TE Vwgh Beschluss 2017/12/19 Ra 2017/22/0202

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2017
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision des Landeshauptmannes von Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 11. Oktober 2017, VGW-151/011/12792/2017-2, betreffend Aufenthaltsbewilligung (mitbeteiligte Partei: G S, vertreten durch Dr. Susanne Pertl, Rechtsanwältin in 1060 Wien, Loquai-Platz 13/19), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 2. Juni 2017 wurde der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung "Studierender" nach § 64 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen, weil der Aufenthalt der mitbeteiligten Partei zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könne (§ 11 Abs. 2 Z 4 in Verbindung mit Abs. 5 NAG). Der Lebensgefährte der mitbeteiligten Partei habe eine notariell beglaubigte Haftungserklärung vorgelegt, aber keine Dokumente, die für die Errechnung der Tragfähigkeit dieser Erklärung notwendig seien.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 11. Oktober 2017 gab das Verwaltungsgericht der dagegen erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei statt, behob den angefochtenen Bescheid und erteilte der mitbeteiligten Partei die beantragte Aufenthaltsbewilligung.

Das Verwaltungsgericht führte aus, dass die für die Beurteilung der Tragfähigkeit der Haftungserklärung erforderlichen Unterlagen im Beschwerdeverfahren vorgelegt worden seien. Unter Bezugnahme auf die Einkommensverhältnisse sei die Haftungserklärung als tragfähig anzusehen, "umfassend jegliche finanzielle Haftung im Unterhaltsbereich als auch Krankenversicherungsschutz". Da die mitbeteiligte Partei sowohl die allgemeinen als auch die besonderen Erteilungsvoraussetzungen erfülle, sei ihrem Antrag nachzukommen gewesen.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 In der Revision wird zur Zulässigkeit ausgeführt, es liege "noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den durch das Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2017 - FRÄG 2017, BGBl. I Nr. 84/2017 bzw. BGBl. I Nr. 145/2017, adaptierten §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 11 Abs. 6 NAG vor, welche seit 1.10.2017 in Kraft sind (§ 82 Abs. 23 NAG)". Das Verwaltungsgericht habe zwar die aktuelle Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z 15 NAG zitiert, aber seine Entscheidung nicht daran ausgerichtet.

6 Nach dem mit den vorgelegten Verfahrensakten in Einklang stehenden Vorbringen des Revisionswerbers wurde das angefochtene Erkenntnis am 17. Oktober 2017 zugestellt und somit erlassen.

7 § 2 Abs. 1 Z 15 und § 11 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 145/2017 treten nach § 82 Abs. 23 NAG (in der Fassung dieses BGBl.) "mit Ablauf des Tages der Kundmachung, frühestens jedoch mit 1. Oktober 2017 in Kraft". Das BGBl. I Nr. 145/2017 ist am 18. Oktober 2017 kundgemacht worden, die eingangs genannten Bestimmungen sind daher erst mit 19. Oktober 2017 (und somit nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses) in Kraft getreten.

Insoweit das Zulässigkeitsvorbringen somit die Auslegung einer Rechtslage betrifft, die zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses noch nicht in Kraft war, hängt die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes und damit das rechtliche Schicksal der Revision nicht von der Lösung dieser Rechtsfrage ab (vgl. grundsätzlich dazu VwGH 15.3.2016, Ro 2015/01/0014, mwN). Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen auf Grund von Revisionen ist der Verwaltungsgerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung nicht berufen (siehe VwGH 25.7.2016, Ro 2014/02/0073, mwN).

8 § 2 Abs. 1 Z 15 und § 11 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 84/2017 sind nach § 82 Abs. 23 NAG (in der Fassung dieses BGBl.) mit 1. Oktober 2017 in Kraft getreten. Gemäß Art. 7 des FrÄG 2017, BGBl. I Nr. 145/2017, ist das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 84/2017 mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 145/2017 (somit mit Ablauf des 18. Oktober 2017) außer Kraft getreten.

Der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes folgend vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt, wenn die revisionsgegenständliche Regelung bereits außer Kraft getreten ist und es angesichts eines kleinen Kreises potentiell betroffener Personen nicht wahrscheinlich ist, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird (vgl. VwGH 24.6.2016, Ra 2016/02/0123; 25.11.2015, Ra 2015/16/0115, jeweils mwN). Im Hinblick auf den äußerst kurzen zeitlichen Geltungsbereich des BGBl. I Nr. 84/2017 trifft dies auf den vorliegenden Fall zu.

9 Ausgehend davon wird aber keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 sowie § 15 Abs. 4 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2017

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017220202.L00

Im RIS seit

16.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten