Index
L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AufwandersatzV VwGH 2014;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision des Ing. H M in W, vertreten durch die Lattenmayer, Luks & Enzinger Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Tuchlauben 13, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 17. Mai 2016, Zl. VGW-111/005/12546/2015-1, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1 Der Revisionswerber ist Eigentümer der Grundstücke Nr. 518/1 und Nr. 518/3, auf denen sich zwei im Einreichplan (darin enthaltenen Lageplan) vom 1. Oktober 2015 mit ON 25 und ON 26 bezeichnete und zum überwiegenden Teil auf dem Grundstück Nr. 518/3 liegende Gebäude befinden. Für die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bereiche dieser Grundstücke ist im geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (Plandokument 7257, Beschlussfassung des Gemeinderates vom 28. Jänner 2000) die Widmung "Grünland - Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel" ("SWW") ausgewiesen, wobei darin keine Grundflächen auf dieser Liegenschaft für Bauwerke, die für die in freier Natur Erholung suchende Bevölkerung oder für die widmungsgemäße Nutzung und Pflege notwendig sind, vorgesehen sind.
2 Mit der am 16. September 2014 beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 (im Folgenden: Magistrat), eingebrachten Eingabe stellte der Revisionswerber ein Bauansuchen für das Bauvorhaben "Sanierung (ON 25) und Abbruch (ON 26) Wohnhauses" auf diesen Grundstücken.
3 Der beigezogene Amtssachverständige DI H. W. führte in der agrar- und forsttechnischen gutachterlichen Stellungnahme vom 27. November 2014 im Wesentlichen aus, dass antragsgegenständlich die Sanierung eines Wohnhauses (mit der Adresse E.-Straße 25) sei, wobei eine Terrasse (ca. 41 m2) zugebaut und der Dachboden durch eine veränderte Dachgestaltung vergrößert werden solle. Weiters solle das daneben befindliche alte baufällige Wohnhaus (mit der Adresse E.-Straße 26) abgerissen werden.
4 Bei der verfahrensgegenständlichen Fläche handle es sich um einen ca. 4.600 m2 großen, in Nord-Süd-Richtung verlaufenden, relativ schmalen Waldstreifen. Ausschließlich jener Bereich, wo sich die Gebäude befänden, und im Wesentlichen jener Teil (im südlichen Bereich auf einer kleinen Fläche), der die Flächenwidmung "gärtnerische Ausgestaltung" aufweise, seien kein Wald gemäß dem "Waldentwicklungsplan - Teilplan Wien". Besonders in den letzten drei Jahren sei der Baum- und Strauchbestand teilweise forstlich genutzt worden. Das Gelände weise eine starke Hangneigung nach Osten auf, und der Bestand stelle daher einen Wald mit hoher Schutzwirkung dar (Schutzwald). Eine landwirtschaftliche Nutzung sei nicht gegeben.
5 Das gegenständliche Wohnhaus habe damals den Arbeitern des in der Nähe befindlichen städtischen Steinbruches zu Wohnzwecken gedient (Arbeiterwohnungen). Es sei sehr alt, jahrelang unbewohnt und in einem sehr schlechten baulichen Zustand (auch auf Grund eines Brandschadens). Im Rahmen des Ortsaugenscheines habe der Revisionswerber erklärt, dass er die erwähnten Zubauten (Terrasse und Dach) nicht durchführen wolle und eine Planänderung vorgenommen werde. Es solle sich nunmehr ausschließlich um eine Sanierung des gegenständlichen Gebäudes ohne Kubaturvergrößerung handeln, wobei auch die Raumeinteilung geändert und den heutigen Verhältnissen angepasst werden solle. Nach der Renovierung solle das Wohnhaus dem Revisionswerber zu Wohnzwecken dienen.
6 Aus agrar- und forsttechnischer Sicht werde im Sinne des § 6 Abs. 3 Bauordnung für Wien (BO) festgestellt, dass durch die vorhandene Waldfläche eine forstwirtschaftliche Nutzung des gegenständlichen Areals gegeben sei. Die gegenständliche Baumaßnahme (Sanierung des Wohnhauses) sei allein zum Zwecke der forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung der Waldfläche, jedenfalls u. a. aufgrund der geringen Größe der Waldfläche, nicht zwingend erforderlich. Um das gegenständliche Areal forstwirtschaftlich bewirtschaften zu können, müsse man dort nicht wohnhaft sein.
7 Mit Bescheid des Magistrates vom 15. September 2015 wurde gemäß § 70 und § 71 BO die baubehördliche Bewilligung für den Umbau eines Arbeiterwohnheimes in ein Gebäude mit einer Wohneinheit samt Erweiterung des Dachraumes durch einen Zubau auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft versagt.
8 Dazu führte der Magistrat unter Hinweis auf das Plandokument 7257 und § 6 Abs. 3 BO (u.a.) aus, dass die gegenständliche Baumaßnahme allein zum Zwecke der forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung nicht zwingend erforderlich sei, weshalb gemäß § 70 BO die Baubewilligung zu versagen sei. Es habe auch keine Ausnahmebewilligung nach § 71 BO erteilt werden können, weil ein Gebäude mit einer Wohneinheit nicht als Provisorium angesehen werden könne. Angemerkt werde, dass das Gebäude in einem derart schlechten Zustand sei, dass der Konsens als untergegangen gelte.
