TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/8 I419 2181675-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.01.2018
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Entscheidungsdatum

08.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

I419 2181675-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. TUNESIEN, vertreten durch VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 01.12.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass der Spruchpunkt III des bekämpften Bescheids zu lauten hat:

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 22.11.2017, als er bei einer fremdenpolizeilichen Kontrolle auf der Straße aufgegriffen wurde, einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit wirtschaftlichen Motiven begründete. In der Erstbefragung gab er als Fluchtgrund an, in Tunesien habe "man keine Hoffnung[,] gut zu leben", und erklärte auf die Frage nach einem bestimmten Reiseziel beim Verlassen seines Herkunftsstaates und den Grund dafür: "Hauptsächlich Österreich und Deutschland, weil ich eine Arbeit suche." Aktuell sei das Ziel aus diesem Grund Österreich. In Italien, wo er sich die beiden Vormonate aufgehalten habe, wolle er nicht bleiben. Im Fall der Rückkehr werde er festgenommen werden und ins Gefängnis kommen. Unmenschliche Behandlung, Folter oder Todesstrafe drohten ihm nicht, auch keine anderen Sanktionen außer dem Gefängnis.

In der niederschriftlichen Einvernahme gab er an, er habe 2012 und 2013 für eine namentlich genannte Elektronikfirma gearbeitet und Bauteile für Fernseher angefertigt. 2014 sei er im Call Center eines ebenfalls genannten Mobilfunkanbieters tätig gewesen, anschließend als Gelegenheitsarbeiter in der Baubranche bis zu seiner Ausreise am 27.09.2017.

Die Baufirmen hätten ihn nicht angemeldet, um Lohnnebenkosten zu sparen, Mitarbeiter würden oft nach neun Monaten gekündigt, da man erst nach einem Jahr "normal angestellt" sei. Als Gelegenheitsarbeiter werde man auch von der Polizei bei der "Schwarzarbeit" erwischt. Obwohl er viele Bewerbungen geschrieben habe, habe er keine Zusage erhalten, weshalb er, da er nicht arbeitslos bleiben wolle, sich entschieden habe, woanders zu arbeiten.

Früher sei Libyen ein Land gewesen, wo Tunesier gleich beschäftigt worden seien, ihm sei nur die eine Hoffnung geblieben, "nach Europa zu reisen um Arbeit zu finden und eine Zukunft zu ermöglichen". Das seien seine Beweggründe. Befragt ergänzte er noch, in seiner namentlich genannten Heimatstadt sei die Arbeitslosigkeit noch höher als in anderen Regionen, in Tourismusregionen hätten viele Hotels und Geschäfte zugesperrt, und er habe auch keine Hoffnung in einer beruflichen Anpassung gesehen. Er habe sein "Glück hier versuchen" wollen.

Er sei nie aufgrund Nationalität oder politischer Einstellung verfolgt worden und habe mit staatlichen Einrichtungen nie Probleme gehabt.

2. Mit dem bekämpften Bescheid wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz betreffend die Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Tunesien (Spruchpunkt II) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" erteilt (Spruchpunkt III), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig sei (Spruchpunkt V) und die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen betrage (Spruchpunkt VI), sowie einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII).

3. In der Beschwerde wird geltend gemacht, der Beschwerdeführer habe mit seinem Vorbringen seiner Ansicht nach einen Fluchtgrund dargetan, das BFA habe es hingegen verabsäumt, "den vorgebrachten Hinweisen" weiter nachzugehen.

In Tunesien drohe dem Beschwerdeführer eine reale Verletzung der Artikel 2 und 3 der EMRK, eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit als Zivilist infolge willkürlicher Gewalt in einem innerstaatlichen Konflikt, und die Gefahr einer aussichtslosen Lage. Er wäre bei einer Rückkehr "einem Klima ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbaren Einschränkungen sowie einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt".

