vom 14. November 2002, Zl. 2001/09/0103, m. w.N.). Gegen das Vorliegen eines solchen Gefälligkeits- oder Freundschaftsdienstes im gegenständlichen Fall spricht der Umstand, dass die Tätigkeit des Ausländers jedenfalls nicht bloß kurzfristig erfolgte.

Allerdings beruft sich der Beschwerdeführer auch darauf, dass es sich beim Ausländer um seinen Sohn gehandelt habe, der ihn bloß im Lokal vertreten habe und mit dem kein Entgelt vereinbart worden sei. Sein Sohn sei Student gewesen, dem er - in Form der Finanzierung des Studiums im Ausland - Unterhalt geleistet habe, und der jederzeit auf sein Konto habe zugreifen können.

Bei dieser Sachlage stellte sich für die belangte Behörde nicht nur die Frage, ob es sich bei der Tätigkeit des Ausländers um eine Tätigkeit im Rahmen eines Gefälligkeits- oder Freundschaftsdienstes, sondern auch, ob es sich um eine solche eines engen Familienangehörigen gehandelt haben könnte, die als "Familiendienst" vom Begriff der Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG ausgenommen gewesen sein könnte. Als solche Familiendienste, die kein Arbeitsverhältnis begründen, sind im Rahmen einer familiären Beistands- und Mitwirkungspflicht erbrachte Leistungen anzusehen (vgl. dazu Krejci in Rummel, Kommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, 1. Band, 3. Auflage 2000, zu § 1151 ABGB, RZ 17 ff; die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes etwa vom 13. Februar 1997, 8 ObS 2/97, und 19. Juli 2002, 10 ObS 196/02z, und die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes zur Ausnahme von der Dienstnehmereigenschaft gemäß § 4 Abs. 2 ASVG von derart tätigen Personen etwa vom 27. März 1990, Zl. 85/08/0134, vom 16. September 1997, Zl. 93/08/0178, und vom 14. März 2001, Zl. 95/08/0091). Ob es sich um einen Familiendienst oder um ein Dienstverhältnis handelt, ist anhand aller Umstände des Falles, insbesondere auch unter Einbeziehung der Behauptungen und Zugeständnisse der Betroffenen zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1999, Zl. 94/08/0282), wobei aber auch hinsichtlich von Leistungen, die von einer familiären Beistandspflicht erfasst wären, durchaus ein Dienstverhältnis vereinbart werden kann.

Im hier zu beurteilenden Fall hat der Sohn des Beschwerdeführers eine vorübergehende und aushilfsweise Tätigkeit im Restaurantbetrieb seines Vaters erbracht. Die belangte Behörde hat vorliegend verkannt, dass diese Aushilfe angesichts des besonderen, schon vor dieser Tätigkeit des Sohnes zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn bestehenden familiären und wirtschaftlichen Naheverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 4 AuslBG noch als ein üblicher Familiendienst zu bewerten und daher nicht als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG zu qualifizieren war.“

Zudem führt der Verwaltungsgerichtshof zur Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses im Erkenntnis 2012/08/0207 vom 26.5.2014 aus:

„Die Vorschriften des ASVG über das Beschäftigungsverhältnis stehen auf dem Boden der Eingliederungstheorie. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinn des ASVG wird durch den "Einstellungsakt" begründet. Es setzt einen "Verpflichtungsakt" nicht voraus. Es ist nicht erforderlich, dass der Dienstgeber dem Einstellungsakt zugestimmt hat oder von diesem in Kenntnis gesetzt wurde. Die Pflichtversicherung der Dienstnehmer beginnt nach § 10 Abs. 1 ASVG in der Regel mit dem Tage des Beginnes (Antritt) ihrer Beschäftigung, sie dauert mit dem Beschäftigungsverhältnis fort, bis sie nach § 11 Abs. 1 ASVG in der Regel mit dem Ende der Beschäftigung erlischt. Das Beschäftigungsverhältnis im Sinn des ASVG wird in der Regel durch die Aufnahme der Beschäftigung im Betrieb des Dienstgebers begründet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2013, Zl. 2013/08/0183, mwN).

