TE Vwgh Beschluss 2000/6/7 2000/01/0150

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Veröffentlicht am 07.06.2000
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Index

L10013 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt
Niederösterreich;
L70453 Buschenschank Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §1;
BuschenschankG NÖ 1974 §12;
BuschenschankG NÖ 1974 §9;
B-VG Art118 Abs2;
GdO NÖ 1973 §39 Abs1;
GdO NÖ 1973 §60 Abs3;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Pelant und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der Marktgemeinde P, vertreten durch Dr. Heinz Wille, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Ferstelgasse 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. Februar 2000, Zl. WST1-B-97106/1, betreffend Untersagung der Ausübung des Buschenschankes (mitbeteiligte Parteien: E und EM in P), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 28. Juni 1999 wurde den Mitbeteiligten die Ausübung des Buschenschankes an einem Standort in Perchtoldsdorf für den Zeitraum ab 1. Juli 1999 untersagt. Die Mitbeteiligten erhoben Berufung. Mit Bescheid vom 7. September 1999 bestätigte die Bezirkshauptmannschaft Mödling den Erstbescheid.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Mitbeteiligten Berufung. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. Februar 2000 wurde der letztgenannte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 7. September 1999 gemäß § 66 Abs. 4 AVG und § 60 Abs. 3 Niederösterreichische Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000 - Nö GO -, ersatzlos behoben.

Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde der "Marktgemeinde Perchtoldsdorf" erweist sich als unzulässig.

Die Marktgemeinde Perchtoldsdorf erachtet sich "in ihrem subjektiven Recht auf Selbstverwaltung und Gesetzmäßigkeit der Staatsaufgaben durch den bekämpften Bescheid verletzt, weil sie ein subjektives Recht darauf hat, dass die von ihr rechtsrichtig erlassenen Bescheide rechtlichen Bestand haben".

Gegenstand des Niederösterreichischen Buschenschankgesetzes, LGBl. 7045, ist die Regelung des Ausschankes von selbst erzeugtem Wein. Dieses Gesetz enthält insbesondere die Umschreibung der Ausschankberechtigung, die Festsetzung der für die jeweilige Ausübung erforderlichen behördlichen Anmeldung, die von einem Buschenschanklokal zu erfüllenden Voraussetzungen insbesondere auch in bau-, gesundheits- und feuerpolizeilicher Hinsicht und die Regelung der Betriebszeiten. Gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. hat die Gemeinde die Ausübung des Buschenschankes binnen einer Woche nach Einlangen der Anmeldung desselben zu untersagen, wenn dessen Ausübung im Sinne der §§ 1 bis 8 Hindernisse entgegenstehen. Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen kann die Gemeinde die Ausübung des Buschenschankes jederzeit untersagen, wenn ein Umstand eintritt oder hervorkommt, der gemäß Abs. 1 zur Untersagung verpflichtet hätte.

Gemäß § 13 Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde im Falle einer Bestrafung nach § 13 Abs. 1 leg. cit. oder wegen unbefugter Ausübung des Gast- und Schankgewerbes dem Buschenschenker die Ausübung des Buschenschankes entweder auf die Dauer des jeweils laufenden Buschenschankes oder auch für einen nach Monaten oder Jahren zu bemessenden Zeitraum zu untersagen, wenn Umstände vorliegen, die eine Wiederholungsgefahr erkennen lassen. Von der Untersagung ist die Gemeinde zu verständigen.

Gemäß § 12 leg. cit. sind die von der Gemeinde gemäß § 6 Abs. 2 und § 7 Abs. 3 zu besorgenden Aufgaben solche des eigenen Wirkungsbereiches.

Im gegenständlichen Fall beruhte der Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 28. Juni 1999 auf § 9 Abs. 2 Nö BuschenschankG. Denn die Heranziehung des § 13 Abs. 2 leg. cit. scheidet schon aus dem Grund aus, dass Strafbehörde bei Übertretungen dieses Landesgesetzes nicht die Gemeinde sein kann, sondern - im konkreten Fall - die Bezirkshauptmannschaft Mödling. Daher ist auch die Untersagung des Buschenschankes im Falle des § 13 Abs. 2 leg. cit. nicht von der Gemeinde auszusprechen. § 13 Abs. 2 leg. cit. macht dies mit seinem letzten Satz zusätzlich deutlich, als von der Untersagung die Gemeinde "zu verständigen" ist.