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Tunesien der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Moslem. Seine Identität steht nicht fest. Er hat keine Unterhaltspflichten.

Er reiste Ende September 2017 illegal ohne gültiges Reisedokument nach Italien aus und gelangte von dort nach Österreich. Er hält sich seit mindestens 22.11.2017 in Österreich auf und hat am 29.11.2017 einen Deutschkurs begonnen.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Seine Familie, Vater, vier verheiratete Schwestern zwischen Anfang 20 und Anfang 30, drei Brüder zwischen Mitte 30 und Ende 40, zwei davon verheiratet, einer ledig, sowie 13 Nichten und Neffen, lebt in Tunesien, eine Cousine und ein Cousin leben in Frankreich. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Er hat im Herkunftsstaat bis er 18 war zwölf Jahre die Schule besucht und die Reifeprüfung an einer Handelsakademie abgelegt. Er spricht Arabisch als Muttersprache und – nach seinen Angaben exzellent – Französisch. Er arbeitete in der Elektroindustrie, im Dienstleistungssektor und auf Baustellen bis zu seiner Ausreise. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Tunesien hat er die Möglichkeit, auch künftig im dortigen Arbeitsmarkt Beschäftigung zu finden.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Er weist hier keine Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf, geht keiner Beschäftigung nach und ist nicht vorbestraft.

1.2 Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer erstattete kein substantiiertes Vorbringen über eine ihm drohende Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr. Auch sonst ergaben sich im Verfahren keine diesbezüglichen Hinweise.

Es kann nicht festgestellt werden, dass er in Tunesien aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde. Festgestellt wird dagegen, dass der Beschwerdeführer aus nicht asylrelevanten wirtschaftlichen Gründen seine Heimat verlassen hat.

Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Dem Beschwerdeführer drohen nach seiner Rückkehr keine Verletzung der EMRK, keine ausweglose Lage und keine willkürliche oder strukturelle Gewalt.

1.3 Zur Lage in Tunesien:

Tunesien ist nach § 1 Z. 11 HStV ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG. Betreffend die aktuelle Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Tunesien mit Stand 21.07.2017 zitiert. Der Beschwerdeführer hatte dieses vollständig mit der Ladung vor seiner Einvernahme erhalten und dazu keine Stellungnahme abgegeben. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Gericht sich diesen Ausführungen des BFA vollinhaltlich anschließt und sie auch zu den seinen erhebt.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers und zur Lage von Rückkehrenden ist demnach fest-zustellen:

1.3.1 Grundversorgung und Wirtschaft

Die Grundversorgung der Bevölkerung gilt als gut (AA 16.1.2017). Tunesien verfügt über eine moderne Wirtschaftsstruktur auf marktwirtschaftlicher Basis sowie wichtige Standortvorteile: Ein hoher Industrialisierungsgrad, gute Infrastruktur, Nähe zu Europa sowie qualifizierte Arbeitskräfte und Steuervorteile für Exportbetriebe ("Offshore-Sektor"). Den größten Anteil am Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet der Dienstleistungssektor (ca. 50% aller Erwerbstätigen), gefolgt von der Industrie (32%) und der Landwirtschaft (ca. 25%). Das Land hat sich durch die Förderung des privaten Sektors und die Integration in die Weltwirtschaft eine gute Position in der Region erarbeitet. Die wirtschaftliche Öffnung hat Tunesien ein solides Wachstum und hohe Direktinvestitionen aus dem Ausland beschert (AA 3.2016). Seit der Revolution kam es zu einer markanten Verschlechterung der sozialen und wirtschaftlichen Lage. Die Gründe dafür liegen in der fehlenden Staatsgewalt und im fehlenden Investitionsvolumen. Nach dem Umbruch ging der Tourismus, einer der wichtigsten Arbeitgeber und Devisenbringer des Landes, um mehr als 50% zurück. Hinzu kommt der Kaufkraftverlust der Bevölkerung bedingt durch Inflation und Abwertung des nicht konvertierbaren Tunesischen Dinar (ÖB 11.2016).

