TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/9 W169 2160951-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.01.2018
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Entscheidungsdatum

09.01.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W169 2160951-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2017, Zl. 16-1124060410-161037409, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 26.07.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus XXXX stamme und die Sprache Punjabi sowie etwas Englisch spreche. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Sikhs an und habe sowohl die Grundschule als auch die Hauptschule besucht. Zuletzt habe er als Landwirt gearbeitet. In Indien würden die Eltern des Beschwerdeführers leben. Zu seinem Ausreisegrund führte der Beschwerdeführer an, dass er Gegner der Shiv Sena Partei sei und diese ihn oft bedroht hätte. Aufgrund dieser Drohungen sei er auch oft zur Polizei gegangen und habe ihm diese gesagt, dass der Beschwerdeführer in Indien nicht sicher sei. Deswegen hätten seine Eltern entscheiden, dass es besser für ihn sei, das Land zu verlassen.

2. Anlässlich seiner Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 01.03.2017 gab der Beschwerdeführer an, der Volksgruppe der Punjabi und der Religionsgemeinschaft der Sikhs anzugehören. Er spreche Punjabi, Hindi und etwas Englisch. Bis zu seiner Ausreise habe der Beschwerdeführer bei seinen Eltern im Punjab gelebt, wo diese sowie auch seine Schwester nach wie vor leben würden. Der Beschwerdeführer habe im Herkunftsstaat 11 Jahre die Schule besucht, sei ledig und kinderlos. Der Beschwerdeführer habe in der Landwirtschaft seines Vaters gearbeitet.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer insbesondere Folgendes vor (A: nunmehriger Beschwerdeführer; F: Leiter der Amtshandlung):

"( )

Angaben zum Fluchtgrund:

F: Sind Sie in Ihrer Heimat oder in einem anderen Land vorbestraft bzw. haben Sie im Herkunftsland, oder hier Strafrechtsdelikte begangen?

A: Nein.

F: Werden Sie in der Heimat von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat jemals von den Behörden angehalten, festgenommen oder verhaftet?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Ihrer Heimat Probleme mit den Behörden?

A: Nein.

F: Waren Sie in Ihrer Heimat jemals Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei?

A: Nein. Ich war ein Mitglied eines religiösen Vereins. Dadurch haben meine Probleme begonnen.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer politischen Gesinnung verfolgt?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Rasse verfolgt?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Religion verfolgt?

A: Nein. Von staatlicher Seite nicht aber von einer politischen Partei.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Nationalität, Volksgruppe oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt?

A: Nein.

F: Was war der konkrete Grund, warum Sie die Heimat verlassen haben? Erzählen Sie bitte möglichst chronologisch über alle Ereignisse, die Sie zum Verlassen der Heimat veranlasst haben (freie Erzählung)!

A: Ich wurde in Indien bedroht. Diesbezüglich war ich auch zweimal bei der Polizei. Aber die Polizei hat mir nicht geholfen. Meine Eltern waren die Meinung, dass ich Indien verlassen sollte und wo anders ein neues Leben beginnen sollte. Die anderen zwei Parteien haben noch viele Connections in der Politik. Deshalb hat mit die Polizei auch nicht geholfen. Meine Eltern wollten, dass ich Indien verlassen, weil sie nicht wollten, dass ich in Indien Probleme bekomme, angezeigt oder verletzt werden würde. Deshalb habe ich Indien verlassen. Ich hatte auch Probleme mit unserem Nachbar und hatte auch Angst vor diesem. Mein Vater hat einen Konflikt mit ihm wegen dem Grundstück. Das war alles.

F: Sie werden nochmals auf das Neuerungsverbot im Beschwerdeverfahren aufmerksam gemacht. Ich frage Sie daher jetzt nochmals, ob Sie noch etwas Asylrelevantes angeben möchten oder etwas vorbringen möchten, was Ihnen wichtig erscheint, ich jedoch nicht gefragt habe?

A: Nein, ich habe alles erzählt. Ich habe keine weiteren Gründe mehr vorzubringen.

F: Gab es jemals auf Sie irgendwelche Übergriffe oder ist an Sie persönlich jemals irgendwer herangetreten?

A: Ich wurde oft bedroht. Verletzt wurde ich nicht. Deswegen war ich auch bei der Polizei und habe versucht eine Anzeige zu erstatten. Die Polizei sagte zu mir, dass sie dagegen etwas unternehmen würden, jedoch haben sie nichts getan.

