TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/15 I408 1253982-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.01.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

15.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs2 Z3
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a

Spruch

I408 1253982-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX geboren am XXXX Staatsangehörigkeit Nigeria alias Liberia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.01.2015, Zl. 309433202/14608491, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.04. 2015, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen mit der Maßgabe, dass Spruchpunkt II wie folgt zu lauten hat:

Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs. 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (FPG) wird gegen Sie ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsbürger, der sich illegal in Österreich aufhält, befindet sich seit 25.05.2014 durchgehend in Haft.

2. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXXvom 21.10.2014, XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen Suchtmitteldelikte nach §§ 27 (1), 27 (3), 28

(1) sowie §§ 27 (1), 27 (2) SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.09.2015 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt I). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs 2 Z 1 und 3 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt II) und gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt III).

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden war.

5. Am 20.04.2015 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, eine Abfertigung des Erkenntnisses ist jedoch unterblieben.

6. Lt. ZMR-Auszug vom 04.01.2018 weist der Beschwerdeführer seit seiner Haftentlassung in Österreich am 21.08.2015 im Bundesgebiet keine gemeldete Wohnanschrift mehr auf.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen

Bescheid:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist volljährig und Staatsangehöriger von Nigeria. Er ist im Besitz eines in Nigeria ausgestellten Reisepasses, gültig von 28.08.2009 bis 27.08.2014.

1.2. Der Beschwerdeführer ist aktiv im Drogenhandelt tätig, hielt sich zu diesem Zweck zum Zeitpunkt seiner Verhaftung in Österreich auf oder war grenzüberschreitend tätig.

1.3. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 21.10.2014, XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen Suchtmitteldelikte gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 SMG (Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften), § 28 Abs. 1, erster Satz, zweiter Fall SMG (Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel) sowie §§ 27 Abs. 1 Z 1, erster und zweiter Fall, 27 Abs 2 SMG (Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Im Zusammenwirken mit Mittätern hatte der Beschwerdeführer im Zeitraum von zumindest 15.04.2014 bis 24.05.2014 Kokain zum Weiterverkauf übergeben, in zwei Fällen Kokain zum Weiterverkauf übernommen bzw. Kokain zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen.

1.4. Der Beschwerdeführer war wegen dieser Verurteilung vom 25.05.2014 bis 21.08.2015 in Haft, ist danach untergetaucht bzw. weist seit diesem Zeitpunkt auch keine Meldeanschrift in Österreich auf.

1.5. Zudem ist der Beschwerdeführer seit 2004 unter einer anderen Identität und Nationalität (Staatsbürger von Liberia) im Bundesgebiet aufhältig. Unter dieser Alias-Identität stellte er am 24.09.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz, der letztendlich 2009 rechtskräftig abgewiesen wurde.

1.6. In diesem Zeitraum wurde er wiederholt straffällig und weist drei einschlägige Verurteilung in Zusammenhang mit Suchtmitteldelikten auf:

* Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.02.2005, XXXX wegen §§ 7 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 Fall SMG, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, 7 Monate davon bedingt;

* Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 29.07.2005, XXXX wegen §§ 27 Abs. 1 6. Fall SMG, 15 StGB; 269. 15 StGB; 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 und Abs. 4, 15 StGB! 27 Abs. 2 Z.2 1. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr;

* Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 29.08.2008, XXXX wegen §§ 27 Abs. 2 und Abs 3, 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten.

1.7. Aufgrund seiner ersten strafgerichtlichen Verurteilung wurde über den Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion von Wien vom 02.05.2005 ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 10 Jahren verhängt.

1.8. Die Bemühungen um Ausstellung eines Heimreisezertifikates blieben erfolglos. Unter seiner Alias-Identität war der Beschwerdeführer bis 13.06.2013 praktisch durchgehend in Österreich gemeldet, sowie wieder ab 07.01.2014 bis 11.07.2014 und bezog in diesen Zeiträumen Leistungen aus der Grundversorgung für Unterbringung, Taschengeld und Krankenversicherung.

1.9 Am 22.08.2010 sowie 29.11.2011 wurde der Beschwerdeführer im Zuge von fremdenpolizeilichen Kontrollen im Bundesgebiet aufgegriffen und am 23.07.2010 wurde seitens der Staatsanwaltschaft Klagenfurt wegen der unrechtmäßigen Verwendung eines portugiesischen Reisepasses ein Strafantrag gestellt.

1.10. In Österreich liegt kein schützenswertes Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vor. Nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer in Budapest ein schützenswertes Familienleben führt. Der Nachweis für eine aufrechte Ehe in Ungarn oder eine Unterhaltspflicht für den dort bei seiner Mutter lebenden leiblichen Sohn ist nicht erbracht worden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Bundegebiet jemals einer legalen Tätigkeit nachgegangen ist.

