TE Bvwg Erkenntnis 2017/12/27 W255 2166029-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.12.2017
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Entscheidungsdatum

27.12.2017

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W255 2166029-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.07.2017, Zl. 1089339505-151456072/BMI-BFA-BGLD-RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.12.2017 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste am 29.09.2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 30.09.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Oberösterreich die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Dabei gab der BF im Wesentlichen an, afghanischer Staatsangehöriger, Hazara, und am XXXX geboren zu sein. Der BF habe in Afghanistan gemeinsam mit seinem Vater, seiner Mutter, drei Brüdern und vier Schwestern im XXXX in der Stadt Kabul gelebt. Der BF habe Afghanistan wegen dem Krieg und der unsicheren Lage verlassen und sei in den Iran gereist, wo er sich zwei Jahre aufgehalten habe. Im Iran habe der BF illegal gelebt und sei von den dortigen Behörden festgehalten und geschlagen worden. Daher sei er vom Iran nach Österreich gereist.

3. Am XXXX wurde der BF einer Untersuchung zwecks Feststellung seiner Minder- bzw. Volljährigkeit unterzogen. Im Gutachten vom XXXX kommt der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) beauftragte Sachverständige zum Ergebnis, dass das höchstmögliche Mindestalter des BF zum Untersuchungszeitpunkt (XXXX) mit XXXX Jahren anzunehmen sei, das daraus errechnete fiktive Geburtsdatum XXXX laute und zum Zeitpunkt der Asylantragstellung (XXXX) von einem Mindestalter von XXXX Jahren ausgegangen werden könne.

4. Am 03.04.2017 wurde der BF vor dem BFA einvernommen. Dabei gab der BF an, dass er von 2005 bis 2009 in "XXXX" die Schule besucht habe. Der BF habe mit seiner Familie (Eltern, drei Brüder und vier Schwestern) im XXXX in der Stadt Kabul gelebt und die letzten fünf Jahre vor seiner Ausreise aus Afghanistan dort als Helfer in einem Geschäft für Süßigkeiten gearbeitet. Die Familie des BF halte sich nach wie vor in Kabul auf. Der Vater und ein Bruder des BF würden arbeiten, seine Schwestern die Schule besuchen. Der BF habe ein- bis zweimal monatlich telefonischen Kontakt mit seiner Familie. Der BF habe Afghanistan 2013 verlassen, da er von seinem Onkel väterlicherseits bedroht worden sei. Dieser Onkel habe im Iran gelebt und sei mit einem in Afghanistan lebenden Mädchen verlobt worden. Der BF habe dieses Mädchen geliebt und eine sexuelle Beziehung mit diesem Mädchen gehabt. Als der Onkel aus dem Iran zurückgekehrt sei, habe er das Mädchen geheiratet. Irgendwann sei er dahinter gekommen, dass der BF eine sexuelle Beziehung mit seiner Ehegattin gehabt habe. Daraufhin habe der Onkel den BF bedroht, dass er ihn nicht am Leben lassen werde. Der BF habe auch mit seinen Eltern darüber gesprochen. Er sei in den Iran gereist und später nach Europa. Konkret sei der Onkel mit einem Messer in das Elternhaus des BF gekommen und habe gesagt, er würde den BF töten. Der BF sei aus dem Haus geflüchtet. Sein Bruder habe den Onkel festgehalten. Der BF habe eine Woche lang nicht nach Hause zurückkommen können. Er sei zwei Tage lang bei seiner Tante mütterlicherseits und fünf Tag bei seinem Freund gewesen. Danach sei er nach Hause gegangen. Seine Eltern hätten gesagt, dass er in den Iran flüchten solle. Dann sei der BF ausgereist. Das Mädchen, das der BF geliebt habe, und der Onkel seien verheiratet und hätten mittlerweile zwei Kinder im Alter von eineinhalb und drei Jahren. Würde der BF zurückkehren, dann wäre es schwierig für ihn wegen seinem Onkel. Der BF habe bis zur Hochzeit Kontakt zu dem Mädchen gehabt. Danach nicht mehr. Der BF sei zudem Hazara und es sei für ihn unsicher, in Afghanistan zu leben. Der BF habe bei der Erstbefragung seine Geliebte nicht erwähnt, weil er sehr müde gewesen sei und sich geschämt habe.

5. Am 03.07.2017 wurde der BF neuerlich vor dem BFA einvernommen. Dabei gab der BF zur Bedrohung in Afghanistan an, dass sein Onkel ins Elternhaus gekommen sei und den BF mit einem Messer erstechen habe wollen. Sein Vater und Bruder hätten den Onkel festgehalten. Der BF sei von zuhause weggelaufen und habe eine Woche bei seinen Freunden geschlafen. Danach sei er in den Iran gereist. Als er bei seinen Freunden geschlafen habe, habe er mit seinem Vater telefoniert. Dieser habe zum BF gesagt, dass er Afghanistan verlassen solle, da ihn sein Onkel suchen würde. Der BF wisse nicht, wie der Onkel erfahren habe, dass der BF eine sexuelle Beziehung mit dessen Ehegattin gehabt habe; der Onkel habe es von anderen Familienangehörigen gehört. Der Onkel und dessen Ehegattin würden nach wie vor zusammen leben.

Der BF habe sein Liebschaft mit diesem Mädchen 2010, 2011 oder 2012 begonnen, genau wisse er es nicht mehr. Das Mädchen habe den BF angerufen und gesagt, dass sie in ihn verliebt sei. So habe die Beziehung angefangen. Der Onkel habe nach der Hochzeit von der Liebschaft erfahren. Die Bedrohung durch den Onkel habe ca. ein halbes Jahr nach der Heirat begonnen. Die Heirat habe Ende 2012 oder Anfang 2013 stattgefunden. Der Onkel habe einmal versucht, den BF zu töten. Der BF habe das Mädchen gekannt, weil sich ihre Familien gekannt hätten. Der BF habe sie zwei bis dreimal heimlich getroffen. Laut Bruder des BF gehe es dem Mädchen derzeit gut. Der BF sei mit ihr in XXXX in XXXX und XXXX spazieren gegangen. Er habe ein einziges Mal mit ihr bei sich zu Hause Sex gehabt. Sie seien zweieinhalb bis drei Jahre zusammen gewesen und hätten zwei oder dreimal pro Woche telefoniert. Der letzte Kontakt habe vor der Hochzeit stattgefunden. Der BF sei ca. ein halbes Jahr nach der Hochzeit bedroht worden. Er sei 2013 in den Iran, dort zwei Jahre geblieben und dann nach Europa gereist. Der BF sei 15 oder 16 Jahre alt gewesen, als er das Mädchen kennengelernt habe, das Mädchen sei im selben Alter gewesen. Der Onkel, der nun mit dem Mädchen verheiratet sei, sei ca. ein Jahr älter als der BF. Die Verlobung habe 2010 stattgefunden und der Onkel sei Ende 2012 aus dem Iran zurückgekommen. Der BF habe in Afghanistan nie Probleme bezüglich seiner ethnischen Abstammung (Hazara) gehabt. Er habe in Afghanistan in einer Süßigkeiten-Produktionsfirma und im Iran auf eine Baustelle gearbeitet.

6. Das BFA wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 14.07.2017, Zl. 1089339505-151456072/BMI-BFA-BGLD-RD, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.). Das BFA erteilte dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte fest, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt IV.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass es sich bei den vom BF geschilderten Ereignissen – selbst bei Wahrheitsunterstellung – um private Streitigkeiten handeln würde, die keinesfalls unter die GFK zu subsumieren seien. Zudem würde seinen Angaben jegliche Aktualität fehlen.

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass dem BF eine Rückkehr möglich und zumutbar sei, da es sich um einen gesunden jungen Mann handle.

Die Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der BF in Österreich keine Angehörigen habe, er sich in Grundversorgung befinde und seinen gegenwärtigen Lebensunterhalt ausschließlich aus staatlicher Unterstützung finanziere.

7. Gegen den unter Punkt 6. genannten Bescheid richtet sich die vom BF fristgerecht erhobene Beschwerde. Darin wiederholte der BF im Wesentlichen, dass er eine geheime Beziehung zu einem Mädchen gehabt habe, das schließlich den Onkel des BF geheiratet habe und der BF einer Bedrohung durch seinen Onkel ausgesetzt gewesen sei. Durch diese Beziehung habe der BF gegen strafgesetzliche Normen Afghanistans sowie gegen die Grundsätze der Scharia verstoßen, weshalb ihm asylrelevante Verfolgung in Afghanistan sowohl seitens der afghanischen Regierung als auch seitens seines Onkels bzw. seiner Familie drohe.

8. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 31.07.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

9. Mit Schreiben vom 04.10.2017 wurden dem BF vom Bundesverwaltungsgericht aktuelle Länderfeststellungen betreffend Afghanistan übermittelt.

10. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 13.12.2017 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari sowie im Beisein des BF und seiner Rechtsvertreterin eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Dabei gab der BF an, dass er in der Provinz XXXX geboren und in der Stadt Kabul aufgewachsen sei. Sein genaues Geburtsdatum kenne er nicht. Er habe in Kabul mit seinen Eltern, drei Brüdern und vier Schwestern zusammengelebt. Die Familie lebe nach wie vor in Kabul und es gehe der Familie gut. Der BF habe einmal monatlich Kontakt mit seiner Familie. Sein Vater habe ein Lebensmittelgeschäft und arbeite dort, seine Geschwister würden die Schule besuchen. Der BF habe bis zur achten Klasse die Schule besucht. Danach habe er sechs Jahre lang in einer Konditorei bzw. einem Geschäft, in dem Süßigkeiten verkauft werden, und als Straßenverkäufer gearbeitet. Eine seiner Schwester und zwei der Brüder seien noch in XXXX auf die Welt gekommen, der Rest in Kabul. Der BF habe Afghanistan verlassen, da er ein Mädchen namens XXXX geliebt habe, mit dieser ins Restaurant Essen und mit ihr spazieren gegangen sei und sich ihr sexuell genähert habe. Der Onkel väterlicherseits des BF, ca. 22 oder 23 Jahre alt, habe das Mädchen geheiratet. Fünf oder sechs Monate nach der Hochzeit habe der Onkel von der Beziehung des BF zu dem Mädchen erfahren und dem BF gedroht. Der BF sei ein paar Mal telefonisch vom Onkel bedroht worden. Dann habe der Onkel den BF mit einem Messer attackiert und am Oberschenkel verletzt. Der BF sei zwei Tage bei seiner Tante mütterlicherseits und fünf Tage bei einem Freund gewesen. Dann sei er in den Iran gereist. Der BF habe XXXX gekannt, da sie im selben Ort gelebt habe. Sie seien verwandt gewesen und hätten sich bei diversen Hochzeiten und Familienfeiern gesehen. Es handle sich um die Cousine väterlicherseits des Vaters des BF. Der BF habe sie 2010 kennengelernt und der Kontakt zu ihr habe bis zur Hochzeit 2013 bestanden. Der BF habe sich XXXX einmal im Ende 2011 in seinem Elternhaus sexuell genähert. Zu diesem Zeitpunkt seien alle Familienmitglieder bei einer Hochzeit gewesen. Es sei der Wunsch von XXXX gewesen. Danach habe sich keine Gelegenheit mehr für einen sexuellen Verkehr ergeben. Die Hochzeit von XXXX und vom Onkel sei Ende 2012 gewesen. Die Familie des BF habe gewusst, dass der BF XXXX geliebt habe. Wie der Onkel erfahren habe, dass der BF eine Beziehung mit XXXX gehabt habe, wisse der BF nicht. Der Onkel habe den BF zwei bis dreimal angerufen und dem BF gedroht, dass er ihn umbringen werde. Dann habe der Onkel den BF mit dem Messer attackiert. Zu diesem Zeitpunkt seien die Eltern und Geschwister des BF zu Hause gewesen. Der Bruder und der Vater des BF hätten den Onkel daran gehindert, ein zweites Mal auf den BF einzustechen. Der BF sei dann geflüchtet. Der BF habe vor dem BFA nicht angegeben, dass er vom Onkel mit dem Messer erwischt worden sei, weil er sich damals geschämt habe. Er habe nicht erwähnt, dass sein Onkel ihn telefonisch bedroht habe, da man ihn nicht gefragt habe, er es vergessen oder keine Gelegenheit dazu gehabt habe. XXXX lebe heute mit dem Onkel verheiratet, aber die Beiden würden sich nicht verstehen. Sie hätten zwei Kinder miteinander. XXXX habe nie Probleme bekommen, weil sie außerehelichen Sex gehabt habe. Müsste der BF nach Afghanistan zurückkehren, hätte er Angst vor seinem Onkel. Andere Probleme hätte er nicht. Es habe auch Konflikte zwischen dem Onkel und dem Bruder des BF gegeben. Diese seien allerdings durch die Intervention vom Stammesältesten beseitigt worden.

Der BF habe in Österreich eine Deutschprüfung auf A1 Niveau bestanden. Er besuche einen Deutschkurs auf A2 Niveau. Er habe in Österreich in einem Weingarten gearbeitet. Zwei Tanten mütterlicherseits würden in Österreich leben, aber er habe keine Kontakt mit ihnen oder nur manchmal einmal monatlich telefonisch. Der BF spiele in seiner Freizeit mit afghanischen Freunden Fußball, gehe spazieren mit ihnen und einkaufen. Er wolle in Österreich etwas lernen, sich entwickeln und etwas Gutes in der Gesellschaft beitragen. Der BF legte drei Deutschkurs-Teilnahmebestätigungen (A1 Niveau), einen Lohnzettel vom Oktober 2017 und eine Unterstützungsschreiben der Marktgemeinde XXXX vor.

Die rechtsfreundliche Vertreterin des BF legte in der mündlichen Verhandlung eine mit 13.12.2017 datierte schriftliche Stellungnahme vor, in der sie ausführlich auf die Asylrelevanz des Vorbringens des BF (außereheliche Beziehung), das Nichtbestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative und die Gewährung von subsidiärem Schutz an den BF einging.

II. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des gegenständlich erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung, der Einvernahmen des BF vor dem BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 13.12.2017, der Einsichtnahme in die Verwaltungsakten des BFA betreffend die beiden in Österreich lebenden Tanten des BF, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1. Der BF heißt XXXX und ist am XXXX in der Provinz XXXX geboren. Der BF ist im Kleinkindalter gemeinsam mit seiner Familie von XXXX in die Stadt Kabul übersiedelt und dort aufgewachsen.

1.2. Der BF ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Muslim. Die Muttersprache des BF ist Dari.

1.3. Der BF hat in Afghanistan acht Jahre die Schule besucht. Er verfügt über sechs Jahre Berufserfahrung in einem Süßigkeitengeschäft und als Straßenverkäufer sowie über zwei Jahre Berufserfahrung als Hilfsarbeiter auf einer Baustelle.

1.4. Der BF ist ledig und hat keine Kinder.

1.5. Die Eltern, drei jüngere Brüder (8, 15 und 17 Jahre alt) und vier jüngere Schwestern (4, 6, 10 und 13 Jahre alt) des BF leben nach wie vor in der Stadt Kabul. Der BF steht in regelmäßigem Kontakt mit seiner Familie und telefoniert durchschnittlich einmal monatlich mit dieser. Die Familie verdient sich ihren Lebensunterhalt durch das Betreiben eines Lebensmittelgeschäftes. Die Brüder und Schwestern des BF besuchen die Schule. Der älteste Bruder arbeitet. Die Situation der Familie ist gut. Der BF kann im Falle der Rückkehr nach Afghanistan wieder Anschluss bei seiner Familie finden und von dieser aufgenommen werden.

1.6. Der BF ist gesund und im erwerbsfähigen Alter.

1.7. Der BF verließ Afghanistan im September/Oktober 2013 und reiste in den Iran, wo er sich zwei Jahre in XXXX aufhielt und sich seinen Lebensunterhalt als Hilfsarbeiter auf einer Baustelle verdiente. Danach reiste der BF über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich, wo er nach illegaler Einreise am 29.09.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

1.8. Zwei Tanten mütterlicherseits des BF (XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, und XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan) leben in Österreich. Sie haben genauso wie der BF jeweils am 29.09.2015 Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Der BF steht nicht in regelmäßigem Kontakt mit ihnen. Der verfügt über keine weiteren Verwandten oder sonstigen engen sozialen Beziehungen in Österreich.

1.9. Der BF besuchte in Österreich von 14.03.2017 bis 04.05.2017 einen Kurs "Deutsch als Fremdsprache A1 Modul A1" von 01.06.2017 bis 20.07.2017 einen Kurs "Deutsch als Fremdsprache A1 Modul A2" und von 25.07.2017 bis 29.08.2017 einen Kurs "Deutsch als Fremdsprache A1 Politische Bildung". Dem BF wurde mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 05.10.2017 eine Beschäftigungsbewilligung (Erntehelferbewilligung) für die berufliche Tätigkeit als Erntehelfer für die Zeit vom 09.10.2017 bis 03.11.2017 erteilt. Der BF war von 09.10.2017 bis 18.10.2017 als Erntehelfer in XXXX erwerbstätig. Der BF hat sich in Österreich bisher nicht ehrenamtlich engagiert. Der BF ist nicht Mitglied in einem Verein.

1.10. Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

2.1. Der BF wurde in seinem Herkunftsstaat niemals inhaftiert und hatte mit den Behörden seines Herkunftsstaates weder auf Grund seiner Rasse, Nationalität, seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme. Der BF war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an.

2.2. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF in seiner Herkunftsstadt eine außereheliche Beziehung mit einem afghanischen Mädchen namens XXXX geführt hat und aufgrund dieser außerehelichen Beziehung von seinem Onkel väterlicherseits (und/oder anderen Personen) bedroht wurde bzw. im Falle der Rückkehr nach Afghanistan bedroht werden würde.

2.3. Es kann nicht festgestellt werden, dass konkret der BF als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara sowie schiitischer Muslim bzw. dass jeder Angehörige der Volksgruppe der Hazara sowie schiitische Muslim in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt ist.

2.4. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem BF im Falle der Rückkehr in die Stadt XXXX ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle der Rückkehr in die Stadt XXXX Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

2.5. Der BF ist gesund, arbeitsfähig und verfügt über familiäre – auch finanzielle – Unterstützung in Afghanistan. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle der Rückkehr nach XXXX Gefahr liefe, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten oder sich seine Erkrankung in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern würde. Es sind auch sonst keine Hinweise hervorgekommen, dass allenfalls andere körperliche oder psychische Erkrankungen einer Rückführung des BF in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

2.6. Der BF kann die Stadt XXXX von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen.

3. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Aufgrund der im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:

3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit Stand vom 25.09.2017:

1. Neueste Ereignisse – KI vom 25.09.2017 – Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil; die Regierung und die Taliban wechselten sich während des Berichtszeitraumes bei Kontrolle mehrerer Distriktzentren ab – auf beiden Seiten waren Opfer zu beklagen (UN GASC 21.9.2017). Der Konflikt in Afghanistan ist gekennzeichnet von zermürbenden Guerilla-Angriffen, sporadischen bewaffneten Zusammenstößen und gelegentlichen Versuchen Ballungszentren zu überrennen. Mehrere Provinzhauptstädte sind nach wie vor in der Hand der Regierung; dies aber auch nur aufgrund der Unterstützung durch US-amerikanische Luftangriffe. Dennoch gelingt es den Regierungskräften kleine Erfolge zu verbuchen, indem sie mit unkonventionellen Methoden zurückschlagen (The Guardian 3.8.2017).

Der afghanische Präsident Ghani hat mehrere Schritte unternommen, um die herausfordernde Sicherheitssituation in den Griff zu bekommen. So hielt er sein Versprechen den Sicherheitssektor zu reformieren, indem er korrupte oder inkompetente Minister im Innen- und Verteidigungsministerium feuerte, bzw. diese selbst zurücktraten; die afghanische Regierung begann den strategischen 4-Jahres Sicherheitsplan für die ANDSF umzusetzen (dabei sollen die Fähigkeiten der ANDSF gesteigert werden, größere Bevölkerungszentren zu halten); im Rahmen des Sicherheitsplanes sollen Anreize geschaffen werden, um die Taliban mit der afghanischen Regierung zu versöhnen; Präsident Ghani bewilligte die Erweiterung bilateraler Beziehungen zu Pakistan, so werden unter anderen gemeinsamen Anti-Terror Operationen durchgeführt werden (SIGAR 31.7.2017).

Zwar endete die Kampfmission der US-Amerikaner gegen die Taliban bereits im Jahr 2014, dennoch werden, laut US-amerikanischem Verteidigungsminister, aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage 3.000 weitere Soldaten nach Afghanistan geschickt. Nach wie vor sind über 8.000 US-amerikanische Spezialkräfte in Afghanistan, um die afghanischen Truppen zu unterstützen (BBC 18.9.2017).

1.1. Sicherheitsrelevante Vorfälle

In den ersten acht Monaten wurden insgesamt 16.290 sicherheitsrelevante Vorfälle von den Vereinten Nationen (UN) registriert; in ihrem Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) für das dritte Quartal, wurden 5.532 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert – eine Erhöhung von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. Laut UN haben sich bewaffnete Zusammenstöße um 5% erhöht und machen nach wie vor 64% aller registrierten Vorfälle aus. 2017 gab es wieder mehr lange bewaffnete Zusammenstöße zwischen Regierung und regierungsfeindlichen Gruppierungen. Im Gegensatz zum Vergleichszeitraums des Jahres 2016, verzeichnen die UN einen Rückgang von 3% bei Anschlägen mit Sprengfallen [IEDs – improvised explosive device], Selbstmordangriffen, Ermordungen und Entführungen – nichtsdestotrotz waren sie Hauptursache für zivile Opfer. Die östliche Region verzeichnete die höchste Anzahl von Vorfällen, gefolgt von der südlichen Region (UN GASC 21.9.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan von 1.1.-31.8.2017 19.636 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (Stand: 31.8.2017) (INSO o.D.).

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(Grafik: Staatendokumentation gemäß Daten aus INSO o.D.)

1.2. Zivilist/innen

Landesweit war der bewaffnete Konflikt weiterhin Ursache für Verluste in der afghanischen Zivilbevölkerung. Zwischen dem 1.1. und 30.6.2017 registrierte die UNAMA 5.243 zivile Opfer (1.662 Tote und 3.581 Verletzte). Dies bedeutet insgesamt einen Rückgang bei zivilen Opfern von fast einem 1% gegenüber dem Vorjahreswert. Dem bewaffneten Konflikt in Afghanistan fielen zwischen 1.1.2009 und 30.6.2017 insgesamt 26.512 Zivilist/innen zum Opfer, während in diesem Zeitraum 48.931 verletzt wurden (UNAMA 7.2017).

Im ersten Halbjahr 2017 war ein Rückgang ziviler Opfer bei Bodenoffensiven zu verzeichnen, während sich die Zahl ziviler Opfer aufgrund von IEDs erhöht hat (UNAMA 7.2017).

Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer – speziell in der Hauptstadt Kabul: von den 1.048 registrierten zivilen Opfer (219 Tote und 829 Verletzte), resultierten 94% aus Selbstmordattentaten und Angriffen durch regierungsfeindliche Elemente. Nach der Hauptstadt Kabul verzeichneten die folgenden Provinzen die höchste Zahl ziviler Opfer: Helmand, Kandahar, Nangarhar, Uruzgan, Faryab, Herat, Laghman, Kunduz und Farah. Im ersten Halbjahr 2017 erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer in 15 von Afghanistans 34 Provinzen (UNAMA 7.2017)

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(UNAMA 7.2017)

1.3. High-profile Angriffe:

Der US-Sonderbeauftragten für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR), verzeichnete in seinem Bericht für das zweite Quartal des Jahres 2017 mehrere high-profil Angriffe; der Großteil dieser fiel in den Zeitraum des Ramadan (Ende Mai bis Ende Juni). Einige extremistische Organisationen, inklusive dem Islamischen Staat, behaupten dass Kämpfer, die während des Ramadan den Feind töten, bessere Muslime wären (SIGAR 31.7.2017).

Im Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) wurden von den Vereinten Nationen folgende High-profile Angriffe verzeichnet:

Ein Angriff auf die schiitische Moschee in der Stadt Herat, bei dem mehr als 90 Personen getötet wurden (UN GASC 21.9.2017; vgl.: BBC 2.8.2017). Zu diesem Attentat bekannte sich der ISIL-KP (BBC 2.8.2017). Taliban und selbsternannte ISIL-KP Anhänger verübten einen Angriff auf die Mirza Olang Region im Distrikt Sayyad in der Provinz Sar-e Pul; dabei kam es zu Zusammenstößen mit regierungsfreundlichen Milizen. Im Zuge dieser Kämpfe, die von 3.-5.August anhielten, wurden mindestens 36 Menschen getötet (UN GASC 21.9.2017). In Kabul wurde Ende August eine weitere schiitische Moschee angegriffen, dabei wurden mindestens 28 Zivilist/innen getötet; auch hierzu bekannte sich der ISIL-KP (UN GASC 21.9.2017; vgl.: NYT 25.8.2017).

Manche high-profile Angriffe waren gezielt gegen Mitarbeiter/innen der ANDSF und afghanischen Regierungsbeamte gerichtet; Zivilist/innen in stark bevölkerten Gebieten waren am stärksten von Angriffen dieser Art betroffen (SIGAR 31.7.2017).

"Green Zone" in Kabul

Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017).

Eine Erweiterung der sogenannten Green Zone ist geplant; damit wird Verbündeten der NATO und der US-Amerikaner ermöglicht, auch weiterhin in der Hauptstadt Kabul zu bleiben ohne dabei Risiken ausgesetzt zu sein. Kabul City Compound – auch bekannt als das ehemalige Hauptquartier der amerikanischen Spezialkräfte, wird sich ebenso innerhalb der Green Zone befinden. Die Zone soll hinkünftig vom Rest der Stadt getrennt sein, indem ein Netzwerk an Kontrollpunkten durch Polizei, Militär und privaten Sicherheitsfirmen geschaffen wird. Die Erweiterung ist ein großes öffentliches Projekt, das in den nächsten zwei Jahren das Zentrum der Stadt umgestalten soll; auch sollen fast alle westlichen Botschaften, wichtige Ministerien, sowie das Hauptquartier der NATO und des US-amerikanischen Militärs in dieser geschützten Zone sein. Derzeit pendeln tagtäglich tausende Afghaninnen und Afghanen durch diese Zone zu Schulen und Arbeitsplätzen (NYT 16.9.2017).

Nach einer Reihe von Selbstmordattentaten, die hunderte Opfer gefordert haben, erhöhte die afghanische Regierung die Sicherheit in der zentralen Region der Hauptstadt Kabul – dieser Bereich ist Sitz ausländischer Botschaften und Regierungsgebäude. Die Sicherheit in diesem diplomatischen Bereich ist höchste Priorität, da, laut amtierenden Polizeichef von Kabul, das größte Bedrohungsniveau in dieser Gegend verortet ist und eine bessere Sicherheit benötigt wird. Die neuen Maßnahmen sehen 27 neue Kontrollpunkte vor, die an 42 Straßen errichtet werden. Eingesetzt werden mobile Röntgengeräte, Spürhunde und Sicherheitskameras. Außerdem werden 9 weitere Straßen teilweise gesperrt, während die restlichen sechs Straßen für Autos ganz gesperrt werden. 1.200 Polizist/innen werden in diesem Bereich den Dienst verrichten, inklusive spezieller Patrouillen auf Motorrädern. Diese Maßnahmen sollen in den nächsten sechs Monaten schrittweise umgesetzt werden (Reuters 6.8.2017).

Eine erweiterter Bereich, die sogenannte "Blue Zone" soll ebenso errichtet werden, die den Großteil des Stadtzentrums beinhalten soll – in diesem Bereich werden strenge Bewegungseinschränkungen, speziell für Lastwagen, gelten. Lastwagen werden an einem speziellen externen Kontrollpunkt untersucht. Um in die Zone zu gelangen, müssen sie über die Hauptstraße (die auch zum Flughafen führt) zufahren (BBC 6.8.2017; vgl. Reuters 6.8.2017).

1.4. ANDSF – afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Die Stärkung der ANDSF ist ein Hauptziel der Wiederaufbaubemühungen der USA in Afghanistan, damit diese selbst für Sicherheit sorgen können (SIGAR 20.6.2017). Die Stärke der afghanischen Nationalarmee (Afghan National Army – ANA) und der afghanischen Nationalpolizei (Afghan National Police – ANP), sowie die Leistungsbereitschaft der Einheiten, ist leicht gestiegen (SIGAR 31.7.2017).

Die ANDSF wehrten Angriffe der Taliban auf Schlüsseldistrikte und große Bevölkerungszentren ab. Luftangriffe der Koalitionskräfte trugen wesentlich zum Erfolg der ANDSF bei. Im Berichtszeitraum von SIGAR verdoppelte sich die Zahl der Luftangriffe gegenüber dem Vergleichswert für 2016 (SIGAR 31.7.2017).

Die Polizei wird oftmals von abgelegen Kontrollpunkten abgezogen und in andere Einsatzgebiete entsendet, wodurch die afghanische Polizei militarisiert wird und seltener für tatsächliche Polizeiarbeit eingesetzt wird. Dies erschwert es, die Loyalität der Bevölkerung zu gewinnen. Die internationalen Truppen sind stark auf die Hilfe der einheimischen Polizei und Truppen angewiesen (The Guardian 3.8.2017).

1.5. Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Taliban

Die Taliban waren landesweit handlungsfähig und zwangen damit die Regierung erhebliche Ressourcen einzusetzen, um den Status Quo zu erhalten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive im April, haben die Taliban – im Gegensatz zum Jahr 2016 – keine größeren Versuche unternommen Provinzhauptstädte einzunehmen. Nichtsdestotrotz, gelang es den Taliban zumindest temporär einige Distriktzentren zu überrennen und zu halten; dazu zählen der Distrikt Taywara in der westlichen Provinz Ghor, die Distrikte Kohistan und Ghormach in der nördlichen Provinz Faryab und der Distrikt Jani Khel in der östlichen Provinz Paktia. Im Nordosten übten die Taliban intensiven Druck auf mehrere Distrikte entlang des Autobahnabschnittes Maimana-Andkhoy in der Provinz Faryab aus; die betroffenen Distrikte waren: Qaramol, Dawlat Abad, Shirin Tagab und Khwajah Sabz Posh. Im Süden verstärkten die Taliban ihre Angriffe auf Distrikte, die an die Provinzhauptstädte von Kandahar und Helmand angrenzten (UN GASC 21.9.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Die Operationen des ISIL-KP in Afghanistan sind weiterhin auf die östliche Region Afghanistans beschränkt – nichtsdestotrotz bekannte sich die Gruppierung landesweit zu acht nennenswerten Vorfällen, die im Berichtszeitraum von den UN registriert wurden. ISIL-KP verdichtete ihre Präsenz in der Provinz Kunar und setze ihre Operationen in Gegenden der Provinz Nangarhar fort, die von den ANDSF bereits geräumt worden waren. Angeblich wurden Aktivitäten des ISIL-KP in den nördlichen Provinzen Jawzjan und Sar-e Pul, und den westlichen Provinzen Herat und Ghor berichtet (UN GASC 21.9.2017).

Im sich zuspitzenden Kampf gegen den ISIL-KP können sowohl die ANDSF, als auch die Koalitionskräfte auf mehrere wichtige Erfolge im zweiten Quartal verweisen (SIGAR 31.7.2017): Im Juli wurde im Rahmen eines Luftangriffes in der Provinz Kunar der ISIL-KP-Emir, Abu Sayed, getötet. Im August wurden ein weiterer Emir des ISIL-KP, und drei hochrangige ISIL-KP-Führer durch einen Luftangriff getötet. Seit Juli 2016 wurden bereits drei Emire des ISIL-KP getötet (Reuters 13.8.2017); im April wurde Sheikh Abdul Hasib, gemeinsam mit 35 weiteren Kämpfern und anderen hochrangigen Führern in einer militärischen Operation in der Provinz Nangarhar getötet (WT 8.5.2017; vgl. SIGAR 31.7.2017). Ebenso in Nangarhar, wurde im Juni der ISIL-KP-Verantwortliche für mediale Produktionen, Jawad Khan, durch einen Luftangriff getötet (SIGAR 31.7.2017; vgl.: Tolonews 17.6.2017).

1.6. Politische Entwicklungen

Die Vereinten Nationen registrierten eine Stärkung der Nationalen Einheitsregierung. Präsident Ghani und CEO Abdullah einigten sich auf die Ernennung hochrangiger Posten – dies war in der Vergangenheit Grund für Streitigkeiten zwischen den beiden Führern gewesen (UN GASC 21.9.2017).

Die parlamentarische Bestätigung einiger war nach wie vor ausständig; derzeit üben daher einige Minister ihr Amt kommissarisch aus. Die unabhängige afghanische Wahlkommission (IEC) verlautbarte, dass die Parlaments- und Distriktratswahlen am 7. Juli 2018 abgehalten werden (UN GASC 21.9.2017).

2. Sicherheitslage

2.1. Allgemeines

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).

INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen – ausgeführt durch die Polizei und das Militär – landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. – 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).

2.2. Kontrolle von Distrikten und Regionen

Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).

Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. –einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).

2.3. Rebellengruppen

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).

Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).

Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9.2016).

2.4. Taliban und ihre Offensive

Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).

Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).

Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz – größtenteils unter Talibankontrolle – liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).

Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vgl. auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vgl. auch:

The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).

2.5. Zivile Opfer

Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) – dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED), und gezielter und willkürlicher Tötungen (UNAMA 6.2.2017).

UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) – eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an (UNAMA 6.2.2017).

Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivilen Opfern (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) - eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) - eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert, aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffe auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte), sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 6.2.2017).

Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfen zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% ziviler Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 6.2.2017).

3. Sicherheitslage in der Provinz Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016).

Distrikt Kabul

Gewalt gegen Einzelpersonen

21

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

18

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

50

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

31

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

28

Andere Vorfälle

3

Insgesamt

151

(EASO 11.2016)

Im Zeitraum 1.9.2015 – 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Provinz Kabul

Gewalt gegen Einzelpersonen

5

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

89

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

30

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

36

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

1

Andere Vorfälle

0

Insgesamt

161

(EASO 11.2016)

Im Zeitraum 1.9.2015. – 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017).

4. Erreichbarkeit

Im Jahr 2001 existierten in Afghanistan weniger als 80 km (50 Meilen) asphaltierter Straßen (TCSM 2.2.2015). Trotz Herausforderungen und Problemen wurden inzwischen mehr als 24.000 km Straße im Land asphaltiert. Zu den asphaltierten Straßen zählen

3.600 km regionaler Autobahnen, die "Ring Road", Provinzstraßen und nationale Autobahnen (Pajhwok 4.3.2016). Schätzungen zufolge, wurden im Ballungsraum Kabul alleine 925 km Straßen asphaltiert, mit der Aussicht auf zusätzliche Erweiterungen (TCSM 2.2.2015).

Unprofessionelles Fahrverhalten und beschädigte Straßen werden als die Hauptursache für Unfälle in Afghanistan gesehen, welche Dutzende Menschenleben jährlich fordern (Khaama Press 23.1.2016; vgl. auch:

Kabul Times 17.2.2017); ebenso sind schlecht asphaltierte Straßen Grund für Unfälle (Kabul Times 17.2.2017).

4.1. Ring Road

Straßen wie der "Highway 1" auch bekannt als "Ring Road", die den Kern des Landes umkreist, sind nun asphaltiert und machen das Land für Reisen und die Wirtschaft zugänglicher (Huffington Post 9.10.2015). Die afghanische Ring Road verbindet Kabul mit den vier bedeutendsten Provinzhauptstädten Herat, Kandahar City, Jalalabad und Mazar-e Sharif (USAID 2014; vgl. auch: The Guardian 22.10.2014). Sie verbindet aber auch 16 der 34 Provinzen Afghanistans miteinander. Die Gesamtlänge des Highway One ist 3.36

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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