Entscheidungsdatum
05.01.2018Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §18 Abs3Text
Das Landesverwaltungsgericht Tirol fasst durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde des Herrn Dr. AA, Adresse 1, Z gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 14.11.2017, Zl. ****, betreffend Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Carports auf Gp **1 KG Z, den
B E S C H L U S S
1. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit der als Bescheid bezeichneten Erledigung des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 14.11.2017, Zl. ****, sollte die Baubewilligung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Carports auf Gp **1 KG Z erteilt werden. Diese Erledigung trägt in der Kopfzeile die Bezeichnung „Gemeindeamt Z“. Einleitend wird ausgeführt, dass „Herr Mag. Dr. BB beim Bürgermeister der Gemeinde Z als Baubehörde I. Instanz um die baubehördliche Bewilligung für …. angesucht hat“. Im Spruch dieser Erledigung wird keine Behörde angeführt.
Auf Seite 9 der Erledigung wurde folgende Fertigungsklausel angebracht:
„Der Bürgermeister
Dr. DD“
Die Erledigung weist weder eine händische noch eine elektronische Fertigung durch den Bürgermeister auf. Auf Seite 10 dieser Erledigung findet sich folgende elektronische Fertigung:
„Dieses Dokument wurde von MBA CC elektronisch gefertigt und amtssigniert.“
Auch die weiteren Ausfertigungen (v.a. an den Bewilligungswerber sowie an die Nachbarn) wurden nicht vom Bürgermeister (handschriftlich oder elektronisch) unterfertigt. Lediglich auf den Einreichplänen findet sich beim Genehmigungsvermerk die Originalunterschrift des Bürgermeisters.
Gegen diese als Bescheid bezeichnete Erledigung erhob Herr Dr. AA mit der mit 14.12.2017 datierten Eingabe fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol. Die Beschwerde samt behördlichem Akt wurde dem erkennenden Gericht mit Schreiben der belangten Behörde vom 21.12.2017 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Rechtslage:
1. Die hier relevanten Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl 1991/51 (WV) idF BGBl I 2013/161 (AVG) lauten wie folgt:
„§ 18
(1) ...
(2) ...
(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.
(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.
(5) ...
§ 58
(1) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.
(2) Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.
(3) Im Übrigen gilt auch für Bescheide § 18 Abs 4.“
2. Maßgeblich sind auch folgende Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz BGBl 2013/33 idF BGBl I 2015/82 (VwGVG):
„§ 27
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
§ 31
(1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
…“
III. Erwägungen:
Nach der feststehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist jede behördliche Erledigung zu genehmigen, und zwar durch die Unterschrift eines hiezu berufenen Organwalters, was der allgemeinen Einsicht entspricht, dass die Rechtsordnung durch Menschen erzeugt und vollzogen wird, zumal auch nur auf diese Weise eine Verantwortlichkeit für die Führung der Verwaltung bestehen kann. Es wird der wichtige Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass die Identität des Menschen, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss (vgl. VwGH 24.10.2007, 2007/21/0216; 28.04.2008, 2007/12/0168).
Gemäß § 18 Abs 3 AVG muss jede schriftliche Erledigung durch die Unterschrift genehmigt und einem bestimmten Organwalter zurechenbar sein, andernfalls kommt eine Erledigung einer Behörde nicht zustande (vgl. VwGH 29.11.2011, 2010/10/0252). Im Fall einer elektronischen Erledigung kann an die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Genehmigenden und der Authentizität der Erledigung treten.
Auch der automationsunterstützte Bescheid muss tatsächlich von der Verwaltungsbehörde veranlasst worden sein und muss die nach außen in Erscheinung tretende Behördenerledigung in jedem Einzelfall auf den Willen des durch das Gesetz zur Entscheidung berufenen Organs zurückführbar sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung des zuständigen Organwalters, liegt kein Bescheid vor (vgl. VwGH 15.10.2014, Ra 2014/08/0009).
Im gegenständlichen Fall wurde unter der als Bescheid bezeichneten Erledigung zwar die Fertigungsklausel „Der Bürgermeister - Dr. DD“ angebracht, dies allerdings ohne jegliche Fertigung durch den Bürgermeister - weder handschriftlich noch elektronisch.
Die darunter elektronisch aufgebrachte Fertigung samt Amtssignatur lautet auf den Namen des Amtsleiters MBA CC.