9 Der Revisionswerber erhob dagegen an das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) Beschwerde, in der er (u.a.) auf einen Planwechsel hinwies und vorbrachte, es sei diesem Plan zu entnehmen, dass es sich bei den vorgesehenen Maßnahmen nicht um solche handle, welche auf die Neuherstellung eines bestimmten Zustandes abzielten, sondern um solche, die auf die Erhaltung des Bauwerkes gerichtet seien, wobei weder in die äußere Gestaltung noch in die Bausubstanz selbst eingegriffen werde. Mit der Beschwerde legte er eine Ausfertigung des (geänderten) Einreichplanes vom 1. Oktober 2015 (als Beilage ./A), einen "Plan für die Erneuerung einer Hauptmauer bei dem Hause On.No. 25 in ..." mit dem Vermerk "Vom Stadtbauamte Wien im April 1903" (in Kopie als Beilage ./B) und einen finanzbehördlichen Grundsteuermessbescheid vom 9. März 1983 (in Kopie als Beilage ./C) vor. Ferner brachte er in der Beschwerde (u.a.) vor, dass - wovon auch der Magistrat ausgehe - ein Konsens für das verfahrensgegenständliche "Wohnhaus ON 25" vorhanden sei und aus dem Bauakt hervorgehe, dass das Bestandsobjekt, das Gebäude mit der ON 25, bereits seit jeher als "Wohnhaus" - zuletzt für ehemalige Forstbedienstete, "dies jedoch langjährig bereits ohne jeglichen Zusammenhang mit einer betrieblichen oder landwirtschaftlichen Nutzung" - gedient habe.
10 Mit Eingabe vom 9. Februar 2016 übermittelte der Revisionswerber dem Verwaltungsgericht ein Gutachten des Sachverständigen DI F. W. vom 21. Jänner 2016 über den baulichen Zustand des bestehenden Objektes.
11 Darin führte der Sachverständige im Wesentlichen aus, dass das Gebäude aus Ziegelmauerwerk bestehe und das Mauerwerk prinzipiell als ausreichend tragfähig beurteilt werden könne. Lediglich an der Ostseite sei an einer Stelle ein massiver schräger Riss vorhanden. Auf Grund der Einreichung werde jedoch in diesem Bereich das Mauerwerk abgetragen und durch eine Fenstertüre ersetzt. Das darüber liegende Mauerwerk werde durch einen Unterzug abgefangen und auf das bestehende, ausreichend tragfähige Mauerwerk aufgelagert. Das Objekt weise eine ausreichende Fundierung auf, diese sei für das Mauerwerk und die Neuerrichtung der Decke und des Daches ausreichend tragfähig. Das Dach sei teilweise eingebrochen, ebenso die Decke über dem Erdgeschoss, und werde daher im Sinne der vorgelegten Einreichung ausreichend saniert, wobei die Decke über Erdgeschoss und das Dach entsprechend den bautechnischen Erfordernissen neu hergestellt würden. Das Objekt solle im Sinne der Einreichung außerdem zur Erzielung des erforderlichen Wärme- und Schallschutzes mit einer inneren Wärmedämmung versehen werden. Da das bestehende Mauerwerk mit der vorhandenen Fundierung eine ausreichende Tragfähigkeit aufweise, sei die Sanierung aus technischer Sicht als sinnvoll zu betrachten, und das Gebäude sei nicht in einem derartig schlechten baulichen Zustand, dass der Konsens als untergegangen zu bezeichnen sei.
12 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid bestätigt und eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt.
13 Dazu führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass für die verfahrensgegenständlichen Grundstücke laut dem dafür geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan die Widmung "Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel" festgesetzt sei und darin auf der Liegenschaft keine Grundflächen für Bauwerke, die für die in freier Natur Erholung suchende Bevölkerung oder für die widmungsgemäße Nutzung und Pflege notwendig seien, vorgesehen seien. Aus dem eingereichten Plan gehe hervor, dass bei dem gegenständlichen Gebäude alle Innenwände entfernt sowie die östliche Außenwand samt Fundament, die komplette Fußbodenkonstruktion samt Deckenkonstruktion des Erdgeschosses und die Geschossdecke zwischen Erdgeschoss und Dachboden komplett neu errichtet würden. Auch das Dach des Gebäudes solle zum Teil großzügig geändert werden. Weiters sollten durch die Errichtung von neuen Scheidewänden eine Wohnküche, ein Zimmer, Sanitärräume und Nebenräume entstehen und dadurch eine Wohnung geschaffen werden, wobei die ursprünglich vorhandenen vier Räume aufgelassen würden.
14 In der Beschwerde selbst werde vorgebracht und es stehe unbestritten fest, dass aus den vorliegenden Bewilligungen hervorgehe, dass das gegenständliche Gebäude zur Unterbringung von Arbeitern gedient habe. Auf Grund dieser Bewilligung und der lange Jahre in dieser Hinsicht auch aufrechterhaltenen Nutzung habe es sich bei dem gegenständlichen Gebäude um eine Beherbergungsstätte bzw. ein Heim im Sinne des § 121 BO gehandelt. Da sich durch die in den Planunterlagen dargestellten Maßnahmen ergebe, dass das gegenständliche Gebäude entgegen seiner ursprünglichen Widmung als Beherbergungsstätte bzw. als Heim nunmehr als Wohngebäude im Sinne des § 119 BO anzusehen sei, liege jedenfalls ein Umbau (§ 60 Abs. 1 lit. a BO) vor und entspreche dessen Nutzung nicht der im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan festgelegten Nutzung eines Schutzgebietes "Wald- und Wiesengürtel".
15 Des Weiteren habe auch durch das nunmehr vom Revisionswerber vorgelegte Gutachten (des Sachverständigen DI F.) die Annahme nicht entkräftet werden können, dass der Konsens als untergegangen gelte, weil - wie aus diesem Gutachten hervorgehe - die Decke über dem Erdgeschoss wie auch das Dach eingebrochen seien und zur Gänze neu hergestellt werden müssten. Eine "tatsächliche Konsenslosigkeit" sei jedoch nunmehr nicht mehr zu überprüfen gewesen, weil sich allein aus der Tatsache, dass hier durch einen Umbau eine unzulässige Bauführung in einem Schutzgebiet "Wald- und Wiesengürtel" vorliege, die Baubewilligung zu versagen gewesen sei.