Anmerkung: Eine Pause wird angeordnet.

Beginn der Pause: 10.15 Uhr.

Fortsetzung der Einvernahme: 10.45 Uhr.

F: Wann hat die Bedrohung stattgefunden?

A: Im Dezember 2015 wurde ich zum ersten Mal bedroht.

F: Wie oft wurden insgesamt bedroht?

A: Beim zweiten Mal wurde mein Vater bedroht. Ihm wurde gesagt, dass ich nicht mehr für den religiösen Verein arbeiten soll, wenn ich das nicht mache, würde man mich umbringen.

F: Wie oft wurden Sie persönlich bedroht?

A: Einmal ich und einmal mein Vater. Beim zweiten Mal ging ich zur Polizei mit der Jury vom Dorf.

F: Wann konkret wurden Sie bedroht?

A: An das genaue Datum kann ich mich nicht erinnern. Mein Vater wurde im Februar 2016 bedroht.

F: Von wem wurden Sie bedroht?

A: Von den Mitgliedern der Partei Shiv Sena.

F: Von welchen Mitgliedern?

A: Die Namen weiß ich nicht. Ich kenne sie vom Sehen.

F: Warum wurden Sie bedroht?

A: Die Leute vom Shiv Sena haben Seiten aus unserem Heiligen Buch herausgerissen. Wir haben dagegen protestiert. Wir wurden dann von ihnen bedroht, dass wir den Verein lassen sollten und sie dasselbe noch einmal machen würden.

F: Seit wann sind Sie bei dem religiösen Verein?

A: Seit 2 Jahren. Seit 2013, nachdem ich aufgehört habe, bei der Landwirtschaft zu arbeiten.

F: Was ist das für ein religiöser Verein?

A: Die Aufgaben dieses Vereins sind, dass wir zu den Menschen gehen, welche unsere Religion beleidigen. Wir bitten diese das zu unterlassen und wenn das nicht passiert, gehen wir zur Polizei.

F: Wie heißt der Verein?

A: SATKAAL CAMETI.

F: Seit wann gibt es den Verein?

A: Seit über 10 Jahre.

F: Wo in Indien gibt es den Verein überall?

A: In Punjab. Es gibt mehrere davon.

F: Wer sind die Gründer des Vereins?

A: Das weiß ich nicht. Ich kenne die, bei denen ich gearbeitet habe.

F: Wer ist Ihr Vorsitz des Vereins?

A: XXXX .

F: Wann haben Sie Anzeige erstattet?

A: Das erste Mal war ich im Dezember 2015. Die Polizei sagte, dass sie etwas dagegen unternehmen. Es wurde nichts gemacht. Das zweite Mal ging ich mit meinem Vater und mit der Jury vom Dorf am 25. Oder 28. Februar 2016 zur Polizei.

Aufforderung: Schildern Sie den gesamten Tagesablauf an dem Tag, als Sie bedroht wurden, unter Angabe sämtlicher Details!

A: Ich bin mit meinem Motorrad vom Verein weggefahren. Hinter mir waren 4 Leute. Diese haben mich angehalten und zu mir gesagt, dass ich diesen Verein verlassen sollte, sonst würden sie mich umbringen. Dann bin ich nach Hause gefahren, habe alles meinen Vater erzählt. Wir sind zur Polizei gefahren. Haben es dort geschildert. Die Polizei meinte, dass sie etwas unternehmen und dass sie uns verständigen würden, wenn sie Neuigkeiten hätten. Sie haben meine Anzeige nur auf einen Zettel geschrieben, d.h. nicht richtig aufgenommen, wie sonst. Mein Vater hat zu mir an dem Tag gesagt, weil er Angst hatte, dass ich entweder zu Hause bleiben solle, oder das Land verlassen soll.

Als mein Vater die Anzeige erstattet hat, hat sich das bei der Polizei gleich abgespielt.

F: Bei welcher Polizeistation haben Sie Anzeige erstattet?

A: In XXXX dort gibt es einen Polizeidienststelle.

F: Wie hieß der Beamte, der Ihre Anzeige aufgenommen hat?

A: Den Namen weiß ich nicht.

F: Haben Sie zwischen den Bedrohungen Ihrerseits und der Ihres Vaters polizeilichen Kontakt gehabt?

A: Nein.

F: Wie kommen Sie darauf, dass die Politiker Verbindungen zur Polizei hätten?

