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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des C O in L, vertreten durch Mag. Gottfried Hudl, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Wallgasse 14/34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 3. Juli 2017, Zl. LVwG-650894/5/Bi, betreffend Aufforderung gemäß § 24 Abs. 4 FSG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz-Land), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (insoweit durch Bestätigung des Bescheides der belangten Behörde vom 18. April 2017) der Revisionswerber, soweit dies mit der vorliegenden Revision bekämpft wird, gemäß § 24 Abs. 4 iVm § 8 Abs. 2 FSG aufgefordert, eine "Haaranalyse auf illegale Suchtmittel" für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens binnen drei Wochen ab Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses beizubringen.
2 Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
3 In der Begründung legte das Verwaltungsgericht die Angaben des Revisionswerbers in der Vernehmung vom 20. Februar 2017 zugrunde, nach denen er im "letzten halben Jahr ... regelmäßig 2- 3mal pro Woche Cannabiskraut" sowie seit Jahresende 2016 unregelmäßig "Amphetamine (Speed, XTC, MDMA)" konsumiert habe. Am 14. April 2017 habe sich der Revisionswerber aufgrund einer behördlichen Aufforderung der amtsärztlichen Untersuchung unterzogen. Die Beteuerung des Revisionswerbers, seit Februar 2017 keine illegalen Drogen mehr konsumiert zu haben, hielt das Verwaltungsgericht angesichts des von ihm vorgelegten "Drogenharnbefundes" (dieser enthalte den Vermerk, dass der Harn angesichts des niedrigen Creatininwertes möglicherweise verdünnt und daher nicht verwertbar gewesen sei) für nicht plausibel. Die Amtsärztin habe zur Verifizierung der Angaben des Revisionswerbers betreffend sein Konsumverhalten die Vorlage einer "Haaranalyse" verlangt und dies damit begründet, dass "ein sicherer Nachweis eines Suchtgiftkonsums nur durch eine solche möglich sei". Daran könne die vom Revisionswerber vorgelegte psychiatrische Stellungnahme, die eine Suchterkrankung beim Revisionswerber verneine, nichts ändern. Das Verwaltungsgericht bestätigte daher die behördliche Aufforderung zur Vorlage einer Haaranalyse auf illegale Suchtmittel, weil durch diese im Gegensatz zur Harnanalyse der tatsächliche Suchtmittelkonsum widergespiegelt werden könne.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001 und 18.2.2015, Ra 2015/08/0008).
8 In der Revision, in der sich der Revisionswerber in seinem Recht auf Unterbleiben der Befundbeibringung in Form einer Haaranalyse verletzt erachtet, werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
9 Die Revision begründet das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur damit, dass eine höchstgerichtliche Entscheidung zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Haaranalyse durch die Führerscheinbehörde gemäß § 24 Abs. 4 iVm § 8 Abs. 2 FSG angeordnet werden könne, fehle. (Zwar listet die Revision noch weitere Rechtsfragen auf, doch wird deren grundsätzliche Bedeutung ohne nähere Begründung bloß behauptet.)
10 Dazu ist auf Folgendes hinzuweisen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich jüngst im Erkenntnis vom 18. Oktober 2017, Ra 2017/11/0232, mit der Frage, ob bei - in der Vergangenheit gelegenem - gehäuftem Missbrauch von Suchtmitteln ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs. 4 FSG erlassen werden darf, auseinander gesetzt und unter Rn 38f. dieses Erkenntnisses wie folgt ausgeführt:
"Aus dem Umstand, dass gemäß § 14 Abs. 5 FSG-GV sowohl bei in der Vergangenheit bestandener Abhängigkeit von Alkohol, Suchtmitteln oder Arzneimitteln als auch bei in der Vergangenheit begangenem gehäuften Missbrauch dieser Substanzen - jeweils unter der Voraussetzung einer befürwortenden psychiatrischen Stellungnahme - eine Lenkberechtigung nur unter Einschränkungen erteilt und eine erteilte, wie soeben ausgeführt, nur unter Einschränkungen belassen werden darf, folgt, dass auch eine in der Vergangenheit liegende Abhängigkeit oder ein in der Vergangenheit erfolgter gehäufter Missbrauch die Annahme einer uneingeschränkten gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließen. Vielmehr liegt in solchen Fällen gemäß § 8 Abs. 3 Z 2 FSG eine nur bedingte gesundheitliche Eignung vor.
Im Hinblick darauf ist aber davon auszugehen, dass auch eine Abhängigkeit oder ein gehäufter Missbrauch, die bzw. der in der Vergangenheit vorlag, Bedenken ob der gesundheitlichen Eignung auslösen können. Dies hat zur Konsequenz, dass auch in solchen Konstellationen ein Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs. 4 FSG zur Sicherstellung der in § 14 Abs. 5 FSG-GV angeordneten Vorgangsweise in Betracht kommt."
11 Diese Ausführungen gelten nicht nur für die (dem zitierten Erkenntnis zugrunde liegende) Aufforderung, sich der amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, sondern in gleicher Weise für die (gleichfalls in § 24 Abs. 4 FSG geregelte) Aufforderung, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde (fallbezogen: Haaranalyse betreffend den Konsum illegaler Suchtmittel) beizubringen.
12 Mit dieser Rechtsprechung im Einklang befindet sich das angefochtene Erkenntnis, weil das Verwaltungsgericht die gegenständliche Aufforderung auf den (vom Revisionswerber selbst dargelegten) gehäuften Missbrauch von Suchtmitteln in der Vergangenheit (bis Februar 2017) gestützt hat.
13 Soweit die Revision die in § 24 Abs. 4 FSG vorausgesetzte Erforderlichkeit der aufgetragenen Befundbeibringung (Haaranalyse) in Zweifel zieht, weil diese der "rückwirkenden Verifizierung" der Angaben des Revisionswerbers über seinen Suchtmittelkonsum dienen solle, so übersieht sie, dass es doch offensichtlich um die Verifizierung seiner Aussage geht, den Suchtmittelkonsum seit Februar 2017 eingestellt zu haben. Dies ist deshalb von rechtlicher Bedeutung, weil verneinendenfalls (aktueller Konsum) die Behörde nicht gemäß § 14 Abs. 5 FSG-GV, sondern nach Abs. 1 leg. cit. vorzugehen hätte. Die Ansicht, dass die Haaranalyse gegenständlich die einzige Methode ist, um einen Suchtgiftkonsum - gesichert - verifizieren oder falsifizieren zu können (und somit einen zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens "erforderlichen" Befund iSd § 24 Abs. 4 dritter Satz FSG darstellt), beruht auf dem erwähnten amtsärztlichen Gutachten, und ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstanden (vgl. den hg. Beschluss vom 21.4.2017, Ro 2016/11/0004, wonach die Frage der alternativlosen Anordnung einer Haaranalyse zum Abstinenznachweis eine - grundsätzlich nicht revisible - Frage der Beweiswürdigung darstellt, sowie ähnlich den hg. Beschluss vom 31.7.2017, Ra 2017/11/0064, betreffend die Auflage zur Beibringung einer Haarprobe bei einem in der rezenten Vergangenheit liegenden gehäuften Alkoholmissbrauch).
14 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 19. Dezember 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017110287.L00Im RIS seit
16.01.2018Zuletzt aktualisiert am
09.02.2018