TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/11 I419 2014786-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.01.2018
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Entscheidungsdatum

11.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a

Spruch

I419 2014786-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX StA. NIGERIA, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 11.08.2017, Zl. XXXX zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass der erste Satz des Spruchpunktes III wie folgt zu lauten hat:

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer nigerianischer Staatsangehörigkeit reiste illegal ein und stellte am 01.11.2014 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an, er habe sein Dorf etwa fünf Monate zuvor verlassen müssen, da sein Onkel väterlicherseits und die anderen Dorfbewohner ihn und seinen Bruder vertrieben hätten. Nach dem Tod seiner Eltern sei der Onkel hinter ihm und seinem Bruder her gewesen und habe sie hinauswerfen und töten wollen, damit ihm das ganze Erbe des Vaters gehöre.

Die folgende negative Entscheidung des BFA vom 13.11.2014 hat dieses Gericht am 09.01.2015 mit der Abweisung der dagegen erhobenen Beschwerde bestätigt.

Am 19.01.2015 wurde dem Beschwerdeführer der vorgesehene Abschiebetermin mitgeteilt.

2. Am 19.02.2015 stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, zu dem er erstbefragt angab, dass er in Österreich einen Mann kennengelernt und durch diese Freundschaft seine Homosexualität entdeckt habe. In der nigerianischen Botschaft habe man ihm gesagt, dass er wegen dieser Homosexualität in Nigeria Probleme bekommen werde.

Der Fluchtgrund sei ihm seit Jänner 2015 bekannt, er habe einen neuen Asylantrag erst stellen wollen, nachdem er gesehen habe, ob die Beziehung standhalte.

In der Einvernahme nach erfolgter Rechtsberatung ergänzte er am 30.03.2015, seinen Freund am 29.01.2015 in einem afrikanischen Restaurant in einer namentlich genannten Straße in Wien 16 kennengelernt zu haben, wo sie ihre Telefonnummern getauscht hätten. Dieser habe dann begonnen, ihn anzurufen. Am 16.02.2015 seien sie in einer afrikanischen Bar unbekannter Anschrift in Wien gewesen und hätten dort etwas getrunken. Dann, in einem Hotel, dessen Namen ihm nicht erinnerlich sei, wohin sie mit der U-Bahn zu einer namentlich genannten Station gefahren seien, hätte der erste sexuelle Kontakt stattgefunden.

Insgesamt hätten sie dreimal sexuellen Kontakt gehabt. Zuvor habe er noch keine Beziehung zu einem Mann gehabt. Die Anschrift, an der sein Freund wohne, kenne er nicht. Sie würden einander samstags und sonntags in einer afrikanischen Bar in einer namentlich genannten Straße in Wien 16 treffen, aber nicht jedes Wochenende.

Er selbst suche eine Bar in einer namentlich genannten Straße innerhalb des Gürtels auf. Den Namen der Bar kenne er nicht. Sein Freund gehe immer dorthin, und auch in ein Wettbüro in derselben Straße.

Am 15.04.2015 legte er ein Lichtbild vor, das ihn mit dem angeblichen Lebensgefährten zeigen soll, und gab dessen Vor- und Nachnamen und Geburtsdatum an.

3. Wegen Drogen- und Urkundendelikten war er in folgenden Zeiträumen inhaftiert: 19.06.2015 bis 18.11.2015, 20.01.2016 bis 29.02.2016 und 19.05.2017 bis 17.11.2017.

4. Am 10.08.2017 neuerlich einvernommen, brachte der Beschwerdeführer vor, sein Bruder sei in Griechenland ertrunken. Wie alt seine Eltern seien, könne er sich nicht erinnern. Er habe noch eine Tante, die selbständig sei und in Afrika ein Geschäft habe, jedoch zu dieser keinen Kontakt mehr.

Er sei schon in Nigeria homosexuell gewesen, habe aber, als er dort Probleme bekommen habe, "jegliche homosexuelle Handlung eingestellt". In Österreich habe er "ein neues Leben" beginnen wollen. Erst nach einiger Zeit habe er "wieder begonnen, es heimlich zu tun".

Von 2015 bis Ende 2016, als er seine jetzige mit Vornamen genannte Freundin kennengelernt habe, sei er mit dem damals genannten Mann zusammen gewesen, der aber anders heiße. Mit seinen – ebenfalls mit Vornamen genannten – nunmehrigen Lebenspartner sei er seit Anfang 2016 zusammen. Dessen Nachnamen kenne er nicht.

Sex habe er auch mit einem mit Vornamen genannten Österreicher, der Bauarbeiter sei. Diesen, der in einem Dorf außerhalb Wiens wohne, treffe er nur ab und zu.

Er lebe in einer Wohngemeinschaft mit einem Mann, der nicht sein Partner sei, und nicht bei seinem Lebenspartner. Dies deshalb, weil seine Freundin, mit der er seit über einem Jahr befreundet sei, es verhindert habe, indem sie ihm gesagt habe, er solle "damit aufhören" und den Kontakt zu seinem Partner abbrechen.