A: Diese Menschen von dem Verein Shiv Sena haben Kontakte zu den Politikern. Die Polizei hat dagegen nichts unternommen und wir vermuten, dass deswegen die Polizei nichts unternommen hat.

F: Woher haben die Mitglieder von Shiv Sena Kenntnis über Ihre Anzeige?

A: Diese Menschen haben Kontakte zur Polizei.

F: Wann sind Ihre Eltern umgezogen und wohin?

A: Als ich Indien verlassen habe, war das neue Haus gebaut. Das war am 01.06.2016. Weil mein Vater Probleme mit dem Nachbarn unseres Familienhauses hatte. Um nicht mehr Probleme zu bekommen, sind Sie verzogen. Jetzt befindet sich das neue Haus auf unseren Grund.

F: Wie weit ist das neue Haus vom Alten weg?

A: 5 Minuten zu Fuß.

F: Welche Probleme gab es mit dem Nachbarn?

A: Mein Vater hatte Probleme mit dem Nachbarn wegen dem Grundstück.

F: Wie weit waren Sie persönlich davon betroffen?

A: Mein Vater hatte schon zwei Konflikte. Er war auch schon bei der Polizei. Mein Vater wollte nicht, dass ich diese Probleme auch bekommen, wenn er nicht mehr am Leben ist, weil ich ja bereits Probleme mit der Partei Shiv Sena hatte.

Vorhalt: Sie gaben bei der Datenaufnahme an, dass Ihre Eltern aktuell im Familienhaus wohnen, in dem Sie auch bis zu Ihrer Ausreise lebten. Jetzt geben Sie an, dass Ihre Eltern am Tag Ihrer Ausreise bzw. danach umgezogen sind. Wie erklären Sie sich dazu?

A: Als ich Indien verlassen habe, waren sie noch in dem Haus und sie wollten, dann in das neue Haus ziehen, weil sie das Problem mit dem Nachbar hatten. Sie wussten auch, dass ich Indien verlasse.

F: Wann haben Sie davor erfahren, dass Ihre Eltern umgezogen sind?

A: Ich gehe davon aus, weil sie das Problem hatten.

F: Wie sind Sie vom Flughafen in Mexiko in den Container gelangt?

A: Der Schlepper hat uns vom Flughafen raus gebracht. Dann haben wir 2 Stunden gewartet. Dann kam der Container und wir sollten hinten einsteigen. Es war in der Nacht.

F: Welche Strecke hat der LKW von Mexiko nach Österreich verwendet?

A: Das weiß ich nicht. Der Fahrer müsste es wissen.

F: Was waren Ihre persönlichen Aufgaben bei dem Verein?

A: Ich bin mit anderen Mitgliedern zu anderen hingegangen und haben versucht Menschen zu erklären, dass man unsere Religion nicht beleidigt. Die Mitglieder von Shiv Sena und RSS sind dagegen, dass wir unseren Aufgaben nachgehen. Sie wollten auch nicht, dass der Verein mehr Mitglieder bekommt.

F: Was hat die Partei RSS mit Ihrem Vorbringen zu tun?

A: RSS und Shiv Sena sind eine Partei, die nicht wollen, dass sich unsere Religion mehr verbreitet als der Hinduismus. Die beiden sind eigentlich eine Partei, die gehören zusammen.

F: Wie hoch war der Mitgliedsbeitrag im Monat?

A: Wir mussten keinen Mitgliedsbeitrag bezahlen. Wir haben auch kein Geld verdient.

F: Wie haben Sie sich von 2013 bis 2015 über Wasser gehalten, wenn Sie kein Geld bekommen haben?

A: Mein Vater hat mich unterstützt.

F: Wann war der Protest gegen die Shiv Sena?

A: 2014 hat es öfters den Fall gegeben, dass sie aus dem heiligen Buch die Seiten herausgerissen haben. Seit dem gibt es mehrere Proteste dagegen. Die Leute vom Dorf haben uns dabei unterstützt. Immer noch gibt es diese Proteste.

F: Was ist das heilige Buch?

A: Das sind die Aussagen von unseren 10 Propheten, welche wir anbeten.

F: An wie vielen Protesten haben Sie teilgenommen?

A: Mindestens bei 25-30.

F: Wie viele Leute haben protestiert?

A: es waren 100 Leute vom Verein. Es kommen auch Leute von Dorf und andere Gläubige. Da waren schon fast immer 1000 Menschen dabei.

F: Wo haben die Proteste stattgefunden?