1.11. Der Beschwerdeführer ist drogensüchtig. Es besteht ein Abhängigkeitssyndrom durch Kokain (ICD-10:F 14.21) und durch Cannabinoide (ICD-10:F 12.21). Ansonsten liegen beim Beschwerdeführer keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen, insbesondere keine lebensbedrohliche Erkrankung vor.

1.12. Für den Beschwerdeführer ist eine Rückkehr bzw. Rückführung nach Nigeria nicht mit einer unmittelbaren Gefahr an Leib und Leben verbunden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt bzw. sind durch Abfragen aus ZMR, GVS und Strafregister dokumentiert. Zudem fand, insbesondere zur Abklärung seines persönlichen Umfeldes, im Beisein des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung statt.

2.2. Sowohl seine nunmehrige Identität ergibt sich aus dem nunmehr vorliegenden Reisepass und wurde vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten.

2.4. Die Feststellungen zu seinem deliktischen Verhalten im Bundesgebiet sowie seine Aktivitäten im grenzüberschreitenden Drogenhandel beruhen ebenfalls auf den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und finden in den Unterlagen aus dem gegenständlichen Behördenakt ihre Bestätigung.

2.5. Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Privat- und Familienleben in Ungarn werden als völlig unglaubhaft angesehen. Zum einen ist keine der Angaben zum Entstehen der Beziehung in Spanien während seines zweijährigen Aufenthaltes in Spanien, zu seiner dortigen Heirat, zur Geburt des Kindes und zum Aufenthalt seiner Ehefrau und seines Kindes in Budapest in irgendeiner Form dokumentiert oder durch den Akteninhalt nachvollziehbar. In der Zeit, wo er seine Ehefrau in Spanien kennengelernt haben will, ist er in Österreich gemeldet, bezieht in Österreich Leistungen der Grundversorgung und wird zweimal polizeilich angehalten und einmal durch die Verwendungen einer portugiesischen ID-Card, die er sich in Österreich angeeignet hat, straffällig. Hinzu kommt, dass er im Zuge seiner Einvernahme zu seinem Privatleben in der mündlichen Verhandlung ungenau, oberflächlich und widersprüchlich bleibt. Aufgrund dieser Unplausibilitäten und des persönlichen Eindrucks, den er in der mündlichen Verhandlung hinterlassen hat, geht der erkennende Richter in Bezug auf das (nur) behauptete Familienleben von einer erfundenen Geschichte aus.

Die Drogensucht des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Zuge des Strafverfahrens eingeholten psychotherapeutischen Gutachtens vom 11.12.2014. Weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen sind im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen, haben seine Haftfähigkeit nicht beeinflusst und sind auch nicht vorgebracht worden.

Wie der Beschwerdeführer selbst in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat und sich auch aus dem Akteninhalt und dem vorliegenden Reisepass (Einreise und Ausreisestempel) zweifelsfrei ergibt, hatte er sich in den letzten Jahren wiederholt in Nigeria aufgehalten und in diesem Zusammenhang auch keine Bedrohungsszenarien angeführt. Daraus ergibt sich für den erkennenden Richter zweifelsfrei, dass eine Rückkehr bzw. Rückführung nach Nigeria für den Beschwerdeführer nicht mit einer unmittelbaren Gefahr an Leib und Leben verbunden ist. Diese Einschätzung entspricht auch dem notorischen Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes zur aktuellen Sicherheitssituation und der wirtschaftlichen Lage Nigerias.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage: § 10 Abs. 2 und 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I r. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten:

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

§ 57 (1) Ein im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) ".

Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) .

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

§ 46, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 53 Abs. 1 sowie Abs. 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, lauten:

Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

(4) Rückkehrentscheidung

§ 52 (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.-nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder (9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(1a) (3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ...".

3. § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lautet:

Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides (Spruchpunkt A):

3.2.1. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Zur Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels § 57 AsylG (Spruchpunkt I., erster Satz des ersten Spruchteils, des angefochtenen Bescheides):

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen den ersten Satz des Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt I., zweiter und dritter Satz des ersten Spruchteils des angefochtenen Bescheides):

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers, der nur zur Begehung einer Straftat in Österreich (wieder) eingereist war erweist sich als unrechtmäßig, sodass sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG stützt.