Immer, wenn ihn sein Freund besucht habe, sei sie verärgert gewesen und nicht mehr zu ihm gekommen. Sie habe auch gedroht, ihn im Herkunftsstaat deshalb zu denunzieren.

Er treffe diesen Lebenspartner täglich in einem afrikanischen Lokal oder zum Fußballschauen in einem Wettlokal. Am Ende des Tages äßen sie bei beim Genannten zuhause, danach gehe der Beschwerdeführer wieder heim. Den Familiennamen und die Adresse des Partners kenne er nicht, er wisse nur, dass es der 16. Bezirk sei.

5. Das BFA wies am 11.08.2017 mit dem nun zur Gänze bekämpften Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II) als unbegründet ab.

Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt. Dazu wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III). Mit Spruchpunkt IV wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Schließlich wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V) und mit Spruchpunkt VI gegen den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot für zehn Jahre erlassen.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde,

Diese rügt mangelhaftes Verfahren und unrichtige rechtliche Beurteilung verbunden mit den Anträgen auf Behebung und Schutzgewährung, eventualiter Erteilung eines Aufenthaltstitels "aus berücksichtigungswürdigen Gründen", Reduzierung der Dauer des Einreiseverbots oder Behebung und Zurückverweisung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zum Beschwerdeführer:

Die Identität des einkommens- und vermögenslosen Beschwerdeführers steht nicht fest. Er ist Christ und gehört der Volksgruppe der Igbo an. Außer Igbo spricht er Englisch und etwas Deutsch. Er hat keinen erfolgreichen Deutschkurs nachgewiesen. Der Beschwerdeführer kann in Nigeria auf kein familiäres Netzwerk zurückgreifen. Sein jüngerer Bruder ist auf der Flucht umgekommen.

Er ist gesund und arbeitsfähig sowie ledig und kinderlos. Im Herkunftsstaat hat er 11 Jahre die Grund- und die Sekundarschule besucht. Er hat dort als Verkäufer von elektronischen Geräten gearbeitet und dadurch seinen Lebensunterhalt finanziert. Er hat die Möglichkeit, nach seiner Rückkehr wieder am Arbeitsmarkt teilzunehmen und eine existenzsichernde Beschäftigung zu finden.

Der Beschwerdeführer übte in Österreich keine erlaubte Erwerbsarbeit aus und ist hier nicht selbsterhaltungsfähig. Er ist kein Mitglied eines Vereines oder einer sonstigen integrationsbegründenden Institution. Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Das LG XXXX hat den Beschwerdeführer am 09.02.2015 wegen der Vergehen des Unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und des versuchten Unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu 6 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die bedingt nachgesehen wurden, sowie am 24.07.2015 wegen der Vergehen des Unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und des gewerbemäßigen Unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu 15 Monaten Freiheitsstrafe, von denen 10 bedingt nachgesehen wurden, wobei die Probezeit zur vorigen Verurteilung auf 5 Jahre verlängert wurde, und am 11.02.2016 ebenfalls wegen der zuletzt genannten Vergehen zu 10 Monaten Freiheitsstrafe, wobei die bedingte Nachsicht zur vorangegangenen Verurteilung widerrufen wurde.

Das LG XXXX hat ihn am 28.02.2017 wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden zu 6 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, weil er mit einem gefälschten italienischen Personalausweis einen Flug in die Niederlande antreten wollte.

Den im ZMR dokumentierten Haftzeiten zufolge hat der Beschwerdeführer noch die beiden Freiheitsstrafen anzutreten, die aus der Verurteilung und dem Widerrufsausspruch vom 11.02.2016 resultieren.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer eine homosexuelle oder bisexuelle Neigung hat, oder ihn eine solche zum Verlassen seines Herkunftsstaats bewegt hätte.

1.2 Zum Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid wurde das bis dato aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Algerien mit Stand 07.08.2017 zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung der entscheidenden Sachverhaltselemente bekannt geworden, sodass das Gericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und sie auch zu den seinen erhebt.

Im gegebenen Zusammenhang ist davon in Bezug auf das Vorbringen des Beschwerdeführers von Bedeutung:

1.2.1 Homosexuelle

Homosexuelle Handlungen jeglicher Art sind – unabhängig vom Geschlecht der betroffenen Personen – sowohl nach säkularem Recht als auch nach Scharia-Recht (Körperstrafen bis hin zum Tod durch Steinigung in besonderen Fällen) strafbar. Homosexuelle versuchen auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen und weitverbreiteter Vorbehalte in der Bevölkerung, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen (AA 21.11.2016). Obwohl alle nigerianischen Bürger mit der Schwierigkeit konfrontiert sind, dass Förderung und Schutz ihrer Rechte gewährleistet werden sowie der Zugang zu grundlegenden Sozialdienstleistungen, haben Mitglieder der homosexuellen Gemeinschaft mit weiteren Herausforderungen zu kämpfen (TIERS 1.2017). Dabei treten Erpressung und Gewalt schon beim Verdacht auf, homosexuell zu sein (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Die meisten Menschenrechtsverletzungen gegen Homo-sexuelle gehen von nicht-staatlichen Akteuren aus (LLM 16.11.2015; vgl. MSMK 19.11.2015). Die Verfügbarkeit von staatlichem Schutz ist in Frage zu stellen, manchmal interveniert die Polizei gar nicht oder verhaftet das Opfer (MSMA 17.11.2015; vgl. DS3 18.11.2015; DS1 20.11.2015). TIERS berichtet, dass die Opfer Menschenrechtsverletzungen nicht bei der Polizei melden aus Angst vor Repressalien, Mangel an Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden, und weil die Polizei häufig selbst die Täter bei Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle sind (TIERS 1.2017).

In Nigeria ist nach der Unterzeichnung durch den Präsidenten am 7.1.2014 bundesweit der über mehrere Jahre diskutierte "Same Sex Marriage Prohibition Act" (SSMPA) in Kraft getreten (HRW 29.1.2015; vgl. CNN 16.1.2014; TT 14.1.2014). Seither ist das Eingehen homosexueller Verbindungen oder das Mitwirken daran mit bis zu 14 Jahren Haft unter Strafe gestellt. Die Organisation oder Unterstützung von Homosexuellen-Clubs, Vereinigungen oder Kundgebungen sowie öffentliches zur Schau stellen gleichgeschlechtlicher Liebesbeziehungen werden mit bis zu zehn Jahren Haft bedroht (AA 5.7.2017 vgl. HRW 20.10.2016). Laut Telegraph seien schon "Gruppen" von zwei Homosexuellen verboten (TT 14.1.2014). Human Rights Watch erklärt, dass jegliches öffentliches homosexuelles Verhalten zwischen Paaren kriminalisiert worden sei ("who directly or indirectly make public show of same-sex amorous relationship”). Auch Personen, die Zeugen, Unterstützter oder Beihelfer einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft oder Ehe sind, können mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden (HRW 15.1.2014; vgl. HRW 20.10.2016). Die Rechtsänderung hat aber bisher nicht zu einer spürbar verschärften Strafverfolgung geführt: Bisher ist es nach Kenntnis der deutschen Botschaft noch nicht zu Anklagen bzw. Verurteilungen nach dem neuen Gesetz gekommen (AA 21.11.2016). Auch Human Rights Watch hat keine Beweise dafür gefunden, dass Personen im Rahmen des SSMPA strafrechtlich verfolgt oder verurteilt wurden (HRW 20.10.2016). Laut einem Bericht von Human Rights Watch hat das Gesetz zu einer weiteren Stigmatisierung von Lesben und Schwulen in Nigeria geführt. Diese werden oftmals von der Polizei schikaniert und misshandelt und von der Bevölkerung gemobbt und per Selbstjustiz verfolgt (GIZ 7.2017b).

Seit der Unabhängigkeit Nigerias gab es nur wenige Fälle von Verurteilungen Homosexueller nach dem Strafgesetzbuch, die Zahl ist einstellig (HL1 16.11.2015). Mit der zunehmenden Öffentlichkeit im Zuge der Diskussion um den SSMPA hat sich zwar die Zahl der Verhaftungen gesteigert. Es kam aber zu keinen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. HRW 20.10.2016). Überhaupt gibt es keine systematische Verfolgung Homosexueller (DS4 20.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Die Community wird nicht überwacht (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015; DS2 19.11.2015). Die Polizei wird nicht aus eigenem Antrieb aktiv und sucht gezielt nach Homosexuellen (HL1 16.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015). Es gibt keine Haftbefehle nur aufgrund von Homosexualität – weder nach dem Strafgesetzbuch, noch nach der Scharia oder dem SSMPA (LLM 16.11.2015).

Aus dem Zeitraum 12.2014-11.2015 wurden 48 Vorfälle berichtet, in welche die Polizei involviert war, 27 davon waren willkürliche Verhaftungen. Insgesamt wurden im genannten Zeit-raum 172 Übergriffe bzw. (Menschen-)Rechtsverletzungen an Homosexuellen gemeldet. Allerdings wird davon ausgegangen, dass viele Fälle nicht erfasst wurden (TIERS 3.2016). Für das Jahr 2016 wurden von TIERS 152 Menschenrechtsverletzungen gegen LGBT-Personen gemeldet. Die meisten Übergriffe fanden in den Bundesstaaten Rivers und Lagos statt. 35 davon waren willkürliche Verhaftungen, 27 rechtswidrige Inhaftierungen, 51 Fälle von Erpressung, 33 Fälle von Körperverletzung, 21 Fälle von Diffamierung, zwölf Morddrohungen, zwei Fälle von Folter (TIERS 1.2017).