16 Ferner habe der Revisionswerber zum Vorliegen eines Ausnahmegrundes im Sinne des § 71 BO kein Vorbringen erstattet. Eine Bewilligung gemäß § 71 BO sei zwar grundsätzlich auch dann möglich, wenn das Bauwerk dem bestimmungsgemäßen Zweck der Grundfläche nicht entspreche. Dies setze jedoch voraus, dass das Bauwerk nur vorübergehenden Zwecken diene. Die Sanierung eines konsenslosen Baubestandes stelle keinen Ausnahmegrund für eine Bewilligung gemäß § 71 BO dar. Es möge zutreffend sein, dass - wie der Revisionswerber ausführe - § 71 BO gerade deshalb geschaffen worden sei, um den Bestand von Bauten zu erhalten, welche (beispielsweise) der Flächenwidmung widersprächen. Dies sei jedoch auf das gegenständliche Gebäude nicht anzuwenden, weil hier sogar ein ursprünglich bewilligtes Gebäude vorliege, das jedoch nach dem geplanten Umbau als ein gänzlich anderes - der Flächenwidmung widersprechendes - anzusehen sei. Der Argumentation des Revisionswerbers stehe das durch die Widmung im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zum Ausdruck gebrachte öffentliche Interesse an der Schaffung und Erhaltung von Grünraum entgegen, welches überwiege.
17 Die vom Revisionswerber beantragte Durchführung einer mündlichen Verhandlung sei nicht erforderlich gewesen, weil der entscheidungswesentliche Sachverhalt hier geklärt sei, von der Beschwerde ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen worden seien, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten sei, und Art. 6 EMRK somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegenstehe.
18 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.
19 Der Magistrat hat eine Revisionsbeantwortung erstattet mit dem Antrag, die Revision zurückzuweisen, allenfalls als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
20 Der Versagung der Baubewilligung liegt als tragende Begründung im angefochtenen Erkenntnis die Auffassung des Verwaltungsgerichtes zugrunde, dass - was sich durch die "in dem Plan" dargestellten Maßnahmen ergebe - das Gebäude entgegen seiner ursprünglichen Widmung als Beherbergungsstätte bzw. Heim (§ 121 Abs. 1 BO) nunmehr als Wohngebäude im Sinne des § 119 BO anzusehen sei, weshalb jedenfalls ein Umbau (§ 60 Abs. 1 lit. a BO) vorliege, und dass dessen Nutzung nicht der im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan festgelegten Nutzung eines Schutzgebietes "Wald- und Wiesengürtel" entspreche, sodass die Bauführung unzulässig sei. Weiters vertrat das Verwaltungsgericht die Auffassung, dass im Hinblick darauf eine "tatsächliche Konsenslosigkeit" nicht weiter zu überprüfen sei.
21 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht sei von der (näher zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil danach als "Umbau" nur jene Änderungen von Gebäuden zu verstehen seien, durch welche die Raumeinteilung oder die Raumwidmung so geändert werde, dass das Gebäude nach Durchführung der Änderungen als ein anderes anzusehen sei, und mit bestimmten (näher angeführten) Bauführungen eine Änderung der Raumwidmung insoweit nicht einhergehe, als die Wohnnutzung bereits zuvor bestanden habe. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bauansuchen beabsichtige der Revisionswerber lediglich die Sanierung des Bestandes, wobei auch weit weniger als die Hälfte der vorhandenen Bausubstanz instandgesetzt werden solle, und es sei die Annahme, das Bauansuchen wäre allein aufgrund einer ursprünglichen Nutzung als Beherbergungsstätte bzw. Heim "jedenfalls" als Umbau anzusehen, daher unrichtig. So liege ein Umbau (eine Änderung, dass das Gebäude nach deren Durchführung als ein anderes anzusehen sei) dann nicht vor, wenn eine Wohnnutzung bereits zuvor bestanden habe und diese auch nach Sanierung fortdauern solle.
22 Aus anwaltlicher Vorsicht werde überdies releviert, dass keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob die Nutzung eines Gebäudes als Beherbergungsstätte bzw. Heim unter den Begriff eines Wohngebäudes nach § 119 Abs. 1 BO falle, und zur weiteren Frage, ob "jedenfalls" ein Umbau vorliege, wenn sich aus den im Plan dargestellten Maßnahmen ergebe, dass das Gebäude entgegen seiner ursprünglichen Widmung als Beherbergungsstätte bzw. Heim nunmehr als Wohngebäude im Sinne des § 119 BO anzusehen sei, bestehe. Da in der Ausnahmeregelung des § 119 Abs. 7 BO die Anwendbarkeit des § 119 Abs. 1 BO nicht ausgeschlossen werde, seien Beherbergungsstätten bzw. Heime im Sinne des § 119 BO Wohngebäude. Das gegenständliche Objekt sei auch "im Rahmen einer angenommenen ursprünglichen Widmung als Beherbergungsstätte bzw. Heim" seit jeher ein Wohngebäude gewesen, und der Revisionswerber beabsichtige nicht, dies zu ändern.
23 Die Revision ist in Anbetracht der Frage der Auslegung der Begriffe "Beherbergungsstätten und Heime" (§ 121 BO) sowie "Wohngebäude" (§ 119 BO) zulässig. Ihr kommt im Ergebnis auch Berechtigung zu.
24 In dem für die vorliegende Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses (vgl. etwa VwGH 10.7.2017, Ro 2016/05/0007, 0008, mwN) stand die BO, LGBl. Nr. 11/1930, in der Fassung LGBl. Nr. 21/2016 in Geltung. Da gemäß Art. II Abs. 2 des LGBl. Nr. 21/2016 für alle zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen gelten, findet im vorliegenden Revisionsfall die BO in der Fassung LGBl. Nr. 8/2015 Anwendung.
25 Die §§ 4 bis 6, 60, 62, 119 und 121 BO lauten (zum Teil auszugsweise) wie folgt:
"Inhalt der Flächenwidmungspläne
§ 4. ...
(2) In den Flächenwidmungsplänen können folgende
Widmungen der Grundflächen ausgewiesen werden:
A. Grünland:
...
c) Schutzgebiete, und zwar:
1. der Wald- und Wiesengürtel, in dem örtlich begrenzte
Teile ausgewiesen werden können, die der landwirtschaftlichen
Nutzung vorzubehalten sind,
..."
"Inhalt der Bebauungspläne
§ 5. (1) Die Bebauungspläne haben darzustellen, ob bzw. in welcher Weise die von den Flächenwidmungsplänen erfaßten Grundflächen und die darüber- oder darunterliegenden Räume bebaut werden dürfen bzw. welche Rechte und Verpflichtungen sich für die Eigentümer (Miteigentümer) der Grundflächen aus den Bebauungsbestimmungen ergeben.
(2) Die Bebauungspläne haben zu enthalten:
...
...
(4) Über die Festsetzungen nach Abs. 2 und 3 hinaus können die Bebauungspläne zusätzlich enthalten:
...
n) Grundflächen im Wald- und Wiesengürtel, auf denen die
Errichtung von Bauwerken (Ausflugsgaststätten, Buschenschänken, Aussichtswarten, Bootsvermietungen und Ähnliches) für die in freier Natur Erholung suchende Bevölkerung oder für die widmungsgemäße Nutzung und Pflege zulässig ist, sowie in Gebieten, die der landwirtschaftlichen Nutzung vorzubehalten sind, Grundflächen, auf denen landwirtschaftliche Nutzbauwerke nicht errichtet werden dürfen; außerhalb von Gebieten, die der landwirtschaftlichen Nutzung vorzubehalten sind, die Zulässigkeit von Wohnräumen in Gebäuden für die forstwirtschaftliche Nutzung und Pflege;
..."
"Zulässige Nutzungen
§ 6. ...
(3) Der Wald- und Wiesengürtel ist bestimmt für die Erhaltung und Schaffung von Grünflächen zur Wahrung der gesundheitlichen Interessen der Bewohner der Stadt und zu deren Erholung in freier Natur; die land- und forstwirtschaftliche Nutzung solcher Grünflächen ist zulässig. Es dürfen nur Bauwerke kleineren Umfanges errichtet werden, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen (Bienenhütten, Werkzeughütten u. ä.), ferner die für die in freier Natur Erholung suchende Bevölkerung oder für die widmungsgemäße Nutzung und Pflege notwendigen Bauwerke auf jenen Grundflächen, die für solche Zwecke im Bebauungsplan (§ 5 Abs. 4 lit. n) vorgesehen sind; alle diese Bauwerke dürfen keine Wohnräume enthalten, mit Ausnahme von Wohnräumen in Bauwerken für die forstwirtschaftliche Nutzung und Pflege, die nach dem Bebauungsplan zulässig sind.
..."
"Ansuchen um Baubewilligung
§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:
a) Neu-, Zu- und Umbauten. ... Unter Umbau sind jene
Änderungen des Gebäudes zu verstehen, durch welche die Raumeinteilung oder die Raumwidmungen so geändert werden, dass nach Durchführung der Änderungen das Gebäude als ein anderes anzusehen ist. Ein Umbau liegt auch dann vor, wenn solche Änderungen selbst nur ein einzelnes Geschoß betreffen. Der Einbau von Wohnungen oder Teilen davon in das Dachgeschoß gilt nicht als Umbau.
...
c) Änderungen oder Instandsetzungen von Bauwerken, wenn
diese von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektivöffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Bauwerks; ...
..."
"Bauanzeige
§ 62. (1) Eine Bauanzeige genügt für
...
4. alle sonstigen Änderungen und Instandsetzungen von
Bauwerken (§60 Abs. 1 lit. c), die keine Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerkes bewirken, nicht die Umwidmung von Wohnungen betreffen und keine Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen auslösen.
..."
"Wohngebäude; Wohnungen und deren Zugehör
§ 119. (1) Wohngebäude sind Gebäude, die ausschließlich oder überwiegend für Wohnzwecke bestimmt sind.
(2) Die Nutzfläche einer Wohnung muss mindestens 30 m2 betragen. Jede Wohnung muss über mindestens eine Toilette und ein Bad im Wohnungsverband verfügen. Bei Wohnungen mit mehr als zwei Aufenthaltsräumen muss mindestens eine Toilette in einem separaten Raum untergebracht werden.
(3) Wohnungen müssen, ausgenommen in den in § 115 Abs. 1 Z 1 lit. a bis c genannten Bauwerken, so gestaltet sein, dass sie nachträglich für die Benutzung durch behinderte Menschen ohne erheblichen Aufwand anpassbar sind.
(4) Für jede Wohnung ist außerhalb des Wohnungsverbandes ein Einlagerungsraum oder eine eigene Einlagerungsmöglichkeit vorzusehen.
(5) Auf jedem Bauplatz mit mehr als zwei Wohnungen ist in dem der Anzahl der Wohnungen entsprechenden Ausmaß ein Raum zum Abstellen von Kinderwagen und Fahrrädern vorzusehen. Räume zum Abstellen von Kinderwagen und Fahrrädern sowie Waschküchen, Müllräume, Saunaräume und andere Gemeinschaftsräume müssen vom Hauseingang barrierefrei, andernfalls mittels eines Aufzuges oder über Rampen beziehungsweise maschinelle Aufstiegshilfen, und gefahrlos für behinderte Menschen zugänglich und benützbar sein. Räume zum Abstellen von Kinderwagen müssen überdies vom Inneren des Gebäudes zugänglich sein. Bei der Ermittlung des erforderlichen Ausmaßes des Fahrradabstellraumes ist auf die besondere Bedeutung der umweltverträglichen Verkehrsart Rad fahren Bedacht zu nehmen. Durch die Ausgestaltung des Fahrradabstellraumes ist die Zugänglichkeit und Verfügbarkeit der abgestellten Fahrräder zu gewährleisten.