Zuständige Behörde für die gegenständliche Rechtssache ist gemäß § 53 Abs 1 TBO 2011 der Bürgermeister. Gegenständlich liegt jedoch eine entsprechende Genehmigung der in Beschwerde gezogenen Erledigung durch den Bürgermeister nicht vor. Der in der Fertigungsklausel angeführte Name des Genehmigenden (Bürgermeister Dr. DD) ist nicht der Name der Person, die den Bescheid (hier elektronisch) unterfertigt hat. Mangels einer solchen Genehmigung fehlt es der in Prüfung stehenden Erledigung an der Bescheidqualität (VwGH 21.9.1993, 93/04/0151 mwH, Hengstschläger/Leeb, AVG § 18 Rz 23 (Stand 1.1.2014, rdb.at).
Selbst wenn der Amtsleiter eine entsprechende Approbationsbefugnis zur Genehmigung der bekämpften Erledigung haben sollte, würde dies am Verfahrensergebnis in keiner Weise etwas ändern. In diesem Fall hätte dieser Umstand auch in der Fertigungsklausel zum Ausdruck gebracht werden müssen, etwa mit der Wendung „Für den Bürgermeister – Der Amtsleiter MBA CC“ oder mit den Worten „Der Bürgermeister: Im Auftrag (i.A.) – Der Amtsleiter MBA CC“. Eine andere zulässige Variante wäre selbstredend die Fertigung (handschriftlich oder elektronisch) der Erledigung durch den Bürgermeister selbst gewesen.
Im vorliegenden Fall bleibt letztlich auch unklar, von welchem Genehmigenden die als Bescheid bezeichnete Erledigung stammt bzw welcher Person – dem Bürgermeister oder dem Amtsleiter - die Erledigung zuzurechnen ist.
Aus den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sowie der dazu zitierten Judikatur ergibt sich aber, dass es für den Adressaten einer behördlichen Erledigung klar und eindeutig erkennbar sein muss, von welcher konkreten Person die Erledigung stammt, widrigenfalls eben ein Bescheid nicht angenommen werden kann (vgl. dazu auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 10 (Stand 1.7.2005, rdb.at), siehe auch LVwG-Tirol 20.06.2014, LVwG-2014/32/1524-03).
Aufgrund dieser Erwägungen steht für das erkennende Gericht fest, dass dem vorliegenden behördlichen Schriftstück keine Bescheidqualität zukommt und es sich dabei um einen sogenannten Nichtbescheid handelt, welcher gegenüber dem Adressaten, u.a. dem Beschwerdeführer, keine Rechtswirksamkeit entfalten konnte. Daher war die Beschwerde mangels rechtsgültigen Bescheids als unzulässig zurückzuweisen.
Daran vermag auch nichts zu ändern, dass der Bürgermeister die Einreichpläne mit seiner Originalunterschrift unterfertigt hat. Einerseits kann eine derartige Unterfertigung von Beilagen zu Bescheiden den eigentlichen Bescheid nie ersetzen (VwGH 22.2.1996, 96/06/0009), andererseits ist darauf hinzuweisen, dass Beilagen, auf die im Bescheidspruch verwiesen wird, einer gesonderten Fertigung durch den die Erledigung Genehmigenden überhaupt nicht bedürfen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 18, Rz 14 (Stand 1.1.2014, rdb.at), mwH). Einzig in jener Fallkonstellation, dass der Bürgermeister die Ausfertigungen, mithin also die Bekanntgabe der Erledigung an die Parteien des Verfahrens nach § 18 Abs 4 AVG, (handschriftlich – eine elektronische Fertigung kommt wohl dann nicht in Frage, wenn die Erledigung bereits vom Amtsleiter elektronisch gefertigt wurde) unterschrieben hätte, könnte der oben beschriebene Mangel der Erledigung geheilt werden, zumal die Erzeugung einer Erledigung nicht nur in einem zweistufigen Vorgang, in welchem zunächst die Urschrift und in der Folge hievon Ausfertigungen erstellt werden, sondern auch einstufig in Form einer Erledigung erfolgen kann, die allen gesetzlichen Anforderungen (des § 18 Abs 3 und 4 AVG) genügt und der Partei zugestellt wird, während lediglich die Durchschrift im Akt verbleibt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 18, Rz 12 (Stand 1.1.2014, rdb.at), mit Zahlreichen Hinweisen auf die Judikatur des VwGH). Dies ist gegenständlich jedoch nicht erfolgt (Tel. mit dem Amtsleiter vom 4.1.2018).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Franz Triendl
(Richter)
Schlagworte
Baubewilligung; Behörde; Fertigungsklausel; Fertigung; Genehmigender; absolute Nichtigkeit;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.22.2907.1Zuletzt aktualisiert am
16.01.2018