Laut TIERS gab es im Jahr 2016 auch Positives zu vermelden, so z.B. hat das NHRC öffentlich Stellung gegen Gewalt gegen Homosexuelle genommen. Auch hat sich der ehemalige Präsident, der das Gesetz unterzeichnete, von der Geisteshaltung hinter der Entstehung des Gesetzes distanziert (TIERS 1.2017; vgl. HRW 12.1.2017). Im Jänner 2016 hat der General-inspektor der Polizei Polizisten davor gewarnt, illegal auf Mobiltelefone der Bürger ohne Gerichtsbeschluss zuzugreifen. Dennoch verletzte die Polizei Privatsphäre von Homosexuellen und verwendete ihre persönlichen Daten, um sie rechtswidrig zu verhaften, damit sie dann für Geld und andere Wertsachen im Gegenzug zu ihrer Freiheit erpresst werden können (TIERS 1.2017).

Im April 2017 hat die nigerianische Polizei erklärt, dass sie in der im Norden des Landes gelegenen Stadt Zaria 53 junge Männer verhaftet hat, weil sie an einer homosexuellen Hochzeit teilgenommen hatten. Die Festgenommenen wurden laut Polizei einem Richter vorgeführt (NBC 20.4.2017). Die Männer werden wegen Verschwörung, illegaler Versammlung und Zugehörigkeit einer illegalen Gesellschaft angeklagt. Diese Straftaten verstoßen gegen den Criminal Procedure Code (PT 7.6.2017). Alle hatten sich nicht schuldig bekannt und konnten bei Zahlung einer Kaution wieder freigelassen werden (NBC 20.4.2017). Am 29.7.2017 wurden über 40 Personen festgenommen, da sie verdächtigt wurden bei einer privaten Feier in einem Hotel in Lagos homosexuelle Handlungen durchgeführt zu haben. Der erste Gerichtstermin war noch ausstehend (Reuters 31.7.2017).

Hinsichtlich des SSMPA gab es keinen Anklagen oder Verurteilungen (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; VA1 16.11.2015; DS1 20.11.2015; DS4 20.11.2015). Die Polizei verhaftet Verdächtige in erster Linie mit dem Ziel, Geld zu erpressen. Grundsätzlich kommen Verdächtige nach der Zahlung einer "Kaution" wieder frei (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Aufgrund der bei der Polizei herrschenden Korruption ist es einfach, sich aus der Haft freizukaufen (VA1 16.11.2015).

Auch für betroffene Homosexuellen-NGOs hatte der SSMPA kaum Auswirkungen, keine der Organisationen musste die Arbeit einstellen (LLM 16.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015; DS2 19.11.2015). Im Gesundheitsbereich tätige NGOs mit Fokus auf Homosexuelle (v.a. HIV/AIDS) stellten zwar Anfang 2014 kurzfristig den Betrieb ein, doch wurde dieser nach wenigen Wochen wieder aufgenommen und läuft seither wie vor Inkrafttreten des SSMPA (IO1 20.11.2015).

UK Home Office gibt an, dass es seit der Einführung des SSMPA einige Berichte über die Verhaftung von LGBT-Personen gab. Es gab auch einige Berichte über Gewalt und Schläge gegenüber den Verhafteten. Allerdings gibt es nur wenige Berichte über Verfolgung oder Verurteilung von LGBT-Personen. Es gibt nur begrenzte Anzeichen dafür, dass die Regierung gezielt gegen LGBT-Organisationen vorgehen würde; allerdings scheint es indirekte Auswirkungen auf diese Gruppen zu geben. So gibt es etwa Berichte über eine Reduzierung der Angebote bezüglich HIV/AIDS-Behandlung (UKHO 3.2015).

Die vom Home Office zitierte Homosexuellen-NGO Erasing 76 Crimes schätzt, dass sich im August 2014 23 Personen aufgrund von Homosexualität in Haft befanden. 15 weitere würden auf freiem Fuß auf ihren Prozess warten. Die NGO gibt auch an, dass es unmöglich sei, eine vollständige Liste von Personen zu erstellen, die sich aufgrund von Verstößen gegen Anti-Homosexuellen-Gesetzen in Nigeria in Haft befinden würden. Nigerianische Medien berichten oft nur von Verhaftungen, manchmal auch von der Eröffnung von Prozessen, nie aber von Urteilen bezüglich LGBT-Personen. Die gleiche NGO schätzt im Oktober 2014, dass seit der Einführung des Same Sex Marriage (Prohibition) Act in ca. vier Bundesstaaten ca. 38 Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verhaftet worden sind. Alleine im Bundesstaat Bauchi seien es zwölf (UKHO 3.2015). Das Gesetz ist vor allem unter dem Gesichtspunkt zu verstehen, dass man dem wachsenden Druck aus dem westlichen Ausland für die Gleichberechtigung Homosexueller die Stirn bieten möchte, da in Nigeria noch nie zwei Männer oder zwei Frauen versucht haben zu heiraten. Im Rahmen der Verabschiedung des Gesetzes und der negativen internationalen Reaktion kam es zu vermehrten Vorfällen von Verhaftungen und physischer Gewalt gegen vermeintlich Homosexuelle. Eine generelle "staatliche Verfolgung" ist allerdings derzeit nicht gegeben. Gesellschaftliche Diskriminierung bei offenem zur Schau stellen der sexuellen Orientierung ist vorhanden (ÖBA 9.2016).