Die größten Herausforderungen liegen in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Beschäftigungsförderung, der Verbesserung der arbeitsmarktorientierten Aus- und Fortbildung, sowie der Erhöhung des Investitionsniveaus im privaten und öffentlichen Sektor (AA 3.2016). Die Arbeitslosigkeit bewegt sich zwischen 15 und 16 Prozent, wobei junge Menschen, Frauen, Akademiker und die benachteiligten Regionen im Binnenland überproportional betroffen sind (AA 3.2016; vgl. GIZ 5.2017). Um regionalen Ungleichheiten zu begegnen, hat Tunesien ein ambitioniertes Programm zur Regionalentwicklung vorgelegt (AA 3.2016). Der staatliche Mindestlohn wurde nach der Revolution von 225 auf 380 Dinar monatlich (umgerechnet knapp 150 Euro) angehoben. Dies genügt kaum, um den Lebensunterhalt einer Person zu decken, geschweige denn davon eine Familie zu ernähren. Laut einer aktuellen Untersuchung des Sozialministeriums leben rund 24% der Bevölkerung in Armut, d. h. sie leben von weniger als dem staatlichen Mindestlohn (GIZ 5.2017).

Fast ein Viertel der Bevölkerung, vor allem auf dem Land, lebt in Armut. Nichtsdestotrotz verfügt das Land über eine relativ breite, weit definierte Mittelschicht aus selbständigen Kleinunternehmern, Angestellten und Beamten (deren Einkommen vergleichsweise niedrig ist) und einer schmalen Oberschicht. Diese spaltet sich in alteingesessenes Bildungsbürgertum und ökonomische Elite (GIZ 6.2017b).

In Tunesien gibt es ein gewisses strukturiertes Sozialsystem. Es bietet zwar keine großzügigen Leistungen, stellt aber dennoch einen gewissen Basis-Schutz für Bedürftige, Alte und Kranke dar. Der Deckungsgrad beträgt 95%. Folgende staatlichen Hilfen werden angeboten: Rente, Arbeitslosengeld, Kindergeld, Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Sterbegeld, Witwenrente, Waisenrente, Invalidenrente, Hilfen für arme Familien, Erstattung der Sach- und Personalkosten bei Krankenbehandlung, Kredite für Familien (ÖB 11.2016).

Es existiert ein an ein sozialversichertes Beschäftigungsverhältnis geknüpftes Kranken- und Rentenversicherungssystem (CNAM und CNSS). Nahezu alle Bürger finden Zugang zum Gesundheitssystem. Die Regelungen der Familienmitversicherung sind großzügig und umfassen sowohl Ehepartner, als auch Kinder und sogar Eltern der Versicherten. Allerdings gibt es keine allgemeine Grundversorgung oder Sozialhilfe. Die mit Arbeitslosigkeit verbundenen Lasten müssen überwiegend durch den traditionellen Verband der Großfamilie aufgefangen werden, deren Zusammenhalt allerdings schwindet. Es gibt keine speziellen Hilfsangebote für Rückkehrer. Die aktuelle Regierung hat zur Verbesserung der Grundversorgung der Bevölkerung in den armen Gegenden des Südens und des Landesinnern eine Umwidmung der staatlichen Ausgabenprogramme weg vom gut entwickelten Küstenstreifen hin zu den rückständigeren Regionen vorgenommen (AA 16.1.2017).