(6) Bei Errichtung von Wohngebäuden mit mehr als 15 Wohnungen sind der Eigentümer (Miteigentümer) des Gebäudes sowie der Grundeigentümer verpflichtet, mindestens einen Spielplatz für Kleinkinder im Alter bis zu 6 Jahren (Kleinkinderspielplatz) im Freien anzulegen. Werden in Wohngebäuden bzw. in Wohnhausanlagen mehr als 50 Wohnungen errichtet, besteht zusätzlich die Verpflichtung, einen Spielplatz für Kinder und Jugendliche im Alter ab 6 Jahren (Kinder- und Jugendspielplatz) in dem der Anzahl und Größe der Wohnungen entsprechenden Ausmaß im Freien anzulegen. Der Kleinkinderspielplatz ist unmittelbar auf dem Bauplatz in Sicht- und Rufweite möglichst aller Wohnungen anzulegen. Die Kinder- und Jugendspielplätze sind gleichfalls grundsätzlich auf demselben Bauplatz anzulegen; sie können jedoch auch als Gemeinschaftsspielplätze für mehrere Bauplätze zusammengelegt werden, wenn die Herstellung und die Zugänglichkeit des Spielplatzes durch eine im Grundbuch ersichtlich gemachte öffentlich-rechtliche Verpflichtung sichergestellt und er über einen höchstens 500 m langen, gefahrlosen Zugang erreichbar ist. Er muss eine Größe von mindestens 500 m2 haben. Alle Spielplätze und die auf ihnen aufgestellten Turn- und Klettergeräte müssen baulich so ausgestaltet sein, dass sie sicher und gefahrlos benützt werden können. Darüber hinaus ist auf eine ausreichende Anzahl von barrierefreien Spielgeräten Bedacht zu nehmen. Die Verpflichtung zur gärtnerischen Ausgestaltung von Teilen des Bauplatzes steht der Anlage von Kinder- und Jugendspielplätzen nicht entgegen. Spielplätze müssen barrierefrei zugänglich sein. Von der Verpflichtung zum Anlegen von Kleinkinderspielplätzen sowie von Kinder- und Jugendspielplätzen kann auf Antrag durch die Behörde (§ 133) Abstand genommen werden, wenn deren Errichtung auf demselben Bauplatz infolge seiner baulichen Ausnützbarkeit nicht zumutbar ist oder Umstände vorliegen, die in der zweckmäßigen Nutzung der Liegenschaft gelegen sind und der zweckmäßigen Nutzung des Kinder- und Jugendspielplatzes entgegenstehen oder wenn ihre Errichtung infolge der Größe und Gestalt des Bauplatzes nicht möglich ist und in jedem Fall im Gebäude ein genügend großer Kinder- und Jugendspielraum vorgesehen wird.
(7) Auf Heime und Beherbergungsstätten finden die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6 keine Anwendung.
..."
"Beherbergungsstätten und Heime
§ 121. (1) Beherbergungsstätten sind Unterkünfte, bei denen entweder für das Wohnen oder für das Wirtschaften gemeinschaftliche Anlagen vorgesehen sind. Heime sind Gebäude und Gebäudeteile, die zur ständigen oder vorübergehenden gemeinsamen Unterbringung von Menschen bestimmt sind, die zu einer nach anderen als familiären Zusammengehörigkeitsmerkmalen zusammenhängenden Personengruppe gehören.
(2) Die einzelnen Unterkunftsräume müssen den Anforderungen für Aufenthaltsräume entsprechen; für Beherbergungsstätten genügt jedoch eine verglichene lichte Raumhöhe von 2,20 m, wenn den Erfordernissen der Gesundheit durch besondere Vorkehrungen, insbesondere die Gewährleistung einer ausreichenden Belüftung, Rechnung getragen wird und für jede Schlafstelle des Aufenthaltsraumes ein Luftraum von mindestens 15 m3 zur Verfügung steht.
(3) In Beherbergungsstätten und in Heimen müssen für je angefangene 10 Schlafstellen im gleichen Geschoß mindestens eine Toilette und zwei Waschgelegenheiten, die ausschließlich den im Gebäude untergebrachten Personen zur Verfügung stehen, vorgesehen werden. Haben Beherbergungsstätten und Heime mehr als 20 Unterkunftsräume, müssen für die ersten 20 mindestens eine Zimmerbzw. Wohneinheit und für jeweils weitere 50 Unterkunftsräume je eine weitere Zimmer- bzw. Wohneinheit den Anforderungen des barrierefreien Bauens entsprechen."
26 § 6 Abs. 3 BO erlaubt somit auf Grünflächen, für die - wie im Revisionsfall - im Flächenwidmungsplan die Widmung als Wald- und Wiesengürtel ausgewiesen ist und auf welchen keine Grundflächen für Bauwerke, die für die in freier Natur Erholung suchende Bevölkerung oder für die widmungsgemäße Nutzung und Pflege notwendig sind, vorgesehen sind, nur Bauwerke kleineren Umfanges, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen (Bienenhütten, Werkzeughütten u. ä.), wobei alle diese Bauwerke keine Wohnräume - mit Ausnahme von Wohnräumen in Bauwerken für die forstwirtschaftliche Nutzung und Pflege, die nach dem Bebauungsplan zulässig sind - enthalten dürfen.
27 Das Verwaltungsgericht vertritt im angefochtenen Erkenntnis die Ansicht, dass "ein ursprünglich bewilligtes Gebäude" vorliege, wobei aus den vorliegenden Bewilligungen hervorgehe, dass das in Rede stehende Gebäude einer Unterbringung von Arbeitern gedient habe, sodass es sich aufgrund "dieser" Bewilligung und der lange Jahre in dieser Hinsicht aufrechterhaltenen Nutzung bei diesem Gebäude um eine Beherbergungsstätte bzw. ein Heim im Sinne des § 121 BO gehandelt habe. Unter Zugrundelegung dieser Ausführungen ist davon auszugehen, dass für das Gebäude ein Baukonsens rechtskräftig erteilt wurde. Ob dieser Konsens - wie vom Verwaltungsgericht in den Raum gestellt wurde - erloschen sein könnte, wird im angefochtenen Erkenntnis, in dem das Verwaltungsgericht die Auffassung vertritt, dass eine "tatsächliche Konsenslosigkeit" nicht mehr zu überprüfen sei, jedoch nicht abschließend beurteilt. Sollte der Baukonsens nicht erloschen sein (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VwGH 4.3.2008, 2006/05/0139, wonach ein Um- oder Zubau eines Gebäudes ein bestehendes konsentiertes Gebäude voraussetzt), so ist Folgendes auszuführen:
28 Eine Grünlandwidmung erlaubt bei bestehenden rechtskräftig bewilligten Gebäuden, die im Falle ihrer Neuerrichtung der Widmung widersprächen, grundsätzlich nur Instandsetzungsarbeiten; damit soll durch den natürlichen Endigungsprozess von Bauwerken auch an bebauten Grundstücken letztlich der Zweck der Grünlandwidmung verwirklicht werden (vgl. aus der hg. Judikatur etwa das Erkenntnis VwGH 23.2.2005, 2002/05/1024, welches zu der in dieser Hinsicht insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem NÖ ROG 1976 ergangen ist).