Laut bereits bestehenden Gesetzen wird "Geschlechtsverkehr, der gegen die Ordnung der Natur geht" mit einer Haft von 14 Jahren bestraft. In den zwölf nördlichen Bundesstaaten, wo das islamische Recht in Kraft ist, werden homosexuelle Handlungen mit Haft, Stockschlägen oder Tode durch Steinigung bestraft. Aktivisten sind keine Fälle bekannt, bei denen die Todesstrafe umgesetzt wurde. Auch unter der Scharia kam es also nur zu wenigen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. DS1 20.11.2015).

Die meisten Homosexuellen-NGOs haben ihre Basis in den Hauptstädten der Bundesstaaten (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; MSMA 17.11.2015). Üblicherweise sind die Homo-sexuellen-NGOs den Betroffenen auch bekannt (DS3 18.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Es existieren auch eigene HIV/AIDS-Kliniken, die gezielt für Homosexuelle Patienten eingerichtet wurden (IO1 20.11.2015; MSMA vgl. 17.11.2015).

Es existieren Netzwerke von Menschenrechtsanwälten, welche – im Falle der Verhaftung eines Homosexuellen – unmittelbar kontaktiert werden und die Person gegen "Kaution" frei-zukaufen versuchen (IO1 20.11.2015). Die Anwälte sind organisiert, es gibt unterschiedliche Vereine, z.B. Lawyers League for Minorities, Lawyers Alert oder die Coalition of Human Rights Lawyers (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015).

Homosexuellen Netzwerke verschiedener Landesteile bzw. Städte sind miteinander in Kontakt. Die Netzwerke und Organisationen bieten auch Unterstützung und sogar Zufluchtsmöglichkeiten an (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015).

1.2.2 Meldewesen

Ein Meldewesen ist nicht vorhanden (AA 21.11.2016; vgl. ÖBA 9.2016). Auch ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem existiert nicht. Damit ist es in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind. Das Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen" (ÖBA 9.2016).

Im Sheriffs and Civil Process Act Chapter 407, Laws of the Federation of Nigeria 1990 sind Ladungen vor Gericht geregelt. Der Sheriff oder von ihm bestellte Bailiffs müssen die Ladungen in ganz Nigeria persönlich zustellen (ÖBA 9.2016).

1.2.3 Behandlung nach Rückkehr

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zu-rückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reiseausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 21.11.2016).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 21.11.2016). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vor-schriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwendung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre (AA 21.11.2016).

1.3. Zum Vorbringen

In Bezug auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er homosexuell sei, und aufgrund der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat wird festgestellt, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria weder eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeutet noch für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass er in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde.

Es spricht auch nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsakts des Bundesverwaltungsgerichts samt Erkenntnis aus dem Vorverfahren I403 2014786-1. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Gewerberegister und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers

Soweit Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den Angaben im Akt, insbesondere den im Erkenntnis vom 09.01.2015 dieses Gerichts und im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die illegale Einreise wurde anhand der Angabe des Beschwerdeführers in der Einvernahme am 10.08.2017 festgestellt, wonach er nie einen Reisepass besessen habe (AS 194).

Die Feststellung betreffend die strafgerichtlichen Verurteilungen beruht auf dem Strafregister und den Mitteilungen der Gerichte im Akt, jene zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit auf den Angaben des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen betreffend die Ausbildung und die Berufstätigkeit konnten aus den Angaben des Beschwerdeführers abgeleitet werden. Statt der Behauptung des Todes der Eltern hat der Beschwerdeführer im Folgeverfahren angegeben, sein Bruder sei tot, wie alt seine Eltern seien, wisse er den Vater betreffend nicht, betreffend die Mutter könne er sich nicht daran erinnern (AS 195). Das Gericht bleibt bei seiner bereits im Ersterkenntnis getroffenen Feststellung, wonach der Beschwerdeführer auf kein familiäres Netzwerk zurückgreifen kann, da die Aussage nicht hinreicht, von dieser abzugehen.

2.3 Zu den Fluchtgründen

Das Gericht pflichtet dem BFA bei, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine homo- oder auch bisexuelle Neigung glaubhaft zu machen, die ihm zu eigen wäre oder wegen derer er seinen Heimatstaat verlassen hätte (S. 14 f, 59 ff des Bescheides, AS 226 f, 271 ff).

Das BFA verweist in seiner Beweiswürdigung dazu (S. 59 f, AS 271 f), der sich das Gericht vollinhaltlich anschließt, auf die geringen Kenntnisse, die der Beschwerdeführer über den angeblichen ersten Partner aufwies, z. B. keine Telefonnummer oder Wohnadresse, Wohnadresse, zunächst auch kein Nachname trotz zweimonatigen Kennens, sowie die misslungene zeitliche Zuordnung der Homosexualität, zunächst erst in Österreich, dann doch bereits im Heimatstaat. Weiters fällt dem Gericht wie dem BFA auf, dass dem Beschwerdeführer auch für den aktuellen Partner kein Nachname bekannt ist, obwohl er mit diesem nach eigenen Angaben seit Anfang 2016 zusammen sei (AS 197).

Bis Ende 2016 will er zudem noch mit dem 2015 genannten Mann zusammen gewesen sein, bis er seine nunmehrige Freundin kennengelernt habe, die diesen nicht mehr habe sehen wollen (AS 198). Damit hätte er während des Jahres 2016 den vormaligen und den nunmehrigen Lebenspartner zugleich gehabt, wobei die Freundin sich nur gegen den erstgenannten durchgesetzt hätte, was ebenso unerklärt bleibt wie die Motivation, mit der Freundin Geschlechtsverkehr zu haben, aber "ohne wirkliche Gefühle" (AS 200).

Der Erklärungsversuch der Beschwerdeschrift (S. 5, AS 337), wonach homosexuelle Männer aus Angst vor dem Bekanntwerden ihrer Neigung diese unterdrückten und Beziehungen mit Frauen eingingen, hilft nicht weiter, weil der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben in Österreich und bereits bis Afrika als homosexuell bekannt sein will (AS 200) und zudem auch nicht behauptet hat, seine Neigung zu unterdrücken, sondern sie auszuleben (AS 197 f). Bisexuell veranlagt zu sein, hat der Beschwerdeführer auch in der Beschwerdeschrift nicht behauptet, und unterfiele als Vorbringen auch dem Neuerungsverbot des § 20 Abs. 1 BFA-VG.

Generell ist zur Glaubwürdigkeit eines Vorbringens auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm behauptete Umstände und Erlebnisse zu machen. Dazu muss das Vorbringen um plausibel zu sein mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen sind erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt angezeigt, wenn der Beschwerdeführer den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt.

Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind, also darf sich der Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.

Diesen Anforderungen werden die Angaben des Beschwerdeführers nicht gerecht. Sie widersprechen sich, wie das BFA aufzeigt, zwischen den Einvernahmen, und zwar speziell über die zeitliche Verortung des Beginns seiner angeblichen Homosexualität.

Die Beschwerde tritt weder den Umständen der Erstbefragung noch denen der Einvernahme entgegen, noch erklärt sie auch nur ansatzweise die Widersprüche und Wissenslücken in den Angaben des Beschwerdeführers. Das Gericht schließt sich daher voll und ganz der Beweiswürdigung des BFA (S. 59 ff des Bescheides, AS 271 ff) an, dass dem aktuellen Vorbringen keine tatsächliche Homosexualität zu Grunde liegt.

Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass das 2015 vom Beschwerdeführer vorgelegte Lichtbild nach Ansicht des Gerichts weder Beweiswert für noch gegen das Vorbringen aufweist. Es zeigt zwei bekleidete Männer in langärmligen Pullovern, die in Anwesenheit einer dritten Person im Hintergrund nebeneinander an einem Tisch sitzen, wobei der eine dem anderen seinen Arm über die Schulter legt, und die Köpfe der beiden einander anscheinend berühren oder aneinander lehnen, und zwar im Bereich linkes Jochbein und rechtes Stirnbein.

2.4 Zur Lage in Nigeria

Die Feststellungen zum Herkunftsland entsprechen auszugsweise denen des Länderinformationsblatts Nigeria der Staatendokumentation mit aktuellem Stand 07.08.2017. Diese liegen auch dem Bescheid zu Grunde. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der Erkenntnisquellen sowie dessen, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Somit kann angesichts der Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers davon ausgegangen werden, dass ihm keine asylrelevante Verfolgung aufgrund der geschlechtlichen Neigung droht.

Das Gericht kommt daher – wie auch das BFA – zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung oder Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt.

Des Weiteren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer, der über eine mehrjährige Schulbildung verfügt, bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in Bezug auf existentielle Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würde, zumal er in Nigeria bereits gearbeitet hat, auch wenn er über kein familiäres Netzwerk verfügt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) (Abweisung der Beschwerde):

Das bereits im Erstverfahren erstattete Fluchtvorbringen und die dort geltend gemachten Gründe sind bereits abschließend beurteilt und in der seinerzeitigen, rechtskräftigen Erledigung berücksichtigt worden. Insofern geht es im aktuellen Folgeverfahren um die Prüfung der darüber hinaus geltend gemachten neuen Tatsachen und im Beschwerdeverfahren um den Inhalt des nun bekämpften Bescheids.

