TE Lvwg Erkenntnis 2017/12/18 LVwG-2017/32/2340-6

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Veröffentlicht am 18.12.2017
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Entscheidungsdatum

18.12.2017

Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §366 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde von AA, vertreten durch RA Dr. BB, Adresse 1, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 14.09.2017, GZ****, nach der Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung

zu Recht:

1.   Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, wonach es bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) anstelle „Einleitungssatz § 366 GewO“ richtig „§ 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994“ zu lauten hat.

2.   Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 180,-- zu leisten.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 14.09.2017 wurde dem Beschuldigten wie folgt zur Last gelegt:

„Sie üben am Standort Adresse 2, Z das „Handelsgewerbe“, konkret den Handel mit Vieh, aus. Dazu wurden die Stallungen des bestehenden landwirtschaftlichen Anwesens zum Einstellen der Tiere verwendet sowie ein Bürocontainer vor dem Wohntrakt des Anwesens aufgestellt, im Zuge der Gewerbeausübung kommt es im Hofbereich zu Anlieferungen der Tiere mittels PKW mit Anhängern sowie LKW mit Anhänger. Teils werden die Tiere von Kunden angeliefert, teils von Ihnen selbst. Auf den Freiflächen vor den Stallungen werden die Fahrzeuge mit den Tieren be- und entladen. Diese Ladetätigkeiten und Anlieferungen sind geeignet, Nachbarn durch Lärm zu belästigen. Sie haben daher jedenfalls am 13.03.2017 eine gewerbliche Betriebsanlage betrieben, ohne dass hierfür die erforderliche gewerbebehördliche Betriebsanlagenbewilligung vorlag.

Dadurch haben Sie folgende Vorschriften verletzt:

§ 366 Abs. 1 Z 2 GewO

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in €           /falls diese uneinbringlich ist  gemäß

/Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 900.-                    24 Stunden Einleitungssatz           § 366 GewO

Die Bestrafte hat als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 10 % der verhängten Strafe, somit € 80.- zu zahlen und die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.“

Dadurch habe der Beschuldigte eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 2 GewO 1994 begangen und wurde über ihn daher gemäß Einleitungssatz § 366 GewO eine Geldstrafe der Höhe von Euro 900,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden) verhängt.

Zudem wurde ein Beitrag zu den behördlichen Verfahrenskosten festgesetzt.

Dagegen hat der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte zulässig und rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben. In der Beschwerde führt er aus, dass er auf der gegenständlichen Liegenschaft keinen Viehhandel betrieben habe. Vielmehr habe er zum vorgeworfenen Zeitpunkt nur noch seine Landwirtschaft und im Rahmen dieser einen Viehhandels betrieben. Des Weiteren wird in der Beschwerde dargelegt, dass im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol LVwG**** eine Bestrafung der hier in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfolgt sei und deshalb eine unzulässige Doppelbestrafung vorliege.

Zudem führt der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer in einem weiteren Schriftsatz aus, dass es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein fortgesetztes Delikt handle und daher nicht jede Teilhandlung einzeln zu bestrafen sei. Hinsichtlich der gegenständlich vorgeworfenen Verwaltungsübertretung sei auf Zerrung (Konsumation) eingetreten.

Es wurde eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführt, im Zuge derer der Beschwerdeführer einvernommen wurde. Aufgrund der Einlassung des Beschwerdeführers in dieser Verhandlung wurde die geladene Zeugin nicht einvernommen.

Im Rahmen mündlichen Verhandlung gelten der verwaltungsgerichtliche Akt 2017/32/2340 samt behördlichem Akt ****, der verwaltungsgerichtliche Akt **** samt behördlichem Akt **** und der verwaltungsgerichtliche Akt **** samt behördlichem Akt **** als verlesen.

II.      Sachverhaltsfeststellungen:

Der dem angefochtenen Straferkenntnis und dem nunmehrigen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol zugrunde liegende Sachverhalt steht als erwiesen fest. Im Rahmen eines gewerblichen Viehhandels wurden die Stallungen und der Container auf der gegenständlichen Liegenschaft am 13.03.2017 verwendet. Für den Betrieb der gegenständlichen Betriebsanlage lag keine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung vor.

Das Verwenden der Stallungen und des Containers sowie die damit verbundenen Ladetätigkeiten im Hofbereich waren geeignet, Nachbarn insbesondere durch Lärm zu belästigen.

Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 21.02.2017, ****, wurde dem rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer am 21.02.2017 zugestellt.

III.    Beweiswürdigung:

Das Verwenden des Containers und der Stallungen im Rahmen des Viehhandels wurde vom Beschwerdeführer zu keiner Zeit bestritten. Vielmehr bringt er in Beschwerde vor, dass er dort einen landwirtschaftlichen Viehhandel betrieben habe. Im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde eine Betriebsinformation für die gegenständliche Betriebsstätte **** bei der Agrarmarkt Austria (AMA) eingeholt, aus der hervorgeht, dass am Tattag 34 Bewegungen an Tieren stattgefunden haben. Der Tierbestand an diesem Tag betrug insgesamt 62 Tiere. Der Beschwerdeführer führt in der Verhandlung aus, dass er auch eine Betriebsnummer für einen landwirtschaftlichen Betrieb habe (Betriebsnummer ****). Nachdem jedoch aufgrund der Betriebsinformation für die Betriebsstätte **** ohne Zweifel feststeht, dass der Handel am Tattag nicht im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes erfolgt ist, liegt hier eine gewerbliche Tätigkeit vor, wenn an diesem Tag 34 Viehbewegungen stattgefunden haben.

Mit dem vorerwähnten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 21.02.2017 wurde der Beschwerdeführer für die gleiche Tathandlung im Zeitraum vom 19.01.2017 bis zum 30.01.2017 bestraft, wobei mit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 21.06.2017, LVwG****, unter einer Spruchberichtigung die Bestrafung bestätigt wurde. Der Beschwerdeführer konnte in der mündlichen Verhandlung nicht im Ansatz darlegen, welche Änderungen im Ablauf am 13.03.2017 gegenüber dem Zeitraum vom 19.01.2017 bis zum 30.01.2017 vorgelegen haben sollen. Insofern kann auf die schriftliche Darstellung der Zeugin vom 13.03.2017 zurückgegriffen werden, in der ausgeführt ist, dass bei einer Kontrolle ca 10 PKW mit Viehanhänger sowie ein W-ischer LKW - gemeint wohl ein LKW mit W-ischen Kennzeichen - beobachtet wurden, wobei Kälber ein- und ausgeladen wurden und der LKW für eine Beladen vorbereitet wurde. Diese Beobachtungen sind mit Lichtbildern dokumentiert, wobei auch die Benutzung der Stallungen ersichtlich ist. Die Benutzung des Containers wird vom Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol selbst eingeräumt.

IV.      Wesentliche Rechtsgrundlagen:

Gewerbeordnung 1994:

„§ 74

(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit nicht bloß vorübergehend zu dienen bestimmt ist.

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

                                                  1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

                                                  2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

                                                  3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

                                                  4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

                                                  5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

(3) Die Genehmigungspflicht besteht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.

(4) Bergbauanlagen, in denen vom Bergbauberechtigten auch gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt werden, die mit Tätigkeiten der im § 2 Abs. 1 oder im § 107 des Mineralrohstoffgesetzes - MinroG, BGBl. I Nr. 38/1999, in der jeweils geltenden Fassung, genannten Art in wirtschaftlichem und fachlichem Zusammenhang stehen, bedürfen keiner Genehmigung gemäß Abs. 2, wenn sie nach bergrechtlichen Vorschriften bewilligt sind und der Charakter der Anlage als Bergbauanlage gewahrt bleibt. Weist eine Anlage nicht mehr den Charakter einer Bergbauanlage, sondern den Charakter einer gewerblichen Betriebsanlage auf, so hat dies der Anlageninhaber unverzüglich der Bergbehörde, die die Anlage bewilligt hat, und der nunmehr zur Genehmigung der Anlage zuständigen Gewerbebehörde anzuzeigen. Ab dem Einlangen dieser Anzeige bei der Gewerbebehörde gilt die Anlagenbewilligung nach bergrechtlichen Vorschriften als Genehmigung gemäß Abs. 2.

(5) Anlagen zur Erzeugung elektrischen Stroms, die auch der mit dieser Tätigkeit in wirtschaftlichem und fachlichem Zusammenhang stehenden Gewinnung und Abgabe von Wärme dienen, bedürfen keiner Genehmigung gemäß Abs. 2, wenn sie nach anderen bundesrechtlichen Vorschriften für derartige Anlagen bewilligt sind und der Charakter der Anlage als Stromerzeugungsanlage gewahrt bleibt.

(6) Abs. 4 vorletzter und letzter Satz gilt sinngemäß für eine nach anderen als bergrechtlichen Vorschriften genehmigte oder bewilligte Anlage, die nicht mehr den Charakter einer solchen vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommenen Anlage, sondern den Charakter einer gewerblichen Betriebsanlage im Sinne des Abs. 2 aufweist.

(7) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten kann Arten von Betriebsanlagen, für die jedenfalls keine Genehmigung erforderlich ist, durch Verordnung bezeichnen, wenn von ihnen erwartet werden kann, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt sind.

§ 366

(1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 600 € zu bestrafen ist, begeht, wer

         2.       eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt;

…“

Im Übrigen wird auf die Internetseite https://www.ris.bka.gv.at/ (Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes) verwiesen.

V.       Rechtliche Erwägungen:

Auch wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerde ausführt, dass er einen landwirtschaftlichen Viehhandel betreibt, so hat das Beweisverfahren eindeutig ergeben, dass der Viehhandel am 13.03.2017 nicht im Rahmen der Landwirtschaft erfolgt ist sondern gewerblich durchgeführt wurde. Nachdem der Beschwerdeführer Stallungen und den Bürocontainer auf der gegenständlichen Liegenschaft benutzt hat, liegt eine gewerbliche Betriebsanlage vor. Die Genehmigungspflicht dieser Betriebsanlage ergibt sich unter anderem dadurch, dass durch die Be- und Entladetätigkeiten im Hofbereich und das (kurzfristige) Einstellen von Tieren in den Stallungen es zu Lärmbelästigungen für die Nachbarn kommen kann. Diesbezüglich kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auf das menschliche Erfahrungsgut zurückgegriffen werden.