A: Die Proteste haben stattgefunden, wo die Religion beleidiet wurde. Das letzte Mal hat ein Protest in XXXX , XXXX stattgefunden, wo fast 1000 Menschen dabei waren. Die Regierung hat auf die Menschen geschossen, weil die Regierung unter Druck von Shiv Sena war. Es sind 3 Menschen ums Leben gekommen. Danach hat es noch einen Protest gegeben, bei dem ganz Punjab protestiert hat.

F: Wann war der Vorfall mit der Schießerei?

A: Vor eineinhalb Jahren. Ich war auch dabei.

F: Wer von diesem Verein wurde noch bedroht?

A: Noch zwei oder drei andere. Die haben sogar die Arbeit mit dem Verein unterlassen.

F: Können Sie Ihr Vorbringen mit Beweismitteln untermauern?

A: Nein. Man kann im Internet Artikel über die Proteste finden.

F: Was hätten Sie im Falle einer eventuellen Rückkehr in Ihre Heimat konkret zu befürchten?

A: Mein Leben wäre nicht in Sicherheit.

F: Hätten Sie Probleme mit der Polizei oder anderen Behörden im Falle Ihrer Rückkehr?

A: Die Polizei würde mir nicht helfen und die Menschen, die mich bedroht haben, würden wieder zu mir kommen.

F: Wo ist der Sitz Ihres Vereins?

A: In XXXX in Amritsar.

F: Warum sind Sie nicht in eine andere Stadt oder in einen anderen Landesteil gezogen?

A: Ich wollte ein sicheres Leben haben. Ich wollte nach Amerika. Der Schlepper hat mich betrogen und mich nach Österreich gebracht.

( )"

Zu den Lebensumständen in Österreich führte der Beschwerdeführer an, dass er von der Grundversorgung lebe und gemeinsam mit zwei anderen Personen in einer privaten Unterkunft wohne, für die er 125,- Euro im Monat bezahle. Der Beschwerdeführer habe nicht viel Geld und besuche deswegen keinen Deutschkurs. Er habe keine Schule, Kurse oder sonstigen Ausbildungen absolviert, gehe keiner legalen Beschäftigung nach und sei auch in keinem Verein oder keiner sonstigen Organisation tätig. Er habe keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer stehe nicht in Kontakt zu seiner Familie in Indien.

Am Ende der Einvernahme wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass amtsbekannt sei, dass er ein Visum für Italien habe, woraufhin der Beschwerdeführer den angegebenen Fluchtweg berichtigte. Auch wurden dem Beschwerdeführer Länderberichte zur aktuellen Situation in Indien zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit einer etwaigen Stellungnahme eingeräumt. Der Beschwerdeführer verzichtete auf die Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen nicht glaubwürdig sei. Unabhängig davon stehe dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Indien würde nicht vorliegen. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der relativ kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass er sowohl in der Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl von der Verfolgung seitens seiner politischen Gegner erzählt habe und nicht nachvollziehbar sei, warum das Bundesamt von einem gesteigerten Vorbringen ausgehe. Der Beschwerdeführer sei von der Shiv Sena aufgefordert worden, zum Glauben der Hindus zu konvertieren. Auch habe man seinen Vater angerufen und gedroht, dass dieser den Beschwerdeführer dazu überreden solle, zu konvertieren, ansonsten werde man den Beschwerdeführer töten. Die Polizei sei nicht gewillt gewesen, dem Beschwerdeführer den erforderlichen Schutz zu bieten, weswegen er das Land habe verlassen müssen. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Bundesstaat Punjab und gehört der Religionsgemeinschaft der Sikhs sowie der Volksgruppe der Punjabi an. Seine Identität steht aufgrund eines VISA-Datenauszuges fest. Er beherrscht die Sprachen Hindi, Punjabi und etwas Englisch. Im Herkunftsstaat lebte er bis zur Ausreise im Bundesstaat Punjab, wo er ca. elf Jahre die Schule besuchte. Er finanzierte seinen Lebensunterhalt durch Mitarbeit in der familieneigenen Landwirtschaft. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Im Herkunftsstaat leben nach wie vor die Eltern und die Geschwister des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hat keinen Kontakt zu seiner Familie im Heimatland.

Der Beschwerdeführer hatte keine Probleme mit den Behörden im Heimatland.

