TE Vwgh Beschluss 2000/6/7 99/01/0139

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Veröffentlicht am 07.06.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §32 Abs2;
AsylG 1997 §6 Z2;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
VwGG §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Pelant und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, in der Beschwerdesache des P D in W, geboren am 5. September 1967, vertreten durch Dr. Lukas Kozak, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 47-49, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 30. Oktober 1998, Zl. 205.422/0-IX/26/98, betreffend Asylgewährung und Feststellung gemäß § 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren wird eingestellt.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. September 1998 hat das Bundesasylamt den am 15. September 1998 gestellten Asylantrag des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, der der Volksgruppe der Roma angehört, gemäß § 6 Z. 2 Asylgesetz 1997 - AsylG, BGBl. I Nr. 76, als offensichtlich unbegründet abgewiesen und gemäß § 8 leg. cit. festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Jugoslawien zulässig sei.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 30. September 1998 zugestellt. Die dagegen gerichtete, mit einem Wiedereinsetzungsantrag gegen den Ablauf der zweitägigen Berufungsfrist verbundene Berufung wurde am 5. Oktober 1998 zur Post gegeben. Mit Bescheid vom 7. Oktober 1998 gab das Bundesasylamt dem Wiedereinsetzungsantrag statt. Mit Schreiben vom 14. Oktober 1998 forderte der unabhängige Bundesasylsenat den Beschwerdeführer auf, zur ihm vorgehaltenen allgemeinen Lage von Wehrdienstverweigerern in Jugoslawien binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme des Beschwerdeführers langte am 27. Oktober 1998 bei der belangten Behörde ein. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. Oktober 1998 hat der unabhängige Bundesasylsenat die Berufung abgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Jugoslawien zulässig sei.

An dieser Stelle sei festgehalten, dass die Anwendung von § 32 Abs. 1 erster Satz AsylG in der Fassung vor Aufhebung der Wortfolge "als offensichtlich unbegründet abgewiesen oder" durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11. Dezember 1998, G 210/98, den Beschwerdeführer deshalb nicht in Rechten verletzte, weil ihm auf Grund der Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf der Berufungsfrist und der nachfolgenden Einräumung von Parteiengehör tatsächlich mehr als 14 Tage zur Erstattung eines Berufungsvorbringens zur Verfügung standen.

Am 15. April 1999 brachte der Beschwerdeführer einen weiteren Asylantrag ein, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16. August 1999 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Der dagegen gerichteten Berufung hat der unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid vom 1. Dezember 1999 stattgegeben und den bekämpften Bescheid ersatzlos behoben.

Die belangte Behörde regt in ihrer Gegenschrift vom 3. Dezember 1999 an, die Beschwerde im Hinblick auf den neuerlichen Asylantrag des Beschwerdeführers vom 15. April 1999, über den inhaltlich zu entscheiden sei, gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären.

Der Beschwerdeführer spricht sich in der "Gegenäußerung" vom 21. Dezember 1999 mit der Begründung dagegen aus, dass mit dem angefochtenen Bescheid auch festgestellt worden sei, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien zulässig sei. Würde die Beschwerde als gegenstandslos geworden erklärt, liefe er Gefahr, auf Grundlage dieses Bescheides nach Jugoslawien abgeschoben zu werden. Überdies sei seine materielle Rechtsstellung nicht günstiger geworden. Für ihn sei es noch immer wesentlich, dass ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes über seine Beschwerde mit den Wirkungen des § 63 Abs. 1 VwGG ergehe. Sein Rechtsschutzinteresse sei auch deshalb nicht weggefallen, weil der gegenständlichen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei.

Mit Bescheid vom 16. März 2000 hat das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 15. April 1999 gemäß § 7 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 leg. cit. festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Jugoslawien zulässig sei.

Der Verwaltungsgerichtshof ist zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen. Das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers ist dann zu verneinen, wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer ohne objektiven Nutzen ist und die in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen daher nur mehr theoretische Bedeutung besitzen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit 3, Seite 415 wiedergegebene hg. Judikatur). Fällt das Rechtsschutzbedürfnis während des anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens weg, ist die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung von § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa den Beschluss vom 8. September 1999, Zl. 99/01/0255).

Gemäß § 32 Abs. 2 AsylG ist der Berufung (u.a.) stattzugeben, wenn die Feststellung der Behörde, der Antrag sei offensichtlich unbegründet, nicht zutrifft. In diesen Fällen hat die Berufungsbehörde die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens (gemäß § 7 AsylG) und zur Erlassung eines Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückzuweisen; Feststellungen gemäß § 8 gelten jedenfalls als aufgehoben.

Würde der angefochtene Bescheid aufgehoben, hätte die belangte Behörde neuerlich über die Berufung zu entscheiden. Käme sie dabei zu dem Ergebnis, dass der Berufung stattzugeben ist, hätte sie die Angelegenheit nach der zitierten Gesetzesbestimmung zur Durchführung des Asylverfahrens gemäß § 7 AsylG an die Behörde erster Instanz zurückzuweisen. Das Bundesasylamt hätte dann über den Asylantrag gemäß § 7 AsylG zu entscheiden und - im Fall der Abweisung - eine neuerliche Entscheidung gemäß § 8 leg. cit. zu treffen.

Eine solche - im für den Beschwerdeführer günstigsten Fall mit der vorliegenden Beschwerde zu erreichende - Entscheidung des Bundesasylamtes über den Asylantrag gemäß § 7 AsylG verbunden mit einer neuerlichen Entscheidung über die Frage der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 leg. cit. ist aber vorliegend zwischenzeitig bereits erfolgt. Der Beschwerdeführer könnte daher mit seiner Beschwerde nicht mehr erreichen, als er ohnehin bereits erreicht hat. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die vorliegende Beschwerde hätte daher nur abstrakt-theoretische Bedeutung. Daran kann weder die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die vorliegende Beschwerde noch der Wunsch des Beschwerdeführers nach einer gemäß § 63 Abs. 1 VwGG bindenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes etwas ändern.

Das Verfahren über die somit als gegenstandslos geworden anzusehende Beschwerde war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz konnte im Grund des § 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG unterbleiben.

Wien, am 7. Juni 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999010139.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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