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):

3.1.1 Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der GFK droht, und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er werde im Fall der Rückkehr als Angehöriger der sozialen Gruppe der Homosexuellen wegen eines Verbots in Nigeria eingesperrt werden, ist auf die Notwendigkeit zu verweisen, eine Verfolgung zumindest glaubhaft zu machen. Wie ausgeführt, ist das dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Die Glaubhaftmachung scheiterte bereits beim Merkmal der Homosexualität.

3.1.3 Im vorliegenden Fall liegt daher die Voraussetzung einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht vor. Daraus ergibt sich rechtlich gesehen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Nigeria keine Verfolgung nach Art. 1 Ab-schnitt A Z. 2 GFK droht, und daher der Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.

3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):

3.2.1 Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser Antrag in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab-gewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

3.2.2. Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleich-wertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vor-liegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

3.2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandes-schaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.

Wie oben ausgeführt, gilt dies auch dann, wenn die Unterstützung durch die Angehörigen ausbleibt, weil er arbeitsfähig ist und auch bereits in Nigeria berufstätig war.

Es ist dem Beschwerdeführer auch unbenommen, gegebenenfalls Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden. Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der erstinstanzliche Ausspruch in Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III):

3.3.1 Im ersten Satz des Spruchpunkts III im angefochtenen Bescheid sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt werde. Damit war offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint. Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet, eine solche allerdings eventualiter beantragt. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich jedoch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

3.3.2 Nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Somit ist auch im vorliegenden Fall die Rückkehrentscheidung vorgesehen.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Zur Feststellung, dass eine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist, ist ausführen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Der Beschwerdeführer ist ausreichend gesund und daher erwerbsfähig.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ergibt auch eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Beschwerdeführer verfügt über kein Familienleben in Österreich hat ein solches, abgesehen vom angeblichen Partner und der Freundin, mit denen er nicht zusammenwohne, auch nicht behauptet. Zu prüfen war daher ein etwaiger Eingriff in sein Privatleben.

Im Lichte des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen ist das Privatleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet als Mitglied der Kirche und daher allenfalls Gottesdienst-Besucher, sowie als Teilnehmer an den Verrichtungen des Alltags und der Freizeit. Ein weiterer Faktor, den er selbst angibt, die Schwarzarbeit, kann mangels Schutzwürdigkeit nicht zum Tragen kommen. Er gibt an, in Österreich Freunde zu haben, was nach drei Jahren weder verwundert, noch sonderlich ins Gewicht fällt.

Der Beschwerdeführer ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und hält sich seit etwas mehr als drei Jahren und zwei Monaten in Österreich auf, und zwar lediglich auf Grundlage unbegründeter Asylanträge und zwischenzeitlich unter Missachtung der Ausreiseverpflichtung. Ein gutes Drittel dieses Aufenthalts verbrachte er in Untersuchungs- und Strafhaft.

Es liegen auch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde, dies insbesondere, da er Vereins- und sonstige Mitgliedschaften in seinen Angaben selbst verneint hat und auch sein Besuch von Deutschkursen noch zu keiner erfolgreich abgelegten Sprachprüfung geführt hat.

Den - wenig gewichtigen - persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht damit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber. Diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu.

Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des VwGH vom 23.02.2017, Ra 2017/21/0009, wonach bei einem Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von 4 ¿ Jahren auf Basis eines unberechtigten Antrags auf internationalen Schutz auch dann nicht von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib ausgegangen werden muss, wenn "außerordentliche Integrationsbemühungen" vorliegen, wie Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 sowie kirchliches, soziales und berufliches Engagement. Im zitierten Fall wurde zwar von aufrechten familiären Bindungen im Herkunftsstaat ausgegangen, andererseits war die Beschwerdeführerin unbescholten, im Gegensatz zum hier in Rede stehenden Beschwerdeführer mit den angeführten Vorstrafen, dem auch keinerlei außerordentliche Integrationsbemühungen zugutekommen.

Der Beschwerdeführer ist in Nigeria aufgewachsen und hat dort die ersten 18 seiner 21 Lebensjahre verbracht. Er ist daher mit Sprache und Kultur vertraut. Er hat dort, wenn schon kein familiäres Netzwerk, so doch die Möglichkeit, auf soziale Kontakte aus Schul- und Berufszeiten zurückzugreifen oder auch neue zu knüpfen.

Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessenabwägung schlägt somit bei Berücksichtigung aller Aspekte zuungunsten des Beschwerdeführers und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus.

3.3.3 Mit dem angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig sei. Wie sich aus der durchgeführten Prüfung zum subsidiären Schutz ergibt, besteht keine Gefahr, dass durch eine Abschiebung des Beschwerdeführers Art. 2 oder 3 EMRK oder Protokoll Nr. 6 oder 13 verletzt würden oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson mit der Abschiebung eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konflikts verbunden wäre. Auch sonst besteht kein Abschiebehindernis gemäß § 50 Abs. 2 oder Abs. 3 FPG, sodass die Abschiebung nach Nigeria für zulässig zu erklären war.