Die Behörde ist berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei den gegenständlichen Reinigungsarbeiten der Fall ist), dies jedoch nur, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 2012, Zl. 2010/08/0237). Die Behörde ist in einem solchen Fall nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob die betretene Person in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, da dies - wenn anders lautende konkrete Behauptungen samt Beweisanboten nicht vorliegen - unter den gegebenen Umständen ohne weiteres vorausgesetzt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juli 2013, Zl. 2012/08/0033, mwN.).

Als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste sind kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 2013, Zl. 2011/08/0390, mwN.).

Für das Vorliegen der Entgeltlichkeit kommt es - im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Partei - nicht darauf an, ob ausdrücklich ein Entgelt (allenfalls in einer bestimmten Höhe) vereinbart wurde oder eine solche Vereinbarung unterblieb. Im Zweifel gilt für die Erbringung von Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt als bedungen (vgl. § 1152 ABGB). Wurde die Höhe des Entgelts nicht festgelegt, so ist ein angemessener Lohn zu zahlen. Demnach ist Unentgeltlichkeit der Verwendung nicht schon bei Fehlen einer Entgeltvereinbarung zu vermuten, sondern diese muss ausdrücklich und erwiesenermaßen - wenigstens nach den Umständen konkludent - vereinbart worden sein und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2013, Zl. 2011/08/0123, mwN.).“

Auf den vorliegenden Fall (die getroffenen Feststellungen) angewendet, ergibt sich aus dieser Rechtsprechung der Schluss, dass die am Kontrolltag beobachtete Tätigkeit (Bedienung einer Fritteuse) bzw. zugestandene Tätigkeit (holen von Kartoffeln aus dem Keller) des Herrn R. als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst im Sinne eines kurzfristigen, freiwilligen und unentgeltlichen Dienste anzusehen ist, der vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger (familiäre Bande, langjährige persönliche Verbundenheit) erbracht wurde.

Bezüglich der Beschäftigung des Herrn H. K. hingegen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Schluss zu ziehen, dass bei einer Beschäftigungsdauer von über einem Jahr und vollständiger Eingliederung in den Betrieb, bei gleichzeitig fehlender alternativer Beschäftigung und bei Berücksichtigung der beiden gleichwertigen Motive für die Beschäftigung, nämlich der längerfristigen Unterstützung des Bruders bei der Führung des Betriebs und der quasi Probebeschäftigung zur Beurteilung, ob die beiden Brüder künftig das Geschäft gemeinsam führen wollen (was auch das Endergebnis war), nicht von einem kurzfristigen Dienst die Rede sein kann. Die Frage der Entgeltszahlung stellte sich zudem nur deshalb nicht, weil Herr H. K. während seiner Beschäftigung im Betrieb des Bruders vom AMS bezahlt wurde, wo er arbeitslos gemeldet war.

Das Verwaltungsgericht Wien gelangt zur Ansicht, dass zwischen Herrn He. K. und seinem Bruder H. K. ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Absatz 2 ASVG bestand und der Beschuldigte Herrn H. K. gemäß § 33 Absatz 1 ASVG vor Arbeitsantritt der WGKK zur Sozialversicherung hätte anmelden müssen. Indem diese Anmeldung schuldhaft (es liegt zumindest Fahrlässigkeit vor, weil bei gehöriger Aufmerksamkeit eine Anfrage an die WGKK gestellt worden wäre, die die Anmeldepflicht ergeben hätte) unterlassen wurde, hat der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung nach § 111 Absatz 1 Ziffer 1 ASVG begangen.

§ 111 Absatz 2 ASVG sieht für Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 leg. cit. eine Geldstrafe von 730 Euro bis 2180 Euro vor. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist mit zwei Wochen bestimmt.

Die Strafbemessung ist gemäß § 38 VwGVG nach § 19 VStG sinngemäß vorzunehmen. Demnach sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat (Absatz 1 leg. cit.). Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung i

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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