29 Wie oben dargestellt, vertritt das Verwaltungsgericht die Auffassung, dass die projektierte Nutzung des Gebäudes als Wohngebäude im Sinne des § 119 BO von der konsentierten Widmung als Beherbergungsstätte bzw. Heim (§ 121 Abs. 1 BO) abweicht, sodass ein Umbau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a BO vorliegt und der beantragten Baubewilligung die Flächenwidmung "Wald- und Wiesengürtel" entgegensteht.
30 Unter einem Umbau sind gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO jene Änderungen des Gebäudes zu verstehen, durch welche die Raumeinteilung oder die Raumwidmungen so geändert werden, dass nach Durchführung der Änderungen das Gebäude als ein anderes anzusehen ist.
31 Entscheidend für die Beurteilung als Umbau ist daher, ob ein Gebäude nach Durchführung der in Rede stehenden Baumaßnahmen in seinem äußeren Erscheinungsbild oder in seiner Nutzung als ein anderes anzusehen ist, also so wesentliche Änderungen der Raumeinteilung oder der Raumwidmungen geplant sind, dass das Gebäude nach ihrer Durchführung als ein anderes anzusehen ist (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa VwGH 23.8.2012, 2010/05/0006, 0100 bis 0103, mwN).
32 So wurde in der hg. Rechtsprechung etwa die Umwidmung eines Einstellschuppens in eine Werkstätte, die Umgestaltung eines früheren "Schweizerhäuschens" in eine Garage oder die Umwandlung eines ehemaligen Wirtschaftsgebäudes in eine Garage mit Schmiergrube und Abstellraum als Umbau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit a BO gewertet (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 10.9.2008, 2008/05/0018, mwN).
33 Die Änderung der Widmung eines Gebäudes von einer Beherbergungsstätte bzw. einem Heim im Sinne des § 121 Abs. 1 BO in ein Wohngebäude im Sinne des § 119 Abs. 1 BO ist als Umbau zu beurteilen und stellt eine derart wesentliche Änderung der Nutzung dar, dass das Gebäude nach Durchführung dieser Änderung als ein im Sinne der oben genannten Judikatur "anderes" anzusehen ist, dies aus folgenden Gründen:
34 § 119 Abs. 1 BO definiert Wohngebäude als Gebäude, die ausschließlich oder überwiegend für Wohnzwecke bestimmt sind. In § 119 Abs. 2 bis 6 BO sind eine Reihe von Ausstattungserfordernissen und Kriterien normiert, die verwirklicht sein müssen, damit ein Aufenthaltsraum (vgl. dazu auch § 68 Abs. 4, § 87 Abs. 3 BO) bzw. mehrere zusammenhängende (Aufenthalts-) Räume oder ein Gebäude die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Beurteilung als Wohnung oder Wohngebäude im Sinne der BO erfüllen, und bei deren Nichterfüllung ein baurechtlicher Konsens hiefür zu versagen ist. So ist etwa in § 119 Abs. 2 (zweiter Satz) BO angeordnet, dass jede Wohnung über mindestens eine Toilette und ein Bad im Wohnungsverband verfügen muss.
35 Nach dem allgemeinen Verständnis wird unter einer Wohnung ein baulich in sich abgeschlossener Teil eines Gebäudes verstanden, der Menschen zur Unterkunft und Haushaltsführung dient (vgl. dazu etwa VwGH 18.5.1995, 94/06/0115). Zum Wohnen gehört neben der Möglichkeit des Aufenthaltes in der Freizeit auch die Möglichkeit zur Haushaltsführung, insbesondere die Möglichkeit, zu kochen, Kleidung, sowie Gebrauchsgegenstände etc. unterzubringen usw. Ist eine derartige selbstständige Wirtschaftsführung nicht möglich, so liegt keine Wohnung vor (vgl. nochmals VwGH 18.5.1995, 94/06/0115).
36 Demgegenüber sind Beherbergungsstätten in § 121 Abs. 1 (erster Satz) BO als Unterkünfte definiert, bei denen entweder für das Wohnen oder für das Wirtschaften gemeinschaftliche Anlagen vorgesehen sind. Schon nach der zuvor erwähnten Definition einer Wohnung im allgemeinen Verständnis handelt es sich bei einer Beherbergungsstätte um keine Wohnung, sind doch die Unterkunftnehmer für das Wohnen oder für die Wirtschaftsführung auf gemeinschaftliche Anlagen angewiesen. Dasselbe gilt in Bezug auf Heime, welche in § 121 Abs. 1 (zweiter Satz) BO als Gebäude oder Gebäudeteile, die zur ständigen oder vorübergehenden gemeinsamen Unterbringung von Menschen bestimmt sind, die zu einer nach anderen als familiären Zusammengehörigkeitsmerkmalen zusammenhängenden Personengruppe gehören, definiert sind. Da somit nach der BO in einer Beherbergungsstätte gemeinschaftliche Anlagen für das Wohnen und das Wirtschaften vorliegen müssen bzw. ein Heim zur gemeinsamen Unterbringung von Menschen, die nicht zu einer nach familiären Zusammengehörigkeitsmerkmalen zusammenhängenden Personengruppe gehören, bestimmt ist, enthält § 121 Abs. 3 (erster Satz) BO etwa Regelungen in Bezug auf die Mindestanzahl von Toiletten und Waschgelegenheiten, die den in Beherbergungsstätten und Heimen untergebrachten Personen gemeinsam zur Verfügung stehen müssen, während nach § 119 Abs. 2 BO, wie bereits erwähnt, in jeder einzelnen Wohnung (deren Bewohner) mindestens eine Toilette und ein Bad im selben (eigenen) Wohnungsverband zur Verfügung stehen müssen.