Die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Indien eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht. Dem Beschwerdeführer steht in Indien eine inländische Schutz- bzw. Fluchtalternative offen.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstigen Familienangehörige in Österreich. Er nimmt an keinem Deutschkurs teil, geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Er ist strafgerichtlich unbescholten und kein Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Der Beschwerdeführer ist gesund und steht im erwerbsfähigen Alter.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Politische Lage

Indien ist mit über 1,2 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA Factbook 12.12.2016; vgl. auch: AA 16.8.2016, BBC 27.9.2016). Die – auch sprachliche – Vielfalt Indiens wird auch in seinem föderalen politischen System reflektiert, in welchem die Macht von der Zentralregierung und den Bundesstaaten geteilt wird (BBC 27.9.2016). Die Zentralregierung hat deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten (AA 9.2016a). Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 13.4.2016). Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus (AA 9.2016a).

Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung entspricht britischem Muster (AA 16.8.2016), der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist durchgesetzt (AA 9.2016a). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit, die über einen dreistufigen Instanzenzug verfügt, ist verfassungsmäßig garantiert (AA 16.8.2016). Das oberste Gericht in New Delhi steht an der Spitze der Judikative (GIZ 11.2016). Die Entscheidungen der staatlichen Verwaltung (Bürokratie, Militär, Polizei) unterliegen überdies der Kontrolle durch die freie Presse des Landes, die nicht nur in den landesweiten Amtssprachen Hindi und Englisch, sondern auch in vielen der Regionalsprachen publiziert wird. Indien hat zudem eine lebendige Zivilgesellschaft (AA 9.2016a).

Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein Zweikammerparlament (USDOS 13.4.2016). Die Legislative besteht aus einer Volkskammer (Lok Sabha) und einer Staatenkammer (Rajya Sabha). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene (AA 16.8.2016).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister Leiter der Regierung ist (USDOS 13.4.2016). Das Präsidentenamt bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse. Seit Juli 2012 ist Präsident Pranab Kumar Mukherjee indisches Staatsoberhaupt (AA 9.2016a). Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet aber der Premierminister (GIZ 11.2016).

Wahlen zum Unterhaus finden nach einfachem Mehrheitswahlrecht ("first-past-the-post") alle fünf Jahre statt, zuletzt im April/Mai 2014 mit knapp 830 Millionen Wahlberechtigten (AA 16.8.2016). Dabei standen sich drei große Parteienbündnisse gegenüber: Die United Progressive Alliance (UPA) unter Führung der Kongresspartei, die National Democratic Alliance (NDA) unter Führung der Bharatiya Janata Party (BJP – Indische Volkspartei) und die so genannte Dritte Front, die aus elf Regional- und Linksparteien besteht sowie die aus einem Teil der India-Against-Corruption-Bewegung hervorgegangene Aam Aadmi Party (AAP) (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Abgesehen von kleineren Störungen, verliefen die Wahlen korrekt und frei (AA 16.8.2016).

Als deutlicher Sieger mit 336 von 543 Sitzen löste das Parteienbündnis NDA (AA 16.8.2016), mit der hindu-nationalistischen BJP (AA 9.2016a) als stärkster Partei (282 Sitze), den Kongress an der Regierung ab (AA 16.8.2016). Die seit 2004 regierende Kongress-geführte Koalition unter Manmohan Singh erlitt hingegen große Verluste, womit Sonia Gandhi und Sohn Rahul nun auf die Oppositionsbank rücken (Eurasisches Magazin 24.5.2014; vgl. auch:

FAZ 16.5.2014, GIZ 11.2016). Die AAP, die 2013 bei der Wahl in Delhi 28 von 70 Sitzen erringen konnte, errang landesweit nun nur vier Sitze (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Der BJP Spitzenkandidat, der bisherige Ministerpräsident von Gujarat, Narendra Modi, wurde zum Premierminister gewählt (AA 16.8.2016) und steht seit 16.5.2014 (GIZ 11.2016) einem 65-köpfigen Kabinett vor (AA 16.8.2016).

Die seit 2014 im Amt befindliche neue Regierung will nicht nur den marktwirtschaftlichen Kurs fortsetzen, sondern ihn noch intensivieren, indem bürokratische Hemmnisse beseitigt und der Protektionismus verringert werden soll. Ausländische Investoren sollen verstärkt aktiv werden (GIZ 12.2016).

Unter Premierminister Modi betreibt Indien eine aktivere Außenpolitik als zuvor. Die frühere Strategie der "strategischen Autonomie" wird zunehmend durch eine Politik "multipler Partnerschaften" mit allen wichtigen Ländern in der Welt überlagert. Wichtigstes Ziel der indischen Außenpolitik ist die Schaffung eines friedlichen und stabilen globalen Umfelds für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Profilierung als aufstrebende Großmacht (AA 9.2016b). Ein ständiger Sitz im VN-Sicherheitsrat ist dabei weiterhin ein strategisches Ziel (GIZ 12.2016). Gleichzeitig strebt Indien eine stärkere regionale Verflechtung mit seinen Nachbarn an. Indien ist Dialogpartner der südostasiatischen Staatengemeinschaft (Association of Southeast Asian Nations – ASEAN) und Mitglied im "ASEAN Regional Forum" (ARF). Auch bilateral hat Indien in den letzten Monaten seine Initiativen in den Nachbarländern verstärkt. Überdies nimmt Indien am East Asia Summit und seit 2007 auch am Asia-Europe Meeting (ASEM) teil. In der BRICS-Staatengruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) hat Indien im Februar 2016 von Russland den diesjährigen Vorsitz übernommen. Bei ihrem Treffen in Ufa im Juli 2015 beschloss die Shanghai Cooperation Organisation (SCO), Indien und Pakistan nach Abschluss der Beitrittsprozeduren als Vollmitglieder aufzunehmen (AA 9.2016b).

Die Beziehungen zum gleichfalls nuklear gerüsteten Nachbarn Pakistan haben sich jüngst erneut zugespitzt. In den Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit haben sich wiederholt Phasen des Dialogs und der Spannungen bis hin zur kriegerischen Auseinandersetzung abgelöst.

Größtes Hindernis für eine Verbesserung der Beziehungen ist weiterhin das Kaschmirproblem (AA 9.2016b).

Indien ist durch das Nuklearabkommen mit den USA ein Durchbruch gelungen. Obwohl es sich bis heute weigert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten, bedeutet das Abkommen Zugang zu Nukleartechnologie. Ebenfalls positiv hat sich das Verhältnis Indiens zu China entwickelt. Zwar sind die strittigen Grenzfragen noch nicht geklärt, aber es wurden vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart, um zumindest in dieser Frage keinen Konflikt mehr herauf zu beschwören. Auch ist man an einer weiteren Steigerung des bilateralen Handels interessiert, der sich binnen eines Jahrzehnts mehr als verzehnfacht hat (GIZ 12.2016).

Die Beziehungen zu Bangladesch sind von besonderer Natur, teilen die beiden Staaten doch eine über 4.000 km lange Grenze, kontrolliert Indien die Oberläufe der wichtigsten Flüsse Bangladeschs, und war Indien maßgeblich an der Entstehung Bangladeschs beteiligt. Schwierige Fragen wie Transit, Grenzverlauf, ungeregelter Grenzübertritt und Migration, Wasserverteilung und Schmuggel werden in regelmäßigen Regierungsgesprächen erörtert. Die Beziehungen des Landes zur EU sind vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht von besonderer Bedeutung. Die EU ist der größte Handels- und Investitionspartner Indiens. Der Warenhandel in beide Richtungen hat sich faktisch stetig ausgeweitet (GIZ 12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

AA - Auswärtiges Amt (9.2016a): Indien, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_AC539C62A8F3AE6159C84F7909652AC5/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 5.12.2016

-

AA - Auswärtiges Amt (9.2016b): Indien, Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_F210BC76845F7B2BE813A33858992D23/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 29.12.2016

-

BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016): India country profile - Overview,

http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 5.12.2016

-

CIA - Central Intelligence Agency (15.11.2016): The World Factbook

-

India,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/in.html, Zugriff 9.1.2017

-

Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,

http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017, Zugriff 4.1.2017

-

FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (16.5.2014): Modi ist Mann der Stunde,

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/fruehaufsteher/wahlentscheid-in-indien-modi-ist-der-mann-der-stunde-12941572.html, Zugriff 4.1.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2016): Indien,

http://liportal.giz.de/indien/geschichte-staat.html, Zugriff 5.12.2016

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmBH (11.2016): Indien, Wirtschaftssystem und Wirtschaftspolitik, http://liportal.giz.de/indien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 5.12.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 5.12.2016

Sicherheitslage

Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven. Widersprüche, Gegensätze oder Konflikte entladen sich in den gesellschaftlichen Arenen und werden von der Politik aufgegriffen, verarbeitet und teilweise instrumentalisiert (GIZ 11.2016). Blutige Terroranschläge haben in den vergangenen Jahren in Indiens Millionen-Metropolen wiederholt Todesopfer gefordert (Eurasisches Magazin 24.5.2014). Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (GIZ 11.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt (AA 16.8.2016).

Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011

Mumbai, September 2011 New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 Chennai und Dezember 2014 Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt (AA 24.4.2015). Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2011 1.073 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt, für das Jahr 2012 803, für das Jahr 2013 885, für das Jahr 2014 976 für das Jahr 2015 722 und für das Jahr 2016 835 [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 9.1.2017).

Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir, die nordöstlichen Regionen und der maoistische Gürtel. In Jharkhand und Bihar setzten sich die Angriffe von maoistischen Rebellen auf Sicherheitskräfte und Infrastruktur fort. In Punjab kam es bis zuletzt durch gewaltbereite Regierungsgegner immer wieder zu Ermordungen und Bombenanschlägen. Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten (maoistische Untergrundkämpfer) zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People’s Liberation Front etc.). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, vielmehr als "communal violence" bezeichnet (ÖB 12.2016).

Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 16.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016b): Indien - Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_09493FC61FD08185D486477F8D93E1EE/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 5.12.2016

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Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,

http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017, Zugriff 5.12.2016

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

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SATP - South Asia Terrorism Portal (9.1.2017): Data Sheet - India Fatalities: 1994-2016,

http://www.satp.org/satporgtp/countries/india/database/indiafatalities.htm, Zugriff 9.1.2017

Punjab

Laut Angaben des indischen Innenministeriums zu den Zahlen der Volkszählung im Jahr 2011 leben von den 21 Mio. Sikhs 16 Millionen. im Punjab (MoHA o.D.) und bilden dort die Mehrheit (USDOS 10.8.2016).

Der Terrorismus im Punjab ist Ende der 1990er Jahre nahezu zum Erliegen gekommen. Die meisten hochkarätigen Mitglieder der verschiedenen militanten Gruppen haben den Punjab verlassen und operieren aus anderen Unionsstaaten oder Pakistan. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland (ÖB 12.2016). Nichtstaatliche Kräfte, darunter organisierte Aufständische und Terroristen, begehen jedoch zahlreiche Morde und Bombenanschläge im Punjab und Konfliktregionen wie etwa Jammu und Kaschmir (USDOS 13.4.2016). Im Juli 2015 griffen Mitglieder einer bewaffneten Gruppe eine Polizeiwache und einen Busbahnhof in Gurdaspur im Bundesstaat Punjab an und töteten drei Zivilpersonen und vier Polizisten. 15 Personen wurden verletzt (USDOS 2.7.2016; vgl. auch: AI 24.2.2016). Es handelte sich dabei um den ersten größeren Anschlag seit den Aktivitäten militanter Sikhs in 1980er und 1990er Jahren (USDOS 2.7.2016).

Im Oktober 2015 gab es in fünf Distrikten des Punjab weitverbreitete und gewalttätige Proteste der Sikhs gegen die Regierung in Punjab. Dabei hat die Polizei auf Protestanten geschossen und zwei Personen getötet sowie 80 Personen verletzt. Grund der Proteste waren Berichte, laut denen unbekannte Täter das heilige Buch der Sikhs entweiht hätten. Die Polizei hat ein Duzend Protestanten wegen versuchten Mordes, Beschädigung öffentlichen Eigentums und des Tragens von illegalen Waffen festgenommen. Was die Aufarbeitung der Gewaltausbrüche im Jahr 1984, bei denen 3.000 Menschen, darunter hauptsächlich Sikhs, ums Leben gekommen seien betrifft, so kommen Gerichtsverfahren nur langsam voran. Zivilgesellschaftliche Aktivisten und Interessensverbände der Sikhs zeigen sich weiterhin besorgt, dass die Regierung die Verantwortlichen noch nicht zur Rechenschaft ziehen konnte (USDOS 10.8.2016).