§ 9 ist jedoch nicht unter jenen Normen genannt, welche die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu vollziehen hat. Gemäß § 118 Abs. 2 B-VG sind Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ausdrücklich als solche zu bezeichnen. Angelegenheiten, die in einem Gesetz nicht als solche des eigenen Wirkungsbereiches bezeichnet sind, sind von der Gemeinde im übertragenen Wirkungsbereich zu vollziehen. Damit ist aber grundsätzlich noch nicht klargestellt, dass eine solche Regelung auch verfassungsgerecht ist. Denn wäre eine Bestimmung, deren Vollzug ausschließlich ober überwiegend im Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet wäre, durch die Gemeinde innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden, nicht genannt, so stellte sich die gesetzliche Normierung als verfassungswidrig dar. Der Verwaltungsgerichtshof geht jedoch davon aus, dass § 9 Nö BuschenschankG keine solche Regelung beinhaltet, deren Vollziehung ausschließlich oder überwiegend gemeindeeigenen Interessen dient. Denn die Untersagung der Buschenschank nach § 9 Nö BuschenschankG dient überwiegend überörtlichen Interessen, wie beispielsweise der Einhaltung der in den §§ 1 bis 8 Nö BuschenschankG enthaltenen Abgrenzungsbestimmungen zur Ausübung des Gast- und Schankgewerbes im Sinne der Gewerbeordnung.

Der Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Perchtoldsdorf vom 28. Juni 1999 erging sohin im übertragenen Wirkungsbereich, und zwar in einer Angelegenheit, die nach Maßgabe des Nö BuschenschankG, eines Landesgesetzes, im Auftrag und nach den Weisungen des Landes (§ 34 Nö GO, übertragener Wirkungsbereich) zu vollziehen ist.

Gemäß § 39 Abs. 1 Nö GO werden die Angelegenheiten des vom Land übertragenen Wirkungsbereiches vom Bürgermeister besorgt.

Gemäß § 60 Abs. 3 Nö GO steht der Partei in den Angelegenheiten des vom Land übertragenen Wirkungsbereiches das Recht der Berufung an die Bezirksverwaltungsbehörde und in weiterer Folge an die Landesregierung zu, falls die Verwaltungsvorschriften keine besonderen Bestimmungen über das Recht zur Einbringung eines Rechtsmittels und den Instanzenzug enthalten.

Mit diesen landesgesetzlichen Bestimmungen wird daher zwar die Kompetenz zur Entscheidung über die Untersagung des Buschenschankes in erster Instanz dem Bürgermeister zugewiesen. Damit wird aber kein Recht der Gemeinde begründet, sondern eine Zuständigkeit eines ihrer Organe, welches im übertragenen Wirkungsbereich zu handeln hat.

Das von der beschwerdeführenden Partei als verletzt erachtete Recht existiert daher nicht.

Durch die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG), wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet, wobei durch die ausdrückliche und unmissverständliche Bezeichnung des Beschwerdepunktes dieser einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich ist (vgl. die hg. Beschlüsse vom 4. September 1995, Zl. 95/10/0119, vom 6. Mai 1996, Zl. 96/10/0014, u. v.a.).

Räumt die Rechtsordnung das in der Beschwerde als verletzt bezeichnete Recht dem Beschwerdeführer gar nicht ein, so fehlt es an der Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid und die Beschwerde ist als unzulässig zurückzuweisen (vgl. den hg. Beschluss vom 11. März 1997, Zl. 96/07/0217, u.v.a.).

Aus den dargestellten Gründen erweist sich die Beschwerde als unzulässig, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen war.

Wien, am 7. Juni 2000

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION sachliche Zuständigkeit in einzelnen Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000010150.X00

Im RIS seit

02.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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