37 Wenn in § 119 Abs. 7 BO angeordnet ist, dass die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6 auf Heime und Beherbergungsstätten keine Anwendung finden, und in § 119 Abs. 7 BO nicht auch dessen Abs. 1 erwähnt ist, so lässt sich daraus - entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung - nicht ableiten, dass Beherbergungsstätten und Heime (auch) als Wohngebäude im Sinne des § 119 Abs. 1 BO zu beurteilen sind, trägt doch gerade der genannte Anwendungsausschluss in § 119 Abs. 7 BO dem Umstand Rechnung, dass zwischen den Begriffen "Wohngebäude" einerseits und "Beherbergungsstätten und Heime" andererseits keine Identität, und zwar auch nicht im Sinne eines Verhältnisses von Oberbegriff und Unterbegriff, besteht. So handelt es sich bei einem Gebäude nach der BO nur dann um ein Wohngebäude, wenn es ausschließlich oder überwiegend für Wohnzwecke bestimmt ist (§ 119 Abs. 1 BO) und, wie sich (u.a.) aus § 119 Abs. 6 BO ergibt, jedenfalls eine (vgl. in diesem Zusammenhang auch § 115 Abs. 1 Z 1 lit. b BO, worin von Wohngebäuden, die nicht mehr als zwei Wohnungen enthalten, die Rede ist) oder mehrere Wohnungen umfasst. Die Unterkunftsräume von Beherbergungsstätten und Heimen (§ 121 BO) erfüllen nun, wie oben dargelegt, gerade nicht die Tatbestandsvoraussetzungen für deren Beurteilung als Wohnung(en) und damit auch nicht als Wohngebäude.
38 Zielt somit ein Bauvorhaben darauf ab, konsentierte Raumwidmungen eines Gebäudes, für das die BO gemeinschaftliche Anlagen im vorgenannten Umfang vorschreibt, dahin zu ändern, dass nach Durchführung dieser Änderungen diese vorgeschriebenen gemeinschaftlichen Anlagen wegfallen, so stellt dies eine so wesentliche Änderung des Gebäudes dar, dass dieses nach Durchführung der baulichen Maßnahmen als ein anderes anzusehen und diese Widmungsänderung als Umbau zu beurteilen ist.
39 Die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass in einem solchen Fall einer Baubewilligung die Flächenwidmung "Wald- und Wiesengürtel" entgegensteht, ist daher insoweit nicht zu beanstanden.
40 Dennoch erweist sich das angefochtene Erkenntnis als rechtswidrig.
41 Die Revision bringt vor, dass das Objekt (auch) im Rahmen seiner ursprünglichen Nutzung bzw. der vom Verwaltungsgericht angenommenen Widmung als Beherbergungsstätte bzw. Heim seit jeher als "Wohngebäude" anzusehen und als solches auch errichtet worden sei.
42 Wie oben dargestellt, hat das Verwaltungsgericht seine Auffassung, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Gebäude um eine Beherbergungsstätte bzw. ein Heim im Sinne des § 121 BO gehandelt habe, auf vorliegende Bewilligungen und darauf gestützt, dass das Gebäude zur Unterbringung von Arbeitern gedient habe und diese Nutzung in dieser Hinsicht lange Jahre aufrechterhalten worden sei. Aus dem angefochtenen Erkenntnis geht allerdings nicht hervor, welche vorliegenden Bewilligungen mit den genannten Ausführungen des Verwaltungsgerichtes gemeint sind und insbesondere welchen Inhalt diese Bewilligungen haben.
43 Nähere Feststellungen in Bezug auf diese Bewilligungen und insbesondere zu deren Inhalt wären jedoch erforderlich gewesen, um eine tragfähige Grundlage insbesondere für die Beurteilung zu schaffen, für welche Raumwidmungen und Nutzungen des Gebäudes ein Konsens besteht.
44 In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass in den vom Verwaltungsgericht im Revisionsverfahren vorgelegten Teilen der Verfahrensakten keine (historischen) "Bewilligungen" enthalten sind und bei Zugrundelegung der oben genannten, als Beilage ./B der Beschwerde vorgelegten Urkundenkopie ("Plan für die Erneuerung einer Hauptmauer bei dem Hause On.No. 25 in ..." mit dem Vermerk "Vom Stadtbauamte Wien im April 1903") davon auszugehen wäre, dass bereits im Jahr 1903, also vor Inkrafttreten der BO und deren Beherbergungsstätten und Heime bzw. Wohngebäude regelnden Bestimmungen, ein baubehördlicher Vorgang in Bezug auf das hier in Rede stehende Gebäude stattgefunden hat.
45 In dieser Hinsicht erweist sich daher der im angefochtenen Erkenntnis festgestellte Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt als ergänzungsbedürftig und dieses Erkenntnis als mangelhaft begründet.
46 Die Revision bringt vor, dass der Revisionswerber bereits anlässlich des Ortsaugenscheines des Magistrates erklärt habe, die laut Einreichplan vom 9. September 2014 vorgesehenen Zubauten und Änderungen nicht mehr vornehmen zu wollen, sondern ausschließlich eine Sanierung des Bestandgebäudes zu beabsichtigen. Das Verwaltungsgericht hätte im Hinblick auf § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 8 AVG den geänderten Plan vom 1. Oktober 2015 als Antragsänderung dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde zu legen gehabt. Da es seine Entscheidung lediglich auf den ursprünglichen, gemeinsam mit dem Bauansuchen eingereichten Plan vom 9. September 2014 gestützt und den "Planwechsel" völlig unberücksichtigt gelassen habe, sei der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen worden und daher ein wesentlicher Verfahrensmangel gegeben. Bei Berücksichtigung dieses "Planwechsels" hätte das Verwaltungsgericht erkannt, dass lediglich die Sanierung des Baubestandes beabsichtigt werde, und ausschließen können, dass durch das Bauvorhaben das äußere Ansehen, die Raumeinteilung oder die Raumwidmung nach § 60 Abs. 1 lit. a oder c BO geändert werde bzw. ein Umbau vorliege. Das Bewilligungsansuchen wäre sohin in eine Bauanzeige gemäß § 62 Abs. 1 BO umzudeuten gewesen.
