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L10018 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Vorarlberg;Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision 1. des H K, 2. des DI J E und 3. des E B, alle in R und vertreten durch Dr. Hubert F. Kinz und MMag. Dr. Christoph Eberle, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Anton-Schneider-Straße 16/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 7. August 2015, LVwG-313- 001/R10-2013, betreffend eine Angelegenheit nach dem Vorarlberger Gemeindegutgesetz (Behörde gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG:
Vorarlberger Landesregierung; mitbeteiligte Parteien:
1.
Gemeinde R in R, 2. W B in N, 3. M B in R, 4. M K in F, 5. A B,
6.
A B, beide in R, 7. B B in L, 8. H B, 9. I B, 10. A D, 11. J E, alle in R, 12. S H in B, 13. Eh H, 14. P J, 15. E K, 16. G K,
17. A K, 18. D K, 19. F K, 20. N K, 21. T K, alle in R, 22. Dipl.- Ing. W M in T, 23. L M, 24. A P, 25. H P, 26. H P, 27. K P,
28.
O P, 29. A R, 30. J S, 31. M S, 32. P S, 33. E S, alle in R,
34.
M S, 35. R S, beide in K, 36. A S, 37. F A S, 38. H S,
39.
H S, 40. R S, alle in R, 41. E S in A, 42. F S in B, 43. I W in L, 44. J Z, 45. M Z, beide in R, 46. C Z in R, 47. C Z in F,
48. S Z in S), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 30. Oktober 2013 wurde gemäß § 3 in Verbindung mit § 17 des (Vorarlberger) Gesetzes über das Gemeindegut (GGG) festgestellt, dass die Grundstücke Nr. 1371/1, 1606/1, 1606/2, 1745, 1765/1 und 1766, alle in EZ 168, GB R, Gemeindegut im Sinne des § 2 Abs. 1 GGG in Form von Fraktionsgut darstellten, dessen Nutzung den Bezugsberechtigten des Ortsteils M vorbehalten sei.
2 Der dagegen von den Revisionswerbern erhobenen Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (LVwG) vom 7. August 2015 keine Folge gegeben. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für zulässig erklärt.
3 Mit Beschluss vom 25. November 2016, E 1968/2015-14, G 439/2015-14, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der von den Revisionswerbern gegen das Erkenntnis des LVwG vom 7. August 2015 eingebrachten Beschwerde ab. Gleichzeitig wurde deren Antrag, das ",Gesetz über das Gemeindegut' VLGBl 49/1998 zur Gänze als verfassungswidrig auf(zu)heben", zurückgewiesen.
4 Zur Ablehnung der Behandlung der Beschwerde führte der Verfassungsgerichtshof begründend unter anderem aus, spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob näher bezeichnete Grundstücke Gemeindegut im Sinn des § 2 Abs. 1 GGG darstellen, insoweit nicht anzustellen. Ferner hielt der Verfassungsgerichtshof fest:
"Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden - zu Recht vom Vorarlberger Landesgesetzgeber erlassenen (vgl. VfSlg. 17.660/2005) - Rechtsvorschriften (§ 2, § 3 und § 17 Vbg. GemeindegutG) behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 9336/1982, 18.446/2008, 19.262/2010, 19.320/2011 und 19.802/2013 hauptsächlich zur Tiroler Rechtslage) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Eine Gleichheitswidrigkeit auf Grund von Unterschieden in den Regelungen verschiedener Bundesländer liegt schon deshalb nicht vor, weil das bundesstaatliche Prinzip nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Anwendung des Gleichheitssatzes auf das Verhältnis der Regelungen verschiedener Gesetzgeber zueinander ausschließt (vgl. zuletzt VfGH 20.6.2015, E 163/2014 mwN).
Soweit die Beschwerde insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit der oben nicht genannten Bestimmungen des Vbg. GemeindegutG behauptet wird, wendet sie sich gegen vom Landesverwaltungsgericht Vorarlberg nicht angewendete und auch nicht anzuwendende Rechtsvorschriften.
Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Präjudizialität von Rechtsvorschriften (zB VfSlg. 11.401/1987, 11.979/1989, 14.078/1995, 15.634/1999 und 15.673/1999) lässt das Beschwerdevorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."