Der illegale Waffen- und Drogenhandel von Pakistan in den indischen Punjab hat sich in letzter Zeit verdreifacht. Im Mai 2007 wurden dem indischen Geheimdienst Pläne der ISI bekannt, die gemeinsam mit BKI und anderen militanten Sikh- Gruppierungen Anschläge auf Städte im Punjab (Jalandhar, Ludhiana, Pathankot) beabsichtigten. Die Sicherheitsbehörden im Punjab konnten bislang die aufkeimende Wiederbelebung der militanten Sikh-Bewegung erfolgreich neutralisieren (ÖB 12.2016). In Jammu und Kaschmir, im Punjab und in Manipur haben die Behörden besondere Befugnisse ohne Haftbefehl Personen zu suchen und zu inhaftieren (USDOS 13.4.2016; vgl. auch:

BBC 20.10.2015). Menschenrechtsberichten zufolge kommt es im Punjab regelmäßig zu Fällen von Menschenrechtsverletzungen insbesondere der Sicherheitsbehörden (extralegale Tötungen, willkürliche Festnahmen, Folter in Polizeigewahrsam, Todesfolge von Folter etc.) (ÖB 12.2016). Ehrenmorde stellen vor allem in den nördlichen Bundesstaaten Haryana und Punjab weiterhin ein Problem dar. Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass bis zu 10% aller Tötungen in diesen Staaten sogenannte Ehrenmorde sind (USDOS 13.4.2016).

Die Staatliche Menschenrechtskommission im Punjab hat in einer Reihe von schweren Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte (Folter, Folter mit Todesfolge, extra-legale Tötungen etc.) interveniert. In vielen Fällen wurde die Behörde zu Kompensationszahlungen verpflichtet. Die Menschenrechtskommission erhält täglich 200-300 Beschwerden über Menschenrechtsverletzung und ist in ihrer Kapazität überfordert. Oft sind Unterkastige oder Kastenlose Opfer der polizeilichen Willkür (ÖB 12.2016).

Die Zugehörigkeit zur Sikh-Religion ist kein Kriterium für polizeiliche Willkürakte Die Sikhs, 60% der Bevölkerung des Punjabs, stellen im Punjab einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen offen (ÖB 12.2016).

In Indien ist die Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit rechtlich garantiert und praktisch von den Behörden auch respektiert; in manchen Grenzgebieten sind allerdings Sonderaufenthaltsgenehmigungen notwendig. Sikhs aus dem Punjab haben die Möglichkeit sich in anderen Landesteilen niederzulassen, Sikh-Gemeinden gibt es im ganzen Land verstreut. Sikhs können ihre Religion in allen Landesteilen ohne Einschränkung ausüben. Aktive Mitglieder von verbotenen militanten Sikh-Gruppierungen, wie Babbar Khalsa International müssen mit polizeilicher Verfolgung rechnen (ÖB 12.2016).

Quellen:

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - India, http://www.ecoi.net/local_link/319831/466697_de.html, Zugriff 5.1.2017

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BBC - British Broadcasting Corporation (20.10.2015): Why are Indian Sikhs angry?,

http://www.bbc.com/news/world-asia-india-34578463, Zugriff 5.1.2017

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MoHA - Government of India, Ministry of Home Affairs, Office of the Registrar General & Census Commissioner, India (o.D.): C-1 Population By Religious Community, http://www.censusindia.gov.in/2011census/C-01.html, Zugriff 5.1.2017

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 5.12.2016

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USDOS - US Department of State (2.7.2016): Country Report on Terrorism 2015 – Chapter 2 - India, http://www.ecoi.net/local_link/324726/464424_de.html, Zugriff 5.1.2017

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USDOS - US Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - India, http://www.ecoi.net/local_link/328426/469205_de.html, Zugriff 21.12.2016

Rechtsschutz/Justizwesen

In Indien sind viele Grundrechte und -freiheiten verfassungsmäßig verbrieft und die verfassungsmäßig garantierte unabhängige indische Justiz bleibt vielmals wichtiger Rechtegarant. Die häufig lange Verfahrensdauer aufgrund überlasteter und unterbesetzter Gerichte sowie verbreitete Korruption, vor allem im Strafverfahren, schränken die Rechtssicherheit aber deutlich ein (AA 16.8.2016; vgl. auch:

USDOS 13.4.2016). Eine generell diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis lässt sich nicht feststellen, allerdings sind vor allem die unteren Instanzen nicht frei von Korruption (AA 24.4.2015).

Das Gerichtswesen ist von der Exekutive getrennt (FH 27.1.2016). Das Justizsystem gliedert sich in den Supreme Court, das Oberstes Gericht mit Sitz in Delhi; das als Verfassungsgericht die Streitigkeiten zwischen Zentralstaat und Unionsstaaten regelt. Es ist auch Appellationsinstanz für bestimmte Kategorien von Urteilen wie etwa bei Todesurteilen. Der High Court bzw. das Obergericht ist in jedem Unionsstaat. Kollegialgericht als Appellationsinstanz sowohl in Zivil- wie auch in Strafsachen. Er führt auch die Dienst- und Perso

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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