TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/9 W165 2173196-1

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Veröffentlicht am 09.01.2018
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Entscheidungsdatum

09.01.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W165 2173196-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2017, Zl. 1157736400-170746662/EASt-West, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF als unbegründet

abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Afghanistans, stellte am 26.06.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Zur Person der Beschwerdeführerin liegen EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie "2" zu Griechenland vom 09.02.2016 und der Kategorie "1" zu Deutschland vom 15.02.2016 und vom 24.03.2016 vor.

Laut Abgleichsbericht zur VIS-Abfrage wurde der Beschwerdeführerin von der französischen Vertretungsbehörde in Afghanistan / Kabul ein Schengen Visum für den Gültigkeitszeitraum 20.05.2017 bis 23.06.2017 ausgestellt.

In ihrer polizeilichen Erstbefragung am 26.06.2017 verneinte die Beschwerdeführerin an der Einvernahme hindernden oder das Asylverfahren beeinträchtigenden Beschwerden oder Krankheiten zu leiden. Sie habe ihren Herkunftsstaat am 27.05.2017 verlassen. Ihr Zielland sei Österreich gewesen, da ihre Tochter hier seit zwei Jahren als Asylwerberin lebe. Eine weitere in Deutschland lebende Tochter würde sie hassen, da diese ohne ihre Erlaubnis geheiratet habe. In Deutschland habe sie zwei Schwestern. Sie sei von ihrem Herkunftsstaat mittels Flugzeuges nach Frankreich gelangt und dort zwölf Tage bei Verwandten geblieben. Anschließend sei sie mit dem Zug nach Deutschland gefahren, wo sie sich fünf Tage bei ihrer Schwester aufgehalten habe. Schließlich sei sie mit dem Zug weiter nach Österreich gefahren und habe die Grenze illegal überschritten. Sie sei vor eineinhalb Jahren mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn illegal aus ihrem Herkunftsstaat ausgereist. Auf dem Weg nach Europa hätten sie einander verloren, sie sei sodann alleine nach Deutschland weiter gereist. In Deutschland habe sie einen Asylantrag gestellt. Sie sei depressiv gewesen und habe gedacht, dass ihre Tochter tot sei. Deshalb habe sie sich freiwillig bei der Behörde wegen einer freiwilligen Ausreise zurück nach Afghanistan gemeldet und diese sei auch erfolgt. Sie leide an schweren Krankheiten, sei müde und alt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) richtete am 12.07.2017 ein auf Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Frankreich.

Mit Schreiben vom 07.09.2017 stimmte die französische Dublin-Behörde dem Aufnahmeersuchen gem. Art 12 Abs. 4 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

In ihrer Einvernahme vor dem BFA am 21.09.2017 gab die Beschwerdeführerin an, dass es ihr gut gehe und sie der Einvernahme ohne Probleme folgen könne. Befragt, ob sie an irgendwelchen schwerwiegenden Krankheiten leide, gab die Beschwerdeführerin zu Protokoll, dass sie in Afghanistan alleine gewesen sei und Depressionen bekommen habe. Sie habe ihre Tochter suchen und fliehen müssen. Sie befinde sich derzeit in Behandlung. Sie erhalte Medikamente und sei wegen psychischer Probleme in ein Krankenhaus gebracht worden. Die Frage, ob sie in Österreich jemals stationär in einem Krankenhaus aufhältig gewesen sei, wurde verneint. Auf Frage, ob sie in Österreich Verwandte oder sonstige Personen habe, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestehe, gab die Beschwerdeführerin an, dass ihre Tochter und deren Mann in Österreich leben würden. Ihre Tochter befinde sich seit ca. zwei Jahren in Österreich und habe eine weiße Karte. Sie habe ihre Tochter in Österreich für zwei Stunden am Bahnhof getroffen. Als sie noch nicht in Österreich gewesen sei, habe sie mit ihrer Tochter telefoniert. In Frankreich habe sie niemanden. Sie sei wegen ihrer Tochter nach Österreich gekommen. Sie habe ihren Herkunftsstaat bereits das zweite Mal verlassen. Auf Vorhalt, dass ein Abgleich der Fingerabdrücke ergeben habe, dass die Beschwerdeführerin bereits im Jahr 2016 in Deutschland einen Asylantrag gestellt habe, erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie ihre Tochter und die Enkelkinder verloren und gesucht habe und deshalb nach Österreich gekommen sei. Als sie ihre Tochter verloren habe, sei sie freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt. Sie sei eine alte Frau, krank und habe Fußprobleme. Auf Frage, ob es während ihres Aufenthaltes in Frankreich zu konkret sie betreffenden Vorfällen gekommen sei, erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie bei Bekannten gewohnt habe und sehr krank gewesen sei. Sie habe keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen, jedoch Beruhigungsmedikamente eingenommen.