1.3.2 Rückkehr

Soweit der Botschaft bekannt, werden zurückgeführte tunesische Staatsangehörige nach Übernahme durch die tunesische Grenzpolizei einzeln befragt und es erfolgt ein Abgleich mit den örtlichen erkennungsdienstlichen Registern. Sofern keine innerstaatlichen strafrechtlich relevanten Erkenntnisse vorliegen, erfolgt anschließend eine reguläre Einreise. Hinweise darauf, dass, wie früher üblich, den Rückgeführten nach Einreise der Pass entzogen und erst nach langer Wartezeit wieder ausgehändigt wird, liegen nicht vor. An der zugrundeliegenden Gesetzeslage für die strafrechtliche Behandlung von Rückkehrern hat sich indes nach Kenntnis des Auswärtigen Amts nichts geändert. Sollte ein zurückgeführter tunesischer Staatsangehöriger sein Land illegal verlassen haben, ist mit einer Anwendung der Strafbestimmung in § 35 des Gesetzes Nr. 40 vom 14.5.1975 zu rechnen: "Jeder Tunesier, der beabsichtigt, ohne offizielles Reisedokument das tunesische Territorium zu verlassen oder zu betreten, wird mit einer Gefängnisstrafe zwischen 15 Tagen und sechs Monaten sowie einer Geldstrafe zwischen 30 DT und 120 DT (ca. 15 bzw. 60 Euro) oder zu einer der beiden Strafarten verurteilt. Bei Wiederholung der Tat (Rückfälligkeit) kann sich das im vorhergehenden Absatz aufgeführte Strafmaß für den Täter verdoppeln. Die in diesem Paragraphen aufgeführten Strafen kommen jedoch nicht zur Anwendung bei Personen, die das tunesische Territorium aufgrund höherer Gewalt oder besonderer Umstände ohne Reisedokument betreten." (AA 16.1.2017).

Eine "Bescheinigung des Genusses der Generalamnestie" wird auf Antrag vom Justizministerium ausgestellt und gilt als Nachweis, dass die in dieser Bescheinigung ausdrücklich aufgeführten Verurteilungen - kraft Gesetz - erloschen sind. Eventuelle andere, nicht aufgeführte zivil- oder strafrechtliche Verurteilungen bleiben unberührt. Um zweifelsfrei festzustellen, ob gegen eine Person weitere Strafverfahren oder Verurteilungen vorliegen, kann ein Führungszeugnis (das sog. "Bulletin Numéro 3") beantragt werden (AA 16.1.2017).

Seit der Revolution 2011 sind tausende Tunesier illegal emigriert. Vor allem junge Tunesier haben nach der Revolution das Land verlassen, kehren nun teilweise zurück und finden so gut wie keine staatliche Unterstützung zur Reintegration. Eine kontinuierliche Quelle der Spannung ist die Diskrepanz zwischen starkem Migrationsdruck und limitierten legalen Migrationskanälen. Die Reintegration tunesischer Migranten wird durch eine Reihe von Projekten von IOM unterstützt. Sowohl IOM als auch UNHCR übernehmen die Registrierung, Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in Tunesien. Finanzielle Hilfe dafür kommt hauptsächlich von der EU, sowie aus humanitären Programmen der Schweiz und Norwegens. Die Schweiz ist dabei einer der größten Geber und verfügt über 2 Entwicklungshilfebüros vor Ort. Wesentlich für eine erfolgreiche Reintegration ist es, rückkehrenden Migranten zu ermöglichen, eine Lebensgrundlage aufzubauen. Rückkehrprojekte umfassen z.B. Unterstützung beim Aufbau von Mikrobetrieben, oder im Bereich der Landwirtschaft. Als zweite Institution ist das ICMPD seit 10. Juni 2015 offizieller Partner in Tunesien im Rahmen des sog. "Dialog Süd" – Programms (EUROMED Migrationsprogramm) (ÖB 11.2016).

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Gericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der vom BFA vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Der Beschwerde sind keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, die geeignet wären, die getroffenen Feststellungen infrage zu stellen. Die Beschwerdeschrift enthält keinerlei entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen. Sie entspricht mit Ausnahme der Personen-, Behörden- und Kalenderdaten wörtlich jener im Verfahren I419 2166544, bei dem es um einen Staatsangehörigen Algeriens ging.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des Beschwerde-führers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde und in der Beschwerde, die Fest-stellungen zu den familiären Verhältnissen auf die unbedenklichen Angaben im Verwaltungsverfahren.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gründen sich auf seine eigenen, unbedenklichen Angaben.