Insofern war – abgesehen von der Richtigstellung im ersten Satz – die Beschwerde auch betreffend Spruchpunkt III. abzuweisen.

3.4 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV):

Das BFA hat die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt und dies mit den im folgenden Punkt zu erörternden Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 BFA-VG begründet. Wie zu zeigen sein wird, hat es diese Bestimmung zu Recht angewendet.

Bereits unmittelbar aus § 55 Abs. 1a FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nach einer nach § 18 BFA-VG durchführbaren Entscheidung nicht besteht, was hier nach dem Spruchpunkt V des angefochtenen Bescheides der Fall ist.

Daher war die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.5 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V):

Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das BFA die aufschiebende Wirkung unter anderem dann aberkennen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt (§ 18 Abs. 1 Z. 2 BFA-VG). Das ist der Fall, weil die angegebenen Vorstrafen solche schwerwiegenden Gründe bilden, sodass das BFA der Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte, zumal auch kein Grund vorlag, im Rahmen der Ermessensübung davon abzusehen.

Dazu kommt, dass das Gericht über die Beschwerde innerhalb der Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG in der Sache selbst entscheidet, womit der Spruchpunkt V den Beschwerdeführer schon deshalb nicht mehr in Rechten verletzen kann.

3.6 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VI):

3.6.1 Nach § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, und zwar grundsätzlich für bis zu 10 Jahre. Eine solche Tatsache, die auch bei der Bemessung der Dauer zu berücksichtigen ist, ist nach Z. 1 die gerichtliche Verurteilung des Drittstaatsangehörigen zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten, aber auch seine mehrfache Verurteilung wegen strafbarer Handlungen, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen.

3.6.2 Der Beschwerdeführer wurde 2015 nach gerade einmal zwei Monaten Aufenthalt im Bundesgebiet bereits wegen eines Suchtmittelvergehens festgesetzt und anschließend von einem österreichischen Strafgericht zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten, bedingt nachgesehen, verurteilt. Bereits vier Monate nach dem Urteil wurde er rückfällig und zu 15 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, davon 10 bedingt nachgesehen. Nach einem erneuten Rückfall zwei Monate nach Haftentlassung wurde er schließlich zu 10 Monaten unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt.

Wegen eines 4 ¿ Monate danach begangenen Urkundendelikts wurde er letztlich 2017 zu sechs Monaten unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt.

Schon mit den beiden jüngsten Verurteilungen wegen Drogendelikten ist die Voraussetzung des § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG gegeben, da beide Strafen über sechs Monaten liegen. Die Verurteilungen des Beschwerdeführers erfüllen diesen Tatbestand aber auch im Hinblick auf die dreifache Verurteilung wegen Suchtmittelvergehen in der Form der mehrfachen Verurteilung wegen strafbarer Handlungen, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen.

Damit liegen die Voraussetzungen doppelt vor, was sich auch auf die Dauer eines Einreiseverbots auswirkt. Eine Strafhöhe von sechs Monaten bei einer Strafdrohung von drei Jahren für einen Ersttäter manifestiert dazu noch ein Überwiegen der zulasten des Täters bestehenden Strafzumessungsgründe.

Aus dem Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden lässt sich zudem ablesen, dass der Beschwerdeführer auch über die Drogendelinquenz hinaus die rechtlich geschützten Werte nicht ausreichend verinnerlicht hat, woraus sozial inadäquates Verhalten folgte. Dieses richtete sich konkret gegen die ordnungsgemäße Abwicklung der Abfertigung von Fremden im grenzüberschreitenden Verkehr, wo der Beschwerdeführer vorzugeben versuchte, EU-Bürger zu sein.

3.6.3 Angesichts dieses Fehlverhaltens des Beschwerdeführers gefährdet sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Es besteht kein Zweifel, dass von ihm eine massive Gefährdung des gewichtigen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Drogenkriminalität und von Urkundendelikten im Reiseverkehr ausgeht.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen somit das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Kriminalität und das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Ordnung des Fremdenwesens gegenüber. Diesen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu.

3.6.4. Im Lichte des Art. 8 EMRK ist zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des volljährigen und gesunden Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner nunmehrigen Einreise gut drei Jahre gedauert hat. Allerdings wurde der Beschwerdeführer während dessen dreimal und insgesamt über ein Jahr in Untersuchungs- und Strafhaft angehalten.

Würde sich ein Fremder generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Über-dies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Auf-enthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden unter-einander führen würde.

3.6.5. Im vorliegenden Beschwerdefall sind auch keine Umstände zutage getreten, die eine Reduzierung der Befristungsdauer von zehn Jahren nahelegen würden. Vielmehr kann der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers und seiner Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten nicht anders begegnet werden.

Nach all dem war die Beschwerde auch betreffend diesen Spruchpunkt VI. abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist – aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Gericht nur fünf Monate liegen – die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig is

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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