Im Rahmen der Einvernahme wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

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ein Ambulanzbericht einer Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik vom 14.09.2017 über Ambulanzbesuche am 07.09.2017 und 14.09.2017:

Diagnosen: Anpassungsstörung. Die Pat. berichtet über eine belastende Schlaflosigkeit Pat. ist von Suizidabsichten klar und glaubhaft distanziert. Sonstiges: Schmerzen im rechten Knie mit eingeschränkter Gehfähigkeit in Abklärung, EKG vom 07.09.2017 unauffällig Therapieempfehlung: Mirtabene 30 mg 0-0-0-1/2 Steigerung auf 0-0-0-1 mit 14.09.2017, Zusätzlich 25 mg Seroquel bei Schlafproblemen (0-0-0-1), eine Psychotherapie werde empfohlen.

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ein Röntgenbefund des rechten und linken Knies vom 29.08.2017:

Ergebnis: Medial betonte Gonarthrose beidseits.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.09.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrages gem. Art 12 Abs. 4 Dublin III-VO Frankreich zuständig sei (Spruchpunkt I.). Mit Spruchpunkt II wurde gemäß § 61 Abs. Z 1 FPG idgF gegen die Beschwerdeführerin die Außerlandesbringung angeordnet und ausgesprochen, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG deren Abschiebung nach Frankreich zulässig sei.

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Frankreich wurden im angefochtenen Bescheid folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (OFPRA 11.2015; AIDA 12.2015; USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

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OFPRA – Office française de protection des réfugiés et apatrides (11.2015): Guide for Asylum Seekers in France, https://ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/guide-da-france_anglais.pdf, Zugriff 22.11.2016

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USDOS – US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 – France, https://www.ecoi.net/local_link/322531/462008_de.html, Zugriff 22.11.2016

2. Dublin-Rückkehrer

Anträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Kommt der Betreffende aus einem sicheren Herkunftsstaat, wird das beschleunigte Verfahren angewandt. Hat der Rückkehrer bereits eine endgültig negative Entscheidung der 2. Instanz (CDNA) erhalten, kann er einen Folgeantrag stellen, so dieser neue Elemente enthält. Dublin-Rückkehrer werden wie normale Asylwerber behandelt und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie alle anderen (AIDA 12.2015).

Quellen:

-

AIDA – Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

3. Non-Refoulement

Menschenrechtsgruppen kritisieren regelmäßig die strikt dem Gesetz folgende Abschiebepraxis Frankreichs (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-

USDOS – US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 – France, https://www.ecoi.net/local_link/322531/462008_de.html, Zugriff 22.11.2016

4. Versorgung

Im Rahmen der Asylreform 2015 wurden die folgenden Punkte des französischen Asylgesetzes in Hinsicht auf die Versorgung verändert:

Laut der neuen Regelung sollen die materiellen Aufnahmebedingungen an alle Asylwerber (inkl. Asylwerber im beschleunigten und im Dublin-Verfahren) angeboten werden, mit der einzigen Ausnahme, dass Antragssteller nach dem Dublin-Verfahren keinen Zugang zu Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d’Accueil pour Demandeurs d’Asile – CADA) haben. Darüber hinaus wurden neue nationale Aufnahmestrukturen eingeführt, für die das Französische Büro für Immigration und Integration (Office français de l’immigration et de l’intégration – OFII) zuständig ist. Der Fokus liegt dabei hauptsächlich auf der Unterbringung. Parallel und in Übereinstimmung mit den nationalen Aufnahmestrukturen werden regionale Vorschriften definiert und von den Präfekten in jeder Region umgesetzt. Weiters wurde eine neue Beihilfe für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d’asile – ADA) eingeführt, die die vorherige monatliche Zahlung (Allocation Mensuelle de Subsistance, AMS) bzw. die temporäre Wartezeitzulage (Allocation Temporaire d’Attente, ATA) ersetzt (AIDA 12.2015).

Asylwerber haben nur dann Zugang zum Arbeitsmarkt während des Asylverfahrens, wenn OFPRA den Asylantrag innerhalb von neun Monaten nicht bearbeitet und diese Verzögerung nicht vom Antragssteller verschuldet wurde (AIDA 12.2015; vgl. OFPRA 11.2016).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

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OFPRA – Office française de protection des réfugiés et apatrides (11.2015): Guide for Asylum Seekers in France, https://ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/guide-da-france_anglais.pdf, Zugriff 22.11.2016

4.1. Medizinische Versorgung

Eine medizinische Erstuntersuchung bei Ankunft im Unterbringungszentrum ist verpflichtend und muss laut der neuen Asylreform innerhalb von 15 Tagen durchgeführt werden (AIDA 12.2015).

Asylwerber im ordentlichen Verfahren haben Anspruch auf die allgemeine Krankenversorgung (Couverture Maladie Universelle – CMU). Wenn der Asylwerber über keine Mittel verfügt, ist dieser Zugang für ihn kostenlos. Asylwerber im beschleunigten und im Dublin-Verfahren erhalten nunmehr eine Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren und haben damit auch Zugang zur CMU (früher war ihnen nur der Zugang zur staatlichen medizinischen Hilfe (Aide Médicale d’Etat – AME) gestattet). Da die rechtlichen Bestimmungen dazu fehlen, bleibt also abzuwarten, ob diese Maßnahme tatsächlich auch in die Praxis umgesetzt wird. Zugang zur AME (nach drei Monaten Aufenthalt in Frankreich möglich) ist für AW auch weiterhin möglich, selbst wenn andere Sozialleistungen reduziert oder entzogen worden sein sollten. Während der Wartezeit auf den Zugang zu CMU oder AME besteht immer Zugang zu den sogenannten PASS-Diensten (Tages-Gesundheitszentren) der öffentlichen Spitäler. Als größte Schwierigkeiten beim Zugang zu effektiver Gesundheitsversorgung für AW werden administrative Probleme, fehlendes Wissen über die Rechte der AW und die Sprachbarriere genannt (AIDA 12.2015; vgl. OFPRA 11.2016).

Zugang zu mentaler Gesundheitsversorgung wird von der Gesetzgebung nicht explizit erwähnt, AW können aber im Rahmen der CMU oder AME theoretisch psychiatrische oder psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Viele Therapeuten nehmen jedoch keine nicht-frankophonen Patienten. Traumatisierte oder Opfer von Folter können sich von einigen NGOs betreuen lassen, die sich speziell diesen Themen widmen, z.B. Primo Levi in Paris oder die Osiris-Zentren in Marseille, Mana in Bordeaux, das Forum réfugiés-Cosi Essor-Zentrum in Lyon oder Awel in La Rochelle. Die Zahl dieser spezialisierten Zentren in Frankreich ist aber gering und ungleich verteilt und kann den wachsenden Bedarf nicht decken (AIDA 12.2015).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

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OFPRA – Office française de protection des réfugiés et apatrides (11.2015): Guide for Asylum Seekers in France, https://ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/guide-da-france_anglais.pdf, Zugriff 22.11.2016

4.2. Unterbringung

Im März 2015 standen 258 Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d’Accueil pour Demandeurs d’Asile – CADA), 1 spezielles Zentrum für UMA, 2 Transitzentren und weitere Notunterkünfte zur Verfügung. Die Gesamtaufnahmekapazität betrug ca. 48.100 Plätze. Es besteht jedoch ein kontinuierlicher Mangel an Unterkünften für Schutzsuchende. Asylwerber werden nicht immer dort untergebracht, wo sie ihren Asylantrag stellen. Sie müssen deshalb innerhalb von 5 Tagen in dem zugeteilten Unterkunftszentrum erscheinen, ansonsten werden die weiteren Beihilfen für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d’asile – ADA) entzogen.

Die Plätze in den CADA werden vom OFII zugeteilt und bis auf Personen im Dublin-Verfahren werden Asylwerber dort untergebracht. Im Jahr 2014 betrug die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im CADA ca. 534 Tage. Lehnt der Antragssteller den Platz ab, enthält er auch keine ADA. Gibt es temporär keinen Platz in einem CADA, kommt der Asylwerber auf eine Warteliste und wird in der Zwischenzeit an eine provisorische Unterbringung vermittelt. Aufgrund des Platzmangels sind die Betroffenen jedoch oft auf Nachtquartiere angewiesen oder sie werden obdachlos. Die neue Asylreform versucht diesem Phänomen gegenzusteuern. 2015 wurde die Errichtung weiterer 4.200 Plätze geplant (AIDA 12.2015).

Es gibt in Frankreich 2 Transitzentren zur temporären Erstaufnahme von Asylwerbern und ihre Verteilung im nationalen Unterbringungssystem. Das Zentrum in Villeurbanne verfügt über 220, jenes in Ctéteil über 80 Plätze. Unter bestimmten Umständen können hier auch Personen im Dublin-Verfahren oder Schnellverfahren für eine bestimmte Zeit untergebracht werden (AIDA 12.2015).

Aufgrund des Mangels an Aufnahmekapazitäten in CADA können Asylwerber auch in Notfallzentren untergebracht werden. Dabei wird es zwischen den temporären Aufnahmezentren (accueil temporaire – service de l’asile – AT-SA) und Notunterkünften für Asylwerber (hébergement d’urgence dédié aux demandeurs d’asile – HUDA) unterschieden. AT-SA verfügen über 2.800 Plätze (bis Ende 2015 sollen 4.000 zusätzliche Plätze hinzukommen. HUDA verfügen im Notfall über bis zu 19.600 Plätze (AIDA 12.2015).

In einigen Regionen entstanden in den letzten Jahren illegale Lager, etwa in Städten wie Paris, Bordeaux und Calais. Dort leben illegale Migranten, aber auch Asylwerber oft monatelang unter schlechten Bedingungen. Die meisten Personen wollen in Frankreich keinen Asylantrag stellen, sondern warten auf eine Weiterreise nach Großbritannien. Demnach haben sie aber auch keinen Zugang zur staatlichen Versorgung in Frankreich. Diese Lager werden von den Behörden immer wieder aufgelöst, aber es gibt bisher noch keine dauerhafte Lösung (AIDA 12.2015).

Mittlerweile gibt es in ganz Frankreich 450 Erstaufnahmezentren, in denen für Neuankommende aus Calais rund 7.500 Plätze zur Verfügung stehen. 85% davon wurden in Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern vor allem in bereits vorhandenen, leerstehenden Gebäuden geschaffen. Dort gibt es Unterbringung, Verpflegung und Betreuung. Nach Vorstellung des Innenministers sollen die Migranten nur wenige Monate in den Zentren verbringen, ehe sie ihren Asylantrag stellen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Situation von unbegleiteten Minderjährigen, für die ein eigener Bereich zur Registrierung geschaffen wurde. Bislang wurden über 400 Minderjährige in provisorische Zentren im Umfeld des Lagers gebracht. Gemeinsam mit den dort befindlichen 200 weiteren unbegleiteten Minderjährigen warten sie auf die Prüfung der familiären Anknüpfungspunkte nach Großbritannien. Großbritannien hat sich dazu verpflichtet, unbegleitete Minderjährige mit familiären Verbindungen zu übernehmen und bis Ende Oktober 2016 bereits rund 300 unbegleitete Minderjährige übernommen (ÖB 25.10.2016).

Wenn sich Asylsuchende aufgrund des Grenzverfahrens in den Wartezonen befinden, müssen sie dort untergebracht werden. Am Flughafen Roissy CDG gibt es 160 Plätze. In anderen Wartezonen werden Asylsuchende entweder in den naheliegenden Unterbringungsmöglichkeiten, wie einfache Hotels, oder in den Räumlichkeiten der jeweiligen Polizeistation untergebracht, solange überprüft wird, ob sie in das Land einreisen und einen Asylantrag stellen dürfen (AIDA 12.2015).

Quellen:

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AIDA – Asylum Information Database (12.2015): Country Report:

France,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_update_iv.pdf, Zugriff 22.11.2016

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ÖB Paris (25.10.2016): Auskunft der Botschaft, per E-Mail

5. Schutzberechtigte

Anerkannte Flüchtlinge bekommen einen Aufenthaltstitel mit einer Gültigkeit von zehn Jahren, subsidiär Schutzberechtigte und staatenlose Personen, denen Schutz gewährt wurde, eine für ein Jahr befristete Aufenthaltsgenehmigung, die verlängert werden kann. Nach einem dreijährigen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich kann eine Aufenthaltskarte für zehn Jahre beantragt werden. Für Schutzberechtigte besteht unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit der Familienzusammenführung. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte müssen einen Willkommens- und Integrationsvertrag (contrat d’acceuil et d’intégration – CAI) unterschreiben, welcher der Integration in die französische Gesellschaft durch maßgeschneiderte Unterstützung beim Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Bildung dient. Personen, die während des Asylverfahrens in CADA oder in einem anderen Zentrum untergebracht werden, können nach der Gewährung eine Schutzstatus drei Monate lang weiterhin dort bleiben, einmal verlängerbar mit der Zustimmung des Präfekten. Es besteht für sie jedoch auch die Möglichkeit in einem temporären Zentrum des OFII für neun Monate, mit einer Verlängerungsmöglichkeit um weitere drei Monate, untergebracht zu werden, wenn freie Plätze verfügbar sind. Schutzberechtigte haben aber auch Zugang zu Privat- und Sozialwohnungen. Der Aufenthaltstitel ermöglicht den freien Zugang zum Arbeitsmarkt, die Registrierung als arbeitsuchend, ein Beratungsgespräch und die Möglichkeit einer Schulung beim Arbeitsamt. Nach dem Asylverfahren muss die Gesundheitsbehörde über den gewährten Schutzstatus informiert werden und man erhält die Krankenversicherungskarte. Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, haben Zugang zu Sozialleistungen und verschiedenen Beihilfen in Bereichen wie Familie, Wohnraum, Bildung, Behinderung etc. Für anerkannte Flüchtlinge wird ein Reiseausweis, gültig für zwei Jahre, für subsidiär Schutzberechtigte und Staatenlose wird ein Reiseausweis, gültig für ein Jahr ausgesellt. Diese Reisedokumente lassen die Reise ins Herkunftsland nicht zu. Im Falle außergewöhnlicher Umstände (wie z.B. Tod oder schwere Krankheit eines nahen Verwandten) kann ein Antrag auf einen Kurzbesuch im Herkunftsland gestellt werden. Sollte dies genehmigt werden, darf der Schutzberechtigte für höchstens drei Monate in seinen Heimatstaat zurückkehren (OFPRA 11.2015).