5 Gegen das Erkenntnis des LVwG vom 7. August 2015 richtet sich auch die vorliegende Revision an den Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des LVwG, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
6 Die Vorarlberger Landesregierung und die Gemeinde R beantragten in ihren Schriftsätzen jeweils die Abweisung der Revision.
7 Der Drittrevisionswerber brachte mit weiterer Eingabe vom 11. August 2017 eine ergänzende Stellungnahme ein.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
11 Das LVwG ließ die Revision gegen das angefochtene Erkenntnis mit der Begründung zu, es fehle Judikatur zur Frage, ob es sich bei einem Grundbuchseintrag einer Fraktion um eine gemeinderechtliche Fraktion bzw. um eine Agrargemeinschaft oder ein ähnliches Gebilde handle, dies insbesondere im Hinblick auf die Auslegung der Grundbuchsanlegungsvorschriften.
12 Dem ist jedoch zu entgegnen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das Verständnis des Begriffs "Fraktion" (entweder als Teil einer politischen Gemeinde oder als Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten im Sinne einer Agrargemeinschaft) im Zeitpunkt der Grundbuchsanlegung nicht generell feststeht, sondern einer Lösung im Einzelfall zugänglich ist (vgl. dazu etwa VwGH 13.10.2011, 2010/07/0163; 30.6.2011, 2010/07/0230; 24.5.2012, 2011/07/0117; vgl. ferner VwGH 26.3.2015, 2013/07/0247, und 26.3.2015, 2013/07/0249, jeweils mwN). Diese zur Tiroler Rechtslage ergangene hg. Rechtsprechung ist, wie auch das LVwG im angefochtenen Erkenntnis zutreffend ausführte, ebenso auf den gegenständlichen Fall nach dem Vorarlberger GGG übertragbar.
13 Die diesbezüglich im vorliegenden Fall vom LVwG vorgenommene, ausführlich begründete und in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht bekämpfte Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seines Prüfungskalküls nicht zu beanstanden (vgl. dazu und im Zusammenhang mit dem Begriff der "Fraktion" auch VwGH 23.4.2015, Ro 2015/07/0015).
14 Ein Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, wenn die Begründung der Revisionszulässigkeit durch das Verwaltungsgericht nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Der Verwaltungsgerichtshof hat weder Gründe für die Zulässigkeit der Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen noch ist er berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision führen könnten, aufzugreifen (vgl. VwGH 26.9.2017, Ro 2015/05/0018, mwN; vgl. dazu auch VwGH 24.5.2017, Ro 2015/02/0027, mwN).
15 In der Revision wird jedoch keine (weitere) Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, aufgeworfen. Vielmehr wird nach der Darstellung des Sachverhaltes im gesonderten Abschnitt "II. Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit" lediglich ausgeführt, die Revision sei "sohin rechtzeitig und zulässig". Ergänzt werden diese Ausführungen nur mit Darlegungen zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses und zum Ende der Revisionsfrist. Eine Rechtsfrage der genannten Art wird hingegen nicht beschrieben.
16 Anzumerken ist schließlich, dass das LVwG - entgegen der von den Revisionswerbern vertretenen Rechtsansicht - jedenfalls zuständig war, über die von den Revisionswerbern gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 30. Oktober 2013 erhobene Beschwerde zu entscheiden (vgl. Art. 130 Abs. 1 Z 1 und Art. 131 Abs. 1 B-VG); dies selbst dann, wenn man (unzutreffend) mit den Revisionswerbern eine Unzuständigkeit der Vorarlberger Landesregierung zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides annähme (in diesem Fall wäre dieser Bescheid vom LVwG zu beheben gewesen). Aber auch die Zuständigkeit der Vorarlberger Landesregierung zur Erlassung des auf § 3 GGG gestützten Bescheides vom 30. Oktober 2013 über die Feststellung von Gemeindegut begegnet keinen Bedenken (vgl. zur Zuständigkeit des Vorarlberger Landesgesetzgebers zur Erlassung der in Rede stehenden Bestimmungen des GGG den bereits zitierten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. November 2016, E 1968/2015-14, G 439/2015-14; zur Zuständigkeit der Vorarlberger Landesregierung zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vgl. § 17 GGG).
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 14. Dezember 2017
Schlagworte
Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RO2015070043.J00Im RIS seit
16.01.2018Zuletzt aktualisiert am
09.02.2018