Da der Beschwerdeführer nicht imstande oder nicht willens war, identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest. Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Strafregister, jene zu seiner Nicht-Beschäftigung aus dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung und seinen Angaben.

2.3 Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Die vorgebrachten Gründe (volkswirtschaftlich schlechte Situation, Arbeitslosigkeit, Fehlen qualifizierter Arbeit) entfalten, wie in der rechtlichen Würdigung dargelegt wird, keine Asylrelevanz.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher – wie auch schon die belangte Behörde – zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung oder Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.

Es ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig nachvollziehbar, dass die belangte Behörde dieses Fluchtvorbringen als nicht asylrelevant einstuft. Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde in keiner Weise entgegen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an. Damit sind die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht dieser anschließt.

Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegen trat und sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpfte, seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten und sie in seiner Beschwerde geltend zu machen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.

2.4 Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Tunesien samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

In der Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergaben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):

3.1.1 Nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass die geschilderten ökonomischen Schwierigkeiten keine asylrelevante Intensität erreichen. Die wirtschaftliche Benachteiligung einer bestimmten, beispielsweise ethnischen Gruppe, die den Angehörigen dieser Gruppe jegliche Existenzgrundlage entzieht, kann grundsätzlich als "reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse" (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174) asylrelevant sein, wurde aber in dieser Intensität weder substantiiert behauptet noch von Amts wegen festgestellt.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):

3.2.1 Nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn der Antrag in Bezug auf den Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

Das Beschwerdevorbringen beinhaltet die Behauptung "einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen", welchen der Beschwerdeführer nach Rückkehr ausgesetzt wäre, bleibt aber die Angabe schuldig, welche konkreten Rechte wodurch beeinträchtigt oder verletzt wären. Das gilt auch für das Vorbringen, dass er "in eine ausweglose Lage geraten würde", weil auch dazu keinerlei Konkretisierung ausgeführt wird, was angesichts der konträren Feststellungen des bekämpften Bescheids erwartet werden müsste.

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

3.2.3 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandes-schaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.

Das gilt auch dann, wenn eine Unterstützung durch die zahlreichen Angehörigen des Beschwerdeführers unterbleibt, weil er arbeitsfähig ist und auch bereits in Tunesien berufstätig war. Er wird angesichts seiner Ausbildung und seiner Sprachkenntnisse am heimatlichen Arbeitsmarkt im nötigen Ausmaß Beschäftigung finden, wenn auch vielleicht nicht qualifizierte Arbeit für einen Handelsakademiker, vielleicht auch nicht in seiner Heimatstadt, so doch jedenfalls Hilfstätigkeiten, die sein Auskommen als lediger Mann ohne Unterhaltspflichten ermöglichen.

3.2.4 Es ist dem Beschwerdeführer auch unbenommen, allenfalls Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden. Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der Spruchteil II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkte III bis V):

3.3.1 Nichterteilung eines Aufenthaltstitels

Im ersten Satz des Spruchpunkts III im angefochtenen Bescheid sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt werde. Damit war offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint. Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

3.3.2 Rückkehrentscheidung

Nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Somit ist auch im vorliegenden Fall die Rückkehrentscheidung vorgesehen.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Zur Feststellung, dass eine Abschiebung nach Tunesien zulässig ist, ist ausführen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Der Beschwerdeführer ist ausreichend gesund und daher erwerbsfähig.

Auch eine individuelle Abwägung der berührten Interessen ergibt, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Beschwerdeführer ist nach seinen Angaben am Tag der Antragstellung eingereist. Das Verwaltungsverfahren dauerte zehn Tage. Seither sind fünf Wochen vergangen. In dieser Zeit konnte keine relevante Bindung oder Beziehung aufgebaut werden.

Der Beschwerdeführer führt nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft und kein Familienleben in Österreich und hat ein solches auch nicht behauptet, sondern, dass seine einzigen in der EU sein Vetter und seine Base in Frankreich seien. Es fehlen alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter – Bindungen allenfalls hätte ergeben können. Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer gab selbst an, bis zum Erwerb einer SIM-Karte vorerst mithilfe einer Nichte und Social Media Kontakt zu seiner Familie gehabt zu haben und seine Angehörigen zu vermissen.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich oder, was erwachsene Verwandte anbelangt, auch Europa stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht ihnen das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Im konkreten Fall kommt dazu, dass der Beschwerdeführer nach seinem äußerst kurzen Aufenthalt naturgemäß keine Integrationsmerkmale aufweist, und diesen nur mittels eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz nach faktischer Einreise verwirklichen konnte.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

3.3.3 Zulässigkeit der Abschiebung

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Tunesien einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre.

Auch fehlt es an jedem Indiz, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde, in seinem Leben bedroht, in seiner Unversehrtheit beeinträchtigt oder gar getötet zu werden.

Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Tunesien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Selbst die Beschwerde belässt es beim Vorbringen, ohne dazu konkret den Feststellungen des bekämpften Bescheids mit abweichenden Tatsachen-behauptungen entgegenzutreten.

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Tunesien zumindest notdürftig leben zu können.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als in Tunesien, genügt nicht für die Annahme, er würde in Tunesien keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht in Tunesien keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Tunesien das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Eine der Abschiebung nach Tunesien entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.

Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Tunesien als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.

Die Beschwerde war daher – von der Richtigstellung im Spruchpunkt III abgesehen – auch betreffend die Spruchpunkte III bis V abzuweisen.

3.4 Zur Ausreisefrist (Spruchpunkt VI):

Das BFA hat die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgestellt, wobei es sich auf § 55 Abs. 1 bis 3 FPG bezog. Dieser Bestimmung – konkret Abs. 2 – ist zu entnehmen, dass diese Frist grundsätzlich 14 Tage beträgt, soweit nicht ausnahmsweise besondere Umstände eine längere Frist gebieten (Abs. 2 f) oder nach Abs. 1a keine solche besteht. Da keiner der Ausnahmefälle behauptet wurde oder vorlag, hat das BFA die Frist korrekt festgestellt, womit die Beschwerde auch für diesen Spruchpunkt abzuweisen war.

3.5 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VII):

Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das BFA die aufschiebende Wirkung unter anderem dann aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt (§ 18 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG). Das ist der Fall.

Die Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und jenen Österreichs ergibt schon wegen dessen äußerst kurzen Aufenthalts einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheids, sodass das BFA der Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte, zumal auch kein Grund vorlag, im Rahmen der Ermessensübung davon abzusehen.

Die Beschwerde erweist sich daher auch insoweit als unbegründet, sodass sie auch zum Spruchpunkt VII abzuweisen war.

Nach § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ein Antragsrecht, das auf diese Entscheidung gerichtet wäre, ist nicht vorgesehen. Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erweist sich damit als unzulässig, weshalb er mit Beschluss zurückzuweisen wäre, würde er nicht mit der Erlassung der vorliegenden inhaltlichen Entscheidung ohnehin gegenstandslos, zumal diese innerhalb der Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG ergeht.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist – aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Gericht rund fünf Wochen liegen – die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder

weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Relevanz wirtschaftlicher Notlagen aus Konventionssicht oder zu den Voraussetzungen der Aberkennung der Aufschiebenden Wirkung.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall, Interessenabwägung, mangelnde
Asylrelevanz, non refoulement, öffentliches Interesse,
Rückkehrentscheidung, sicherer Herkunftsstaat, wirtschaftliche
Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I419.2181675.1.00

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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