Quelle:

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OFPRA – Office française de protection des réfugiés et apatrides (11.2015): Guide for Asylum Seekers in France, https://ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/guide-da-france_anglais.pdf, Zugriff 22.11.2016

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin an keinen schweren lebensbedrohlichen Krankheiten leiden würde. Zu ihren gesundheitlichen Problemen - sie hätte psychische Probleme und Schmerzen in den Knien – werde angeführt, dass nicht erkennbar sei, dass diese Probleme von lebensbedrohendem Charakter wären. Da auch in Frankreich medizinische Grundversorgung für Asylwerber ausreichend gegeben sei, könne im gegenständlichen Fall von krankheitsbedingten Abschiebehindernissen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK nicht gesprochen werden. In diesen Zusammenhang sei zu erwähnen, dass die Beschwerdeführerin trotz ihrer Behauptungen bisher eine lange und beschwerliche Reise auf sich genommen habe. Es stehe fest, dass deren gesundheitliche Probleme keinesfalls so schwerwiegend sein könnten, dass eine organisierte Überstellung nach Frankreich unmöglich wäre. Zur Begründung des Dublin-Tatbestandes wurde ausgeführt, dass die Ausstellung eines französischen Visums, gültig vom 20.05.2017 bis 23.06.2017, erhoben habe werden können und Frankreich der Aufnahme der Beschwerdeführerin gem. Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO ausdrücklich zugestimmt habe. Es liege – zumindest im Zweifel – ein familiäres Band zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer in Österreich lebenden Tochter vor, wobei jedoch nichts darauf hindeute, dass die Beschwerdeführerin im Speziellen von ihrer Tochter abhängig wäre. Von einer finanziellen Abhängigkeit könnte auch keinesfalls ausgegangen werden, da sich die Beschwerdeführerin seit ihrer Einreise in Österreich in der staatlichen Grundversorgung befinde. Es sei im Verfahren nicht hervorgekommen, dass die Beschwerdeführerin nicht mehr in der Lage wäre, alltäglichen Aktivitäten selbständig nachzugehen und deshalb Hilfe benötigen würde. Auch habe diese nie behauptet, pflegebedürftig zu sein. Eine besondere Abhängigkeit zu ihrer Tochter sei im Verfahren auch nicht hervorgekommen, zumal die Beschwerdeführerin angegeben habe, dass ihre Tochter vor ca. zwei Jahren aus dem Herkunftsstaat ausgereist sei, seitdem nur telefonischer Kontakt bestanden und sie ihre Tochter laut eigener Angabe seit ihrer Einreise nach Österreich überhaupt erst zwei Stunden gesehen habe. Ein im besonderen Maß substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung des Art. 4 GRC bzw Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich für möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 treffe zu und habe sich kein zwingender Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 26.09.2017 durch persönliche Ausfolgung zugestellt.

Gegen den Bescheid richtet sich die am 10.10.2017 fristgerecht eingebrachte Beschwerde, worin der Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten wird. Die beiden Töchter der Beschwerdeführerin würden in Europa leben, eine Tochter in Deutschland, zu der die Beschwerdeführerin keinen Kontakt mehr habe und eine Tochter in Österreich, bei welcher die Beschwerdeführerin ihren Lebensabend verbringen wolle. Die Beschwerdeführerin sei vor ihrer Flucht nach Europa in Afghanistan vollkommen auf sich alleine gestellt gewesen und nach Frankreich zu Bekannten geflogen. Der psychische Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin sei sehr schlecht und würde sich durch eine Überstellung nach Frankreich und der damit einhergehenden Unmöglichkeit, künftig bei der Tochter zu leben, weiter verschlechtern. Bereits in ihrer polizeilichen Erstbefragung habe die Beschwerdeführerin angegeben, an schweren Krankheiten zu leiden, müde und alt zu sein und unbedingt bei ihrer Tochter bleiben zu wollen. Am 14.09.2017 habe sich die Beschwerdeführerin zur ambulanten Behandlung in einem Uniklinikum befunden, in deren Zuge eine Anpassungsstörung diagnostiziert worden sei. Auch in ihrer Einvernahme vor dem BFA am 21.09.2017 habe die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, sich in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung zu befinden und wahrscheinlich bald zu sterben. Am 04.10.2017 sei die Beschwerdeführerin aufgrund von Selbst- und Fremdgefährdung in ein Universitätsklinikum gebracht worden. Sie habe einen Nervenzusammenbruch erlitten und begonnen um sich zu schlagen, sich auf den Boden zu werfen, versucht sich zu beißen und unverständliche Dinge geschrieen. Zum Beweis dafür, dass sich die Beschwerdeführerin in einer psychisch äußerst schlechten Verfassung befinde und eine Überstellung nach Frankreich zu einer weiteren Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes führen würde, werde die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachten beantragt. Nach der Judikatur des VfGH wäre im konkreten Fall eine Einzelfallprüfung zur Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführerin Frankreich eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe, erforderlich gewesen. So wie im Urteil Tarakhel wäre von den französischen Behörden eine individuelle Zusicherung über die konkrete Unterbringungs- und Versorgungssituation der Beschwerdeführerin in Frankreich einzuholen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe mit ihrer Tochter vor ihrer Flucht nach Österreich im gemeinsamen Haushalt gelebt. Die Behörde gehe fälschlicherweise davon aus, dass zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Die Behörde übersehe, dass ein Abhängigkeitsverhältnis nicht nur aus materieller Sicht beurteilt werden, sondern auch die emotionale Abhängigkeit miteinbezogen werden müsse. Die Behörde hätte zu dem Schluss kommen müssen, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Frankreich eine Verletzung ihrer durch Art. 2 und 3 EMRK und Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechte bedeuten würde. Es wäre daher vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. der Dublin III-VO Gebrauch zu machen gewesen.

Der Beschwerde war ein vorläufiger Entlassungsbrief einer Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik vom 04.10.2017 über einen stationären Aufenthalt der Beschwerdeführerin vom 03.10.2017 bis 04.10.2017 angeschlossen:

Diagnosen bei Entlassung: F43.2, Anpassungsstörung; Empfohlene

Medikation: Mirtabene 30 mg 0-0-0-1; Entlassungszustand:

Behandlungs- und Krankheitseinsicht, kein Hinweis auf Selbst- oder Selbstgefährdung, klar und glaubhaft von akuter Suizidalität distanziert; Zusammenfassung des Aufenthaltes: Die Pat. hatte zuvor im Zuge eines negativen Asylbescheids einen Nervenzusammenbruch erlitten, begonnen um sich zu schlagen, sich auf den Boden zu werfen, versucht sich selbst zu beißen und immer wieder unverständliche Dinge geschrieen. Im Verlauf bessert sich der Zustand der Patientin, sie ist psychomotorisch ruhig und freundlich zugewandt. Mirtabene wird als Antidepressiva als Therapie fortgesetzt. Die Patientin distanziert sich klar und glaubhaft von akuter Suizidalität, ist absprache- und paktfähig. Die Patientin kann am 04.10.2017 bei Wegfall der Unterbringungskriterien in das Flüchtlingsheim entlassen werden. Zum Entlassungszeitpunkt besteht keine akute Selbst- oder Fremdgefährdung. Es herrscht Absprache- und Paktfähigkeit sowie Behandlungs- und Krankheitseinsicht.

Am 18.12.2017 wurden folgende Unterlagen eingereicht:

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ein vorläufiger Entlassungsbrief einer Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik vom 05.12.2017 über einen stationären Aufenthalt der Beschwerdeführerin vom 04.12.2017 bis 05.12.2017:

Diagnosen bei Entlassung: F43.2 Anpassungsstörung; Empfohlene

Medikation: Mirtabene 30 mg 0-0-0-1; Zusammenfassung des Aufenthaltes: Die Patientin hat einen negativen Asylbescheid erhalten und ist heute von der Polizei abgeholt worden, um die Abschiebung zu vollziehen. Beim Eintreffen der Polizei erlitt die Pat. einen Nervenzusammenbruch, legte sich auf den Boden und schlug auch mit dem Kopf auf den Boden, schrie um sich und ließ sich auch nicht mehr beruhigen die Pat. ist völlig außer sich und schreit stets Allah und andere nicht verständliche Dinge in ihrer Muttersprache, worauf sie 5-Punkt fixiert werden muss. Im Rahmen des stationären Aufenthaltes stabilisierte sich der Zustand der Pat. Es gab keinen Anhaltspunkt für ein psychotisches Geschehen, vielmehr steht bei der Patientin die Verzweiflung aufgrund ihres Abschiebebescheides im Vordergrund. Nach nun Wegfall der Rückhaltegründe bei bestehender Absprache- und Paktfähigkeit und bestehender Compliance hinsichtlich Medikation kann die Pat. wieder entlassen werden. Bei Entlassung bestand keine akute Suizidalität oder Fremdgefährdung,

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ein Bericht der LPD Salzburg über die am 05.12.2017 aufgrund eines Festnahmeauftrages des BFA vollzogene Festnahme der Beschwerdeführerin.