47 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision eine weitere Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.
48 Nach der gemäß § 17 VwGVG von den Verwaltungsgerichten anzuwendenden Bestimmung des § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden; durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden. Im Hinblick auf diese Gesetzesbestimmung sind somit Projektänderungen auch im Beschwerdeverfahren in dem Umfang zulässig, als nicht der Prozessgegenstand, der den Inhalt des Spruches des verwaltungsbehördlichen Bescheides dargestellt hat, ausgewechselt wird (vgl. dazu aus der hg. Judikatur etwa VwGH 16.2.2017, Ra 2016/05/0026, mwN).
49 In der Beschwerde wurde (u.a.) vorgebracht, dass ein entsprechender Planwechsel bereits eingereicht worden, eine Kopie des Planes (als Beilage ./A) angeschlossen und diesem Plan zu entnehmen sei, dass es sich bei den vorgesehenen Maßnahmen nicht um solche handle, welche auf die Neuherstellung eines bestimmten Zustandes abzielten, sondern die auf die Erhaltung des Bauwerkes gerichtet seien, wobei weder in die äußere Gestaltung noch in die Bausubstanz selbst eingegriffen werde. Wie oben dargestellt, wurde mit der Beschwerde eine Ausfertigung des (geänderten) Einreichplanes vom 1. Oktober 2015 (als Beilage ./A) vorgelegt.
50 Mit diesem Beschwerdevorbringen hat sich das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis nicht auseinandergesetzt. Dessen Begründung lässt nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung diesen (geänderten) Einreichplan zugrunde gelegt hat. Abgesehen davon, dass dieser Plan in den Sachverhaltsfeststellungen und der rechtlichen Beurteilung des Erkenntnisses nicht erwähnt ist, wird darin (u.a.) festgestellt, aus dem eingereichten Plan gehe hervor, dass alle vorhandenen Innenwände entfernt sowie die östliche Außenwand samt Fundament, die komplette Fußbodenkonstruktion samt Deckenkonstruktion des Erdgeschosses und die Geschossdecke zwischen Erdgeschoss und Dachboden komplett neu errichtet werden sollten. Auch das Dach des Gebäudes solle zum Teil großzügig geändert werden. Des Weiteren sollten durch die Errichtung von neuen Scheidewänden eine Wohnküche, ein Zimmer, Sanitärräume und Nebenräume entstehen und dadurch eine Wohnung geschaffen sowie die ursprünglichen vier Räume aufgelassen werden. Zu diesen Ausführungen ist zu bemerken, dass etwa die Feststellungen, wonach alle vorhandenen Innenwände entfernt und die östliche Außenwand samt Fundament neu errichtet würden, in den Darstellungen des Einreichplanes vom 1. Oktober 2015 nicht nachvollziehbar sind und darin keine Deckung finden.
51 Da sich das Verwaltungsgericht mit dem oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen und dem als Beilage ./A vorgelegten Einreichplan - eine vor der Beschwerdeerhebung vorgenommene Einreichung des Planes vom 1. Oktober 2015 kann aus den vom Verwaltungsgericht vorgelegten Teilen der Verfahrensakten nicht nachvollzogen werden - nicht auseinandergesetzt hat, ist das angefochtene Erkenntnis auch in dieser Hinsicht mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
52 In diesem Zusammenhang ist in Bezug auf das Vorbringen des Revisionswerbers, dass lediglich die Sanierung des Baubestandes beabsichtigt sei, noch auf Folgendes hinzuweisen:
53 Wie bereits erwähnt wurde, erlaubt eine Grünlandwidmung bei bestehenden rechtskräftig bewilligten Gebäuden, die im Falle ihrer Neuerrichtung der Widmung widersprächen, grundsätzlich nur Instandsetzungsarbeiten; damit soll durch den natürlichen Endigungsprozess von Bauwerken auch an bebauten Grundstücken letztlich der Zweck der Grünlandwidmung verwirklicht werden (vgl. nochmals das Erkenntnis VwGH 23.2.2005, 2002/05/1024). Für die Beantwortung der Frage, ob bauliche Maßnahmen als Instandsetzung zu qualifizieren sind, muss auf die vom Gesetzgeber vorgenommene Wertung bei bewilligungspflichtigen, anzeigepflichtigen und bewilligungs- oder anzeigefreien Vorhaben abgestellt werden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VwGH 31.7.2006, 2005/05/0370). Bauliche Maßnahmen zur Instandsetzung eines bestehenden rechtskräftig bewilligten Gebäudes, das im Falle seiner Neuerrichtung einer für das Baugrundstück geltenden Grünlandwidmung widerspräche, sind daher nur soweit zulässig, als sich diese im Rahmen des bestehenden Baukonsenses halten.
54 Schließlich wird noch bemerkt, dass das Verwaltungsgericht schon in Anbetracht des Beschwerdevorbringens, dass für das Bestandsobjekt ein Konsens vorhanden und es seit jeher als Wohnhaus genutzt worden sei, und des Beschwerdevorbringens in Bezug auf den genannten "Planwechsel" die in der Beschwerde beantragte mündliche Verhandlung durchzuführen gehabt hätte (vgl. etwa VwGH 26.9.2017, Ra 2015/05/0065, mwN).
55 Das angefochtene Erkenntnis war daher aus den oben dargestellten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
56 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung Nr. 8/2014. Das Mehrbegehren des Revisionswerbers war abzuweisen, weil ein gesonderter Ersatz von Portokosten gesetzlich nicht vorgesehen ist (vgl. etwa VwGH 29.9.2016, Fr 2016/05/0005) und mit dem in dieser Verordnung festgesetzten Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand auch die Umsatzsteuer abgegolten ist (vgl. etwa VwGH 5.5.2017, Ra 2016/02/0036, mwN).
Wien, am 12. Dezember 2017
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4Auslegung Diverses VwRallg3/5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016050068.L00Im RIS seit
16.01.2018Zuletzt aktualisiert am
07.02.2018