Im Ergebnis wurde am 13.03.2017 eine gewerbliche Betriebsanlage betrieben, für die keine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen hat.

Wenn der Beschwerdeführer auf das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs verweist, so trifft dies grundsätzlich zu. Jedoch ist die gegenständliche Tathandlung als eigenständige Verwaltungsübertretung zu qualifizieren:

Ein fortgesetztes Delikt liegt vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten (vgl VwGH 03.05.2017, Ra 2016/03/0108, uva). In der zitierten Entscheidung kommt zudem zum Ausdruck, dass auch fahrlässige Tatbegehung der Qualifikation einer Verwaltungsübertretung als ein fortgesetztes Delikt nicht entgegensteht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl VwGH Ra 2014/03/0023, 24.09.2014m uva) werden jene Tathandlungen, die nach der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gesetzt werden, von der Abgeltungswirkung nicht erfasst.

Wenn sich der Beschwerdeführer darauf stützen will, so ist ihm entgegenzuhalten, dass das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 21.02.2017, mit dem dem Beschwerdeführer die gleiche Verwaltungsübertretung über einen anderen Zeitraum vorgeworfen wurde, seinem Rechtsvertreter am 21.02.2017 zugestellt und sohin erlassen wurde. Die gegenständliche Tathandlung am 13.03.2017 ist daher von diesem Straferkenntnis nicht erfasst. Es liegt somit eine weitere Verwaltungsübertretung vor.

Der Beschwerdeführer hat somit den objektiven Tatbestand der ihm zur lastgelegten Verwaltungsübertretung erfüllt.

Zur subjektiven Tatseite:

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die Schuldformen des Vorsatzes werden im VStG nicht definiert. Sie sind nach herrschender Auffassung besonders in dem von § 5 Strafgesetzbuch (StGB) umschriebenen Sinn zu verstehen (vgl VwGH 15.05.1991, 90/10/0152):

„§ 5 (1) StGB: Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.“

Wie bereits erwähnt, wurde der Beschwerdeführer mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 21.02.2017 für die gleiche Verwaltungsübertretung über einen anderen Zeitraum bestraft. Dieses Straferkenntnis ist seinem Rechtsvertreter am 21.02.2017 zugegangen. Dem Beschwerdeführer musste sohin klar sein, dass die Behörde von einer Verwaltungsübertretung ausgeht, wenn er in der gegenständlichen Betriebsanlage weiterhin einen gewerblichen Viehhandel betreibt, ohne eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung erlangt zu haben. Insofern ist der belangten Behörde beizupflichten, dass zumindest bedingter Vorsatz vorliegt.

Strafbemessung:

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer machte zu seinen Einkommensverhältnissen im Rahmen der mündlichen Verhandlung keine Angaben. Insofern war nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine Einschätzung vorzunehmen, wobei mangels gegenteiliger Anhaltspunkte bei einem Viehhändler von einer zumindest durchschnittlichen wirtschaftlichen Situation auszugehen ist.

Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sind erheblich, zumal der die hier relevanten Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 auch das Ziel verfolgen, Nachbarn von unzumutbar belästigenden oder gar gefährdenden Immissionen wie zum Beispiel durch den von der Betriebsanlage ausgehenden Lärm zu schützen. Durch den Betrieb der gegenständlichen nicht genehmigten Betriebsanlage wurde dieses Schutzziel unterlaufen.

Milderungs- und/oder Erschwerungsgründe sind auch verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgekommen.

VI.      Ergebnis:

Mit dem vorerwähnten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 21.02.2017 wurde für die gleiche Verwaltungsübertretung über den Zeitraum vom 19.01.2017 bis zum 30.01.2017 eine Geldstrafe der Höhe von Euro 600,-- verhängt und mit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 21.06.2017, LVwG****, bestätigt. Dieser Bestrafung lag zumindest fahrlässige Tatbegehung zugrunde.

Wenngleich gegenständlich der Betrieb der nicht genehmigten Betriebsanlage lediglich an einem Tag vorgeworfen wird, so ist nach § 19 Abs 2 VStG auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Da nunmehr zumindest bedingt vorsätzliche Tatbegehung vorliegt, ist die behördlich festgesetzte Strafe jedenfalls tat- und schuldangemessen und erforderlich, um den Beschwerdeführer von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Einem Vorgehen nach § 371c Gewerbeordnung 1994 steht die zumindest bedingt vorsätzliche Tatbegehung entgegen. Demnach ist das Verschulden des Beschwerdeführers nicht leicht.

Zur Richtigstellung der Strafsanktionsnorm war das Verwaltungsgericht verpflichtet (VwGH 2012/07/0033, 28.05.2014 uva).

VII.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Ing. Mag. Herbert Peinstingl

(Richter)

Schlagworte

Gewerblicher Viehhandel in Betriebsanlage; keine Doppelbestrafung; fortgesetztes Delikt;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.32.2340.6

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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