Am 20.12.2017 wurde die Beschwerdeführerin auf dem Luftweg nach Frankreich überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Afghanistans, verließ im Mai 2017 ihren Herkunftsstaat mit dem Flugzeug nach Frankreich, wo diese zwölf Tage aufhältig war. Hierauf begab sich die Beschwerdeführerin nach Deutschland und nach fünftägigem dortigem Aufenthalt nach Österreich, wo diese am 26.06.2017 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Zur Beschwerdeführerin liegen EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie "2" zu Griechenland vom 09.02.2016 und der Kategorie "1" zu Deutschland vom 15.02.2016 und vom 24.03.2016 vor. Nach erfolgter Asylantragstellung in Deutschland hat die Beschwerdeführerin Deutschland wieder verlassen und ist freiwillig in ihren Herkunftsstaat zurückgekehrt.

Der Beschwerdeführerin wurde von der französischen Vertretungsbehörde in Kabul ein Schengen-Visum für den Gültigkeitszeitraum 20.05.2017 – 23.06.2017 ausgestellt.

Das BFA richtete am 10.07.2017 ein Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Frankreich, welchem die französische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 07.09.2017 ausdrücklich zustimmte.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Frankreich an.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführerin gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen würden, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführerin im Fall einer Überstellung nach Frankreich Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Die Beschwerdeführerin leidet an keiner akut lebensbedrohenden Erkrankung und befindet sich in keinem lebensbedrohlichen Zustand. Laut den im Verwaltungsakt einliegenden Befunden einer Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik befand sich die Beschwerdeführerin wegen einer Anpassungsstörung zwei Mal in ambulanter Behandlung und aufgrund eines nervlichen Zusammenbruches im Zusammenhang mit dem Erhalt des Abschiebebescheides bzw. der polizeilichen Festnahme zum Zwecke der Abschiebung zwei Mal in kurzer stationärer Behandlung. Weiters besteht eine Gonarthrose betreffend beide Kniegelenke.

Eine erwachsene Tochter der Beschwerdeführerin und deren Familie befindet sich seit zwei Jahren in Österreich und wurde diesen mittlerweile der Status anerkannter Flüchtlinge zuerkannt.

Ein Abhängigkeitsverhältnis zur in Österreich lebenden erwachsenen Tochter besteht nicht.

Am 20.12.2017 wurde die Beschwerdeführerin auf dem Luftweg nach Frankreich überstellt.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Einreise der Beschwerdeführerin in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und zu deren Reiseroute ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Einvernahmen.

Die Feststellung der Ausstellung eines französischen Visums für den Gültigkeitszeitraum 20.05.2017 bis 23.06.2017 ergibt sich aus dem Abgleichsbericht zur VIS-Abfrage sowie aus der ausdrücklichen Zustimmungserklärung der französischen Dublin-Behörde zur Aufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch hinreichende Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Frankreich auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das französische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens und die Versorgungs- und Sicherheitslage von Asylsuchenden in Frankreich den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan. Eine die Beschwerdeführerin konkret betreffende Bedrohungssituation in Frankreich wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen unten).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergeben sich aus deren eigenen Angaben und den vorliegenden Befunden- bzw. Entlassungsbriefen. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin ergeben sich aus der Aktenlage und aus den eigenen Angaben.

Die Feststellung der auf dem Luftweg erfolgten Überstellung der Beschwerdeführerin nach Frankreich am 20.12.2017 gründet sich auf den diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 21 Abs. 5 BFA-VG idgF lautet:

§ 21 (5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde

beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. (2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:

KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU–Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 12

Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahme

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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