In Weiterer Folge ist eine individuelle Abwägung der berührten Interessen vorzunehmen, um zu beurteilen, ob ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Beschwerdeführer reiste zur Begehung von Straftaten in Österreich ein. Zudem war er in Österreich unter einer Alias-Identität seit 2004 aufhältig, beantragte unter Vorgabe einer falschen Identität internationalen Schutz und wurde in dieser Zeit drei Mal wegen Suchtmitteldelikte rechtskräftig verurteilt. Nach der Ablehnung seines Asylantrages verblieb er überwiegend im Bundegebiet und bezog, weil für ihn kein Heimreisezertifikat erwirkt werden konnte, weiterhin Leistungen aus der Grundversorgung. In dieser Zeit war er offenbar immer wieder grenzüberschreitend tätig und wurde wie eingangs angeführt im April 2014 beim Suchtgifthandel festgenommen. Seit Verbüßung seiner Haftstrafe ist der Beschwerdeführer untergetaucht und weist im Bundesgebiet keine Wohnanschrift mehr auf. Sein in Ungarn bestehendes Familienleben ist völlig unglaubwürdig und hat keine Entscheidungsrelevanz.

Dementgegen kann – wie seine Angaben sowie seine Reiseaktivitäten dokumentieren - nach wie vor von einem Bestehen von Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat Nigeria ausgegangen werden.

Aufgrund des bisherigen Auftretens und Verhaltens des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährdet ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

Vor diesem Hintergrund und nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen kann ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers jedenfalls als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden.

Zur die Feststellung, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig ist (§ 52 Abs. 9 FPG), ist ausführen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059). Der Beschwerdeführer ist gesund und daher erwerbsfähig. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb er seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht durch Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit – wie von ihm immer wieder selbst angeführt - nicht bestreiten könnte.

Zudem besteht ganz allgemein in Nigeria derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Es spricht daher nichts gegen eine Abschiebung des Beschwerdeführers

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes I., zweiter und dritter Satz des ersten Spruchteils, des angefochtenen Bescheides, gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides)

Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt, weil "eine sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist" und zudem "Fluchtgefahr" besteht.

Diese Einschätzung der belangten Behörde war und ist nicht zu beanstanden.

Zur Erlassung eines befristeten Einreiseverbotes (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Nach Maßgabe des § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Wie umseits bereits ausführlich ausgeführt, wurde der Beschwerdeführer im Bundesgebiet bereits viermal von einem österreichischen Strafgericht verurteilt. Sein Aufenthalt in Österreich gründet sich zudem auf einer bewusst angegebenen falschen Identität und eines vorgetäuschten Asylverfahrens.

Der Beschwerdeführer ging in Österreich nie einer erkennbaren legalen Tätigkeit nach und trat nur in Zusammenhang mit Straftaten in Erscheinung. Durch die bewusste Verwendung einer falschen Identität sowie Nationalität, erschlich er sich nicht nur zu Unrecht Leistungen aus der Grundversorgung, sondern verhinderte letztendlich auch die Vornahme der ausgesprochenen Rückkehrentscheidung. Weder die Verbüßung von Haftstrafen noch die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes haben beim Beschwerdeführer einen Eindruck hinterlassen und ihn zu einem gesetzeskonformen Verhalten veranlasst. Im Ergebnis zeigt sich ein Charakterbild, das die Achtung der österreichischen Rechtsordnung sowie der hiesigen gesellschaftlichen Werte gänzlich vermissen ließ und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch weiterhin vermissen lässt.

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände und in Ansehung des bisherigen Fehlverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers ist eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere zur Wahrung des gesundheitlichen und wirtschaftlichen Wohls Österreichs, an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften sowie an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegeben. (vgl. VwGH 19.05.2004, 2001/18/0074). So ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass von Beschwerdeführer eine Gefährdung des gewichtigen öffentlichen Interesses, insbesondere an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität ausgeht (vgl. VwGH 30.01.2007, 2005/21/0302, 09.09.2014, 2013/22/0246, 10.04.2006, AW 2006/18/0066 und 03.09.2015, Ra 2015/21/0054).

Angesichts der weiteren Verstöße des Beschwerdeführers gegen österreichische Gesetze durch die bewusste Verwendung einer Alisa-Identität und die damit zu Unrecht verbundene Inanspruchnahme von staatlichen Schutz und der damit verbundenen Leistungen, des zum Ausdruck gekommen Fehlverhaltens des Beschwerdeführers, seiner mangelnden Rechtstreue sowie seiner Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten und der Tatsache, dass er sich trotz Verurteilung nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhielten ließ, ist die Verhängung eines Einreiseverbotes für 10 Jahren angemessen und gerechtfertigt.

3.3. Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall, Einreiseverbot,
Gefährdungsprognose, Identität, Interessenabwägung, öffentliches
Interesse, Rückkehrentscheidung, strafrechtliche Verurteilung,
Suchtmitteldelikt, Täuschung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I408.1253982.2.00

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten